Glück, pures Glück! Das Meer, Glitzerwellen, darüber der Abendhimmel, immer röter, immer berauschender, mit dem glühenden Ball, der sich ganz langsam dem Horizont näherte. Mein Blick wollte sich nicht lösen von dem Naturschauspiel in Orangerot und Glänzendgrau.
Eine Hand legte sich auf meine. Warm und gut. Markus.
Too much, schoss es mir für eine Sekunde durch den Kopf. Gleich wache ich auf und sitze nicht mehr draußen mit meinem Traummann bei Wonnemeyer. Bin gar nicht auf Sylt und genieße diesen wunderbaren Maiabend.
»Schön?« Seine dunkelraue Stimme. Sehr real. Ich nahm meinen Aperol Spritz und nippte daran. Das Glück machte mir die Kehle ein wenig eng.
Unser erster Abend auf Sylt. Markus hatte nicht zu viel versprochen. Du wirst dich in die Insel verlieben, hatte er gesagt.
Das mit dem Verlieben war bereits passiert – nach dem Einchecken im Hotel, als wir ans Meer gingen, die Schuhe auszogen und über den feuchten Sand spazierten, Hand in Hand. Es roch so … anders. Nach Salz und Tang, dazu das Wellenrauschen in meinen Ohren und das Schreien der Möwen, leichter Wind wehte mir die Haare ins Gesicht. Rechts von uns die Dünen, mit Strandhafer bewachsen, links das Meer, dessen vorwitzigste Wellen meine nackten Füße umspülten mit ihrem weißen Kräuselsaum.
Wir waren nicht allein. Postkartenblauer Himmel mit Schönwetterwölkchen hatte die Menschen an den Strand bei Wenningstedt gelockt. Aber das störte mich nicht. Gar nichts störte mich, es war alles herrlich. Und als unsere Füße ein bisschen kalt und wir ein wenig hungrig wurden, tauchte da wie gerufen ein Strandlokal auf. Das Wonnemeyer.
Hier saßen wir immer noch, nachdem wir köstliche Nordseezunge mit Salzkartoffeln und Gurkensalat gegessen hatten.
»Ich wusste, dass es dir gefallen wird«, sagte Markus.
»Gefallen? Hör mal, es ist …« Ich zog die Schultern hoch, weil mir nicht die richtigen Worte einfielen. Wie immer, wenn mich etwas berührte.
Schreib’s auf, hatte Valentin oft spöttisch gesagt. Mit Valentin war ich zwei Jahre zusammen gewesen. Ein Künstler – Maler. Da ging es schon mal heftig zur Sache, in jeder Hinsicht. Türenknallen und Farbschlachten inklusive. Mit Markus war das anders. Nie zuvor war ich einem solch aufmerksamen, charmanten Mann begegnet, der auch noch toll aussah und gut gebaut war.
Jetzt beugte er sich ein wenig vor. »Ich mag es sehr, wenn du sprachlos bist«, sagte er leise und sah mich aus tiefbraunen Augen an. »Machen wir es uns heute Abend im Hotel gemütlich? Oder ist dir unbedingt nach Weggehen?«
Ich drückte nur kurz seine Hand und trank mein Glas leer. Wenig später zahlte Markus, und wir schlenderten über den Holzsteg Arm in Arm durch die Dünen in Richtung Wenningstedt zurück. Nicht, ohne immer wieder stehen zu bleiben, um im letzten Tageslicht einen Blick aufs Meer zu werfen.
In der Nacht wurde ich einmal wach, brauchte einen Moment, bis mir klar wurde, wo und mit wem ich im Bett lag, kuschelte mich dann schlaftrunken an Markus’ warmen Körper. Er legte den Arm um mich und gab ein kleines grunzendes Geräusch von sich. Wie beruhigend. Wie wundervoll behütet fühlte ich mich, wie geliebt. Ich versuchte, meinen Atemrhythmus dem seinen anzupassen. Am liebsten hätte ich noch den Gleichklang unseres Herzschlags hergestellt. Beides misslang natürlich, wir waren zwar ein Traumpaar, aber zwei Individuen, kein Doppelwesen. Mit einem Seufzen ließ ich mich wieder ins Reich der Träume gleiten.
Der nächtliche Moment fiel mir beim Aufwachen sofort wieder ein. Und es war schön, daran zu denken. Durch die nicht ganz geschlossenen Jalousien fielen Sonnenstrahlen und malten ein Streifenmuster auf den dicken Teppichboden. Ich blieb in der Seitenlage und tastete mit der Hand hinter meinem Rücken nach Markus. Doch da war niemand. Langsam drehte ich mich herum.
Er war schon auf, die zurückgeschlagene Bettdecke zeugte davon. Ich rekelte und streckte mich, gähnte laut und ließ voller Wohlbehagen Gedanken an die Nacht in meinem Kopf herumschmeicheln. Fast wäre ich darüber noch einmal entspannt eingeduselt.
Nein, Lisa, rief ich mich zur Ordnung, jetzt aber raus mit dir! Markus kommt bestimmt gleich von seiner Joggingrunde zurück, und eigentlich wolltest du im Urlaub mit ihm zusammen laufen. Morgen, dachte ich. Morgen stehe ich mit ihm auf und jogge. Ich habe viel zu wenig Sport gemacht in letzter Zeit. Mit Anfang dreißig sollte man schon ein bisschen was tun, besonders wenn man nur wenig über eins sechzig war und jedes Gramm zu viel gleich auffiel.
Die Melodie von Sarah Conners Wie schön du bist vor mich hin summend erhob ich mich, ging zur breiten Fensterfront und zog die Jalousien hoch. Sie gaben den Blick frei auf die Dünen, darüber ein klarer blauer Himmel.
Ich öffnete die Tür zur Loggia und trat hinaus. Mir war, als hörte ich das Meer rauschen, und auch wenn ich es nicht sehen konnte, überkam mich das Gefühl, in seiner Nähe am rechten Ort zu sein. Hier würde ich schreiben können, das wurde mir in diesem Moment klar. Vielleicht im Strandkorb, vielleicht auf diesem Balkon, vielleicht anderswo unter einem Sonnenschirm. Hier würde ich es schaffen, die Schreibkrise zu beenden.
Und während kurz darauf in der Dusche warmes Wasser über meinen Rücken rieselte, tauchte vor meinen geschlossenen Lidern der Romanheld auf: schlank und groß gewachsen mit kurzen dunklen Haaren, tiefbraunen Augen, schön geschwungenen Lippen. Ein Held namens Mar … Matthias! Ja, genau, so würde er heißen und ein Immobilienkaufmann sein, der auf Sylt ein Haus von seiner alten Tante geerbt hatte.
Das reichte erst einmal. Mit dem Duschen und mit dem Roman. Ich drehte den Hahn zu und wickelte mich in eines der großen, flauschigen Badetücher.
Bestens gelaunt nahm ich meine Siebenachteljeans und ein T-Shirt aus dem Kleiderschrank, zog mich an und machte mich vor dem Schminkspiegel im Bad zurecht. Das Haar konnte an der Luft trocknen. Ich goss mir ein Glas Mineralwasser ein und setzte mich mit dem Reiseführer auf den Balkon, um die Zeit, bis Markus vom Joggen zurückkam, zu nutzen. Während ich die ersten Seiten aufschlug, lächelte ich vor mich hin.
Eine Woche Inselurlaub lag vor mir – unglaublich!
Wie traurig war ich noch am Donnerstag nach dem Anruf gewesen, den Markus bekommen hatte, als wir es uns gerade auf der Couch mit Wein und Chips für einen Video-Abend und ein gemeinsames langes Wochenende gemütlich gemacht hatten. Nach einem längeren Gespräch erklärte er mir, dass er kurzfristig nach Sylt müsse, zu einem Besichtigungstermin mit einem Kunden. Ein Riesengeschäft mit satter Provision könne es werden, das erste Haus überhaupt, das er auf der Insel vermitteln könnte.
»Wie kurzfristig?«, fragte ich mit dünner Stimme.
»Der Termin ist Samstagnachmittag, morgen muss ich fahren, um mir die Immobilie vorher noch einmal anzusehen.«
Tapfer versuchte ich, mir meine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Anscheinend ohne Erfolg.
Markus zog mich zu sich heran. »Ach Schatzi, mir tut es so leid«, sagte er, »aber sieh mal, wenn das klappt mit dem Abschluss, könnte auch ich einen schönen Batzen zu unserer neuen Wohnung beisteuern.«
Markus nahm mich in die Arme, legte seine Wange an meine, wiegte mich sachte hin und her, aber auch davon wurde mein Herz nicht leichter. Auf einmal ließ er mich los und blickte mir in die Augen. »Du kommst einfach mit«, sagte er und strahlte mich an. »Wir hängen ein paar Tage Inselurlaub an meinen Termin, ich lade dich ein.«
Wie ich Markus’ spontane Ideen liebte, vor allem, wenn er sie so charmant in die Tat umsetzte! Versonnen betrachtete ich die Dünen vor unserem Fenster.
Ich selbst tat mich schwer mit schnellen Entschlüssen. Bevor ich eine Entscheidung traf, beleuchtete ich alle Für und Wider unzählige Male, um mir am Ende Rat bei meiner besten Freundin Marlene zu holen. Die befand sich zurzeit auf dem Jakobsweg, und zwar ohne Handy. Auch eine ganz schön verrückte Idee, allerdings keine spontane, sondern die Erfüllung eines lang gehegten Wunschtraumes. Deswegen wusste Marlene noch gar nichts von meinem Glück, das mir das Herz so weit machte, dass ich am liebsten andauernd rosa Herzchen aufs Papier gemalt und Deine Spuren im Sand, die ich gestern noch fand vor mich hin gesummt hätte.
Jetzt ist aber gut, Lisa, schau endlich, was man auf Sylt unternehmen kann, und wenn dein Liebster auftaucht, überraschst du ihn mit einem Vorschlag. Der soll nicht denken, dass du ein passives Mäuschen bist, das immer nur das tun möchte, was er will. Was sagt denn der Reiseführer?
Wenn Sie drei Tage auf Sylt sind … Hach, noch vier Tage länger! Ich griente schon wieder. Dann vertiefte ich mich in die Tipps und Anregungen, sah Fotos von den Orten, Stränden und Landschaften an, las nach, wo man wie und zu welchen Preisen am besten essen gehen konnte.
Knapp zwei Stunden später schlenderte ich mit Markus wieder am Strand entlang, doch im Gegensatz zu gestern rollten die Wellen heute von rechts heran. Markus hatte mein Vorschlag gefallen, nach dem üppigen Hotelfrühstück nach Westerland zu laufen und dort einen Bummel durch den Ort zu unternehmen. Inzwischen hatten wir die Westerländer Promenade fast erreicht.
»Hör mal!« Ich blieb stehen. Der Wind trug Musik zu uns. Immer wieder vom Schreien der Möwen und Rauschen der Wellen übertönt, waren es nur Fetzen. Fragend schaute ich Markus an.
Er lauschte. »Ach klar, die Strandmuschel, immer um elf. Musst du kennenlernen, komm!«
Er nahm meine Hand und zog mich weiter. Schon bald wurden die Töne lauter, ich erkannte eine Musical-Melodie, und links vor uns sah ich ein muschelförmiges Dach, das sich über eine Bühne wölbte. Davor, in Richtung Westerland, eine gutbesetzte Tribüne.
»Hach, ich liebe Livekonzerte«, sagte ich. »Auch wenn das hier nicht unbedingt mein Musikgeschmack ist.«
»Nein?« Markus schmunzelte. »Trotzdem ein bisschen dazusetzen?«
»Unbedingt!«
Wir stapften die letzten fünfzig Meter durch den Sand und fanden zwei Plätze in der obersten Sitzreihe. Vor beziehungsweise unter uns Hinterköpfe mit grauen bis weißen Haaren oder auch gar keinen, auf der Bühne sechs Musiker älteren Semesters in roten Jacketts. Wann wird’s mal wieder richtig Sommer spielten sie gerade. Der Mann am Schlagzeug sang.
In dem Moment strich der Wind kühl über uns hinweg. Fröstelnd rückte ich näher zu Markus heran und hakte mich bei ihm unter. »Frühling reicht auch erst mal«, bemerkte ich.
Das Lied war zu Ende, alle applaudierten, ich auch. Es folgte Rote Lippen soll man küssen, und das fand Markus auch.
»Herrlich«, sagte ich, als ich wieder zu Atem kam und mich den Herren auf der Bühne widmen konnte. »Wie aus der Zeit gefallen. Spielen noch andere Bands hier?«
»Wir schauen nachher im Programm nach. Aber bestimmt treten deine Elephants of Crime oder wie sie heißen nicht hier auf.« Er lachte und legte den Arm um meine Schulter.
»Elements of Crime«, korrigiere ich ihn. »Hast du eigentlich keine Band, auf die du so richtig stehst?«
»Nein, ich bin breit aufgestellt, was die Musik betrifft.« Markus drückte mich lächelnd an sich. »Bei Frauen ist das ganz anders, da kommt für mich nur eine infrage.«
Trotz seiner erwärmenden Worte wurde es mir beim Sitzen langsam doch zu kühl, also trennten wir uns von der Band, deren Namen ich nicht wusste, und stiegen die steinernen Treppen von der Promenade aus zum Ort hinauf.
Arm in Arm durchstreiften wir die Geschäftsstraßen in der Fußgängerzone. In einem der Schaufenster entdeckte ich einen zitronengelben sündhaft teuren Sommerpulli und wusste sofort, wer ihn tragen sollte.
»Meinst du wirklich?« Markus zögerte. »Ist das echt meine Farbe? Nicht zu auffällig?«
»Unsinn! Wenn einer auffallen darf, dann du. Der sieht sicher super aus zu deinen dunklen Haaren. Los, wir gehen rein!«
Drinnen ließen wir uns den Pulli zeigen und drängelten uns zum Anprobieren zusammen in die Umkleide. Wie erwartet sah der Pullover toll aus an Markus und nach ein bisschen Hin und Her behielt er ihn gleich an.
Die Verkäuferin ließ es sich nicht nehmen, mit einer Nagelschere die Etiketten herauszuschneiden, aber an der Kasse stellte sich heraus, dass Markus seine Brieftasche im Hotelzimmer vergessen hatte. Zum Glück hatte ich alles dabei. Sonnencreme, Labello, den Reiseführer und mein ledernes Portemonnaie mit der Girokarte. Am liebsten hätte ich ihm das Teil geschenkt, aber davon wollte er nichts wissen.
»Natürlich gebe ich dir das Geld zurück, was denkst du von mir«, sagte er, als wir beschwingt den Laden verließen.
Nachdem wir uns in einem Café in der Friedrichstraße mit Erdbeertorte und Kaffee gestärkt hatten, kam auch ich noch auf meine Kosten. Beim Stöbern in einer Boutique fand Markus ein buntes Kleid im Siebzigerjahre-Look für mich. Ich probierte es an und drehte mich vergnügt vor dem Spiegel.
»Das ist genau dein Stil! Du siehst zauberhaft darin aus. Darf ich es dir schenken?« Markus griff in die Innentasche seiner Jacke und zog dann bedauernd die Schultern hoch.
Wenig später spazierten wir gut gelaunt mit unseren Shopping-Ergebnissen in den Tragetüten zur Haltestelle Alte Post und ließen uns vom Bus zurück nach Wenningstedt bringen.
Um drei wurde es für Markus Zeit, sich auf den Weg zu seinem Kundentermin zu machen. Ich wünschte ihm viel Erfolg, nahm meine Kladde und einen Stift und setzte mich in einen der Strandkörbe des hoteleigenen Gastgartens. Noch immer strahlte die Sonne vom blank geputzten Himmel. Mit geschlossenen Augen hielt ich ihr für eine Minute mein Gesicht entgegen. Wie gut es mir ging! Und was für ein rundum schöner Tag mit Markus! Jetzt musste es nur noch mit dem Schreiben klappen.
Ich schlug die Augen auf und gleich darauf die Kladde. Wie und wo sollte mein Roman beginnen? Sofort auf Sylt …? Statt Wörter zu schreiben, malte ich kleine fliegende Möwen aufs Papier, meine Gedanken drifteten ab. Zu der schönen neuen Wohnung, in die wir bald ziehen würden – unser Liebesnest. Ein Herz fand sich neben den Möwen ein. Dann kam noch eine lachende Sonne mit Augen, Nase und Mund dazu. Und dann merkte ich, wie ich müde wurde, legte Kladde und Stift beiseite und wechselte in den Liegestuhl zwei Meter weiter.
»Lisa-Schatzi …« Dunkelrau und leise.
Ich öffnete blinzelnd die Augen. Markus’ Gesicht dicht vor meinem, ein Kuss auf meiner Schläfe.
»Du bist schon wieder da?«, fragte ich schläfrig. Hatte ich mich nicht gerade erst hingelegt?
Markus hockte neben dem Liegestuhl und blickte mich an. »Es ist nach sechs. Hast du keinen Hunger?«
»Doch, gewaltigen. Wie war dein Termin?«
»Vielversprechend. Ich glaube, es wird was.«
»Super!« Ich richtete mich auf. »Dann lass uns was essen und drauf anstoßen.«
»Gefeiert wird erst nach Abschluss. Aber wir können stattdessen ein Gläschen auf diesen wunderbaren Tag trinken. Was meinst du?«
Damit war ich voll und ganz einverstanden. Wir suchten kurz unsere Suite auf, zogen uns um und speisten im Hotelrestaurant. Markus bestellte uns für hinterher eine Flasche Amselfelder, und mit ihrem Inhalt feierten wir sehr romantisch bei Kerzenlicht erst auf dem Balkon und danach sehr zärtlich auf der großen Couch.
Ein Geräusch spülte mich aus dem Traum an die Oberfläche. Es war merkwürdig gewesen, als läge eine bleischwere Decke auf mir, die ich nicht von meinem Körper bekam. Ich hatte aufwachen wollen, gemeint, sofort aufstehen zu müssen, hatte es aber nicht vermocht. Als ich endlich die Lider halb öffnen konnte, hörte ich meinen dumpfen schnellen Herzschlag. Dunkelheit umgab mich. War es noch mitten in der Nacht? Sobald ich den Kopf etwas bewegte, dröhnte es darin. So viel hatte ich doch gestern gar nicht getrunken.
Ich streckte meinen linken Arm seitwärts. Kein Markus lag neben mir. Wieder musste er ohne mich joggen. Das schlechte Gewissen gesellte sich zum Kopfschmerz.
Aber wieso war es nicht hell? Ich drehte mich vorsichtig nach rechts, knipste die kleine Lampe an, um auf meine auf dem Nachttisch liegende Armbanduhr zu schauen. Halb elf. Stöhnend ließ ich mich zurück ins Bett sinken und musste mir eingestehen, dass ich noch nicht einmal wusste, wie ich gestern hineingekommen war. Filmriss.
Sicher, Markus hatte später eine zweite Flasche Wein hochbringen lassen, aber hatten wir die überhaupt angebrochen? Die Frage konnte ich mir ebenso wenig beantworten wie die, warum die Jalousien heute so heruntergelassen waren, dass sie kein bisschen Licht durchließen.
Ein neuer Versuch, mich in die Senkrechte zu bringen. Es pochte in den Schläfen. Langsam stellte ich die Füße auf den Boden, stand im Zeitlupentempo auf und schlurfte ins Bad. Zuerst ein Aspirin. Dann die Dusche.
Nach einer halben Stunde klang der Kopfschmerz ab, doch selbst die Helligkeit, die ich ins Schlafzimmer ließ, brachte mir nicht die Erinnerung an den Ausklang des gestrigen Abends zurück.
Mein Magen knurrte leise. Ob wir gleich noch ein sehr spätes Frühstück im Hotel bekämen? Oder sollten wir lieber in einem Restaurant zu Mittag essen? Mir war das eine wie das andere recht, ich würde Markus entscheiden lassen.
Er könnte eigentlich langsam mal aufkreuzen. Sonst war er nach unseren gemeinsamen Nächten morgens nie länger als eine halbe Stunde joggen gewesen. Wo war überhaupt mein Handy? Vielleicht hatte Markus mir eine SMS geschickt.
Ich ließ meinen Blick schweifen auf der Suche nach meiner Umhängetasche. Sie lag auf dem breiten Sofa mit den Riesenkissen, wo Markus und ich es uns am Abend zuvor schön gemacht hatten. Hastig kramte ich das Telefon heraus, sah in den Posteingang.
Eine einzige Nachricht. Leider nicht von Markus, sondern von meiner Lektorin Ramona Nentwig: Läuft es? Sehr knapp und präzise – wie immer. Nett von ihr, dass sie sich überhaupt erkundigte. Sie wusste von meiner Schreibblockade, hatte aber gelassen darauf reagiert. »Das wird schon wieder«, hatte sie gesagt. »Gönn dir ruhig eine Auszeit.« Ramona konnte leicht reden, sie war schließlich nicht auf einen Vorschuss vom Verlag Linkmann & Schulte angewiesen, den es erst bei Vertragsabschluss gab. Und dieser wiederum kam erst zustande, wenn ich zumindest das Exposé für einen neuen Roman lieferte.
Rasch tippte ich eine Antwort: Bestens! Exposé kommt bald.
In der nächsten halben Stunde versuchte ich, in Fünfminutenabständen Markus auf seinem Handy zu erreichen. Nichts. Immer nur die Meldung, dass der Teilnehmer zurzeit nicht erreichbar wäre. Womöglich war Markus schwimmen gegangen nach dem Joggen. Aber das Meer war doch noch so kalt. Fünfzehn Grad hatte gestern auf einer Schiefertafel an der Strandpromenade bei Westerland gestanden. »Da kriegst du mich nicht rein!«, war es mir herausgerutscht, worauf Markus lachend erwidert hatte, dass es genau die richtige Temperatur für ihn sei.
Mit schwitzigen Fingern steckte ich das Handy in die Hosentasche. Als ich aufstand, zitterten mir die Knie. War ihm etwas passiert? Wie eine dicke dunkelgraue Gewitterwolke dieser Gedanke. Ich musste etwas unternehmen, nur was?
Der junge Mann an der Rezeption hatte keine Nachricht für mich. Es war derselbe, bei dem wir eingecheckt hatten.
»Danke.« Ich blieb verloren am Tresen stehen, sah mich unschlüssig im Eingangsbereich um. Vom Treppenaufgang näherte sich eine hochbeinige Blondine in Shorts und Bluse, mit einem riesigen Strohhut auf dem Kopf. Ich erkannte sie gleich wieder, obwohl sie gestern einen eleganten Hosenanzug getragen hatte und nicht allein angereist war. Ihr fast weißhaariger Begleiter hatte mich ein bisschen an Richard Gere erinnert. Doch der war sicher nicht so ein blasierter Kerl wie dieser. »Wird das heute noch was?«, hatte er gefragt und die Augen verdreht, weil der junge Mann hinter dem Empfangstresen Probleme hatte, die Buchung zu finden, und gleich noch zynisch nachgelegt: »Sie erwarten hoffentlich nicht, dass wir einen Tag Urlaub anhängen, bis Sie in der Lage sind, Ihre Aufgabe zu erfüllen.« Ätzend, hatte ich gedacht, für eine Minute Warten den jungen Mann vor den Augen anderer Gäste so runterzumachen. Also hatte ich mich vorgebeugt. »Wir entspannen ein bisschen in der Sitzecke, wir haben Zeit.« Als der Rezeptionist kurz aufgeblickt hatte, hatte ich ihm zugezwinkert und mich dann mit Markus zurückgezogen. »Hätte nicht sein müssen«, hatte Markus kommentiert. »Wer weiß, wen der jetzt noch alles vor uns abfertigt.«
»Kann ich noch etwas für Sie tun?«, fragte mich der Rezeptionist freundlich.
Ich kehrte aus meinen Gedanken zurück und trat zwei Schritte rückwärts.
»Nein, nein danke«, sagte ich, drehte mich um und ging langsam auf die große Glastür zu.
Draußen empfing mich strahlender Sonnenschein. Eine leichte Windböe streifte mich. Ich fröstelte und verschränkte die Arme. Die langbeinige Blondine war zu dünn angezogen, das stand fest. Bewegen. Mich bewegen, dabei würde mir sicher wärmer. Und etwas bewegen, was auch immer. Was konnte ich tun, wenn ich nicht wieder zurück ins Hotel und dort warten wollte? Für eine Vermisstenanzeige war es viel zu früh, die Polizei würde mich wegschicken.
Zögernd schlug ich die Richtung ein, in der es zum Strand ging. Gab es jemanden, den ich fragen konnte, ob er Markus gesehen hatte? Ich dachte an seinen Besichtigungstermin gestern, wusste aber weder den Namen des Interessenten noch den Ort der Immobilie. Oder jemand anderen, von dem er mir erzählt hatte … Geschwärmt hatte er von der Insel, ein paar Orte erwähnt, zu denen er unbedingt mit mir hinwollte, die Namen von Lokalen waren gefallen.
Meine Füße setzten automatisch weiter Schritt auf Schritt, während ich angestrengt nachdachte. Der Fischfritze! Oder so ähnlich. Wo war das noch, was hatte er gesagt? Mit K fing der Ort an. In Kampen? Oder Keitum?
Wonnemeyer!
Ich blieb abrupt stehen. Unser erster Abend im Wonnemeyer! Dort hatte Markus einige Minuten mit dem Mann geredet, der anscheinend der Besitzer war. Da musste ich hin.
Die Hoffnung schoss wie ein Energieschub durch meinen Körper in die Beine. Sie liefen wie von selbst schneller. Auch wenn ich nicht viel von Sylt kannte, wie ich zu Wonnemeyer kam, das wusste ich. Ich brauchte von der Dünenstraße nur nach links in Richtung Nordsee abbiegen und dann am Strandübergang die Treppe hinaufsteigen. Von dort kam ich entweder oben über den Holzbohlensteg, der durch die Dünen führte, oder unten am Wasser entlang zu Wonnemeyer.
Und wenn Markus in der Zwischenzeit zurückkommen würde? Ich starrte auf meine Füße in den weißen Sneakers, die jetzt langsamer voranschritten. Vielleicht doch besser umkehren. Aber dann tatenlos im Hotel sitzen? Nein, lieber weiter, Markus konnte ruhig auch einmal auf mich warten.
Ein paar Minuten später stand ich an der untersten Stufe der hölzernen Treppe und schaute hinauf. Dort oben auf der Düne gab es ein Häuschen. In dem wurden die Kurkarten kontrolliert.
Steck du die lieber mal ein, hatte Markus gesagt, als wir die Karten erhalten hatten, ich bin doch oft so schusselig. Jetzt tastete ich nach meinem Portemonnaie in der Hosentasche und sah Markus vor mir, wie er letzten Sonntag, nachdem er bei mir übernachtet hatte, seine Brieftasche in meiner kleinen Wohnung gesucht hatte. Ich hatte ihm am Ende einen Fünfzigeuroschein gegeben, damit er nicht ohne Geld zurück nach Frankfurt fahren musste. Später stellte sich heraus, dass er die Brieftasche gar nicht bei sich gehabt hatte, aber das hatte sowieso keine Rolle gespielt, weil wir an dem verregneten Wochenende keinen Schritt vor die Tür gesetzt und den Pizzadienst in Anspruch genommen hatten. Bis auf die etwas nervige Sucherei war es ein harmonisches, kuscheliges Wochenende gewesen.
Versunken in der Erinnerung stieg ich die mit feinem Sand bedeckten Stufen empor, eine Hand vorsichtshalber am Geländer. Grünbewachsen war die Düne, die ich langsam erklomm, und Wind wehte mir über sie hinweg ins Gesicht. Als ich den höchsten Punkt erreichte, hielt ich inne und sah hinaus aufs Meer. Nie hätte ich gedacht, dass die Nordsee auch blau ausschauen könnte. Immer hatte ich sie mir grau vorgestellt. Seit zwei Tagen wusste ich es besser. Doch heute erschien mir ihre Farbe noch leuchtender, noch intensiver, die Schaumkronen der heranrollenden Wellen derart schneeweiß, dass mir das Anschauen dieser vollkommenen Schönheit beinah wehtat. Kein Tag zum Genießen für mich.
Wieder waren an der Wasserlinie die Urlauber zu Fuß unterwegs und die Strandkörbe gut besetzt. Kinder, mit Eimerchen und Schaufeln ausgerüstet, vergnügten sich im Sand beim Ausgraben von Wasserzuläufen und Bauen von Miniburgen. Wie gestern, als noch alles in Ordnung gewesen war. Ich wandte mich ab und dem Mann mit der blauen Schiffermütze zu, der in der offenen Tür stand. Nach einem kurzen Blick auf meine Kurkarte wünschte er mir einen schönen Tag, und ich steckte das Portemonnaie wieder ein.
In dem Moment erklang Mozarts Kleine Nachtmusik. Aufgeregt nestelte ich am Knopf der Hosentasche, konnte das Handy nicht schnell genug herauskriegen, riss es endlich an mein Ohr.
»Markus?«
»Wieso Markus? Ich bin es, deine Mutter!«
Als schwappte eine der Nordseewellen über mich hinweg. Fünfzehn Grad.
»Ach, Mutti …« Ich schluckte.
»Na, das hört sich ja nach richtiger Freude an. Wo ist denn dein Markus? Ich denke, ihr seid zusammen auf Sylt.«
Ich ging auf dem Holzsteg ein paar Schritte weiter zu einer Bank und setzte mich. »Sind wir auch«, sagte ich. »Er ist … er joggt gerade.«
»In der Mittagszeit?«
»Ja. Wir haben lange geschlafen.«
»Und? Habt ihr schönes Wetter, was unternehmt ihr heute noch? Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen!«
Obwohl meine Mutter Markus erst zwei Mal begegnet war und Markus sich ihr gegenüber tadellos verhalten hatte, war sie immer gereizt, wenn es um ihn ging.
»Wetter ist toll und Sylt, was ich bisher davon gesehen hab, traumhaft. Aber lass uns lieber heute Abend noch mal telefonieren, ja? Es ist gerade nicht so günstig.«
»Schon gut, bin schon weg, dann melde du dich. Will ja nicht in euer Liebesgeturtel platzen.«
Wonnemeyer brachte mich kein bisschen weiter. Zwar konnte sich der Inhaber gut an unseren Lokalbesuch erinnern, weil ihn Markus auf dem Weg zum Waschraum angesprochen und sie sich ein paar Minuten unterhalten hatten, doch Markus habe lediglich das hervorragende Essen gelobt und sich nach dem Wein erkundigt, den wir dazu getrunken hatten.
Enttäuscht und ratlos machte ich mich wieder auf den Weg nach Wenningstedt.
Gegen drei war ich zurück im Hotel. Mit bis zum Hals klopfendem Herzen steuerte ich die Rezeption an. Der junge Mann dort bediente ein gerade eingetroffenes älteres Paar. Er, im feinen beigen Leinenanzug und mit einem Panamahut auf dem Kopf, hatte den Arm um ihre kaum zu erkennende Taille gelegt, ab und zu strich seine Hand zart über die Rundungen. Sie trug ein flattriges Blumenkleid, hing an seinen Lippen, während er Fragen stellte, und schenkte den Antworten keine Beachtung. In normaler Verfassung hätte ich das süß gefunden und mir die kleine Szene im Gedächtnis abgespeichert, um sie eventuell später in einem Roman zu verwenden, aber jetzt nervte es.
Es dauerte mindestens fünf Minuten, bis sie endlich abgefertigt waren und der Rezeptionist sich mir zuwandte. »Herr Held ist noch nicht eingetroffen«, erklärte er und zog die Stirn kraus. »Ich habe zwischendurch zwei Mal auf Ihrem Zimmer angerufen, um sicher zu sein.«
»Danke«, sagte ich und strich mir eine sperrige Locke aus meiner Stirn. Verstohlen wischte ich mir die Finger an meiner Hose ab. Meine Beine fühlten sich komisch an, so wackelig und kraftlos.
»Ist Ihnen nicht gut?« Der junge Mann sah mich besorgt an. Ich beugte mich vor und las das Namensschildchen an seiner Jacke. Henning Harmsen.
»Ich … weiß nicht, Herr Harmsen. Könnten Sie mir ein Wasser bringen? Ich glaube, ich setze mich mal.«
Wie auf Watte ging ich zur Sitzecke und ließ mich auf das Polster fallen. Vielleicht war mir das Fischbrötchen, das ich auf dem Rückweg bei Gosch gegessen hatte, nicht bekommen. Beim Gedanken an den kurzen Aufenthalt dort brach mir erneut der Schweiß aus: laute Musik, unzählige braungebrannte Menschen, Sektgläser in den Händen, gestylt, Meeresfrüchte essend. Ich war mit dem Fischbrötchen in der Hand geflohen, hatte es ein Stück entfernt in einem der an der Promenade aufgestellten Strandkörbe halb gegessen und den Rest weggeworfen.
»Bitte, aber langsam trinken.« Henning Harmsen stellte das Glas auf dem niedrigen Tisch ab und blieb bei mir stehen. »Vielleicht legen Sie sich ein wenig hin. Manche Gäste vertragen die Luftveränderung nicht oder die Sonne.«
»Ja«, sagte ich. »Mach ich.« Hinlegen … in der leeren Suite … allein. Ein Zittern überlief mich.
»Sie machen sich Sorgen«, stellte Herr Harmsen fest.
»Kann man so sagen.« Dankbar sah ich zu ihm auf. Jemand sprach mit mir über mein Problem. »Es ist so … sonderbar. Ich kann mir einfach nicht erklären, wo er ist.«
»Das kann ich verstehen.« Der Rezeptionist warf einen Blick zur Eingangstür, bevor er sich zu mir herunterbeugte. »Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf …?«
»Ja, natürlich.« Ich griff zum Glas und nahm ein paar Schlucke. Kühle breitete sich im Magen aus, erzeugte ein Völlegefühl.
»Haben Sie schon nach seinem Wagen geschaut?«
Wieso war ich nicht selbst darauf gekommen, fragte ich mich auf dem Weg zum Hotelparkplatz. War mein Hirn vor lauter Angst um Markus auf Stand-by? Wenigstens funktionierten meine Beine wieder. Das Marshmallow-Gefühl war verschwunden.
Ich sah die erste Autoreihe und hielt Ausschau nach der Farbe Weiß. Gleich beim Eingang standen zwei riesige weiße Limousinen. Mich interessierten Autos nicht; ich konnte mir früher nicht einmal merken, welche Modelle meine Arbeitskollegen fuhren, aber dass keiner dieser Luxusschlitten Markus gehörte, wusste ich immerhin. Er besaß ein Sportcabrio. Mein Pulsschlag beschleunigte sich, mein Tempo ebenso. Ich schritt den Parkplatz von rechts nach links ab, entdeckte zwei Sportwagen, die dem von Markus ähnlich sahen, mich jedoch mit ihrem aufreizenden Rot auszulachen schienen.
Also musste Markus mit seinem Wagen zum Joggen gefahren sein. Oder woandershin … War das jetzt eine Erkenntnis, die mir irgendetwas brachte?
Henning Harmsen sah mir entgegen, als ich wieder die Hotelhalle betrat. Mit leicht ausgebreiteten Armen zog ich die Schultern hoch und schüttelte den Kopf.
»Frau Redlich«, er kam hinter seinem Tresen hervor und auf mich zu, »ich könnte im Sylter Krankenhaus, der Nordseeklinik, mal anrufen«, sagte er leise.
Anscheinend stand mir die Vorstellung, Markus könnte dort schwer verletzt liegen, ums Überleben kämpfend, ins Gesicht geschrieben, denn er ergänzte sofort: »Nicht dass ich meine, ihm wäre was passiert. Bestimmt wird er dort nicht sein, aber es wäre für Sie doch eine gewisse Beruhigung, wenn wir negative Auskunft bekämen, oder?«
Ich nickte. »Das wäre ganz lieb von Ihnen.«
»Neue Gäste«, sagte er mit einem Blick zum Eingang. »Aber sobald ich Luft habe, mache ich das und rufe Sie auf dem Zimmertelefon an, okay?«
»Ja, danke.« Ich nickte noch einmal. Anscheinend war ich paralysiert oder sonst was, dass ich nicht selbst auf die nächstliegenden Ideen kam. Langsam stieg ich die Treppe in den ersten Stock hinauf, schloss die Tür zu unserer Suite auf und nahm mir aus der Minibar eine Apfelschorle.
Schon vier Uhr nachmittags, und ich war im Grunde kein Stück weiter als heute Mittag. Der einzige Unterschied: Ich wusste, dass Markus mit seinem Wagen irgendwohin gefahren war.
Und dann plötzlich der Schlag, wie ein Fausthieb in den Magen. »Schatz, schau mal, jeder bekommt für seine Sachen eine Hälfte mit zwei Türen vom Kleiderschrank, dann kommen wir uns nicht in die Quere.« Markus’ Worte, mit denen er seinen Koffer ausgepackt hatte. Angeblinzelt hatte er mich dabei. »Können wir schon mal üben für bald, damit wir uns nicht in die Wolle kriegen.«
Das Glas klirrte auf der Schiefertischplatte, ich sprang auf, raste nach nebenan, riss die zwei Türen der Schrankhälfte auf, die Markus zugedacht war.
Leer!
Ich erstarrte. Das konnte nicht sein. War ein böser Traum. Umdrehen, zur Ablagestelle in der Ecke.
Ein Koffer. Nur einer!
Meiner. Kein böser Traum. Die Wahrheit hämmerte in meinen Schläfen.
In dem Moment klingelte das Zimmertelefon. Wie ferngesteuert ging ich zum Bett, setzte mich und nahm den Hörer ab. Herr Harmsen meldete sich. Ich wusste im Voraus, was er mir sagen würde.
»Wie ich vermutete, Frau Redlich, es ist kein Markus Held in der Nordseeklinik aufgenommen worden.«