Kutscher eins und Kutscher zwei
Das relativ neu eröffnete Stadthotel in Växjö hatte noch nie zuvor einen französischen Marquis unter seinen Gästen gehabt. Erst recht nicht zwei Französisch sprechende Kutscher.
Die Rosselenker fanden sich rasch in der hoteleigenen Bar samt Restaurant zurecht. De r Vorteil war: Alles, was sie von der Speisekarte bestellten, ging in der Rezeption auf Rechnung des Marquis. Der Nachteil, dass sie keine Ahnung hatten, was sie bestellten. Am deutlichsten zeigte sich das beim ersten Mal, als ihre Vorspeisen kamen: Dem einen wurde eine Schale mit Bratensoße serviert, dem anderen ein Teller mit Sahneeis.
»Wollen wir tauschen?«, fragte der mit der braunen Soße.
»Nein, danke«, sagte der mit dem Sahneeis.
Aber mit der Zeit wurden beide aus Schaden klug und merkten sich so einige schwedische Wörter und Sätze. Und so bekam man tagsüber um die Mittagszeit im Speisesaal des Växjöer Stadthotels Folgendes zu hören:
»Mademoiselle, noch ein Schnaps, s’il vous plait .«
Da der Marquis für gewöhnlich auf einem der sechs Pferde zu seinen heimlichen Treffen mit der Schwester ritt (und stundenlang fortblieb!), hatten die Kutscher keine anderen täglichen Pflichten, als sich darum zu kümmern, dass es der Kutsche und den fünf anderen Pferden gut ging. Was kaum mehr als zwanzig Minuten beanspruchte; den Rest des Tages – und der Nacht – hatten sie zur freien Verfügung.
Sie wussten nicht so genau, wo sie sich befanden. Wenn jemand Växjö sagte, wussten sie es immer noch nicht. Doch in dem Städtchen gab es den einen oder die andere, der oder die des Französischen mächtig war, zumindest so einigermaßen. In der Gegend wurde anscheinend ein Krankenhaus gebaut. Zu dem Zweck wurden etliche Frauen zum Beruf der Krankenschwester ausgebildet. Die einen waren brünett, die anderen eher blond. Alle gleich gut aussehend. Und keine von ihnen mit ausreichend Französischkenntnissen, sodass die Kutscher den jungen Damen bei Zwiegesprächen aushelfen mussten.
»Ich bin der persönliche Kutscher des Marquis Gérard Lemot«, sagte der eine.
»Kutscher?«, fragte die Blondine.
»Seine rechte Hand, sozusagen.«
Kutscher Nummer zwei wollte nicht zurückstehen, sondern das noch übertrumpfen. Er kam soeben von einem aufgenötigten Treffen mit der Hotelleitung zurück, bei dem er von wegen all der vielen noch offenen Essensrechnungen im Speisesaal beschwichtigend auf diese eingewirkt hatte.
Er wandte sich an die Brünette:
»Und ich bin derjenige, der sich um die Finanzen des Herrn Marquis kümmert. Dürfen wir die Damen auf ein Getränk einladen?«