Die Rettung naht also in engen Jeans, einem Flanellhemd und Cowboystiefeln, dachte Nita.
Der Retter sah sie völlig fassungslos an. „Sie sind Nita Windcroft?“
„So steht es jedenfalls in meiner Geburtsurkunde.“
Connor schüttelte ungläubig den Kopf.
Obwohl er Jakes Zwillingsbruder ist, sind die beiden total gegensätzlich, stellte Nita fest. Natürlich ähnelten sie sich äußerlich. Sie waren gleich groß, hatten die gleichen dunkelbraunen Haare – Connors waren jedoch militärisch kurz geschnitten – und die gleichen strahlenden tiefblauen Augen. Doch Connor wirkte irgendwie ernsthafter, nachdenklicher. Die Falten an seinen Augenwinkeln hatten sich tief eingegraben, ebenso die auf seiner Stirn. Und seine Augen strahlten eine Lebenserfahrung aus, als wäre er doppelt so alt. Dieser Mann musste schon unendlich viel hinter sich haben.
„Sind Sie wirklich Nita?“, fragte er ziemlich verunsichert.
„Ich entspreche wohl nicht Ihren Erwartungen, hm?“
Er ließ langsam den Blick über sie wandern. Durch die Art, wie er sie ansah, fühlte Nita sich befangen.
„Nicht unbedingt.“
Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen wohl eher überhaupt nicht.
„Ich dachte, Sie wären älter“, meinte Connor.
„Wenn Sie Ihre Informationen von den Klatschtanten in der Stadt haben, sind Sie wahrscheinlich davon ausgegangen, dass ich ein hässliches altes Weib bin.“ Da er den Blick senkte, war ihr klar, dass er genau das gedacht hatte. Aber er war wohl zu höflich, um es ihr zu sagen.
„Ich kann Ihnen gerne meinen Führerschein zeigen.“
Endlich lächelte er, was seine Gesichtszüge viel weicher erscheinen ließ. Diese Veränderung gefiel Nita. „Nein, Ma’am, ist nicht nötig.“
„Sie können Nita zu mir sagen.“ Sie gab ihm die Hand. Sein Händedruck ist weder zu lasch noch zu kräftig, sondern genau richtig, fand sie. Ihn hier ständig um sich zu haben, könnte vielleicht gar nicht so übel sein. „Jane, unsere Haushälterin, hat für Sie ein Zimmer im Gästehaus hergerichtet, damit Sie ein bisschen Privatsphäre haben.“
Er zögerte einen Moment. „Mir wäre es lieber, im Haupthaus untergebracht zu werden. Falls es Ihnen nichts ausmacht.“
Das einzige unbewohnte Zimmer im Farmhaus lag direkt neben Nitas. Der Gedanke, dass dieser Mann in ihrer Nähe schlafen würde, versetzte sie ganz unerwartet in Aufregung. Sie fragte sich, wie er wohl im Schlaf aussah. Lag er auf dem Bauch oder auf dem Rücken? Trug er einen Pyjama, oder schlief er nackt? Eines Tages würde sie vielleicht das Glück haben, das herauszufinden. Allerdings war es vielleicht besser, die Fantasie im Zaum zu halten. Ihr Daddy kritisierte sie immer dafür, dass sie zu neugierig und dreist wäre. „Ganz wie Sie wollen. Wir haben viel Platz. Ich bin dankbar, dass Sie hier sind, um ein Auge auf alles zu haben. Das Personal wird Sie dabei so gut wie möglich unterstützen.“
„Das weiß ich zu schätzen“, meinte Connor ganz ernst und geschäftsmäßig.
„Gut, in Ordnung, dann werde ich Ihnen mal das Zimmer zeigen.“ Nita wollte die Tür öffnen, doch er kam ihr zuvor. Verdammt! Sie konnte sich nicht erinnern, wann zuletzt ein Mann – mit Ausnahme ihres Vaters – ihr die Tür aufgehalten hatte.
Für die Arbeiter auf der Farm zählte sie fast zu den Männern und wurde auch entsprechend behandelt. Und das mochte sie auch. Sie war nicht so hübsch und fraulich wie ihre Schwester Rose. Sie konnte jeden der Rancharbeiter unter den Tisch trinken und, falls nötig, wie ein Mann fluchen. Kochen konnte sie nicht und hatte auch nicht den Ehrgeiz, es zu lernen. Und sie mistete viel lieber die Ställe aus, als das Bad zu putzen. Nita war also alles andere als eine Traumfrau und nicht zur Ehefrau geboren. Doch einen gut aussehenden Mann in einer engen Jeans weiß ich schon zu schätzen, dachte sie, als sie Connors Po musterte, während sie ins Haus gingen.
Drinnen schaute er sich um. Die Wände waren cremefarben gestrichen, hinter einer Flügeltür führte eine breite Treppe zu den Zimmern im ersten Stock. „Nicht gerade ein typisches Farmhaus.“
„Nein. Meine Mutter kam aus der Stadt. Mein Vater hat ihr dieses Haus gebaut, weil er wusste, dass sie in dem alten Farmhaus nicht glücklich werden würde. Ich war noch ein Baby, als wir hier eingezogen sind. Zwei Jahre später ist sie an Krebs gestorben.“
Die meisten Leute würden darüber einige Worte des Bedauerns verlieren. Doch Connor nickte nur. Er ist wohl nicht gerade ein redseliger Typ, dachte Nita.
„Die Küche ist hier rechts“, fuhr sie fort. „Die Essenszeiten sind um sechs morgens, um zwölf mittags und um sechs abends. Janes Zimmer ist hinter der Küche. Dort ist das Büro. Das Wohnzimmer und Daddys Zimmer befinden sich im hinteren Teil des Hauses.“
„Wie geht es Ihrem Vater?“, fragte Connor.
„Ganz gut. In ein oder zwei Tagen wird er wieder zu Hause sein. Aber er wird mindestens ein paar Wochen nicht laufen können. Es hätte viel schlimmer ausgehen können. Wenn Jimmy, unser Vorarbeiter, nicht bei ihm gewesen wäre, hätte er womöglich lange verletzt dort gelegen.“ Sie hatte schon öfter Verletzungen zu Gesicht bekommen, aber als sie die sich durch die Haut bohrenden zersplitterten Knochen gesehen hatte, war ihr ganz übel geworden. Sie hatte ihren Vater noch nie so blass und hilflos erlebt. Das hatte sie sehr betroffen gemacht. Er war immer ihr Beschützer und ihr unbesiegbarer Held gewesen. Auch wenn sie inzwischen erwachsen war, hatte sich ihre Ansicht nicht geändert. Doch nun war durch die Devlins alles zerstört worden.
Sie drehte sich zu Connor. „Wir müssen herausfinden, wer das getan hat.“
Er bemerkte die Wut – eine, die Connor nur zu gut kannte – in ihren Augen und hatte plötzlich Mitleid mit jedem Mann, der sich mit ihr anlegte. Aber nebenbei nahm er für einen kurzen Augenblick auch etwas anderes wahr – wohl Angst oder Schmerz. „Deshalb bin ich hier“, versicherte er ihr.
Nita nickte kurz. „Ich werde Ihnen Ihr Zimmer zeigen.“
Er nahm seinen Rucksack und folgte ihr die Treppe hinauf. Ihre Hüften wiegten sich verführerisch, als sie die Stufen hochging. Auch wenn sie nicht die ausgeprägten weiblichen Kurven hatte, die manche Männer mochten, löste irgendetwas an ihr eine tiefe Sehnsucht in Connor aus. Ein Verlangen, das er schon ewig nicht mehr gespürt hatte und das ihn in Versuchung führte, die Vernunft auszuschalten und den Gefühlen freien Lauf zu lassen. Doch wie immer in solchen Fällen unterdrückte er seine Gefühle. Er hatte schon vor langer Zeit gelernt, sie unter Kontrolle zu halten. Wenn er das nicht tat, konnte er anderen Schaden zufügen. Und so hübsch Nita auch war, könnte sie dennoch eine Mörderin sein.
Sie führte ihn durch den Flur in sein Zimmer. „Jane wird einmal wöchentlich die Bettwäsche wechseln. Im Badezimmerschrank finden Sie frische Handtücher. Im ersten Stock gibt es nur ein Bad. Ich hoffe, es stört Sie nicht, dass ich es auch benutze.“
„Nein.“ Er legte seinen Rucksack auf das Doppelbett mit der Quiltdecke. Das Zimmer war in cremefarbenen Tönen gehalten, und die Kiefernholzmöbel schienen alt zu sein. Es war ein kleines Zimmer, aber Connor benötigte nicht viel Platz.
„Wenn Sie Ihre schmutzige Kleidung in den Wäschekorb im Bad werfen, wird Jane sie für Sie waschen.“
„Das kann ich doch selbst machen.“
Nita lachte. Es war ein heiseres, herzliches Lachen. „Dann werden Sie sich mit Jane anlegen müssen. Und ich warne Sie. Sie kann ziemlich temperamentvoll werden, wenn jemand ihre neue Waschmaschine benutzen will. Jedenfalls seit ich einmal den Abfluss verstopft und die Waschküche unter Wasser gesetzt habe.“
„Solange es ihr nichts ausmacht, sich um meine Wäsche zu kümmern.“
„Das tut es nicht, glauben Sie mir. Jane ist stolz darauf, den Haushalt so gut im Griff zu haben. Normalerweise wäre sie hier, um Sie zu begrüßen und herumzuführen, aber sie ist bei Daddy im Krankenhaus.“
„Ist sie schon lange hier bei Ihnen?“
„Ja, seit Mom krank war. Jane hat meine Schwester und mich praktisch großgezogen.“
Das schließt sie als Verdächtige eigentlich aus, dachte Connor. Aber er musste jede Möglichkeit in Betracht ziehen.
Nita deutete mit dem Kopf auf seinen Rucksack. „Wollen Sie erst mal auspacken und sich einrichten?“
„Nein, Ma’am, das hat Zeit. Ich würde gern loslegen und bräuchte eine Führung durch das Haus und die Farm.“
„Wir werden vorsichtig sein müssen. Die Männer haben noch nicht alle Erdlöcher wieder zugeschüttet, und ich möchte nicht, dass sich noch mehr Pferde oder Menschen verletzen. Ich nehme doch mal an, dass Sie reiten können.“
Connor hatte seit seiner Kindheit nicht mehr auf einem Pferd gesessen. Aber er war sicher, dass er es nicht verlernt hatte. „Wird schon gehen.“
„Gut, warum reiten wir dann nicht zum Stall?“
Sie gingen nebeneinander die Treppe hinunter, und er nahm Nitas Duft wahr. Es war eine Mischung aus frischer Luft, etwas Schweiß und einer süßen Seife oder ihrem Shampoo. Denn er konnte sich nicht vorstellen, dass sie Parfüm benutzte. Auf jeden Fall verwirrte ihn dieser Duft.
Jetzt begriff er, was sein Bruder, Gavin und Logan gemeint hatten, als sie ihn gefragt hatten, ob er nichts dagegen hätte, mit einer Frau wie Nita unter einem Dach zu sein. Sie hatten keine Bedenken gehabt, dass sie ihm nicht gefallen könnte, sondern dass sie ihm zu gut gefallen könnte. Aber die Tatsache, dass er sich von ihr angezogen fühlte, würde ihn nicht zu Fehlurteilen verleiten. „Erzählen Sie mir von dieser Fehde“, bat Connor, um sich wieder auf seinen Auftrag zu konzentrieren. „Ich habe jede Menge Gerüchte gehört. Worum geht es dabei überhaupt?“
„Begonnen hat das alles vor über hundert Jahren. Mein Ururgroßvater, Richard Windcroft, verlor bei einer Partie Poker die Hälfte seines Landes an Nicholas Devlin. Obgleich die Windcrofts schworen, Richard sei betrogen worden, entschied das Gericht zu Devlins Gunsten. Einige Wochen später wurde Nicholas erschossen und mein Großvater des Mordes beschuldigt. Doch es gab keine Beweise dafür. Seitdem befehden sich die beiden Familien.“
„Glauben Sie, dass Richard ihn umgebracht hat?“
„Er hat geschworen, es nicht getan zu haben. Und die Windcrofts sind ehrliche Leute“, erklärte Nita.
„Mal angenommen, die Devlins stecken hinter den Drohungen – warum möchte die Familie Sie von hier vertreiben?“
„Sie wollten schon immer unser Land.“
„Aber warum jetzt?“, fragte Connor.
Sie zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung.“
„Halten Sie etwa eine Verbindung zum Tod von Jonathan Devlin für möglich?“
Sie blieb stehen und drehte sich wütend zu ihm um. „Ich weiß sehr gut, dass Sie informiert sind, was die Leute sagen. Ich mag Jonathan Devlin gehasst haben, aber ich habe nichts mit seinem Tod zu tun. Ich nicht und auch sonst niemand hier. Verstanden?“
Sie redet wirklich nicht um den heißen Brei herum, dachte Connor beeindruckt. Er kannte nicht viele Frauen, die so direkt waren. „Ich höre nicht auf Klatsch. Für mich zählen allein Fakten. Und im Moment deuten die Fakten nicht auf die Devlins hin.“
„Wenn nicht die Devlins, wer sonst tut denn dann so etwas? Und warum?“
„Das werden wir herausfinden.“
„Verdammt“, sagte Jimmy Bradley. Er, Nita und Connor betrachteten in den Koppeln eines der Erdlöcher, die die Farmarbeiter noch nicht wieder zugeschüttet hatten. Nach der Tour über das große Grundstück verstand Connor, wie hier jemand unentdeckt Löcher graben konnte. Wurde draußen keine Wache gehalten, dann konnte man in der Dunkelheit kaum bemerkt werden. Dieses Loch jedoch war nur knapp dreihundert Meter von dem Gebäude entfernt, in dem die Farmarbeiter schliefen.
Die Löcher waren unverkennbar mit einer Schaufel gegraben worden, und der Täter hatte Fußspuren hinterlassen, die Connor inspizierte. Die Abdrücke stammten von Cowboystiefeln. Die Schuhgröße wies auf einen Mann hin, was die Hälfte der Bevölkerung von Texas ausmachte. Für alle Fälle würde er jedoch Gavin anrufen, damit der Sheriff einen seiner Leute schickte, um die Fußabdrücke zu fotografieren. Eines aber verdeutlichten diese Fußspuren. Nita kam als Täterin nicht infrage – was er auch nicht angenommen hatte. „Könnte es jemand sein, der auf der Farm arbeitet?“, fragte Connor Jimmy.
„Nein, Sir.“ Jimmy schüttelte entschieden den Kopf. „Die Männer sind alle ehrlich und sehr loyal. Das würden sie niemals tun.“
„Was ist mit einem ehemaligen Arbeiter, der einen Groll gegen die Windcrofts hegen könnte?“
„Nun, es gab letztes Jahr einen Mann, von dem wir uns nicht gerade im Guten getrennt haben.“
Nita sah Jimmy eindringlich an. „So was würde er nicht tun.“
„Ich muss wissen, wer er ist und was passiert ist“, sagte Connor zu ihr. „Ich muss jedem Anhaltspunkt nachgehen.“
Sie reckte das Kinn. „Sein Name ist Sam Wilkins. Um es kurz zu machen: Mein Daddy hat mich und ihn in einer kompromittierenden Situation erwischt und Sam gefragt, ob er vorhat, mich zu heiraten. Als Sam verneinte, hat mein Daddy ihn mit dem Gewehr von der Farm gejagt.“
Connor unterdrückte ein Lächeln, als er sich das Ganze bildlich vorstellte. „Dann hat dieser Mann Sie also ausgenutzt?“
Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Ich bitte Sie, sehe ich vielleicht aus wie eine Frau, die ein Mann ausnutzen kann?“
Nein, jetzt im Moment absolut nicht, dachte Connor. Er spürte so etwas wie Neid, als er an den Mann dachte, der das Glück gehabt hatte, ihren Körper zu berühren. Er fragte sich, ob sie im Bett eher der spröde oder der draufgängerische Typ wäre. Doch seine Intuition sagte ihm, dass diese Frau alles andere als zimperlich, sondern voller Feuer und Leidenschaft war. Ein weiterer Grund, weshalb er sich ausschließlich auf seinen Auftrag konzentrieren sollte. Er wollte keine Beziehung eingehen. Ganz besonders nicht mit jemandem wie Nita. Je attraktiver und begehrenswerter er eine Frau fand, desto wahrscheinlicher war es, die Kontrolle zu verlieren. Und wenn dieser Fall eintrat, passierten schlimme Dinge. Das war auch der Hauptgrund, weshalb er schon sehr lange keine wirklich erfüllte Beziehung mehr zu einer Frau gehabt hatte.
„Außerdem ist mir neulich zu Ohren gekommen, dass er jetzt Vorarbeiter auf der Farm seines Cousins in Kentucky ist“, meinte Nita. „Also kann er es nicht gewesen sein.“
Auch wenn Connor sicher war, dass hinter dieser Geschichte mehr steckte, hakte er nicht nach. Denn er hatte den Eindruck, dass sie ihm sonst den Kopf abreißen würde. Und sie hatte gewiss recht. Wahrscheinlich war dieser Wilkins nicht der Täter. „Gibt es außer den Devlins noch jemanden, der etwas gegen die Windcrofts hat?“
„Das habe ich mich auch schon tausend Mal gefragt, aber mir fällt niemand ein.“
„Vielleicht fällt Ihrem Vater jemand ein.“
„Ich wollte ihn ohnehin nachher besuchen. Da kann ich ihn gleich fragen.“
„Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich mitkomme?“
„Und wer wird dann auf die Farm aufpassen?“, fragte Nita.
Connor hatte nicht vorgehabt, ihr zu verraten, dass er eigentlich ihr Bodyguard sein sollte. Er hatte das Gefühl, sie würde in die Luft gehen, wenn er ihr das sagte. Auf jeden Fall aber würde er sie ins Krankenhaus begleiten, um ihre Sicherheit zu gewährleisten. „Zweifellos werden Jimmy und die anderen Männer auf die Farm aufpassen, bis ich zurück bin.“
„Kein Problem“, meinte Jimmy, der zu ahnen schien, dass Connor nicht nur wegen der Farm hier war.
„Außerdem glaube ich nicht, dass jemand dumm genug ist, sich am helllichten Tag hierher zu wagen“, sagte Connor. „Kann Ihr Vater denn schon Besuch empfangen?“
„Mein Dad wird alles daransetzen, so schnell wie möglich aus dem Krankenhaus entlassen zu werden, um den Vorkommnissen auf den Grund zu gehen. Er wird nichts gegen Ihren Besuch haben.“
„Je eher er zurückkommt, desto besser. Die Männer waren heute in der Stadt, um eine Lieferung abzuholen, und sagen, die Leute reden schon“, erzählte Jimmy.
„Was denn?“, fragte Connor.
„Dass jetzt, wo Will weg ist und hier ständig was passiert, alles in die Binsen gehen wird.“
Nita wurde rot vor Wut. „Haben diese Wichtigtuer in der Stadt nichts Besseres zu tun?“
„Warum glauben die Leute das?“, fragte Connor.
„Nachdem bekannt wurde, dass bei uns das Futter vergiftet war, haben wir Kunden verloren“, erklärte Jimmy. „Die Leute bezahlen viel Geld dafür, dass Nita ihre Pferde trainiert. Wenn wir nicht für die Sicherheit der Pferde garantieren können, werden die Leute unsere Leistungen nicht mehr in Anspruch nehmen.“
„Auch deshalb müssen wir diesen Hurensohn unbedingt fassen“, sagte Nita aufgebracht.
Nun war Connor vollkommen davon überzeugt, dass Nita niemals mit Absicht für Probleme auf der Farm sorgte. Schließlich hing ihr Lebensunterhalt davon ab.
„Genug gesehen?“, fragte sie ihn.
Er nickte und folgte ihr zu den Pferden.
Als Connor sich in den Sattel schwang, bemerkte Nita, dass er ein wenig zusammenzuckte. Da sie Anfängern öfter Reitunterricht erteilte, kannte sie diese Symptome. Wenn ihm das Hinterteil schon nach dieser kurzen Zeit wehtat, dann hatte er heute Abend mit Sicherheit Beschwerden. „Hier entlang“, sagte sie und zeigte ihm den Weg zum Hauptstall.
„Wie schlimm ist es?“, fragte Connor.
„Wie schlimm ist was?“
„Ihre finanzielle Situation.“
Sie wollte die Finanzen der Farm nicht mit einem Fremden besprechen, ob er ihr nun helfen wollte oder nicht. Das ging niemanden etwas an. „Wir halten uns über Wasser“, erklärte sie. Ihre Angst, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis sie pleite waren, falls noch mehr Kunden absprangen, verschwieg sie lieber. Dann hätten die Devlins endlich das, was sie schon so lange wollten.
Da ihr Vater sie im Moment nicht unterstützen konnte, trug sie schwer an der Last, alles richtig zu machen. Aber sie konnte damit umgehen. Und wenn sie herausgefunden hatte, wer versuchte, die Windcrofts zu ruinieren, würde sich derjenige wünschen, niemals geboren worden zu sein.