22. KAPITEL
Willow
Ich verbrachte ein schlafloses Wochenende, die meiste Zeit lag ich in meinem Zimmer auf dem Boden. Ich rief Angie an und erzählte ihr, was passiert war – dass Isaac mich nach Hause gefahren hatte, aber nichts von unserem Tanz. Montagmorgen stand ich benommen vor meinem Schließfach in der Schule. Ich erschreckte mich zu Tode, als Justin mir mit dem Finger auf die Schulter tippte. Weg war das freundliche Lächeln, das er für meine Eltern aufgesetzt hatte, stattdessen zeigte er die wütende Fratze des beliebten Jungen, den sein Date versetzt hatte.
»Was ist Freitagabend wirklich passiert?«, fragte er.
Ich trat einen Schritt zurück. »Haben wir das nicht schon besprochen? Ich hab es dir gesagt. Ein Anfall von Klaustrophobie oder so. Die Turnhalle war zu voll. Ich hatte mein Telefon nicht dabei.«
»Oder bist du weg, um Isaac zu treffen? Ich kann sehen, wie du ihn bei den Proben anguckst.«
Ich knallte mein Schließfach zu. »Das geht dich nichts an.«
»Halt dich von ihm fern.«
»Ja, Bruder.«
»Ich meine es ernst. Der Typ macht nur Ärger. Sein Dad war neulich Abend in Nicky’s Tavern und hat einen Riesenaufstand gemacht. Die Besitzer mussten die Bullen rufen, damit sie ihn nach Hause bringen.«
»Oh, sein Dad lebt? «, fragte ich. »Ich dachte, Isaac hätte ihn umgebracht.«
Justin schüttelte den Kopf. »Okay, wenn du es so willst. Ich bin fertig mit dir.« Er ging weg, dann drehte er sich noch mal um. »Ich hab einfach Mitleid mit dir gehabt, weil du neu warst und ständig mit diesen Losern rumgehangen hast. Was für eine beschissene Geldverschwendung.«
»Wir haben dir angeboten, uns zu beteiligen. Erinnerst du dich? Was schulde ich dir?«
Wie genau wolltest du, dass ich es dir zurückzahle?
Er starrte mich an, dann wandte er sich mit einem angewiderten Schnauben ab und stellte sich zu ein paar Mädchen, die vorher als die »Plastics« bekannt gewesen waren. Sie beugten sich vor, dann warfen sie laut lachend die Köpfe zurück und sahen mich großäugig und mit gespieltem Mitleid an.
Toll. Gegen Mittag würde ich die Irre sein, die bei dem Ball durchgedreht war. Ich nahm nicht an, dass Justin gemein genug war, es noch schlimmer zu machen, aber wer wusste das schon? Ich eilte in den Englischkurs und wünschte, ich könnte den Tag überspringen und gleich zur Probe gehen, wo ich für eine Weile jemand anders sein konnte.
»Wie hältst du dich?«, fragte Angie, als ich auf meinen Platz rutschte. »Du siehst müde aus.« Ihr heutiges T-Shirt war weiß mit schwarzer Schrift: Wenn du nichts Nettes zu sagen hast … haben wir viel gemeinsam .
»Mir geht’s großartig«, sagte ich. »In Anbetracht der Tatsache, dass der Typ, mit dem ich meines Vaters Meinung nach was anfangen soll, ein totaler Idiot, und der Typ, den ich sehen will, buchstäblich verboten ist.«
Angie klappte die Kinnlade runter. »Wirklich? Isaac? Du willst ihn sehen
»Psst. Ich weiß es nicht. Vielleicht. Es ist total dumm, weil er Harmony in ein paar Monaten verlassen wird. Aber ich kann nicht aufhören an ihn zu denken. Er gibt mir nicht das Gefühl, gefangen zu sein.«
»Wie gefangen?«
Ich zupfte an dem langen Ärmel meines dunkelgrünen Shirts. Darunter marschierte eine neue Armee kleiner X über meinen Unterarm. »Nichts Konkretes«, sagte ich. »Ich fühl mich nur nicht gern von Typen unter Druck gesetzt. Und bei ihm ist das nicht so. Überhaupt nicht.«
»Wow«, sagte Angie. »Glaubst du, er findet dich gut? Muss er, oder? Schließlich hat er dich in der Stunde der Not aufgelesen …?«
Und mit mir getanzt.
Ich hatte mir unseren Tanz immer wieder vorgestellt, als ich in meinem Zimmer auf dem Boden gelegen und auf den Schlaf gewartet hatte, der nicht kam.
»Tut mir leid, dass ich dir den Abend verdorben habe«, sagte ich.
»Es ist –«
»Ich weiß, ich weiß. Du hast ja schon am Telefon gesagt, dass es nicht so wichtig ist. Aber ich wollte es dir persönlich sagen. Ich will einfach versuchen, eine bessere Freundin zu werden.«
»Du machst es schon ganz gut, Holloway.«
Ihr Blick fiel auf meinen Collegeblock, auf dem hundert weitere kleine X über die Ränder krochen.
Sie runzelte die Stirn und tippte darauf. »Was ist das?«
»Nichts. Nur Gekritzel«, sagte ich. »Hey, hast du schon mit dem Gedicht angefangen, das Paulson uns letzte Woche aufgegeben hat?«
»Ja«, sagte Angie langsam. »Ich hab ein bisschen rumprobiert, was hältst du hiervon? Veilchen sind blau, Rosen sind rar, wenn du reden willst, ich bin für dich da. « Ihr strahlendes Lächeln war durch Traurigkeit gedämpft. »Okay?«
»Okay«, flüsterte ich und nickte.
Beim Mittagessen signalisierte mein Handy eine ankommende Nachricht. Als Isaacs Name und Telefonnummer auf dem Display aufleuchteten, klopfte mein Herz, und mir wurde flau im Magen.
Hey, ich hab eine Frage wegen der Probe heute Abend. Hast du kurz Zeit?
Schlau , dachte ich.
Die Luft ist rein , tippte ich zurück.
Wollte wissen, ob es dir gut geht. Ich hätte früher geschrieben.
Es geht mir gut. Danke .
Eine Pause, dann fing er wieder an zu tippen.
Wollen wir nach der Schule zusammen Text lernen?
Ich fragte mich, ob das ein Codewort für etwas anderes war, aber es war egal. Ich wollte ihn einfach sehen.
Er geht weg. Sei nicht dumm. Versuch nicht, dir den Weg aus der Dunkelheit zu bahnen, indem du dich in einen Typen verliebst, mit dem du nicht zusammen sein kannst.
Meine Finger flogen über die Buchstaben. Total gern. Wo?
Selber Ort wie letztes Mal?
Ich erinnere mich. 15 Uhr?
Bis dann.
Eine Nachricht von einem Jungen, den ich mochte, und ich musste die ganze Unterhaltung löschen.
»Du musst mir zwei kleine Gefallen tun«, sagte ich nach der Schule zu Angie. »Ich treffe Isaac am Amphitheater, um Text zu lernen.«
»Ist Text lernen ein Codewort für Sex , und ich weiß nichts davon?«
Ein Schauder lief mir den Rücken hinunter, aber er war heiß, nicht eisig.
»Es ist ein Codewort für Text lernen . Kannst du mich decken?«
»Wie decken? Soll ich eine Schaufensterpuppe mit langen blonden Haaren bei mir auf den Beifahrersitz setzen und in der Stadt herumfahren?«
»Jetzt wo du ’s sagst …« Ich grinste. »Erzähl einfach allen, die fragen, dass wir zusammen lernen.«
»Oh Gott.« Sie kniff mich in die Wange. »Sieh dir dieses Lächeln an. Du bist verliebt.«
»Was? Bin ich nicht.«
»Pfft. Und ich bin nicht die beste Freundin, die man sich wünschen kann.«
»Lass mich einfach im Moment ein bisschen glücklich darüber sein, okay?«, sagte ich. »In ein paar Monaten geht er weg, und ich möchte zumindest, dass die Erfahrung mit dem Theaterstück etwas Besonderes wird.«
»Okay, Holloway«, sagte Angie. »Ich decke dich. Aber diese Stadt ist klein, und Isaac Pearce ist groß. Er fällt auf, und wenn man euch zusammen sieht …«
»Ich passe auf«, sagte ich und gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Du bist die Beste.«
»So sagt man. Was ist der zweite Gefallen?«
»Kannst du mich zum Amphitheater fahren? Jetzt, meine ich?«
Sie seufzte fünf ganze Sekunden lang und verdrehte die Augen. »Oh, weh mir, weh mir, mein Königreich für ein Auto für meine Freundin.« Sie legte mir den Arm um die Schultern. »Komm, Prinzessin. Los geht’s.«
Ich war als Erste beim Amphitheater. Ich kletterte auf den Zementquader und wartete, erinnerte mich daran, wie Isaacs Hände sich angefühlt hatten, als er mir runtergeholfen hatte. Hoffte, er würde es heute wieder tun.
»Hey.« Isaac stand am Nordende des Theaters. Er trug Jeans, die neu aussahen, ein weißes T-Shirt und hatte die Kapuze seines Pullovers hochgezogen. Den Rucksack trug er über einer Schulter.
»Hi«, rief ich, und mein Herz hüpfte wie immer in seiner Gegenwart.
Keiner von uns sagte etwas, als er zu mir kam. Inzwischen wusste ich, dass Isaac ein bisschen Zeit brauchte, um warm zu werden. Er stand still und schweigend da. Kletterte nicht zu mir hoch und legte auch den Rucksack nicht ab.
»Wollen wir Text lernen?«, fragte ich schließlich.
»Nicht hier.« Er blickte über den offenen Platz. »Jeder könnte vorbeikommen und uns sehen. Ich weiß einen besseren Ort.«
»Okay.« Wieder wollte ich von dem Zementquader runterrutschen. Wieder reichte Isaac mir zuerst eine, dann die andere Hand. Ich nahm sie und sprang runter. Dann stand ich genauso vor ihm wie neulich.
Er hielt meine Handgelenke fest und strich mit den Daumen über die zarte Haut. Ich fragte mich, ob er meinen Puls fühlen konnte. Mein Herz schlug so schnell.
Er betrachtete mich. Seine graugrünen Augen waren ruhig und warm. Er trug kein Pflaster mehr, aber der Riss auf seiner Wange war noch dunkel vor geronnenem Blut. Die Schwellung war fast ganz abgeklungen.
»Schläfst du besser?«, fragte ich sanft.
Er schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Du?« Er hielt noch immer meine Handgelenke.
»Noch nicht.«
Sanft schob er meinen Ärmel hoch und entblößte ein paar der schwarzen X auf meinem Unterarm. Ich hielt den Atem an, wartete auf den kalten Schauder und den instinktiven Drang, meine Hand wegzureißen. Stattdessen ließ ich ihn, und dann sah er mich an. Sorge verdüsterte seine Augen, und er runzelte die Stirn.
»Frag nicht«, sagte ich leise. »Noch nicht. Okay?«
»Okay.« So einfach. Er zog den Ärmel wieder runter und ließ meine Hände los. »Wir sollten gehen.«
Wir kletterten die Steinstufen wieder hinauf und bogen in eine ruhige kleine Straße hinter dem Amphitheater ein. Strahlende Frühlingssonne schien durch die Bäume, die auf beiden Seiten der Straße standen. Wir passierten einen kleinen Spielplatz, während wir stumm nebeneinanderher gingen. Ab und zu berührten sich unsere Handrücken. Die Häuser standen hier weiter auseinander. Die Straßen wurden ruhiger, bis irgendwann lediglich das Summen der Insekten das lauteste Geräusch war.
»Was meinst du?«, fragte Isaac.
Wir standen vor einem Heckenlabyrinth.
»Ich liebe es«, sagte ich, bevor ich überhaupt einen Fuß hineingesetzt hatte.
Die Hecken waren etwa anderthalb Meter hoch und erstreckten sich über etwa dreißig Meter nach rechts und links. In der Mitte konnte ich das Dach einer kleinen Hütte mit einer Windmühle sehen.
»Im Sommer ist es hier voller Touristen«, sagte Isaac. »Aber für den Moment sollte es gehen.«
»Okay. Wie viel Text hast du schon gelernt?«
Er zuckte mit den Achseln. »Neunzig Prozent?«
»Nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass dein Textanteil am Stück etwa genauso groß ist.«
»Was ist passiert, nachdem ich dich nach dem Ball abgesetzt hatte?«
»Ach … nichts Aufregendes«, sagte ich. »Justin hat sich bei meinem Dad eingeschleimt. Sie haben geredet, als wäre ich gar nicht anwesend und noch dazu unfähig, irgendwelche Entscheidungen zu treffen. Das Leben imitiert die Kunst.«
»Wann wirst du achtzehn?«, fragte er.
»Juli«, sagte ich.
Isaac nickte. »Soll ich Marty heute Abend bitten, die Szene zu proben, in der Hamlet Laertes umbringt?«
»Nein«, sagte ich. »Weil Laertes ihn direkt zurückumbringt.«
»Laertes bringt ihn eigentlich zuerst um. Hamlet stirbt nur langsamer.«
»Und Ophelia stirbt am schnellsten. Ich schlage euch alle.«
Schweigen.
»Man weiß, dass es eine Tragödie von Shakespeare ist, wenn darüber geredet wird, welche Figur am schnellsten stirbt.«
Er lächelte leicht, aber das Lächeln schwand, als er mir in die Augen sah. Ich spürte, wie der Augenblick intensiver wurde. Es würde ihn kein bisschen Mühe kosten, sich vorzubeugen und mich zu küssen.
Ich will, dass er mich küsst.
Bei dem Gedanken kribbelte meine Haut, aber gleichzeitig verknotete sich mein Magen. Was würde passieren, wenn er es täte? Würde ich erstarren? Würde die Panik mich packen, schütteln und zu Boden werfen? Würde die schattenhafte Erinnerung an Xaviers Mund durch Isaacs Lippen scheinen?
Ich drehte mich um und strich mir eine Locke aus den Augen. »Meinetwegen können wir dieses Labyrinth jetzt betreten.«
»Klar«, sagte er, zu gleichen Teilen erleichtert und bedauernd. »Gehen wir.«
Wir betrachteten den Eingang zum Heckenlabyrinth. Zwei Gänge zweigten in entgegengesetzte Richtungen ab.
»Es ist nicht schwer«, sagte er. »Und du kannst die Mitte sehen, also kannst du dich nicht verlaufen.«
Mich mit dir in einem Heckenlabyrinth zu verlaufen wäre nicht das Schlimmste, was heute passieren könnte. »Okay«, sagte ich. »Wettrennen in die Mitte?«
»Ich gewinne«, sagte Isaac. »Ich habe mein ganzes Leben hier verbracht.«
»Du hast also Angst?«
Er lachte. Ein kleines, aber doch richtiges Lachen. »Okay. Sehen wir, was du kannst. Auf die Plätze. Fertig …«
Ich rannte auf meine Seite des Labyrinths, bevor er »los« sagen konnte.
»Schummlerin«, rief er.
Ich lachte, spürte die Sonne warm auf meinem Gesicht und den Duft des Frühlings, der um mich herum zurückkam. Die Hecken des Labyrinths wurden langsam wieder grün. Insekten surrten, und kleine weiße Schmetterlinge flogen mir in den Weg. Es war kein kompliziertes Labyrinth, und ich orientierte mich an der Windmühle in der Mitte. Isaac war über eins fünfundachtzig und hätte die Hecken überragen müssen, aber er war nirgends zu sehen.
»Er kann unmöglich so schnell sein«, murmelte ich, als ich die Lichtung mit der kleinen Windmühle erreichte. In einer Wand der Hütte war eine Tür ausgeschnitten, die verblasste rote Farbe blätterte ab. Isaac saß drinnen auf einer Bank und sah aus, als würde er seit Stunden warten.
»Okay, du hast gewonnen«, sagte ich mit einem Lachen, aber es erstarb, als ich bemerkte, wie er mich ansah. Er stand langsam auf und kam aus der Hütte. Seine Stirn war gerunzelt, als hätte er Schmerzen.
»Was ist?«, fragte ich.
Er hielt die Hände gesenkt, als würde ihn das anstrengen. »Nichts. Ich kann das nicht«, sagte er. »Wir sollten gehen.«
»Gehen? Wir sind gerade erst gekommen.«
»Das ist mir klar, aber es ist nicht fair. Weder dir gegenüber noch mir gegenüber …« Er seufzte, ließ den Blick sinken und schüttelte den Kopf. »Du hast keine Ahnung, wie schön du bist.«
»Isaac …« Mein Herz klopfte, und ich schluckte.
»Wir sollten gehen«, sagte er. »Wir sollten … Ich bin in ein paar Monaten weg. Ich muss. Ich bin es mir selbst schuldig, aus dieser Stadt zu verschwinden, und ich muss ein bisschen Geld für meinen Vater und für Martin und das Theater verdienen. Ich bin total pleite, aber wenn die Agenten mich gut finden …?«
Die verzweifelte Hoffnung in seiner rauen Stimme brach mir das Herz.
»Das weiß ich«, sagte ich. »Du musst weg. Es ist dein Traum. Die Welt braucht dein Talent.«
Er schluckte schwer. Ich sah, wie sein Adamsapfel sich bewegte, als würde er einen Kloß herunterschlucken.
»Sie braucht auch dein Talent«, sagte er. »Deine Ophelia …«
»Ach, keine Ahnung, aber ich brauche Ophelia. Ich brauche dieses Stück, und ich darf es nicht verlieren.«
Und dich auch nicht.
»Ich weiß«, sagte er leise.
»Und durch das Stück habe ich auch dich … ich kann Zeit mit dir verbringen«, sagte ich lauter. »Bis du gehst, haben wir das. Hamlet . Mein Vater würde es ruinieren, wenn wir …«
Er nickte brüsk, als wollte er mich unterbrechen. »Ich weiß. Und deshalb sollten wir gehen.«
Ohne ein weiteres Wort verließen wir Seite an Seite das Labyrinth. Isaac kannte den Weg ganz genau. Wir kamen an keine einzige Sackgasse, bis wir hinausgelangten.
Jetzt geht es nicht mehr weiter.
»Kommst du irgendwie nach Hause?«
»Ich rufe Angie an.«
Er nickte. »Wir sehen uns bei der Probe?«
»Ja, bis dann.«
Er nickte wieder, dann drehte er sich um und ging, während ich mich in die entgegengesetzte Richtung auf den Weg machte.
Ich ging in die Stadt, ließ mich von Angie nach Hause fahren und redete kaum. Um ihren Schwall von Fragen abzuwehren, sagte ich, dass ich mich nicht gut fühlte. Und es stimmte auch.
Zu Hause war niemand. Ich ging in die Küche, um mir ein Glas Wasser zu holen, und fand die heutige Post auf der Arbeitsplatte. Ganz oben lag ein dicker wattierter Umschlag, der nach einer Einladung aussah. Der Name des Absenders war Wilkinson.
Mit zitternden Händen drehte ich den Umschlag um. Er war schon offen. Ich zog die Karte darin heraus. Die edle Kalligrafie verschwamm vor meinen Augen. Erst nach einer Weile sah ich die Worte wieder scharf:
Wir laden Sie herzlich ein, den höchsten Quartalsumsatz in der Geschichte von Wexx mit uns zu feiern. Großer Ballsaal, Renaissance Hotel, Braxton, Indiana, am 30. April, um 20 Uhr.
Darunter handgeschrieben mit schwarzer Tinte:
Xavier hat frei in Amherst. Wenn er wüsste, dass Willow kommt, könnte ich ihn sicher überreden uns Gesellschaft zu leisten. Bestimmt würde er sich freuen, sie wiederzusehen. Ich hoffe, Sie alle dort zu treffen!
Ross Wilkinson.
Xavier. In Indiana.
Die Worte auf der Einladung verschwammen wieder, und ich sah nur noch kleine schwarze X.