Connor überprüfte, ob alle Fenster und Türen fest verschlossen waren, bevor er in sein Zimmer ging. Da im Bad das Wasser rauschte, ging er davon aus, dass Nita duschte. Er verdrängte den Gedanken daran, wie sie wohl nackt aussah. Doch das Bild setzte sich in seinem Kopf fest und quälte ihn. Nachdem er die Zimmertür hinter sich zugemacht hatte, wünschte, er, er könnte diese erotische Fantasie ausblenden. Jedes Mal, wenn er in Nitas Nähe war, hatte er das Bedürfnis, sie zu berühren und zu küssen.
Alles an ihr faszinierte ihn. Die Art, wie ihr schwarzes seidiges Haar in der Sonne glänzte und wie ihre violetten Augen strahlten. Er wurde es nie müde, sie zu beobachten. Ihm gefielen ihre anmutigen Bewegungen und ihre Begeisterung, wenn sie mit den Pferden arbeitete. Es war offensichtlich, dass sie dann genau das tat, was sie wollte und wozu sie sich berufen fühlte.
Und als wenn die sexuelle Anziehung nicht schon schlimm genug wäre, mochte er Nita auch noch wirklich gern. Sie war so voller Leben. Die Art, wie sie ihn in den vergangenen Tagen mit unverhohlenem Interesse angesehen hatte, gefiel ihm. Doch gleichzeitig war ihm nicht wohl dabei. Er konnte ihr nicht in die Augen schauen und ihr gegenübertreten, ohne dass seine Gefühle ihn überwältigten. Würde er seine Selbstbeherrschung verlieren, dann könnte er Nita damit schaden. Dennoch war er noch nie einer Frau begegnet, die in ihm den Wunsch weckte, die Kontrolle zu verlieren.
Connor zog sein Hemd aus und war gerade dabei, seine Hose zu öffnen, als es an der Tür klopfte. Er zog den Reißverschluss wieder hoch und machte die Tür auf. Nita stand vor ihm. Ihre langen Haare waren feucht, und sie trug ein viel zu großes Männerhemd.
Obwohl er wusste, dass es besser wäre, die Augen zu schließen, ließ er die Blicke tiefer wandern und hielt den Atem an. Das Hemd endete in der Mitte ihrer Oberschenkel und ließ ihre schönen Beine und viel nackte, glatte Haut sehen.
„Kann ich hereinkommen?“, fragte sie.
Connors Kopf sagte zwar Nein, aber sein Körper hörte nicht darauf. Wie in einem sexuellen Trancezustand ließ er sie ins Zimmer.
Nita schloss die Tür hinter sich und lehnte sich dagegen, als wollte sie sichergehen, dass er nicht entkommen konnte. Sie sah ihn fest an und ließ den Blick begehrlich über seinen nackten Oberkörper gleiten.
„Ich wollte mich für Ihre Hilfe bedanken“, sagte sie. „Ohne Sie hätte ich das alles nicht geschafft.“
Sie schien genau zu wissen, wie sie ihm danken wollte, und er kam in Bedrängnis. Er wich zurück, bis er in sicherer Entfernung war, und setzte eine desinteressierte Miene auf. „Sie brauchen sich nicht zu bedanken. Ich bin sicher, dass Sie das auch ohne meine Hilfe bewerkstelligt hätten.“
Sie kam auf ihn zu und öffnete den oberen Hemdknopf, damit er den Ansatz ihrer Brüste sehen konnte. „Vielleicht will ich mich ja bedanken.“
Connor blieb stehen, bemerkte aber, wie sein Körper auf sie reagierte, während er ihren Duft wahrnahm. Verlangen stieg in ihm auf. „Das ist nicht nötig. Das sagte ich doch bereits.“
Nita stemmte die Hände in die Hüften. „Mann, verstehst du den Wink mit dem Zaunpfahl denn nicht?“
„Ich verstehe ganz genau, was du vorschlägst. Doch ich möchte das Angebot höflich ablehnen.“
Sie öffnete einen weiteren Hemdknopf. Nun war Connor nur noch einen Knopf vom Paradies entfernt. „Ich bin nicht an einer Beziehung interessiert, falls es das ist, was dir Sorgen bereitet. Ich möchte nur Spaß haben, und wenn du es ein bisschen derb haben willst, ist das auch in Ordnung.“
„Und ich bin immer noch nicht interessiert“, log er. In Wahrheit hätte er ihr am liebsten das Hemd und was immer sie auch darunter anhatte vom Leib gerissen und sie hier an der Tür genommen. Er wollte spüren, wie sie mit diesen Beinen seine Hüften umklammern und ihren geschmeidigen Körper an ihn pressen würde.
„Ich mag ja aussehen und mich benehmen wie ein Junge, aber ich bin dennoch eine Frau.“ Sie öffnete auch noch den letzten Knopf ihres Hemdes und ließ es langsam über die Schultern zu Boden gleiten. Darunter trug sie einen weißen Slip aus Baumwolle – den die meisten Männer nicht gerade besonders sexy finden würden. Doch Connor wurde beim Anblick der fast nackten Nita ganz heiß. Ihre Haut war elfenbeinfarben, glatt und makellos. Ihre Brüste waren klein und fest und schienen sich danach zu sehnen, berührt zu werden.
Er kämpfte gegen sein übermächtiges Verlangen an. Bei den meisten Frauen hatte er keine Probleme, seine Emotionen in Schach zu halten. Da konnte er seine körperliche Begierde ausleben, ohne dass sein Verstand außer Kraft gesetzt wurde. Natürlich waren diese Begegnungen weder für ihn noch für seine Partnerinnen besonders befriedigend gewesen. Aber auf diese Weise ging er kein Risiko ein, und allein das war für ihn ausschlaggebend. Er wusste, dass bei ihm schon jetzt viel auf dem Spiel stand, was Nita anging. Und ließ er sich erst einmal darauf ein, mit ihr ins Bett zu gehen, dann würde er außer Kontrolle geraten. „Vertrau mir, Nita, du siehst absolut nicht wie ein Junge aus. Ein Grund mehr, weshalb du dein Hemd ganz schnell wieder anziehen solltest.“
Sie lächelte ihn schelmisch an. „Was ist los, Connor? Stehst du nicht auf Frauen? Ist das dieses Geheimnis aus der Militärzeit, über das du nicht reden wolltest?“
„Natürlich stehe ich auf Frauen.“ Er wusste, dass sie ihn nur neckte, und sehnte sich danach, sie in die Arme zu nehmen und ihr zu zeigen, wie sehr er sie begehrte. Aber er könnte die Kontrolle verlieren und ihr wehtun. „Bist du bei Männern immer so draufgängerisch?“
„Wenn ich etwas sehe, das mir gefällt, gehe ich darauf zu. Ist irgendetwas verkehrt daran?“
„Ich denke, das hängt davon ab, auf wen du abfährst.“ Er hatte bemerkt, dass sie einen Blick auf ihn geworfen hatte. Aber sie hatte keine Vorstellung davon, worauf sie sich da einließ. Er war eine tickende Zeitbombe, die schließlich explodieren könnte. „Was auch immer du über mich zu wissen glaubst, ist falsch.“
„Ich habe mitbekommen, wie du mich ansiehst.“ Sie legte die Hand auf ihren Bauch und ließ sie dann aufreizend zu ihren Brüsten gleiten. Sie streichelte sie und schaute Connor sehnsüchtig unter halb geschlossenen Lidern an. Er unterdrückte ein Stöhnen. „Deine Augen lügen nicht“, meinte sie. „Egal, wie sehr du es auch zu verbergen versuchst.“
Nita kam näher, bis ihre Brustspitzen seine nackte Brust berührten. Er rang nach Luft und bemerkte, dass er im Begriff war, die Fassung zu verlieren. Für eine Frau, die sich selbst für nicht besonders weiblich hielt, wusste sie sehr gut, wie man einen Mann verführen konnte. Er ballte die Hände zu Fäusten, um Nita nicht anzufassen. „Du willst einen Mann wie mich nicht, Nita.“
„Warum denn nicht?“
„Weil ich beschädigt bin.“
Sie strich über seine Männlichkeit, die sich unter der Jeans deutlich abzeichnete. „Aber es scheint doch alles bestens zu funktionieren.“
Connor wollte ihre Hand festhalten, um ihr Einhalt zu gebieten. Aber ihm war klar, dass sein Widerstand in der Sekunde, in der er sie berühren würde, gebrochen wäre. Und er begann, sie regelrecht mit Blicken zu verschlingen. Dann schloss er die Augen. „Ich bin hier, um dich zu beschützen.“
„Was hat das damit zu tun, dass wir Sex miteinander haben?“, fragte sie, und er konnte ihren warmen Atem spüren.
„Ich beschütze dich.“
„Wovor?“
„Vor mir.“
Nita streichelte die Haut unter seinem Hosenbund. „Warum, zum Teufel, sollte ich vor dir beschützt werden müssen?“
„Das würdest du nicht verstehen.“
„Ich habe keine Angst vor dir, Connor.“ Sie ließ ihre Finger tiefer gleiten, und seine Knie drohten nachzugeben. „Ich möchte, dass du dich gut fühlst. Lass es doch einfach geschehen.“
Als sie mit den Fingerspitzen über seine Männlichkeit glitt, war es mit seiner Selbstbeherrschung vorbei. Er packte sie an den Armen und drückte sie gegen die Wand. Überrascht und außer Atem riss sie die Augen auf. Dann starrte er sie an. „Ich warne dich jetzt ein letztes Mal“, erklärte er ernst. „Halte mich nicht zum Narren, oder du wirst es bereuen.“
Er ließ sie los, hob ihr Hemd auf und warf es ihr zu. Dann drehte er sich um, verschränkte die Arme vor der Brust und wartete darauf, dass sie das Zimmer verließ. Er hörte das Rascheln des Stoffs und dann die Tür ins Schloss fallen. Fast hatte er Angst, sich wieder umzudrehen und Nita nackt vorzufinden. Denn dieses Mal hätte er nicht mehr die Kraft, sich zurückzuhalten. Doch als er sich umwandte, war das Zimmer leer. Und erst jetzt merkte er, dass er zitterte.
Um sechs Uhr früh am folgenden Morgen kam Connor in gereizter Stimmung die Treppe herunter. Er hatte sehr schlecht geschlafen. Der Gedanke daran, wie er Nita behandelt hatte, hatte ihm furchtbare Schuldgefühle verursacht. Aber sie hatte ihm keine Wahl gelassen. Anders hätte sie es nicht verstanden.
Da er davon ausging, dass sie frühstückte, betrat er die Küche. Doch der Raum war leer. Dann sah er im Büro und in ihrem Zimmer nach, aber auch dort war sie nicht. Also, wo zum Teufel, steckte sie? Schnell lief er hinaus zum Stall. Draußen ging gerade die Sonne auf. Im Stall fand er nur Jimmy vor. „Haben Sie Nita gesehen?“, fragte Connor ihn.
„Sie ist heute Morgen sehr früh aufgestanden. Einige Männer glaubten, gestern Nacht auf der Westweide ein Licht gesehen zu haben. Sie sind mit dem Transporter hingefahren. Aber wer auch immer dort gewesen war, muss sie gehört haben und abgehauen sein. Nita ist da, um es sich anzusehen.“
„Allein und im Dunkeln?“
Der alte Mann zuckte mit den Schultern. „Sie wollte das Grundstück nach weiteren Erdlöchern absuchen, bevor sie die Pferde auf die Weide lässt.“
Connor konnte das kaum glauben. „Und Sie haben sie gehen lassen?“
„Sie ist der Boss, Connor. Ich bin nicht befugt, ihr Anordnungen zu erteilen“, antwortete Jimmy.
„Sie hätten sie zumindest begleiten können.“
„Ich hab’s ihr angeboten. Sie hat jedoch abgelehnt.“
Connor wusste, dass Nita ihm auf diese Weise zurückzahlen wollte, was gestern Abend passiert war. Er fluchte leise, ging zu Goliath und sattelte ihn. „Sollte sie das noch einmal tun, dann kommen Sie auf der Stelle zu mir“, meinte er zu Jimmy, als er sich in den Sattel schwang.
„Ich weiß, dass Sie besorgt sind, ihr könnte etwas passieren. Doch sie kann ganz gut auf sich selbst aufpassen.“
„Und ich weiß, dass sie das gern glaubt. Aber im Moment ist sie ohne Schutz nirgendwo sicher“, erwiderte Connor und ritt los, um Nita zu suchen.
Nita betrachtete die Spuren im Sand. Der Täter hatte offenbar gerade begonnen, das Loch zu graben, als ihre Arbeiter aufgetaucht waren und ihn in die Flucht schlugen. Sie schüttelte den Kopf. Wer immer das auch tat, war sehr hartnäckig und nicht besonders intelligent, wenn er annahm, sie würden erneut auf die Finte hereinfallen. Aber falls er sie damit ärgern wollte, so hatte er sein Ziel erreicht. Sie würde einige der Männer bitten müssen, nachts auf dem Grundstück zu patrouillieren, bis der Schuldige gefasst war.
Als sie Pferdegetrappel hörte, schaute sie auf die Uhr und wusste, es war Connor. Bestimmt war er ärgerlich, dass sie sich ohne ihn auf den Weg gemacht hatte. Und sie hoffte, dass er es war, auch wenn das ihre Wut und Demütigung keineswegs linderte, mit der sie nach der Abweisung gestern Abend zu kämpfen gehabt hatte. Sie hatte die Signale eines Mannes noch nie so falsch gedeutet wie bei ihm. Sie war sicher gewesen, dass er genauso interessiert an ihr war, wie sie an ihm. Aber da lag sie anscheinend falsch.
Allerdings erklärte das nicht, dass er erregt gewesen war. Dennoch war er ausgerastet, als sie ihm zu nahe gekommen war. Ihr fiel ein, dass er erwähnt hatte, er wäre beschädigt. Vielleicht wollte er damit sagen, dass er an seiner intimsten Stelle irgendwie entstellt war. Er war beim Militär in eine Explosion geraten. Möglicherweise hatte er dabei nicht nur auf seinem Rücken Narben davongetragen, und es war ihm peinlich, sich ihr so zu zeigen.
So merkwürdig es auch war, Nita fand den Gedanken tröstlich. Er hatte sie nicht wirklich zurückgewiesen, sondern sich um ihr Wohlergehen gesorgt und ihr die grausame Wahrheit ersparen wollen. Zuerst hatte sie das nur für eine Ausrede gehalten. Aber vielleicht glaubte er ja tatsächlich, sie würde vor ihm zurückschrecken? Nun, das brauchte ihm nicht peinlich zu sein. Es war ihr ziemlich egal, wie seine Männlichkeit aussah, solange sie nur funktionierte. Und wenn sie besonders vorsichtig sein müsste, dann wäre das auch okay für sie. Denn je größer die Herausforderung war, desto größeren Spaß machte es ihr. Vielleicht war er ja doch kein hoffnungsloser Fall.
Connor blieb da stehen, wo sie gerade den Boden inspizierte. „Was machst du hier, verdammt noch mal?“
Wenn er den Macho herauskehrt, werde ich ihn wohl noch eine Weile schmoren lassen, dachte Nita. Langsam drehte sie sich zu ihm um. „Ich wünsche dir auch einen guten Morgen.“
Er stieg schnell vom Pferd. „Hör mal, ich weiß, dass du wegen gestern Abend wahrscheinlich ziemlich aufgebracht bist …“
„Bilde dir nur nicht zu viel ein, Cowboy. Männer wie dich gibt es wie Sand am Meer. Trotzdem ist es eine Schande. Wir hätten viel Spaß miteinander haben können.“
Falls sie seinen Stolz verletzt haben sollte, Connor jedenfalls ließ sich nichts anmerken. „Warum bist du denn ohne mich hierhergekommen? Willst du dich unbedingt in Gefahr bringen?“
„Ich muss eine Farm leiten. Wenn du nicht mit mir Schritt halten kannst, ist das nicht mein Problem.“ Sie stieg auf ihr Pferd und ritt zum Stall. Connor folgte ihr und sagte auf dem ganzen Weg kein einziges Wort. Aber Nita konnte seine Verärgerung fast körperlich spüren und genoss es weidlich.
Jimmy wartete vor dem Stall auf sie.
„Ich habe noch mehr Erdlöcher auf der westlich gelegenen Koppel gefunden. Ich möchte, dass die Männer sich darum kümmern und jeden Zentimeter des Grundstücks gründlich absuchen“, sagte sie zu ihm.
„Ja, Ma’am.“
Sie stieg vom Pferd und ging zum Haus, um zu sehen, ob ihr Vater schon aufgestanden war. Ab zehn wollten sie Bewerbungsgespräche wegen einer neuen Haushälterin führen.
„Wann hattest du denn vor, mir von den Löchern zu erzählen?“, fragte Connor hinter ihr. Es war ihm anzuhören, dass er versuchte, seinen Ärger zu unterdrücken. Nitas Ansicht nach würde er sich viel besser fühlen, wenn er seinem Ärger Luft machte. Er war die ganze Zeit über viel zu kontrolliert. Sie zuckte mit den Schultern. „Du hast mich nicht gefragt“, antwortete sie und wusste, dass sie ihn nur noch mehr gegen sich aufbrachte.
„Das sollte ich auch nicht.“
„Hör mal, Connor“, rief sie ihm über die Schulter zu, „ich habe heute keine Zeit, mich um dich zu kümmern. Warum machst du dich nicht ein bisschen nützlich und hilfst den anderen Männern beim Zuschütten der Löcher?“
„Du weißt, dass ich das nicht kann.“
„Ich werde im Haus mit Daddy absolut sicher sein.“
„Dein Vater hat ein Gipsbein und wird bei Gefahr kaum in der Lage sein, dich zu beschützen.“
„Ich denke nicht, dass mitten am helllichten Tag jemand ins Haus spaziert.“
„Es ist egal, was du denkst“, erklärte er mit ernster Stimme.
Nita sah ein, dass es keinen Sinn hatte, es ihm auszureden – was sie nach den bisherigen Erfahrungen mit ihm auch nicht sonderlich überraschte. Zudem war er heute mächtig gereizt. Wahrscheinlich ist er sexuell frustriert, entschied sie. Hätte er ihr Angebot gestern Abend angenommen, dann hätte er danach garantiert geschlafen wie ein Murmeltier.
Connor folgte ihr ins Haus und in die Küche, wo ihr Vater am Tisch saß und Müsli aß.
„Morgen, Daddy, wie geht’s dir?“
Er warf den Löffel auf den Tisch. „Dieses Müsli macht mich allmählich krank. Wann kommen denn endlich diese Haushälterinnen?“
Heute Morgen sind ja anscheinend alle schlecht gelaunt, dachte sie. „Die erste Bewerberin kommt um zehn Uhr.“
„Wie viele haben auf die Anzeige geantwortet?“
„Nur zwei.“
„Mehr nicht?“
Nita zuckte mit den Schultern. „Jeder weiß doch, was hier draußen gerade vor sich geht. Die Leute reden darüber. Das schreckt ab. Vielleicht sollten wir versuchen, in anderen Städten zu annoncieren.“ Oder Jane anrufen, fügte sie in Gedanken hinzu.
Will brummelte etwas, das sich anhörte wie „die verdammten Devlins“. Dann humpelte er auf seinen Krücken aus der Küche.
Sie hoffte, dass die Bewerbungsgespräche nur eine Formalität sein würden. Ihr Daddy würde schon wieder zur Vernunft kommen. Sie hielt es für eine Frage der Zeit, bis er Jane so sehr vermisste, dass er sie bat, nach Hause zurückzukehren.
„Ich habe gestern Abend mit meinem Bruder geredet“, sagte Connor. Jetzt wirkte er nur noch ein bisschen ärgerlich. „Jake würde gern heute Abend um sieben Uhr mit der Landkarte vorbeikommen.“
„Der Landkarte?“
„Die aus dem Museum gestohlen wurde“, erinnerte er Nita. „Gavin möchte, dass ich einen Blick darauf werfe.“
„Oh, richtig. Okay, kein Problem.“
„Ich habe auch mit Clint gesprochen. Er könnte morgen Nachmittag um drei Uhr hier sein, um sich die Farm anzusehen und dann Vorschläge für Sicherheitssysteme zu machen.“
„Auch wenn ich nicht glaube, dass es viel bringen wird, werde ich mir anhören, was er zu sagen hat.“ Nita räumte den Tisch ab und stellte das Geschirr in die Spüle.
„Nita, wegen gestern Abend …“
Nicht schon wieder! dachte sie. Es war demütigend genug. „Du brauchst es mir nicht zu erklären. Ich habe es kapiert.“
„Ich wollte dir nur sagen, dass es nichts mit dir zu tun hatte.“
„Ich verstehe es. Du warst in Verlegenheit. Es ist okay.“
Connor zog die Augenbrauen hoch. „In Verlegenheit?“
„Wegen deines Zustandes.“
„Zustand?“ Er hatte keine Ahnung, wovon sie sprach. „Was für ein Zustand denn?“
Sie sah demonstrativ auf seine Hose. „Der Schaden.“
Er wusste nicht, ob sie das ernst meinte oder ihn nur reizen wollte. „Von welchem Schaden redet du?“
„Den Schaden, den du dir bei der Explosion zugezogen hast. Ich verstehe, dass du Angst hattest, dich mir zu zeigen. Aber so schlimm wird es schon nicht sein.“
„Nita, wie kommst du nur auf so etwas?“
„Du hast es mir gestern Abend selbst gesagt.“
„Wann?“
„Du sagtest, du wärst beschädigt.“
Beinahe hätte Connor laut losgelacht, dass sie seine Worte auf so absurde Weise interpretiert hatte. Würde es ihn nicht so sehr amüsieren, dann könnte er es fast als Beleidigung auffassen. „Nita, glaub mir, mit mir ist alles in bester Ordnung.“
Sie zuckte mit den Schultern und ging an ihm vorbei aus der Küche. „Wie du meinst.“
Er folgte ihr nun ins Büro. „Was? Glaubst du mir etwa nicht?“
Sie setzte sich hinter einen großen Eichenschreibtisch. „Connor, das ist nichts, weshalb du dich schämen müsstest.“
„Richtig. Ich schäme mich nicht. Denn bei mir stimmt alles.“
Nita klappte den Laptop auf. „Wenn du es sagst.“
Offenbar neckte sie ihn, und es bereitete ihm Spaß, eine Weile auf ihr Spiel einzugehen. Und sei es auch nur, um herauszufinden, was genau sie damit erreichen wollte. Obwohl er es sich bereits denken konnte. Sie brauchte Genugtuung und musste erfahren, warum er sie zurückgewiesen hatte. Sie wollte wissen, was sie falsch gemacht hatte.
Doch sie hat nichts falsch, sondern alles richtig gemacht. Ich bin derjenige, der ein Problem hat, dachte Connor. Wenn sie wüsste, wie schwer es ihm gefallen war, sie gestern Abend abzuweisen, und wie sehr er sie begehrt hatte! Er hatte keine Ahnung, wie sie darauf kommen konnte, dass sie nicht weiblich war und wie ein Junge aussah. Sie war eine der begehrenswertesten und erotischsten Frauen, die er jemals getroffen hatte. Sie gehörte zu den Frauen, denen er normalerweise um jeden Preis aus dem Weg ging, weil sie ihm gefährlich wurden. Doch da sie unter einem Dach lebten, war das natürlich unmöglich.
„Weißt du …“, Nita machte ein nachdenkliches Gesicht, „… es soll wunderbare neue Medikamente geben, die Männer mit gewissen Problemen wieder einsatzfähig machen.“
Connor unterdrückte ein Lächeln. „Aha. Jetzt bin ich nicht nur deformiert, sondern auch noch impotent?“
„Ich sage das nur, damit du dich nicht für einen hoffnungslosen Fall hältst. Männern wie dir kann geholfen werden.“
„Was hast du noch mal gestern Abend gesagt? Es scheint doch alles bestens zu funktionieren?“
Nita seufzte tief. „Wenn du entschlossen bist, mich davon zu überzeugen, dass ich falschliege, dann muss ich wohl mal einen Blick darauf werfen.“
Irgendwie war ihm klar gewesen, dass es dazu kommen würde. „Das willst du, hm?“
„Lass die Hosen runter und uns mal nachsehen.“ Sie stützte die Ellbogen auf die Armlehnen des Stuhls, verschränkte die Finger unter dem Kinn und wirkte sehr ernst – hätte sie nicht dieses schelmische Funkeln in den Augen gehabt. „Komm schon, sei nicht so schüchtern. Ich verspreche dir, dass ich nicht lachen werde.“
Connor wusste, dass sie nicht lachen würde. Er wollte nicht einmal daran denken, was sie tun würde, wenn er die Hosen erst einmal ausgezogen hätte. Aber was immer es auch wäre – sie würde es bestimmt sehr gut machen. Er lehnte sich auf dem Schreibtisch nach vorn und sah ihr in die Augen. „Ich mag dich, Nita. Zu sehr. Das ist der Grund, weshalb ich nichts mit dir anfangen kann. Es gibt vieles, was du nicht über mich weißt.“
Sie erwiderte seinen Blick. „Du wirst also deine Hosen nicht ausziehen?“
„So ist es.“
Sie zuckte mit den Schultern und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Laptop zu. „Dann geh. Ich habe zu arbeiten.“
„Folglich haben wir uns verstanden?“
„Ja, Connor, das haben wir. Meiner Ansicht nach misst du Sex viel zu viel Bedeutung bei und verpasst eine Menge. Aber damit musst du fertig werden.“ Nita machte eine wegwerfende Handbewegung. „Und jetzt geh. Ich muss noch einige Dinge erledigen, bevor die Bewerberinnen kommen.“
„Ich sitze auf der Bank im Foyer, falls du mich brauchst.“ Er ging zur Tür, schaute sich noch einmal um und registrierte, dass sie ganz gebannt auf den Computerbildschirm starrte. Sie hatte sich sehr schnell einsichtig gezeigt. Zu schnell. Er wurde das Gefühl nicht los, dass sie nichts von dem, was er gesagt hatte, ernst nahm.