14. KAPITEL
Isaac
Natürlich , dachte ich, als ich sah, wie Willow mit Justin Baker ging. Ist sowieso besser .
»Isaac.«
Martin stieß mich gegen den Arm. Zu spät riss ich den Blick von Willow los. Martin sah ihr weiter nach, bis schließlich auch ihr Kopf im Treppenhaus verschwand, dann drehte er sich zu mir um, ein leises Lächeln auf den Lippen.
»Ah. Willow Holloway.«
»Was ist mit ihr?«
»Sie wird eine fantastische Ophelia abgeben, nicht wahr? Im Moment ist sie noch nervös und ein wenig steif, aber sie hat großes Talent. Im vierten Akt lassen wir sie von der Leine.« Seine Augen glänzten, als er den Leuten winkte, die gingen. »Es wird überwältigend.«
Ich war seiner Meinung, aber bekam Magenschmerzen bei dem Gedanken. Willows Talent hatte einen dunklen Ursprung. Ich hatte es bei ihrem Monolog aus Tagträumer gespürt, sah den Ernst in ihren Augen, weil ich ihn kannte. Kummer und Schmerz lasteten schwer auf ihr, und sie kämpfte sich durch mit einem Lächeln und einer zähen Fassade, die jedes Mal, wenn sie sich abwandte, in sich zusammenfiel.
Willow war aus demselben Grund hier wie ich: Sie suchte Erleichterung. Sie wollte ihre Geschichte erzählen. Zum ersten Mal seit Langem war ich vor einem Auftritt nervös, allerdings nicht meinetwegen.
»Ich weiß nicht, Marty«, sagte ich. »Vielleicht ist es zu viel für sie. Zu schwierig. Ich meine, weil sie kaum Erfahrung hat«, fügte ich rasch hinzu.
»Ich glaube, sie schafft das«, sagte Martin, als die letzte Person zur Tür hinausging.
»Wenn du meinst«, murmelte ich.
Was geht es mich überhaupt an?
Willow lenkte mich ab, und das wurde langsam nervig. Während der ganzen Leseprobe hatte ich versucht, mich auf das Stück zu konzentrieren, aber mein Blick war ständig zu ihr hingewandert. Sie leuchtete richtig in dem weichen weißen Pullover und den Jeans. Das bernsteinfarbene Deckenlicht setzte goldene Akzente in ihr langes lockiges Haar. Als sie ihren Text vorgelesen hatte, war ihre Stimme weich geworden, mit einem Unterton aus Stahl. Perfekt für Ophelia.
Ophelia war stärker, als ihr dämlicher Bruder oder ihr hinterhältiger Vater glaubten, und so, wie sie gelesen hatte, wusste Willow das auch.
Verdammt .
Ich riss meine Gedanken – schon wieder – von ihrem Haar los und schwor mir, vernünftig zu sein. Meinen Job zu machen. Martins Künstleragenten kamen meinetwegen . Ich musste ihnen verflucht noch mal den besten Hamlet liefern, den sie je gesehen hatten, anstatt mir Gedanken über die geistige Gesundheit eines Schulmädchens zu machen.
Das in diesem Moment im Auto eines anderen Typen sitzt.
Der Raum war jetzt leer, und ich half Martin, die Stühle zusammenzustellen. Die Stille knisterte, und ich spürte, wie er sich innerlich darauf vorbereitete, sich in mein Privatleben einzumischen. Er konnte nicht anders.
»Justin Baker scheint ein netter junger Mann zu sein.«
Ich grunzte zur Antwort, während ich Stühle stapelte.
»Aber ein wenig nichtssagend, wenn ich ehrlich bin«, sagte Martin. »Er hat eine klare Ernsthaftigkeit an sich, die für den Laertes perfekt ist.«
»Aha«, sagte ich.
»Findest du nicht?«
Ich zuckte mit den Achseln. »Du bist der Regisseur, Marty. Ich habe keine Meinung zu ihm.«
»Bist du sicher?« Martin lächelte sanft. »Ich habe gesehen, wie du ihn und Willow angesehen hast …«
»Gott, ehrlich, Marty …«
»Und ich habe gesehen, wie sie dich angesehen hat.«
Ich erstarrte mit sechs Stühlen in den Händen. »Was?«
Martins Lächeln wurde breiter, und er zuckte mit den Achseln. »Ich sehe alles. Das ist mein Job.«
»Egal«, sagte ich und stellte die Stühle an die Wand. »Ich bin nicht mehr auf der Highschool.«
»Ist das von Bedeutung?«
»Ja.«
»Warum?«
»Baker ist in ihrem Alter. Ich nicht. Er hat Geld. Ich nicht.«
»Also hast du Interesse an ihr?«
Ich ließ den Stuhlstapel auf den Boden krachen. »Kümmer dich um deinen eigenen Kram, Marty.«
Er seufzte und schob die Hände in die Taschen seiner Cordhose. Seine Miene erhellte sich mit einem freundlichen Lächeln, wie ich es bei meinem Vater nie gesehen hatte.
»Ich kann es einfach nicht lassen, Isaac. Irgendwann bist du von einem Schauspieler, den ich bewundere, zu einem jungen Mann geworden, der mir wichtig ist.« Er zuckte mit den Achseln. »Ich will, dass du glücklich bist.«
Er sagte »glücklich«, als könnte man das jederzeit, wenn man Lust darauf hatte, einfach aus der verdammten Luft pflücken.
»Ich werde glücklich sein, wenn ich aus Harmony rauskomme«, sagte ich. »Aber wenn dir das Stück irgendwie wichtig ist, wirst du wollen, dass es mir schlecht geht. Hamlet ist eine Tragödie, du erinnerst dich?«
»Um das Stück mache ich mir keine Gedanken«, sagte Martin. »Ich bin höchstens besorgt, dass Willow nicht immer jemanden hat, der sie zu den Proben und danach nach Hause mitnimmt. Ihr Vater –«
»Sie hat jemanden«, schimpfte ich. »Justin Baker fährt sie.« Ich stapelte wütend die letzten Stühle übereinander. »Ich bin fertig. Ich muss morgen früh arbeiten. Gute Nacht.«
»Isaac –«
»Gute Nacht!«, rief ich noch einmal, schon halb die Treppe hinunter.
Ich sehnte mich nach Martins väterlicher Sorge, und gleichzeitig ärgerte sie mich. Ich wollte Harmony verlassen. Ich musste die Verbindungen kappen, sie nicht stärker machen.
Oder neue knüpfen mit schönen, talentierten Mädchen.
Ich startete den Motor des Pick-ups und ließ ihn etwas warm laufen. Er würde nur absaufen, wenn ich vorher losfuhr. Ich nahm an, dass Justin Baker ein Auto fuhr, das in diesem Jahrzehnt erbaut worden war. Ein schickes Modell, das nicht zufror oder an Stoppschildern schwarze Rauchwolken ausstieß. Mit beheizbaren Sitzen. Willow war beheizbare Sitze wahrscheinlich gewöhnt. Und Typen wie Justin, die sich noch keinen Tag im Leben Sorgen um Geld gemacht hatten. Willow hatte es sicher bequem in seinem Auto mit ihm, der aus demselben wohlhabenden Holz geschnitzt war.
Gut , dachte ich. Soll sie mit Justin glücklich werden, denn mit mir würde das garantiert nicht passieren.
Aber während ich mein beschissenes Auto in den beschissenen Teil der Stadt fuhr, in dem ich wohnte, hing ein Gedanke wie ein aufziehendes Gewitter am Horizont: Am Ende des Stücks bringen Laertes und Hamlet sich auf Ophelias Grab gegenseitig um, und niemand wird glücklich.
Bei den Proben am Freitag wechselten wir auf die Bühne. Während Marty den Bewegungsablauf einer Szene festlegte, tat die übrige Besetzung sich paarweise zusammen, um den Text zu lernen. Willow und Justin fragten sich gegenseitig ab. Natürlich. Ich schwor, dass es mir egal war, aber ich beobachtete jede ihrer Bewegungen mit meinem Schauspielerblick. Lächelte sie häufiger? Wurden ihre Augen sanft, wenn sie ihn ansah? Bewegte sie sich in seiner Nähe entspannter?
Du verwandelst dich in einen verfluchten Irren, Pearce.
Wir probten Szene fünf des ersten Akts, in der Horatio und Marcellus Hamlet den Geist seines Vaters zeigen. Sie warnen den Prinzen, der Erscheinung nicht zu folgen, aber er tut es trotzdem und lässt seine Freunde zurück. Dann ist Hamlet allein auf der Bühne und spricht mit einem unsichtbaren Geist.
In dieser Szene muss man sich total darauf einlassen, etwas Übernatürliches zu sehen, sonst funktioniert sie nicht. Ich versuchte es, aber meine Aufmerksamkeit war zweigeteilt: Mein Körper war auf der Bühne, mein Blick wanderte durch das Theater zu Willow und Justin, die im Dunkeln die Köpfe zusammensteckten.
»Fünf Minuten Pause«, sagte Marty. Er nahm mich beiseite, als die anderen von der Bühne sprangen. Sein väterliches Lächeln war fort, stattdessen hatte er seine Regisseursmaske aufgesetzt – die Mundwinkel nach unten gezogen, die Augen voller Gedanken und Ideen.
»Was ist los?«
Wenn es um das Spiel ging, erzählte ich ihm nie Blödsinn – professionelles Entgegenkommen. »Ich bin unkonzentriert.«
»Du bist wütend.«
Ich runzelte die Stirn. »Was? Nein, bin ich nicht.«
»Doch, bist du. Anstatt das mit Gewalt zu unterdrücken, lass uns am besten an einer Szene arbeiten, bei der wir das nutzen können. Wir springen zu Akt drei, Szene eins.«
»Sein oder nicht sein? Jetzt schon?«
»Noch nicht. Wir fangen direkt nach dem Monolog an.«
Als alle von der Pause zurückkehrten, legte Martin eine Hand über die Augen, um sie vor dem Licht zu schützen, und sah sich suchend um.
»Willow? Da ist sie ja. Willow, kommst du bitte?«
Die Scheinwerfer schienen grell auf Willow herab, tauchten sie in einen Kegel aus goldenem Licht. Sie trug Jeans, Stiefel und einen langen grauen Pulli. Mein dummes Herz zog sich zusammen, so wunderschön sah sie aus.
»Wir versuchen Akt drei, Szene eins«, sagte Martin.
»Okaay«, sagte sie, zog das Wort in die Länge und blätterte durch ihren Text. Ihre Augen weiteten sich, und sie blickte zwischen Martin und mir hin und her. »Die Klosterszene? Jetzt schon?«
»Ich arbeite nicht chronologisch an den Szenen«, sagte Martin. »Ich gehe danach, was die Energie im Raum verlangt. Also. Hamlet hat gerade den berühmten Monolog gesprochen, in dem er überlegt, ob er sich das Leben nehmen soll oder nicht. Polonius hat den König davon überzeugt, dass Hamlets Liebe zu Ophelia sein Wahnsinn ist. Ophelia hat Polonius einen Liebesbrief gegeben, den Hamlet ihr geschrieben hat, und beendet die Verbindung auf Anordnung ihres Vaters.«
Willow biss sich auf die Lippen. »Aber … ist Ophelia froh darüber? Will sie mit ihm Schluss machen?«
Martin schüttelte den Kopf. »Ich gebe erst einmal keine Anweisung. Ich will einfach deine intuitive Lektüre.« Er sah uns beide erwartungsvoll an. »Und? Fangen wir an.«
Wie immer hatte Martin recht, und die Wut diente dem richtigen Zweck. Hamlet verhielt sich Ophelia gegenüber in dieser Szene wie ein totales Arschloch, und es fehlte mir nicht an Gründen dafür. Ich war nicht länger der arme Schlucker, der in einem Trailer wohnte und sich abrackerte, um hier zu sein, während sie einfach an Justins Arm hereinspaziert kam und ihre Kleider nach Privilegien rochen wie nach Parfüm. Ich war der verdammte Prinz. Sie war nichts als die Tochter eines Gefolgsmanns.
»Ha, ha! Seid Ihr tugendhaft?«
Willow zuckte bei der vernichtenden, gnadenlosen Frage zusammen. Die Unsicherheit in ihren Augen war echt, bis etwas in ihr Feuer fing, und die Replik, die eigentlich demütig und verzagt hätte klingen müssen, unerwartet scharf herauskam.
Martin hörte und sah zu, einen Arm vor dem Bauch, den Ellbogen des anderen darauf gestützt, den gekrümmten Zeigefinger gegen die Lippe gepresst. Keine zwei Minuten später schüttelte er den Kopf und trat zwischen uns.
»Halt, halt, halt.« Er lächelte schwach. »Okay, ich nehme es zurück. Ich gebe doch eine Anweisung. Diese Szene sagt alles über Ophelia und Hamlet. Manche Kritiker behaupten, das Paar habe seine Liebe nie vollzogen. Andere sagen, sie waren ganz bestimmt Liebhaber.«
Willows Lippen öffneten sich, als sie plötzlich geräuschvoll einatmete, und mir wurde heiß.
»Ich glaube eher das Zweite«, sagte er. »Wenn sie wirklich ein Liebespaar waren, geht es um so viel mehr. Es bietet so viel mehr Möglichkeiten. Nutzt diese Vorstellung in eurem Spiel: Wenn ihr die Wahl habt zwischen Ja oder Nein, wählt Ja. Jedes Mal.«
Willow und ich sahen uns an.
»Hamlet hat Ophelia wirklich geliebt«, sagte Martin. »Das steht nirgends, es findet statt, bevor die Handlung des Stücks beginnt, aber diese Liebe muss hinter jedem Wort des Textes erkennbar sein. Der Treuebruch und der Schmerz dieser Szene sind viel mächtiger, wenn ihre Liebe hier stirbt.« Er drehte sich zu mir um. »Dein Hamlet ist stinksauer.«
Ich zuckte die Achseln. »Er sollte auch stinksauer sein. Ophelia macht Schluss mit ihm und verschwört sich mit Polonius und König –«
»Ja, das stimmt alles. Aber du bist nur stinksauer, und das ist nur eine emotionale Schicht in dieser Szene. Ophelia wird gezwungen, ihn zu verlassen, und Hamlet weiß das. Sie wird zermalmt zwischen ihrer Liebe zu ihm und dem Gehorsam gegenüber ihrem Vater. Aber die Liebe …« In Martins Blick sah man die Begeisterung, die ihn zu einem so außergewöhnlichen Regisseur machte. »Die Liebe war zuerst da.«
Er lächelte und legte uns beiden eine Hand auf die Schultern. »Das Stück funktioniert nicht, solange wir das nicht fühlen. Und deshalb möchte ich, dass ihr beide am Samstag nicht zur Probe kommt, sondern zusammen ausgeht. Geht etwas essen oder so.«
Ich riss die Augen auf, während Willow zwischen mir und Martin hin- und herblickte, die Lippen erneut leicht geöffnet, als sie nach Luft schnappte.
»Ich bitte euch um nichts Unerhörtes«, sagte Martin. »Ich will nur, dass ihr Zeit miteinander verbringt. Lernt euch kennen. Seid nett zueinander. Werdet real füreinander als menschliche Wesen. Ihr müsst mehr in dem anderen sehen als nur einen Mitspieler auf der Bühne.«
Willow und ich sahen uns wieder an, und ich bemerkte, dass sie sich etwas entspannt hatte. Sie ließ die Schultern sinken, ihre gerunzelte Stirn glättete sich.
»Macht das«, sagte Marty und sah mich an. »Und das nächste Mal, wenn wir diese Szene proben, wird dir jedes scharfe Wort, das du zu ihr sagst, auch selbst wehtun.« Er sah Willow an. »Deinem Vater zu gehorchen, anstatt Hamlet treu zu sein, wird das Härteste sein, was du je getan hast. Verstehst du?«
Sie nickte.
Martin strahlte. »Toll. Machen wir weiter.« Er klatschte einmal in die Hände und ging von der Bühne. »Akt zwei, Szene zwei. Kann jemand bitte Rosenkranz und Güldenstern wecken?«
Er ließ uns in der Mitte der Bühne stehen.
»Ist so was normal?«, fragte sie und umarmte das Skript. »Müssen die Schauspieler auch außerhalb des Theaters miteinander Zeit verbringen?«
»Du musst nicht«, sagte ich. »Ich werde dich nicht zwingen.«
»Niemand zwingt mich«, sagte sie. »Wenn Mr Ford glaubt, dass das eine gute Idee ist, dann … okay.«
»Okay«, sagte ich. »Also … was willst du machen?«
Verdammt, warum war das so schwer? Normalerweise schrieb ich einer Frau einfach Ort und Zeit, und das war’s.
Willow zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung. Mittagessen im Scoop? Oder vielleicht Kaffee, falls das zu …« Sie fuhr mit der Schuhspitze über einen Riss im Bühnenboden.
»Zu was?« Ich wusste es genau: zu teuer .
»Zu … Harmony-mäßig?«, sagte sie.
Ein Lächeln zuckte in meinen Mundwinkeln. »Könnte schon sein. Soll ich dich abholen?«
»Nein, ich kann … Wir treffen uns hier«, sagte sie und umarmte das Skript fester.
»Okay.«
»Ein Uhr?«
»Gut.«
»In Ordnung. Dann … bis dann?«
»Jepp.«
Du hast ein Date , kicherte eine Stimme, die wie Benny klang.
Willow hielt ihr Ringbuch immer noch fest umschlungen, als sie von der Bühne hinunterstieg. Sie ging an Justin in der ersten Reihe vorbei. Er stand halb aus seinem Sitz auf, aber Willow winkte nur flüchtig, bevor sie zu Lorraine und Len weiterging, die ein paar Reihen weiter hinten saßen.
Justin setzte sich wieder, blickte hoch und erwischte mich dabei, wie ich ihn ansah. Er funkelte mich an. Ich funkelte zurück, bis er wegsah und seine Sachen packte.
Es war ein dummer, bedeutungsloser Sieg. Am Ende der Probe ging Willow trotzdem mit ihm.
Als alle weg waren, schloss Martin den Seiteneingang ab und ging über die Bühne. Er blieb stehen, als er mich in der ersten Reihe sitzen sah, die Stiefel gegen den Rand der Bühne gestemmt.
Er hob die Hände. »Ich weiß, was du denkst, aber es ist für die Aufführung, ich schwöre es.«
»Wirklich.«
»Ja, wirklich.« Er kam an den Rand der Bühne und hockte sich hin. »Du kannst deinen Hamlet zu einem Mistkerl machen, der mit Ophelia schimpft und tobt, und es seinem Wahnsinn zuschreiben. Und neunundneunzig Prozent des Publikums werden den Unterschied nicht sehen. Aber zwei Personen schon.«
Er zeigte auf sich und mich.
»Ich weiß, dass du mehr kannst. Und ja, ich habe gesehen, wie ihr euch anseht, wenn der andere gerade nicht hinguckt …« Er rieb sich mit einer Hand über die Bartstoppeln. »Ich würde mich freuen, wenn da etwas passiert.«
»Meine Güte, Marty …«
Er hob die Hände. »Es geht mich nichts an. Aber die Qualität des Stückes geht mich etwas an. Man muss eurer Präsenz auf der Bühne anmerken, dass ihr euch nicht zum ersten Mal nahe seid. Im Moment seht ihr aus wie zwei Boxer, die sich für einen Kampf bereit machen.« Er machte Fäuste und hob sie sich vor das Gesicht.
Unwillkürlich entfuhr mir ein Lachen. Er lachte auch und boxte gegen einen meiner Stiefel.
»Komm schon. Lass uns von hier verschwinden.«
Wir schlossen das Theater ab. Als wir zu unseren Wagen gingen, stolperte er über einen Riss im Zement. Ich packte ihn schnell, bevor er fiel.
»Hoppla, danke«, sagte er und hielt sich an meinem Arm fest. »So was kann einen Mann zehn Jahre älter machen.« Er betrachtete den Riss und schüttelte den Kopf. »Es ist furchtbar. Und ich meine den ganzen Block. Es müsste etwas getan werden.«
Wir gingen weiter, ich sah mir den Gehweg an. Marty hatte recht. Fast überall waren Risse im Zement, wie schwarze Blitze.
»Was ist mit dem Theater?«, fragte ich, die Sorge saß mir plötzlich wie ein Kloß im Hals. »Finanziell?«
»Alles gut«, sagte Marty lächelnd. »Konzentrier du dich auf deine Rolle.« Er ging zu seinem nicht mehr ganz neuen Lexus. »Und viel Spaß morgen bei deinem Date.«
Ich seufzte. »Marty.«
»Deinem Arbeits date.«