Kapitel 8
Die Sprinkler-Sintflut

Ich erwarte auf der Stelle aufgeknüpft oder einen Kopf kürzer gemacht zu werden.

Stattdessen stürzen drei Feuerwehrleute herein, trampeln auf nassem Klopapier herum und schauen, dass auch wirklich nichts brennt.

Herr Schinder und der Direktor bringen mich derweil ins Sekretariat.

Die Sekretärin ist allerdings schon in normalen Situationen aufgeschmissen, aber in Notfallsituationen läuft ihre Schlaftablettigkeit zu Höchstform auf.

Ich versuche dem Direktor zu erklären, dass es mir bombig geht. Er will aber nichts davon wissen, während Herr Schinder ein verschärftes Verhör einleitet.

Ich stammel rum, denn ich kann ja schlecht sagen, dass ich mein Comicmonster Skotti vor den Wassermassen retten wollte.

Sie fragen, wer den Alarm ausgelöst hat. Doch das will ich nicht verraten.

»Ich war‘s nicht.«

Das ist zumindest nicht gelogen.

Ich merke, dass das eine super Strategie ist: Einfach bei der Wahrheit bleiben und nichts sagen, was mir Ärger einbringen kann.

Direktor Fritsch lässt sich so komplett einwickeln.

Zum Glück ist die Sprinkleranlage nur in der Toilette losgegangen. Puh! Ich dachte schon, ich hab die ganze Schule unter Wasser gesetzt. Das wäre sicher teuer geworden.

Herr Schinder ist immer noch misstrauisch, weil er mich gestern schon bei den Skotti-Graffitis erwischt hat.

Zum Glück tauchen in dem Moment endlich die Sanitäter auf. Das sind allerdings nur Neuntklässler, die ein Wochenende ‘nen Erste-Hilfe-Kurs abgerissen haben, damit sie öfter mal Freistunden kriegen.

Thorben und Joshua messen meinen Blutdruck und leuchten mir mit einer Taschenlampe ins Auge. Ich glaube, das haben die im Fernsehen gesehen.

Ich versichere ihnen, dass es mir gut geht. Irgendwann lassen sie mich endlich nach Hause gehen.

Siegreich verlasse ich das Sekretariat und hoffe, dass die Clique mich erwartet, um meine Heldentat zu feiern.

Doch es ist keiner da.

Ich schleiche mich nochmal zum Klo, um nach Skotti zu schauen. Doch nur Hausmeister Zinn ist da, der jetzt mal was wegen der Toilette unternehmen muss. Er ist also nicht gut gelaunt.

Keine Spur von Skotti. Mir wird ein bisschen schlecht.

Als ich in den Pausenhof trete, sehe ich etwas weiter weg Niko und die Jungs an einer Mauer lehnen. Die Schule ist schon aus, aber viele hängen noch rum und reden über den Feueralarm.

Ich schleiche mich ninjamäßig an meine Freunde an, um sie zu überraschen ...

Bestimmt planen sie gerade meine Aufnahmeparty ...

Ich pack es nicht.

Sie haben mich die ganz Zeit nur verarscht.

Klammheimlich mach ich mich davon.

Meine Ohren sausen und mir ist schlecht.

Mit flauem Magen radele ich nach Hause.

Zu Hause merkt Mama natürlich gleich, dass irgendwas los ist. Mütter müssen so einen geheimen Sensor haben. Bekommen sie wahrscheinlich im Krankenhaus eingebaut, gleich, wenn das Baby da ist.

Ich könnte echt jemanden zum Reden brauchen. Aber was soll ich ihr denn sagen? Dass ich:

1. ein zum Leben erwecktes Comicmonster geschaffen habe?

2. die Schule fast überflutet habe?

3. mich für einen Haufen Blödmänner zum Idioten gemacht habe, die mich sowieso nicht mögen?

4. meine einzigen Kumpel Flo und Skotti dafür geopfert habe?

Kommt nicht in die Tüte. Meine Mutter soll mich nicht auch noch für bekloppt halten. Also wähle ich die einzig mögliche Antwort:

Und danach: Nix wie weg, bevor ihr Laserblick meinen Willen bricht.

Ich schlage mein Skizzenbuch auf und versuche Skotti zu malen.

Aber nicht mal das klappt. Die Tinte ist alle, also erst mal zum Auftanken ins Fisch-Glas.

Da blinkt mein Computer auf: Jemand versucht mich zu erreichen.

Es ist Kira. Was will die denn bloß?

Seit ihrer Freundschaftsanfrage habe ich sie immer ignoriert, so gut es geht. Aber heute brauche ich echt jemanden zum Reden. Ich klicke also auf »Annehmen«.

KiraLira: Tut mir Leid. Hast du Ärger gekriegt?

LucasMitC: Naja ... nicht wirklich.

KiraLira: ??? Was ist dann???

LucasMitC: Passt schon.

KiraLira: Jetzt sag!

LucasMitC: Lieber nicht. Was gibt‘s denn?

KiraLira: Ich soll dir Grüße vom Flo ausrichten.

LucasMitC: Flo ist eine Petze.

KiraLira: Da hast du was falsch verstanden. Flo hält voll zudir.

LucasMitC: ??? Er hat die Colaschlacht dem Direktor gemeldet.

KiraLira: Nee, gar nicht. Er hat euch gewarnt.

LucasMitC: Hä??? Ich hab ihn doch gesehen.

KiraLira: Als der Direx im Anmarsch war, hat Floh extra laut gerufen, damit es alle hören. Obwohl er wusste, dass viele ihn deswegen für eine Petze halten werden. Er hat‘s für dich getan.

LucasMitC: Ohne Scheiß?

KiraLira: Er hat mich gebeten, ein Bild für dich zu malen. Deshalb haben wir heute Morgen vor der Schule auf dich gewartet. Willst du‘s sehen?

LucasMitC: Ja, klar. OK.

Wow.

Er ist immer noch mein Kumpel, obwohl ich ihn so arschig behandelt hab.

Ich bin echt ein Blödmann!

Wie gerne würde ich jetzt mit Flo zusammen sitzen und bis zum Abwinken Skyland spielen! Das wär so end-gut.

Irgendwie muss ich mich bei ihm entschuldigen.

LucasMitC: Du kannst übrigens super zeichnen. Besser als ich.

KiraLira: Ich weiß nicht. Aber danke.

LucasMitC: Ich glaube, du hast mir mal eine Zeichnung geschickt ...

KiraLira: ... von Skotti?

LucasMitC: ???

LucasMitC: Äh, ja.

Kira erzählt mir, dass sie Skotti gesehen hatte, als er damals im Direktorat Chaos veranstaltet hat.

Und dass sie mir die Zeichnung geschickt hat, weil sie uns so cool findet und mich das wissen lassen wollte.

Eigentlich klar, dass jemand, der so super zeichnet, einen Eins-a-Blick für Details hat.

Ich erzähle ihr also von Skotti, wie er lebendig wird und alles eben.

Ich zeige ihr sogar den Tinten-Fisch.

Weil der Pinsel jetzt mit Tinte voll ist, versuche ich einen Skotti zu malen, damit Kira ihn sieht.

Aber irgendwie wird‘s nichts. Vielleicht ist Skotti auf immer ausgelöscht durch das Wasser.

Ich fang vor Kira fast an zu heulen.

Das wär ja super peinlich!

Aber Kira sagt, Skotti ist bestimmt entkommen und hat sich irgendwo in Sicherheit gebracht. Schließlich ist er ein Ninja, oder? Sie verspricht, mir bei der Suche zu helfen.

Sie ist echt OK – für ein Mädchen.

Außerdem hat sie mich auf eine Idee gebracht, wie ich mich bei Flo entschuldigen kann.

Als das Gespräch fertig ist, setz ich mich gleich mit meinem neuen Stift hin und leg los.