Ärmel hochkrempeln, zupacken
Die erste Zeit nach der Beerdigung verbrachte Algot in Kråketorp damit, um seine Eltern zu trauern, das zu nichts zu gebrauchende Stück Land zu betrachten, den Kartoffelacker zu bearbeiten und die ärgsten Mängel der baufälligen Kate zu beheben, für die er viel zu viel Pacht zahlte. Und die Worte des klugen Kandidaten, dass es für alles zu spät wäre, in den Wind zu schlagen.
Derweil stand der Destillierapparat an seinem Platz in einer der vier Katenecken. Algots Startkapital von hundertfünfzig Reichstalern, das er zusammen mit dem Apparat bekommen hatte, schmolz nach und nach dahin. Denn während der Sohn des Schweinezüchters darüber nachsann, was Sven getan hätte, wenn er in Algots schmutziger Haut gesteckt hätte, schaffte es der Graf, zweimal vorbeizukommen, um seine zwanzig Reichstaler am Monatsende einzusacken. Weitere zwanzig waren für anderes draufgegangen, Algot musste ja von etwas leben, solange er eben noch am Leben war.
Blieben neunzig Reichstaler, und der Winter stand bevor.
Wenn Algot nichts unternahm, blieb nur noch die Frage, ob er es schaffen würde, in der Kate zu erfrieren, bevor der Graf ihm sein letztes Geld abnahm.
Also krempelte er die Ärmel hoch.
Zuerst ging er zum Vorarbeiter Björk im Sägewerk des Grafen und machte ihm ein Angebot für die Bretter, die als Ausschussware aussortiert worden waren. Deren einziger Fehler bestand darin, dass sie zu kurz geraten waren. Also für Björk. Nicht für Algot.
Danach fuhr er den ganzen weiten Weg bis zur Landesbibliothek in Växjö, um seine Destilliertechnik zu verfeinern. Dazu musste er lange und tief im Archiv graben, bis er fand, was er suchte.
Nach diversen Einkäufen, damit er seine Nebentätigkeit betreiben konnte, blieben Algot noch zehn Reichstaler, und in zwölf Tagen würde der Graf abermals vorbeikommen und das Doppelte verlangen.
Der unfreiwillige Pächter dachte sich, dass die Kate ruhig noch etwas länger baufällig bleiben konnte. An erster Stelle musste tauglicher Schnaps gebrannt, ein Kundenkreis aufgebaut und der Verkauf angekurbelt werden. Drei Dinge, die alle drei machbar waren.
Aber innerhalb von zwölf Tagen?
Algots Vater hatte ja gesagt, dass nichts wichtiger sei als die Temperatur! Dank der Landesbibliothek in Växjo verfügte er jetzt über eine genaue Angabe: 78,4 Grad. Doch der Sohn des verblichenen Schweinezüchters ging sogar noch einen Schritt weiter. Wie gern hätte er seinem Vater geantwortet: »Und das Läutern«, wenn Papa Sven doch nur noch am Leben gewesen wäre.
Der Pächter versuchte es zunächst mit trockenem Moos, in eine Röhre gestopft, durch die er den unreinen Alkohol leitete. Bereits damit gewann er aller Wahrscheinlichkeit nach den besten schwarzgebrannten Schnaps weit und breit. Doch nachdem er einen englischen Bibliothekstext ausreichend entschlüsselt hatte (danke, Kandidat! ), begriff er, dass sich besser mit Holzkohle läutern ließ, wenn sie möglichst säurearm ausglühen durfte. Eine Technik, die vor Tausenden von Jahren in Ägypten erfunden wurde, während das, woraus mal die Schweden werden sollten, sich mit der Suche nach Bären im Wald abgab, um sie mit Pfeil und Bogen oder der Steinaxt zu erlegen.
Die ausgeglühte Kohle kam in eben diese Röhre rein, und dann …
Oho, was ein Unterschied!
Nicht zuletzt, weil er eine Neuerung, nämlich einen Temperaturanzeiger , eingekauft hatte, waren Algots Ersparnisse fast aufgebraucht. Dafür hatte er ein Produkt, das … also jetzt würde sich zeigen, ob wirklich schon alles zu spät war, wie der Kandidat angedeutet (oder vielmehr steif und fest behauptet) hatte.
Oder ob es gerade erst anfing.
»Nichts dazwischen«, sagte Algot zu sich selbst.
Sonst war ja keiner zum Reden da.