Heimliche Zusammenkünfte
Gérard, Antoinette und Sophia hielten ihre täglichen Geheimtreffen im Hain hinter dem Schlachthaus des verstorbenen Schweinezüchters ab.
Bereits beim ersten Mal erzählte Gérard eifrig, dass er unterwegs in die Stadt, deren Namen auszusprechen er lieber gar nicht erst versuchen wolle, neue Freunde gefunden habe. Mit deren Hilfe könnten sie zu dritt nach Frankreich ausreisen und dort dergestalt akzeptiert werden, dass die Zwillinge als ein Ehepaar und Sophia als Erbin des Weinguts durchgingen.
Das hörte sich in den Ohren der Siebzehnjährigen erheblich besser an, als mit einem schwedischen Schweinebauern verheiratet zu werden.
Nun mussten sie sich nur noch in Schweden ohne Ehrverlust aus dem Staub machen, was ja von Anfang an das größte Problem darstellte.
Allerdings, meinte Gérard, habe sich ihnen eine Tür einen Spaltbreit aufgetan – falls Verschwendungssucht mit absoluter Sicherheit als Scheidungsgrund herhalten könne.
Der Graf schien nämlich in Geldschwierigkeiten zu stecken (wie unbegreiflich einem das auch immer vorkommen mochte). Mauritz habe sich vom Druckermeister in Aringsås anscheinend fünfzigtausend Reichstaler leihen müssen. Das lasse eindeutig den Schluss zu, dass die Bank ihm den Kredit verweigert habe!
»Warum das denn?«, wunderte sich Antoinette.
»Ganz genau«, sagte ihr Zwillingsbruder. »Warum bloß?«
Ihre Gespräche an den ersten Tagen im Hain zeitigten als Ergebnis zwei parallel anzuwendende Taktiken. Die eine zielte darauf ab, die vermutlichen Geldschwierigkeiten des Grafen so weit wie irgend möglich zu verschärfen. Was hieß: Je mehr Ausgaben Antoinette und Sophia in nächster Zeit tätigten, desto unvorteilhafter sähe es für Gustav in einem möglichen (wenn auch noch weit entfernten) Scheidungsprozess wegen Verschwendungssucht aus.
Die andere Taktik beruhte auf dem schauderhaften Gedanken, dass Gräfin und Tochter in nächster Zukunft auf Kronogården bleiben müssten. Dann würde sich die Gesamtlage allemal etwas erträglicher gestalten, falls Mauritz’ Einflussnahme unterbunden wurde. Zu dem Zweck musste er sich bei seinem Vater gehörig in Misskredit bringen!
Die Gräfin sagte, mit großer Wahrscheinlichkeit gelinge ihm dies binnen Kurzem ganz von allein, aber es könne auch nicht schaden, wenn sie auf die eine oder andere Art nachhalf. Nur zur Sicherheit.
Gérard hatte keine eigene Idee, was Mauritz anging, schlug aber bezüglich des Verschwendungsthemas vor, dass seine geliebte Schwester schleunigst einige ihrer Vollblüter zurückkaufen solle.
»Vom Druckermeister in Aringsås?«, fragte Antoinette. »Der will doch bestimmt Geld dafür sehen, was ja ein Problem darstellt, wenn unsere Kasse leer ist.«
»Nein, von einem Gestüt südlich der Stadt, deren Namen ich lieber nicht ausspreche«, sagte Gérard. »Und natürlich auf Kredit!«
An dem Punkt angelangt, beschlossen die drei, ein paar Tage mit ihren Geheimtreffen zu pausieren. Denn nun stand der Besuch des Herrscherpaars kurz bevor. Dann würde allerorten auf Schloss und Gutshof reges Treiben herrschen, und der Hain fiel zeitweilig als sicherer Schlupfwinkel aus.
»Viel Glück mit Mauritz«, wünschte Gérard zum Abschied.
»Danke! Ich habe da schon eine Idee«, sagte die Schwester.