© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en) 2018
Hans von Storch, Insa Meinke und Martin Claußen (Hrsg.)Hamburger Klimabericht – Wissen über Klima, Klimawandel und Auswirkungen in Hamburg und Norddeutschlandhttps://doi.org/10.1007/978-3-662-55379-4_11

11. Hafen Hamburg, Schifffahrt und Verkehr

Birgit Weiher1  
(1)
Dept. Wirtschaft Recht, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Berliner Tor 5, 20099 Hamburg, Deutschland
 
 
Birgit Weiher
11.1 Einleitung
11.2 Häfen, Schifffahrt und Verkehr als Verursacher des Klimawandels und daraus abzuleitende Konsequenzen
11.2.1 Der Transportsektor allgemein als Verursacher des Klimawandels
11.2.2 Die Schifffahrt im Besonderen als Verursacher des Klimawandels
11.2.3 Gesetzliche Regelungen
11.2.4 Initiativen
11.2.5 Forschung
11.3 Bedeutung des Klimawandels für Häfen, Schifffahrt und Verkehr im Allgemeinen
11.3.1 Einflussgrößen des Klimawandels auf Häfen, Schifffahrt und Verkehr im Allgemeinen
11.3.2 Auswirkungen des Klimawandels auf Häfen, Schifffahrt und Verkehr im Allgemeinen
11.3.3 Erforderliche Anpassungsmaßnahmen für Häfen, Schifffahrt und Verkehr im Allgemeinen
11.4 Bedeutung des Klimawandels für Hafen, Schifffahrt und Verkehr der Stadt Hamburg im Besonderen
11.4.1 Einflussgrößen des Klimawandels auf Hafen, Schifffahrt und Verkehr der Stadt Hamburg
11.4.2 Auswirkungen für Hafen, Schifffahrt und Verkehr der Stadt Hamburg infolge des Klimawandels
11.4.3 Erforderliche Anpassungsmaßnahmen für Hafen, Schifffahrt und Verkehr der Stadt Hamburg
11.4.4 Implementierung von Anpassungsmaßnahmen
11.5 Fazit
Literatur

11.1 Einleitung

Internationale Seehäfen spielten und spielen für die Entwicklung der menschlichen Zivilisation und Wirtschaft eine überragende Rolle (Dwarakish und Salim 2015; Puig et al. 2015; Fenton 2014; Becker et al. 2013; Merk 2013). Etwa 80 % des globalen Gütertransports erfolgen durch die Seeschifffahrt (OECD 2015). Dies und die Tatsache, dass der Hamburger Hafen als größter Hafen in der Bundesrepublik Deutschland und als zweitgrößter Containerhafen in Europa (HPA 2013) zu den wichtigsten Industriesektoren der Stadt Hamburg gehört, macht die besondere Bedeutung der Seeschifffahrt und des Hafens für die Stadt Hamburg deutlich.

Insgesamt 122.000 Arbeitsplätze in der Stadt Hamburg (d. h. jeder zehnte Arbeitsplatz) und überregional rund 138.000 Arbeitsplätze sind vom Hafen Hamburg abhängig (HPA 2013). Die Wertschöpfung im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Aktivitäten des Hafens Hamburg betrug 2012 in Hamburg 11,278 Mrd. Euro (Einbeziehung der Wertschöpfung überregionaler hafenabhängiger Unternehmen in Höhe von 5,993 Mrd. Euro) und bundesweit 19,513 Mrd. Euro. Im gleichen Jahr trug der Hafen Hamburg zu Steuereinnahmen der Stadt Hamburg in Höhe von 791 Mio. Euro bei (HPA 2013). Die Bedeutung des Hafens für die Stadt Hamburg hat auch in Zeiten europäischer und asiatischer Konkurrenz nicht abgenommen, wie die wirtschaftliche Entwicklung des Hafens in der Vergangenheit gezeigt hat. So sind seit 2010 kontinuierliche Steigerungen des Seegüterumschlags zu verzeichnen (HPA 2013).

Die besondere Bedeutung der internationalen Seeschifffahrt und Seehäfen führt gleichzeitig zu diversen Umweltbeeinträchtigungen (Abschn. 11.2). Der internationale Transportsektor trägt einen Anteil von derzeit ca. 28 % am weltweiten Energieverbrauch und von ca. 23 % an den weltweiten Treibhausgasemissionen (IPCC 2014a). An den weltweit verursachten Treibhausgasemissionen im Transportsektor hat die weltweite Seeschifffahrt bezogen auf das Jahr 2010 einen Anteil von 37 % (OECD 2015). Aufgrund der prognostizierten Wachstumszahlen des internationalen Transportwesens werden die weltweiten CO2-Emissionen bezogen auf das Jahr 2010 bis 2050 trotz des Einsatzes energieeffizienter Technologien voraussichtlich um das 3,9-Fache zunehmen (OECD 2015). Schließlich hat die internationale Seeschifffahrt einen wesentlichen Anteil auch bei anderen Schadstoffemissionen wie Schwefel und Stickoxid (IMO 2014), welche die Luft belasten. Darüber hinaus macht der Industriesektor Hafen, Seeschifffahrt und Verkehr durch weitere Umweltbeeinträchtigungen der Gewässer von sich reden, so etwa infolge der Verklappung von Öl und anderen Schadstoffen, die Verschmutzung durch Bilgenwasser, die Einschleppung fremder Arten in die heimischen Ökosysteme oder die Emission von Lärm. In der öffentlichen Wahrnehmung präsent sind ebenso diverse Infrastrukturmaßnahmen, wie z. B. Fahrrinnenerweiterungen, die Ausweitung von Hafenanlagen, Straßen und Schienensystemen.

Solche Infrastrukturmaßnahmen, welche die Topographie von Küsten- und Flussgebieten verändern, können im Zusammenwirken mit dem klimawandelbedingten Meeresspiegelanstieg sowie mit meteorologischen Einflüssen die Sturmflutwasserstände beeinflussen (Abschn. 4.​1.​2.​4, von Storch et al. 2015). Damit zeigt sich gleichzeitig die besondere Verwundbarkeit internationaler Seehäfen und der Seeschifffahrt gegenüber direkten klimawandelbedingten Beeinträchtigungen (Abschn. 11.2.54.​2) wie Sturmfluten, Meeresspiegelanstieg, höherer Wellengang und Starkwinde (Becker et al. 2013; Hanson et al. 2011; Nicholls et al. 2008). Indirekte Einflüsse können sich aus gesetzgeberischen Initiativen ergeben, z. B. durch die Einführung von Schadstoffgrenzwerten (Lemper 2010), die entsprechende Anpassungsmaßnahmen erforderlich machen. Die klimawandelbedingten Veränderungen können sich allerdings auch positiv auswirken, indem z. B. die Abnahme des Polareises und die damit einhergehende Öffnung der Nordpassage kürzere Transportwege von Europa nach Asien mit sich bringen können (Ircha und Higginbotham 2015).

Damit sind die Seehäfen und die Schifffahrt Verursacher, Leidtragende und Profiteure des Klimawandels in einem. Der Klimawandel ist daher ein entscheidender Impactfaktor für die Entwicklung internationaler Häfen (Becker et al. 2013) wie auch für die weitere Entwicklung des Hamburger Hafens (Merk und Hesse 2012). Umso wichtiger ist es, Hindernisse bei der Implementierung von Anpassungsmaßnahmen zu überwinden (Kap. 4).

11.2 Häfen, Schifffahrt und Verkehr als Verursacher des Klimawandels und daraus abzuleitende Konsequenzen

11.2.1 Der Transportsektor allgemein als Verursacher des Klimawandels

Der Transportsektor trägt einen erheblichen Anteil am Klimawandel. Im Jahr 2010 betrug der Energieverbrauch durch das gesamte Transportwesen ca. 28 % des weltweiten Energieverbrauchs, und 23 % der gesamten Treibhausgase wurden durch den weltweiten Transport emittiert (IPCC 2014a). Der Anstieg der durch den weltweiten Transport verursachten Treibhausgasemissionen ist ungebremst und beträgt trotz effizienterer Fahrzeuge und Maßnahmen zur Reduzierung des Treibhausgasausstoßes seit 1970 (2,8 Mrd. Tonnen) bis 2010 (7,0 Mrd. Tonnen) 250 % (IPCC 2014a). Neben dem CO2-Ausstoß trägt der Transportsektor auch zu weiteren Schadstoffemissionen bei, etwa von Methan, Stickoxiden (NOX), Schwefeldioxid (SO2) u. v. m. (IPCC 2014a). Da Prognosen zeigen, dass der internationale Transport bis 2050 um das 4,3-Fache steigen wird, ist zu erwarten, dass die weltweiten CO2-Emissionen im gleichen Zeitraum um das 3,9-Fache zunehmen werden (OECD 2015).

11.2.2 Die Schifffahrt im Besonderen als Verursacher des Klimawandels

Bezogen auf einen Anteil von 80 % am weltweiten Transport ist der Beitrag der Seeschifffahrt zu dem durch den internationalen Transport verursachten CO2-Austoß mit 37 % im Jahr 2010 und prognostizierten 32 % im Jahr 2050 relativ gering (OECD 2015). Eine noch unbekannte Größe bei den Prognosen zum Einfluss der Seeschifffahrt auf den Klimawandel ist die Eisschmelze in der Arktis. Die bisher beobachtete Eisschmelze und die damit einhergehende Öffnung der Nordpassage für den Schiffsverkehr könnten zu einem deutlichen Anstieg der Transportaktivitäten führen (BACC II Author Team 2015). Corbett et al. (2010) prognostizieren einen daraus folgenden Anstieg der NOX-Emissionen um das 1,7-Fache bis 2030 bzw. das 3,8-Fache bis 2050, bezogen auf 2004.

Auch wenn die Schifffahrt infolge ihres gemessen an der zurückgelegten Fahrstrecke geringen Anteils an CO2-Emissionen das umweltfreundlichste Transportmittel sein mag, stellt die Emissionsbelastung in den Seehäfen infolge der Nutzung preiswerter und minderwertiger Schweröle ein besonderes Problem dar (OECD 2015). Die Treibhausgasemissionen in den Seehäfen betragen zwar nur etwa 2 % des gesamten durch die internationale Seeschifffahrt verursachten Ausstoßes (OECD 2015). Jedoch ist der Anteil dieser Emissionen am Gesamtschadstoffausstoß in den Hafenstädten selbst relativ groß (OECD 2015; Corbett et al. 2007). Darüber hinaus verursachen bestimmte Schadstoffe gravierende Gesundheitsprobleme. So werden NO2, CO- und SO2-Emissionen mit teilweise tödlichen Lungenerkrankungen in Verbindung gebracht (OECD 2015; Corbett et al. 2007). Untersuchungen zum Anteil der Schiffsemissionen am Gesamtschadstoffausstoß der Häfen in Hongkong und Los Angeles/Long Beach zeigen, dass etwa 50 % der Schwefeldioxidemissionen von den dort vor Anker liegenden Schiffen ausgestoßen werden (OECD 2015).

Prognosen hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung von Schiffsemissionen variieren stark, in Abhängigkeit von den Annahmen zum Einsatz und zur Effektivität neuer Technologien (Eyring et al. 2005; BACC II Author Team 2015). Soweit es jedoch mittelfristig nicht gelingt, die Schiffsemissionen signifikant zu reduzieren, ist zu vermuten, dass diese bezogen auf das Jahr 2010 bis zum Jahr 2050 aufgrund des stetig wachsenden internationalen Handels und des damit einhergehend steigenden Transportwesens um bis zu 400 % ansteigen werden (OECD 2015).

Neben den vor Anker liegenden schadstoffemittierenden Schiffen beeinträchtigen die Seehäfen auf weitere vielfältige Weise die Umwelt und leisten damit auch einen Beitrag zum Klimawandel. So tragen die Seehäfen infolge des erhöhten Verkehrsaufkommens im Hinterland (Fenton 2014) maßgeblich zum Ausstoß von Treibhausgasen bei. Die für die nächsten Jahrzehnte prognostizierten Steigerungen des Transportvolumens (OECD 2015) verstärken diesen Effekt, denn daraus ergibt sich ein zusätzlicher Ausbaubedarf bei den Seehafenhinterlandanbindungen (BMVBS 2009). Die Hauptverkehrsträger im Hinterland, Straße und Schiene, stoßen in den Einzugsbereichen der deutschen großen Seehäfen Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven durch die enormen Containermengen bereits jetzt an ihre Kapazitätsgrenzen (BMVBS 2009). Die Bewältigung des Umschlagwachstums erfordert daher eine Kapazitätserweiterung der Hafenfläche und der Hinterlandanbindung (BMVBS 2009). Dies wiederum führt jedoch zu zusätzlichen Belastungen:
  1. 1.

    der Gewässer durch Schadstoffe, durch im Ballastwasser von Schiffen mitgeführte fremde Arten und durch Infrastrukturmaßnahmen an den Binnenwasserstraßen wie Fahrrinnenvertiefungen und -erweiterungen,

     
  2. 2.

    der Luft durch Staub und Abgase sowie

     
  3. 3.

    der Umgebung durch Lärm. Gerade im Hinterlandverkehr besitzt die Lärmproblematik einen besonderen Stellenwert, da die Hauptanbindungsstrecken häufig durch dicht besiedelte Gebiete führen und erhebliche Lärmbelästigungen der Anwohner zur Folge haben (BMVBS 2009).

     

11.2.3 Gesetzliche Regelungen

Infolge der erheblichen Beeinträchtigungen durch den Energieverbrauch und den Schadstoffausstoß im internationalen Transport ist auch dieser von Klimaschutzmaßnahmen betroffen. Ausgangspunkt für solche Maßnahmen sind Regelungen auf internationaler und nationaler Ebene. Die übergeordnete Regelung ist das Rahmenübereinkommen der UN über Klimaänderungen von 1992 (UN Framework Convention on Climate Change UNFCCC – sog. Rio-Übereinkommen, BGBl. 1993 II, S. 1783, in Kraft seit dem 21.03.1994) sowie das darauf aufbauende Kyoto-Protokoll von 1997 (BGBl. 2002 II, S. 966). Letzteres verpflichtet die europäischen Unterzeichnerstaaten zur Reduktion der Treibhausgase um 5 % bezogen auf das Jahr 1992. Der See- und Luftverkehr wurde hierbei ausdrücklich ausgenommen. Erste konkret auf die Seeschifffahrt bezogene internationale Regelungen zum Klima- und Umweltschutz finden sich in dem 1994 in Kraft getretenen UN-Seerechtsübereinkommen (SRÜ) (BGBl. 1994 II, S. 1798). Gegenstand des SRÜ ist u. a. die Regelung des Ressourcenverbrauchs in den Meeren, beispielsweise der Schutz der Fischbestände, aber auch der Meere selbst vor Verschmutzungen. Das Übereinkommen legt den Meeresumweltschutz als staatliche Aufgabe fest und definiert den Begriff „Verschmutzung der Meeresumwelt“ so weit, dass hiervon auch die Freisetzung von Treibhausgasen umfasst ist. Regelungen zu Grenzwerten von Emissionen und Einträgen in die Weltmeere enthält das SRÜ jedoch genauso wenig wie das Kyoto-Protokoll. Dies ist Gegenstand anderer internationaler Initiativen, die von der International Maritime Organisation (IMO), der World Ports Climate Initiative (WPCI) sowie der Europäischen Union ausgehen.

So hat die IMO diverse Abkommen zu Schadstoffreduktionen erlassen. Daneben trifft die International Convention for the Prevention of Marine Pollution from Ships (MARPOL-Übereinkommen BGBl. 1996 II, S. 399) diverse Regelungen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (Anlage I: Verbot des Transports von Schweröl in Einhüllentankern, Anlage II und III: Regelungen zum Gefahrguttransport, Anlagen IV und V: Einleitungsverbote von Abwässern in der 12-Seemeilen-Zone sowie Regelungen zur Bilgenwasseraufbereitung). Von besonderer Bedeutung ist die Anlage VI, die Emissionsgrenzwerte für Schwefel und Stickoxide festschreibt. Für bestimmte Gebiete gelten besondere Grenzwerte (sog. „(sulphur) emission control areas“, (S)ECAs). Diese Gebiete befinden sich in der Ostsee, Nordsee inklusive Ärmelkanal und an der nordamerikanischen Küste. Aufgrund der deutlich höheren regionalen Grenzwerte in den (S)ECAs wird der Einsatz neuer Technologien erforderlich werden. Lemper (2010) prognostiziert in diesem Zusammenhang eine erhebliche Kostensteigerung der Schiffstransporte infolge der erforderlichen Compliancemaßnahmen. Sehr wahrscheinlich wird dies u. a. eine Verlagerung von Transporten auf den Landweg zur Folge haben, zumindest was den Kurztransport anbelangt (Lemper 2010). Eine weitere Initiative der IMO ist die Einführung eines Energy Efficiency Design Index (EEDI), der für Schiffsneubauten das erlaubte Verhältnis von Kosten für die Umwelt (ausgedrückt im CO2-Footprint) zum gesellschaftlichen Nutzen (ausgedrückt in der Bruttotragfähigkeit des Schiffes) festlegt. Seit 2013 stellt der EEDI eine definierte Referenzlinie für Neubauten dar, die nicht unterschritten werden darf. Des Weiteren ist das Ballastwasserabkommen der IMO aus dem Jahr 2004 zu nennen (International Convention for the Control and Management of Ships’ Ballast Water and Sediments), das Standards zum Management und zur Behandlung von Ballastwasser festlegt. Das Abkommen ist allerdings noch nicht in Kraft. Trotz all der Initiativen geht die IMO von einer erheblichen Steigerung der Schadstoffemissionen bis 2050 durch die internationale Seeschifffahrt aus (IMO 2014).

Die Europäische Union hat in der Luftreinhaltungsrichtlinie 2005/33/EG u. a. geregelt, dass Schiffe in EU-Häfen ihre Motoren zur Stromerzeugung nur nutzen dürfen, wenn sie Treibstoffe mit einem Schwefelgehalt von weniger als 0,1 % verwenden. Schiffe, deren Motoren die Anforderungen nicht einhalten, müssen auf die Nutzung von Landstrom zurückgreifen. Da allerdings die von den Häfen vorgehaltenen Stromanschlüsse weltweit nicht normiert sind, müssen die Schiffe kostenaufwendig mehrere Anschlüsse vorhalten (Gibbs et al. 2014). Auch der Aus- und Neubau von Binnenwasserstraßen unterliegt Regelungen der Europäischen Union, und zwar der Wasserrahmenrichtlinie. Danach sind Infrastrukturmaßnahmen an Binnenwasserstraßen mit dem europarechtlich festgelegten Ziel des Schutzes und der Verbesserung des Zustandes von Gewässerökosystemen in Einklang zu bringen und die Auswirkungen des Klimawandels zu berücksichtigen. Auf europäischer Ebene wird außerdem über die Einführung eines Emissionshandelssystems für die Schifffahrt nachgedacht (Corbett et al. 2010; Nikolakaki 2013).

11.2.4 Initiativen

Im Wege einer freiwilligen Selbstverpflichtung haben sich eine Anzahl von Häfen dem von der World Ports Climate Initiative (WPCI) entwickelten Environmental Ship Index (ESI) unterworfen. Danach werden Schiffe im Hinblick auf ihre Schadstoffemissionen (SOX, NOX, CO2) indiziert und die Hafengebühren entsprechend der Höhe der Emissionen angepasst (Gibbs et al. 2014). Derzeit setzen mehr als 35 Häfen, zu denen auch der Hafen Hamburg gehört, den ESI um (WPCI 2015a), und es sind bereits über 4000 Schiffe nach dem ESI indiziert worden (WPCI 2015b).

Auf nationaler Ebene verfolgt das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) das Ziel, die Binnenschifffahrt zu fördern, um die zu erwartenden Verkehrszuwächse, insbesondere im Seehafenhinterlandverkehr, nachhaltig zu bewältigen (BMVBS 2009). Dies erfordert Verbesserungen an den Binnenschifffahrtswegen, wie z. B. im Hinblick auf die Durchfahrtshöhen bei Brücken, die Abmessungen der Schleusenkammern sowie die nutzbaren Fahrrinnentiefen und -breiten (BMVBS 2009). Des Weiteren will der Bund die europäische Kurzstreckenseeschifffahrt („short sea shipping“) und das europäische Konzept der Meeresautobahnen („motorways of the sea“) fördern, die das Ziel haben, Güterverkehrsströme möglichst auf einige wenige Korridore zu konzentrieren und die Verkehrsverlagerung von Gütertransporten auf die Wasserstraßen zu unterstützen (BMVBS 2009). Des Weiteren fördert das BMVBS die Modernisierung der deutschen Binnenschifffahrt durch Zuschüsse für den Einbau von emissionsärmeren Dieselmotoren, Partikelfiltern und Katalysatoren (BMVBS 2009). Der Lärmproblematik im Hinterlandverkehr begegnet das BMVBS mit einem nationalen Verkehrslärmschutzpaket. Insbesondere geht es hierbei um die Reduzierung des vom Schienengüterverkehr ausgehenden Lärms durch die Umrüstung von Güterwaggons auf lärmmindernde Verbundstoffbremssohlen (sog. Flüsterbremsen) (BMVBS 2009).

11.2.5 Forschung

Die bereits vorliegenden und zu erwartenden Maßnahmen zur Reduktion des Schadstoffausstoßes in der Schifffahrt haben den Impuls für die Entwicklung alternativer, energieeffizienter Antriebssysteme gegeben, wie den dieselelektrischen Pod-Antrieb, den Brennstoffzellenantrieb, den Elektroantrieb, Antriebe auf Solarenergie- oder aber Windenergiebasis sowie den Nuklearantrieb (Eyring et al. 2005). Die Effektivität dieser Antriebssysteme ist teilweise jedoch gering, da insbesondere die Reichweite für die Seeschifffahrt nicht ausreichend ist (so beim Elektroantrieb oder bei der Solarenergie), es an der erforderlichen Infrastruktur zur Treibstoffversorgung mangelt (so beim Brennstoffzellenantrieb), die erforderliche Ausrüstung sehr viel Platz erfordert (so bei der Nutzung von Windenergie) oder erhebliche Sicherheitsbedenken (so beim Nuklearantrieb) bestehen (Jahn et al. 2011). Daher wird in der Schifffahrtsbranche dem dieselelektrischen Pod-Antrieb, der bewirkt, dass sich die Dieselmotoren immer im optimalen Drehzahlbereich befinden und dadurch ihr Wirkungsgrad optimiert wird, die größte Bedeutung beigemessen (Jahn et al. 2011). Weitere Maßnahmen zur Verbesserung bzw. Anpassung der Antriebssysteme sind die Nutzung von „liquefied natural gas“ (LNG) oder von Biokraftstoffen, die Optimierung der Schiffsrümpfe sowie der Antriebe und die Abgasrückführung sowie Abwärmenutzung. Da die Kosten für LNG und Biokraftstoffe höher liegen als für herkömmlich verwendete Schweröle und auch die Nachrüstung der bestehenden Schiffsflotte Kosten verursacht, ist mit einer Umstellung auf diese Treibstoffe erst bei Neubauten zu rechnen (Love et al. 2010). Auch der Platzverbrauch bei LNG sowie der damit verbundene Ressourcenverbrauch bei Biokraftstoffen sind als Nachteile zu nennen (Lemper 2010). Lohnenswert könnte die Verwendung von LNG und Biokraftstoffen vor allem für Schiffe sein, die in den (S)ECAs eingesetzt werden, da der Schwefeloxidausstoß durch die alternativen Kraftstoffe erheblich reduziert werden kann (Lemper 2010). Die Rumpfoptimierung als bauliche Maßnahme kommt im Wesentlichen bei Neubauten zum Tragen. Allerdings können auch innovative Rumpfanstriche oder Optimierungen von Propeller und Ruder eines Schiffes Treibstoffeinsparungen bewirken (Jahn et al. 2011). Neben den vorgenannten neuen Technologien bieten auch Methoden Einsparungspotenziale, die im Wesentlichen auf Verhaltensänderungen beruhen und daher weniger Innovationskosten mit sich bringen. So kann die Reduzierung der Fahrtgeschwindigkeit („slow steaming“) einen überproportionalen Einspareffekt beim Treibstoffverbrauch hervorrufen (Love et al. 2010). Auch die Optimierung der Ladung bzw. die Aufnahme von Ballastwasser kann infolge der dadurch verbesserten Trimmung des Schiffes erhebliche Einsparungen erzielen (Jahn et al. 2011).

11.3 Bedeutung des Klimawandels für Häfen, Schifffahrt und Verkehr im Allgemeinen

11.3.1 Einflussgrößen des Klimawandels auf Häfen, Schifffahrt und Verkehr im Allgemeinen

Internationale Seehäfen und die mit ihnen verbundenen Transportinfrastrukturen (Straßen, Schienen, Tunnel, Brücken) sind infolge ihrer küstennahen Lage im Hinblick auf klimawandelbedingte Veränderungen wie Meeresspiegelanstieg, stärkere und veränderte Winde, verstärkte Niederschläge und daraus folgende Extremwetterereignisse wie Sturmfluten extrem gefährdet (IPCC 2014b; BACC II Author Team 2015). Überflutungen von Hafenanlagen und angeschlossenen Transportanbindungen können zu Betriebsausfällen und damit zu großen volkswirtschaftlichen Schäden führen. Dies liegt darin begründet, dass in den internationalen Seehäfen erhebliche Vermögenswerte angesiedelt sind, sodass eine Beeinträchtigung derselben unmittelbare und langfristige nachteilige Effekte für den Handel, die Schifffahrt und die inländischen Transportströme mit sich bringen würde (IPCC 2014b; Becker et al. 2013, Coumou und Rahmstorf 2012; Nicholls et al. 2008).

Neben den Gefahren infolge des Meeresspiegelanstiegs und zunehmender Extremwetterereignisse können auch Veränderungen des Salzgehaltes in den Ozeanen und Flüssen sowie Erhöhungen der Wasser- und Lufttemperaturen den Transportsektor erheblich beeinträchtigen (Koppe et al. 2012). Gleiches gilt für die Veränderungen der Tide. So ist erkennbar, dass regional die Flut nicht nur stärker, sondern auch zunehmend länger auftritt und so die Schadensanfälligkeit für Hafenanlagen steigt (Forbes et al. 2004).

Ein weiterer Effekt auf die Seeschifffahrt und die Seehäfen ist die infolge der Erderwärmung merkliche Abschmelzung des Polareises (IPCC 2014b; BACC II Author Team 2015; Ircha und Higginbotham 2015; Verny 2015; Gao et al. 2015). So ist über die letzten 30 Jahre das Sommereis um 8,9 % je Dekade und das Wintereis um 2,5 % je Dekade zurückgegangen (IPCC 2014b; Bitner-Gregersen et al. 2013). Nach Brigham (2008) kann für das 21. Jahrhundert mit zunehmend eisfreien Gebieten gerechnet werden. Untersuchungen von Wang und Overland (2009) sowie Overland und Wang (2013) zeigen, dass das Sommereis in der Arktis bis 2050 vollständig verschwunden sein könnte (IPCC 2014b). Diese Entwicklung eröffnet in positiver Hinsicht neue zeit- und kosteneinsparende Schifffahrtsrouten (IPCC 2014b; Ircha und Higginbotham 2015; Verny 2015).

11.3.2 Auswirkungen des Klimawandels auf Häfen, Schifffahrt und Verkehr im Allgemeinen

Die Fachdiskussion um die Auswirkungen des Klimawandels auf die internationale Seeschifffahrt wird vornehmlich vom Bedrohungspotenzial des steigenden Meeresspiegels und zunehmender Extremwetterereignisse dominiert (Restemeyer et al. 2015; Becker et al. 2015; Hanson et al. 2011; Dannenberg et al. 2009; Gayathri et al. 2015; Wenzel und Treptow 2013; Weisse et al. 2012; Feser et al. 2015; Messner et al. 2013; Koetse und Rietveld 2009; Bitner-Gregersen et al. 2013; Nicholls et al. 2008; McEvoy et al. 2013). Letztlich gibt es keine hinreichende Studienlage zu den Auswirkungen des Meeresspiegelanstiegs und zunehmender Hochwasserereignisse auf küstennahe Infrastrukturen wie Seehäfen (IPCC 2014b). Allerdings sind im Hinblick auf einzelne Seehäfen und Seerouten unterschiedliche Studien veröffentlicht worden, die einen summarischen Überblick über die Einflussfaktoren und möglichen Konsequenzen des Klimawandels bieten, u. a.: Hallegatte et al. (2011) zu Kopenhagen, Messner et al. (2013) zu San Diego, Smythe (2015) zu New York, Nicholls et al. (2008) und Hanson et al. (2011) zur Gefährdung von 136 internationalen Seehäfen, Slack und Comtois (2015) zum St.-Lawrence-Great-Lake-System, Acciaro (2015, 2014) zum Panamakanal, Gayathri et al. (2015) zur Bucht von Bengalen, Cusano et al. (2015) zu Italien, Stenek et al. (2015) zum Hafen Muelles El Bosque, Cartagena (Kolumbien), Wenzel und Treptow (2013, 2014) zum Lübecker Hafen, Schröder et al. (2013) sowie Schröder und Hirschfeld (2014) zu den Ostseehäfen, Becker et al. (2015) zu Gulfport und Providence, Esteban et al. (2015) zu Japan, Osthorst (2015) und Osthorst et al. (2014) zu Bremerhaven, Cahoon et al. (2015); Scott et al. (2013) und McEvoy et al. (2013) zu Australien, Ircha und Higginbotham (2015), Verny (2015); Gao et al. (2015) und Brigham (2008) zur Arktis, Koppe et al. (2012) sowie Schempp und Kowaleski (2014) zum Hafen Hamburg. Soweit sich die Studien mit der Gefährdungslage einzelner Seehäfen befassen, beziehen sie sich vornehmlich auf die Gefahrenpotenziale von Überflutungen und möglichen Anpassungsoptionen. Vergleichbare Studien zu anderen klimawandelbedingten Beeinträchtigungen wie z. B. Starkniederschlägen oder erhöhten Luft- und Wassertemperaturen existieren nicht. Insgesamt ist die Forschung zu konkreten Einflussfaktoren und ihren positiven und/oder negativen Auswirkungen auf die jeweilige Transportinfrastruktur noch in ihren Anfängen. Ableitbare Handlungsoptionen für die Entscheidungsträger im jeweils betroffenen Einzelfall sind den Studien nur selten zu entnehmen. Hier herrscht daher noch großer Forschungsbedarf.

Die Autoren unterscheiden zwischen direkten und indirekten Schäden durch klimawandelbedingte Beeinträchtigungen (Schempp und Kowaleski 2014; Hallegatte et al. 2011; Nicholls et al. 2008; Hanson et al. 2011), wobei Becker et al. (2015) von den indirekten Schäden noch die nicht quantifizierbaren Folgeschäden wie z. B. Umweltverschmutzung, Gesundheitsschäden abgrenzen. Die direkten Schäden sind solche, die unmittelbar durch das Ereignis an den Hafenanlagen einschließlich Wasserstraßen und Hinterlandanbindung, an Frachtgütern und anderen Vermögenswerten entstehen, die indirekten Schäden sind Kosten und Folgeschäden als Konsequenz der direkten Schäden, vornehmlich in Form von sog. Vermögensschäden durch z. B. Produktionsausfälle, Beeinträchtigungen der Handelsbeziehungen, Preiserhöhungen durch Verknappung, Umweltverschmutzung u. v. m.

11.3.2.1 Auswirkungen auf die Häfen im Allgemeinen

Direkte Schäden

Direkte Schäden der Häfen infolge klimawandelbedingter Beeinträchtigungen lassen sich wie folgt beschreiben: Der Meeresspiegelanstieg, einhergehend mit höheren Wellen und stärkeren Winden bis hin zu Stürmen, bringt die Gefahr von vermehrten, stärkeren und länger andauernden Überflutungen der Hafenanlagen mit sich, was entsprechende betriebliche Ausfallzeiten zur Folge hätte (Esteban et al. 2015; Stenek et al. 2015; Cahoon et al. 2015; Scott et al. 2013; Becker et al. 2013; Koppe et al. 2012; Koetse und Rietveld 2009; Wenzel und Treptow 2013). Betroffen wären von den Überflutungen neben den Liegeplätzen auch die Stromversorgung sowie die Lagerflächen, sodass die Transportgüter beschädigt werden könnten (Stenek et al. 2015; Wenzel und Treptow 2013; Schröder und Hirschfeld 2014). Ebenso wären die Zu- und Abfahrtswege von Stürmen und Überflutungen betroffen (Schröder et al. 2013). Mehr und stärkere Stürme beeinträchtigen die Ankunftsgenauigkeit der Schiffe und erschweren infolge des stärkeren Wellengangs ihre Be- und Entladung (Wenzel und Treptow 2013; Schröder und Hirschfeld 2014). Auch der Transport und die Stapelung von Leercontainern wird durch stärkere Stürme erschwert (Wenzel und Treptow 2013; Koppe und Hurtienne 2011), wie auch hochragende Anlagen (z. B. Kräne) beschädigt werden können (Stenek et al. 2015). Der Meeresspiegelanstieg wird möglicherweise den Tidehub verändern und so einerseits zur vermehrten Sedimentation führen, was die Befahrbarkeit der Wasserstraßen für Schiffe mit entsprechendem Tiefgang beeinträchtigen könnte (Cahoon et al. 2015; Kofalk et al. 2014), und andererseits den Wasserpegel so erhöhen, dass die erforderliche Durchfahrtshöhe unter Brücken nicht mehr gewährleistet wäre (Schröder und Hirschfeld 2014; Koppe et al. 2012). Auch eine erhöhte Küstenerosion ist eine mögliche Folge des Meeresspiegelanstiegs (Becker et al. 2013; Scott et al. 2013). Ebenso wäre eine erhöhte Korrosionsrate von in den Hafenanlagen verbauten Materialien infolge eines erhöhten Salzgehaltes im Wasser möglich (Wenzel und Treptow 2013; Koppe et al. 2012; Koppe und Hurtienne 2011). In gleicher Weise könnten sich mikrobielle Veränderungen, bedingt durch eine Erhöhung der Wassertemperatur, auswirken (Wenzel und Treptow 2013; Koppe et al. 2012; Koppe und Hurtienne 2011). Eventuell eintretende Erhöhungen der Niederschlagsmenge und der Lufttemperatur könnten die Nutzung der Hafeninfrastruktur z. B. im Hinblick auf Kühlsysteme, tiefer liegende Zufahrtsstraßen, auf die Beschaffenheit und Befahrbarkeit von Fahrbahndecken und Terminalbelägen, die Alterungsraten von Holzelementen und die Entwässerungssysteme beeinflussen (Cahoon et al. 2015; Stenek et al. 2015; Wenzel und Treptow 2013; Scott et al. 2013; Koppe und Hurtienne 2011; Schröder und Hirschfeld 2014). Geringere Niederschlagsmengen wiederum könnten regional zu einem sinkenden Wasserpegel führen und damit die Befahrbarkeit der Wasserstraßen im Hafen erschweren (Koppe und Hurtienne 2011). Ebensolches gilt für so wichtige Schifffahrtsstraßen wie den Panamakanal, was in der Konsequenz nicht nur Kostensteigerungen für die Seetransporte infolge längerer Transportwege mit sich brächte, sondern auch erhebliche Einkommenseinbußen der diese Schifffahrtsstraßen betreibenden Staaten (Acciaro 2014, 2015 für Panama).

Indirekte Schäden

Die indirekten Kosten und Folgeschäden für Häfen infolge der vorstehend beschriebenen klimawandelbedingten Beeinträchtigungen sind schwer zu beziffern. Dies trifft insbesondere auf die sehr negativen und im Fokus der Öffentlichkeit stehenden Auswirkungen von z. B. Wirbelstürmen oder schweren Sturmfluten zu (Becker et al. 2013; Oh und Reuveny 2010; Koetse und Rietveld 2009). Solche Ereignisse führen zu der gravierendsten Beeinträchtigung für Seehäfen: der Unterbrechung ihres Betriebes und der von ihnen abhängenden Transportströme. So schätzen Becker et al. (2012), dass z. B. der Hurrikan Katrina einen Schaden in Höhe von etwa 1,7 Mrd. US-$ verursacht und die Wirtschaft in über 30 US-Staaten beeinträchtigt hat. In ihrer Untersuchung zur Stadt Kopenhagen schätzen Hallegatte et al. (2011), dass sich im Falle eines Jahrhundertereignisses (Überflutung 150 cm über dem Meeresspiegel) die direkten Schäden auf bis zu 3 Mrd. Euro belaufen könnten. In dieser Schätzung ist der prognostizierte Meeresspiegelanstieg infolge der Erderwärmung nicht berücksichtigt. Hallegatte et al. (2011) führen aus, dass ein Meeresspiegelanstieg von 25 cm die direkten Schäden auf 4 Mrd. Euro, von 50 cm auf 4,8 Mrd. Euro und von 100 cm auf 8 Mrd. Euro erhöhen würde. Weitere in der Studie nicht quantifizierte indirekte Schäden wären der Verlust tausender Arbeitsplätze, Todesfälle, körperliche und seelische Erkrankungen, Kosten für den Wiederaufbau und der Verlust der Wettbewerbsfähigkeit der Region für einen über viele Jahre gehenden Zeitraum (Hallegatte et al. 2011). Hanson et al. (2011) und Nicholls et al. (2008) beschreiben in einer Untersuchung der 136 weltweit größten Hafenstädte das Gefahrenpotenzial von Flutkatastrophen für die küstennahen Infrastrukturen und Bevölkerungen und damit eingehende Vermögensschäden. Danach sind gegenwärtig über 40 Mio. Menschen potenziell von klimawandelbedingten Extremwetterereignissen betroffen und Infrastrukturen im Wert von 3000 Mrd. US-$, entsprechend ca. 5 % des weltweiten Bruttosozialprodukts. Bis 2070, so die Aussage der Studie, könnte sich in Abhängigkeit vom Bevölkerungswachstum und vom weiteren Meeresspiegelanstieg die betroffene Bevölkerungszahl verdreifachen und der Wert der betroffenen Infrastrukturen gar verzehnfachen (entsprechend 9 % des weltweiten Bruttosozialprodukts). Die möglichen Folgekosten durch Extremwetterereignisse sind folglich kaum quantifizierbar und betreffen astronomisch hohe Vermögenswerte.

Positive Effekte
Jede Medaille hat zwei Seiten, und so können viele der vorstehend beschriebenen klimawandelbedingten Veränderungen neben negativen auch positive Effekte auf die Seehäfen haben (Koppe und Hurtienne 2011, Tab. 11.1). Eine Erhöhung des Meeresspiegels z. B. würde die Befahrbarkeit der Wasserstraßen in den Häfen mit größeren Schiffen ermöglichen und damit die Kosten für Ausbaggerungsarbeiten erheblich reduzieren (Kofalk et al. 2014; Krämer et al. 2013; Schröder und Hirschfeld 2014; Stenek et al. 2015). Ein Anstieg der minimalen Lufttemperatur könnte zu einer Verringerung der Schnee- und Eislasten führen, was die Nutzung der Hafenanlagen im Winter erleichtern, eine bessere Anbindung der Straßen und Schienen gewährleisten und insgesamt weniger Betriebsausfälle mit sich bringen würde (Schröder und Hirschfeld 2014; Wenzel und Treptow 2013; Koppe et al. 2012; Koppe und Hurtienne 2011). Auch die Kosten für die Gebäude- und Fahrbahnerhaltung könnten hierdurch reduziert (Koppe et al. 2012) und Güter, die in Hafenanlagen in der Regel unter freiem Himmel gelagert werden, weniger beeinträchtigt werden (Koppe und Hurtienne 2011). Dies gälte in Kombination mit geringeren Niederschlägen insbesondere für feuchtigkeitsempfindliche Güter wie z. B. Holz und Papier (Wenzel und Treptow 2013; Koppe und Hurtienne 2011). Schließlich wäre auch eine Veränderung der Windrichtung, und damit einhergehend die Veränderung des Anlaufwinkels von Wellen, je nach Lage der Hafeneinfahrt, evtl. von Vorteil. So sänke hierdurch ggf. die Stundenzahl der für den Hafenbetrieb kritischen Wellenunruhe, sodass betriebliche Ausfallzeiten abnähmen und die Ankunft sowie Be- und Entladung der Schiffe weniger gestört wäre (Wenzel und Treptow 2013; Koppe und Hurtienne 2011).
Tab. 11.1

Einflüsse des Klimawandels auf Entwurf und Unterhaltung von Freilagern. (Quelle: Koppe und Hurtienne 2011)

Einfluss des Klimawandels

Chancen

Risiken

Anstieg der jährlichen Luftdurchschnittstemperatur

 

Erhöhung der Tautiefe von Permafrostböden und daraus resultierend Gründungsprobleme

Anstieg der jährlichen Wasserdurchschnittstemperatur

 

Anstieg der mikrobiellen Aktivität und somit Anstieg der mikrobiellen Korrosion in der Wasserwechselzone von Spundwänden

Einwanderung neuer Arten, die potenziell zu höheren Alterungsraten von Holzelementen wie Dalben führen können

Abnehmende Anzahl der Tage mit Temperaturen unter dem Gefrierpunkt

Verringerung der Eislasten

 

Anstieg der minimalen Lufttemperatur

Verringerung der Eislasten

 

Anstieg der jährlichen Niederschlagsmenge

 

Anstieg des Grundwasserstandes und somit Anstieg des aktiven Erddrucks an geschlossenen Konstruktionen

Anstieg der Häufigkeit von Sturmereignissen

 

Anstieg der Anzahl von Flutereignissen am Liegeplatz und folglich Anstieg der betrieblichen Ausfallzeit

Anstieg der Sturmintensität

 

Anstieg der Höhe von Sturmhochwasserständen am Liegeplatz und somit Anstieg der betrieblichen Ausfallzeit infolge von Überflutung des Liegeplatzes

Intensivierung des Wellenklimas infolge höherer Windgeschwindigkeiten

 

Anstieg der Wellenunruhe am Liegeplatz und somit Anstieg der betrieblichen Ausfallzeit

Änderungen des Anlaufwinkels von Wellen infolge einer Änderung der Windrichtungsverteilung

Potenzielle Verringerung der Stundenzahl mit kritischer Wellenunruhe am Anleger und somit Verringerung der betrieblichen Ausfallzeit

Potenzieller Anstieg der Stundenzahl mit kritischer Wellenunruhe am Anleger und somit Anstieg der betrieblichen Ausfallzeit

Windabhängige Änderungen des Wasserstandes infolge von Änderungen der Windgeschwindigkeit und der Windrichtungsverteilung

Potenziell geringeres Überflutungsrisiko am Anleger

Potenziell höheres Überflutungsrisiko am Anleger

Anstieg des Wasserspiegels als direkte Folge eines Meeresspiegelanstiegs

 

Erhöhung des Überflutungsrisikos und somit Anstieg der betrieblichen Ausfallzeit und der potenziellen Überflutungsschäden

Anstieg des Salzgehaltes

 

Anstieg der Korrosionsrate von Stahl- und Betonelementen wie Spundwandkonstruktionen und Schwergewichtsmauern

Verringerung des Salzgehaltes

Verringerung der Korrosionsrate von Stahl- und Betonelementen wie Spundwandkonstruktionen und Schwergewichtsmauern

 

Versäuerung

 

Anstieg der Korrosionsrate von Stahl- und Betonelementen wie Spundwandkonstruktionen und Schwergewichtsmauern

Anstieg der jährlichen Luftdurchschnittstemperatur

Potenziell bessere Bedingungen für die Lufttrocknung von Holz

Höherer Energieverbrauch von Kühlcontainern

Einwanderung neuer Arten, die potenziell zu Schädigungen an Lagerholz führen können

Erhöhung der Tautiefe von Permafrostböden und daraus resultierend Gründungs- und Setzungsprobleme

Anstieg der maximalen Lufttemperatur

 

Höherer Energieverbrauch von Kühlcontainern

Abnehmende Anzahl der Tage mit Temperaturen unter dem Gefrierpunkt

Weniger Schnee und Eis auf den Lagerflächen und somit bessere Verkehrsbedingungen auf den Lagerflächen

Höherer Energieverbrauch von Kühlcontainern

Erhöhung der Tautiefe von Permafrostböden und daraus resultierend Gründungs- und Setzungsprobleme

Anstieg der jährlichen Niederschlagsmenge

 

Längere Lagerzeiten für die Lufttrocknung von Holz

Abnahme der jährlichen Niederschlagsmenge

Kürzere Lagerzeiten für die Lufttrocknung von Holz

 

Anstieg der Starkregenintensität

 

Anstieg des Risikos von Drainageausfällen und somit der Überflutungsgefahr auf Lagerflächen

Anstieg der Intensität von Hagelschauern

 

Anstieg des Schadensrisikos in Freilagern für Fahrzeuge

Anstieg der Sturmintensität

 

Anstieg der Gefahr des „Verwehens“ von Gütern im Freilager; dies betrifft nicht nur Schüttgüter, sondern auch Container, insbesondere Leercontainer (Gegenmaßnahme: Reduzierung der Stapelhöhe)

11.3.2.2 Auswirkungen auf die Schifffahrt im Allgemeinen

Nicht nur Häfen sind von den klimawandelbedingten Veränderungen betroffen, sondern auch Seeschiffe. Ein häufigeres Zusammentreffen von höherem Wellengang – bis hin zu Extremereignissen wie den sog. Monsterwellen oder Kaventsmännern – mit stärkeren Winden in Kombination mit dem Meeresspiegelanstieg auf hoher See würde die Seeschiffe besonders beeinträchtigen (Onorato et al. 2006; Toffoli et al. 2011), was in die Risikobewertung für die Schifffahrt einfließen müsste, da die daraus resultierende Gefahr von erheblichen Beschädigungen am Schiffsrumpf und einem daraus folgenden Totalverlust von Schiff und Mannschaft erheblich ist (Bitner-Gregersen et al. 2013).

Allerdings kann es infolge des Klimawandels auch positive Effekte für die Schifffahrt geben, denn der mit der Erderwärmung einhergehende Rückgang des Polareises eröffnet potenziell neue Schifffahrtswege (IPCC 2014b; Ircha und Higginbotham 2015; Verny 2015; Koetse und Rietveld 2009). Die damit verbundene Verkürzung der Transportzeiten kann erheblich sein. So beträgt das Einsparpotenzial im Hinblick auf die Transportzeiten auf der Nordostpassage entlang der russischen Küste von Russland nach Asien 40 % gegenüber der Route durch den Suezkanal und auf der Nordwestpassage entlang der kanadischen Küste von der Westküste Kanadas nach Europa 1000 nautische Meilen gegenüber der Route durch den Panamakanal (Ircha und Higginbotham 2015). Darüber hinaus besteht auf der Nordwestpassage auch Einsparpotenzial infolge der Möglichkeit erhöhter Zuladung, da der maximale Tiefgang im Panamakanal 12 m beträgt und auf der Nordwestpassage 14 m (Ircha und Higginbotham 2015). All dies zeigt auch signifikante Potenziale für die Minimierung von Transportkosten auf (IPCC 2014b; Ircha und Higginbotham 2015; Verny 2015), was sich bereits gegenwärtig in einem ansteigenden Schiffsverkehr in der Polargegend bemerkbar macht (IPCC 2014b; Ircha und Higginbotham 2015; Verny 2015).

11.3.2.3 Auswirkungen auf die Hinterlandanbindung im Allgemeinen

Für die Wettbewerbs- und Betriebsfähigkeit der Seehäfen ist eine funktionierende Hinterlandanbindung unabdingbar (Ninnemann 2015). Oben wurde bereits gezeigt, dass die Straßen- und Schieneninfrastrukturen von den klimawandelbedingten Einflüssen je nach Szenario positiv oder negativ beeinflusst sein können. Gleiches gilt für die Binnenschifffahrt als weiteres Transportmodul im Hinterlandverkehr. So würden steigende Luft- und Wassertemperaturen die Eisbedeckung inländischer Wasserwege minimieren, was ihre Befahrbarkeit im Winter verbessern würde (IPCC 2014b; ICPDR 2012; Koetse und Rietveld 2009). Im Sommer allerdings könnten die erhöhten Temperaturen zusammen mit geringeren Niederschlägen zu niedrigeren Wasserständen führen, was Einfluss auf die Tiefe und Schiffbarkeit der Wasserstraßen hat (IPCC 2014b; ICPDR 2012; Jonkeren et al. 2014; Koetse und Rietveld 2009; Kofalk et al. 2014). Ein zu niedriger Wasserstand führt möglicherweise dazu, dass die Schiffe entweder nicht voll beladen werden können oder die Binnenschifffahrt ganz zum Erliegen kommt (Koetse und Rietveld 2009). Das Ausweichen auf andere – kostenträchtigere – Verkehrsträger (Straße oder Schiene) wäre damit unausweichlich (Nilson et al. 2014). Höhere Wasserstände infolge von schneedominierten Abflüssen, erhöhten Niederschlägen oder eines Meeresspiegelanstiegs würden wiederum die Schiffbarkeit der Wasserwege für größere Schiffe verbessern (Nilson et al. 2014; ICPDR 2012). Aber auch dies gilt nicht uneingeschränkt, denn der höhere Wasserpegel beeinträchtigt möglicherweise die Schiffbarkeit der Wasserstraßen, z. B. infolge einer zu niedrigen Durchfahrtshöhe unter Brücken (Nilson et al. 2014; ICPDR 2012). Für Westeuropa ergeben Studien zu klimawandelbedingten Einflüssen auf die Binnenwasserstraßen eine Erhöhung der Transportkosten infolge niedrigerer Wasserstände (Nilson et al. 2014; ICPDR 2012; Koetse und Rietveld 2009). So gehen Nilson et al. (2014) beispielsweise für den Rhein bis Ende des 21. Jahrhunderts im ungünstigsten Fall von einer klimabedingten Steigerung der Schiffsbetriebskosten von rund 9 % gegenüber dem derzeitigen Stand aus. Die Folge einer Kostensteigerung der Binnenschifffahrt könnte ein „modal shift“ hin zur Straße oder Schiene sein (Nilson et al. 2014; Koetse und Rietveld 2009).

11.3.3 Erforderliche Anpassungsmaßnahmen für Häfen, Schifffahrt und Verkehr im Allgemeinen

11.3.3.1 Erforderliche Anpassungsmaßnahmen für Häfen im Allgemeinen

Die potenziellen Beeinträchtigungen der Häfen durch den Klimawandel machen Anpassungsmaßnahmen erforderlich, da andernfalls mit erheblichen Störungen von Betriebsabläufen und verbundenen Infrastrukturen zu rechnen wäre. Vornehmlich werden drei mögliche Reaktionsweisen auf die klimawandelbedingten Herausforderungen beschrieben: 1. ein verbesserter Schutz vor Sturmfluten, 2. Landaufschüttungen, um den Meeresspiegelanstieg zu kompensieren, oder 3. die Verlagerung von Infrastrukturen in geschützte Gebiete (Becker et al. 2013; Messner et al. 2013). All diese Handlungsoptionen sind kostenintensiv und bergen unterschiedliche Probleme (Messner et al. 2013; Nicholls et al. 2008). So kann der Küstenschutz mit den Bedürfnissen des Naturschutzes kollidieren, die Anhebung der Hafenanlagen mit der landseitigen Transportanbindung inkompatibel oder eine Umsiedlung der Hafenanlagen mangels alternativer Flächen faktisch unmöglich sein (Becker et al. 2013; Messner et al. 2013). Insgesamt gibt es nach Becker et al. (2013) noch wenige Erkenntnisse zu der Frage, welche Arten von Anpassungsmaßnahmen bezüglich welcher klimawandelbedingten Beeinträchtigungen in welchem Zeitraum getätigt werden sollten. Die meisten Studien befassen sich mit dem verbesserten Schutz der Hafenanlagen vor Flutereignissen. Diskutiert werden Hochwasserschutzanlagen auf Terminals, Lagerflächen und der landseitigen Verkehrsinfrastruktur (Straßen und Schiene) (Esteban et al. 2015; Koppe und Hurtienne 2011).

Weitere mögliche Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Schutz vor Beeinträchtigungen durch Hochwasser sind die Anpassung von Entwässerungssystemen und Ölabscheidern, der Schutz eingelagerter Güter vor Meerwasser sowie die Anhebung der Lagerhallen, der Verkehrswege und der Schutz elektrischer Anschlüsse (Wenzel und Treptow 2013; Scott et al. 2013). Vergleichbare Anpassungsmaßnahmen sind nach Wenzel und Treptow (2013) auch bei zunehmender Gefahr stärkerer Stürme und Niederschläge erforderlich, wobei zusätzlich die Sicherung leerstehender Container und Trailer sowie großer Hallenvordächer, Tore und Luken vorgesehen werden sollte. Auch Schutzmaßnahmen wie der Bau von Windschutzmauern werden diskutiert (Paulauskas et al. 2009).

Einer vermehrten Sedimentation kann demgegenüber weniger aktiv durch Schutzmaßnahmen denn reaktiv durch vermehrte Aushubarbeiten begegnet werden (Nilson et al. 2014; ICPDR 2012; Koppe et al. 2012).

Erhöhte Lufttemperaturen machen die Anpassung der Kühlsysteme, der Fahrbahndecken und Terminalbeläge erforderlich (Koppe et al. 2012; Koppe und Hurtienne 2011), wobei auch evtl. steigende Arbeitstemperaturen für die Hafenmitarbeiter Änderungen der Arbeitsabläufe erfordern können (Wenzel und Treptow 2013). Gemäß der Studie der National Climate Change Adaptation Research Facility und der RMIT-Universität (McEvoy et al. 2013) können die Anpassungsstrategien der Seehäfen z. B. die Entwicklung von neuen Technologien (z. B. Kräne, die stärkeren Winden standhalten können), Maßnahmen des Gebäudeschutzes und Abstimmung zwischen unterschiedlichen Partnern der Logistikkette erfordern.

11.3.3.2 Erforderliche Anpassungsmaßnahmen für die Schifffahrt im Allgemeinen

Genauso wie die Seehäfen wird auch die Konstruktion der Seeschiffe von Veränderungen der Meerestemperatur, des Windes, der Wellen, des Meeresspiegels und des Polareises betroffen sein, wie Bitner-Gregersen et al. (2013) dies am Beispiel von Tankern aufzeigen. Unter Zugrundelegung zukünftiger stärkerer Winde sowie einer Erhöhung der signifikanten Wellenhöhe um 1 m auf See kommen Bitner-Gregersen et al. (2013) zu dem Ergebnis, dass die Materialstärke der Tanker um 5–8 % angehoben werden müsste. Auch im Hinblick auf die Verhinderung der Einschleppung fremder Arten werden Veränderungen an den Schiffsrümpfen wie z. B. durch bestimmte Anstriche oder Oberflächenbehandlungen diskutiert (Burdon et al. 2014). Wird die Navigation in den Polargebieten angestrebt, ist dies nur mit Schiffen der entsprechenden Eisklasse möglich. Dies bedeutet, dass die Schiffe verstärkte Rümpfe und kräftigere Antriebssysteme haben müssen, was ihr Gewicht erhöht (Ircha und Higginbotham 2015). Die Ladekapazität dieser Schiffe ist demgegenüber reduziert, was im Verhältnis zu höheren Konstruktions- und Betriebskosten führt (Ircha und Higginbotham 2015).

11.3.3.3 Erforderliche Anpassungsmaßnahmen für die Hinterlandanbindung im Allgemeinen

Im Hinblick auf die landseitige Anbindung kann es erforderlich sein, die Straßen- und Schienensysteme durch Dämme vor Überflutungen zu schützen und die Entwässerungssysteme so zu verbessern, dass auch höhere Niederschläge bzw. Starkniederschläge die Nutzbarkeit nicht beeinträchtigen (Scott et al. 2013; Koppe und Hurtienne 2011). Höhere Temperaturen mögen den Einsatz hitzebeständigerer Baustoffe erhöhen (Scott et al. 2013; McEvoy et al. 2013), demgegenüber niedrigere Temperaturen eine häufigere Beseitigung von Eis- und Schneelasten erfordern (Koppe und Hurtienne 2011). Schließlich wären für den Schienenverkehr die Signalanlagen und die Stromversorgung vor Starkwinden und Stürmen zu schützen (Koppe und Hurtienne 2011).

Bezüglich der Binnenschifffahrt sind ingenieurtechnische Maßnahmen im Hinblick auf das Niedrig- und Hochwassermanagement erforderlich (ICPDR 2012; Nilson et al. 2014). Nilson et al. (2014) führen diesbezüglich Wassereinsparungsmaßnahmen, Talsperren, Überleitungen, Deiche und Polder auf. Einen umfangreichen Maßnahmenkatalog hat die Internationale Kommission zum Schutz der Donau (ICPDR) zusammengestellt (ICPDR 2012). Dazu gehören zunächst allgemeine Maßnahmen wie die Überwachung des Wasserpegels und die rechtzeitige Bereitstellung dieser Informationen für die Binnenschiffer, eine effektive Bewirtschaftung der Wasserstraßen durch Maßnahmen im Hinblick auf die Sedimente, der Ausgleich unterschiedlicher Wassermengen durch Dämme, die Modernisierung der Infrastrukturen und die Vertiefung der Fahrrinnen (ICPDR 2012).

Nach Nilson et al. (2014) bestehen generell im Bereich der Binnenschifffahrt Anpassungsoptionen u. a. für die Bereiche Schiffstechnik, Schiffsbetrieb, Flottenstruktur, Logistik und Wasserbau. So zählt auch die ICPDR in ihrer Studie konkrete Vorschläge zur Anpassung der Binnenschiffe an die in Zukunft veränderten Wasserpegel auf, etwa die Förderung von Containerschiffen mit geringem Tiefgang, die Änderung der Schiffskonstruktionen durch Verwendung von Leichtbaumaterialien und die Verbesserung der Manövrierfähigkeit der Binnenschiffe (ICPDR 2012). Mögliche weitere Anpassungsmaßnahmen wären nach Nilson et al. (2014) die Vergrößerung der Lagerflächen, die Verlagerung von Transporten auf andere Verkehrsträger, der Einsatz von zusätzlichen Schiffen und der Umstieg auf kleinere Schiffsgrößen. Als Nachteile dieser Anpassungsmaßnahmen sind beispielsweise höhere Kosten und geringere freie Kapazitäten auf Straße und Schiene zu nennen, wenn es zu Verlagerungen des Transports auf andere Verkehrsträger kommt.

11.4 Bedeutung des Klimawandels für Hafen, Schifffahrt und Verkehr der Stadt Hamburg im Besonderen

11.4.1 Einflussgrößen des Klimawandels auf Hafen, Schifffahrt und Verkehr der Stadt Hamburg

Der Hafen Hamburg wird trotz seiner mehr als 100 km im Inland befindlichen Flusslage nicht weniger von den klimawandelbedingten Veränderungen wie dem Meeresspiegelanstieg (vgl. hierzu Abschn. 4.​1) und Sturmfluten betroffen sein als andere küstennahe Seehäfen (von Storch et al. 2015; Büscher und Rudolph 2014a; Koppe et al. 2012; Daschkeit und Renken 2009). Im Gegenteil kann sogar davon ausgegangen werden, dass der Meeresspiegelanstieg in der Nordsee höher ausfällt als im globalen Mittel (Abschn. 4.​1.​2), was sich auch in einem erhöhten Wasserstand der Elbe bemerkbar machen kann (Abschn. 4.​2.​2). Allerdings zeigen jüngere Studien keine signifikante Veränderung der Sturmflutintensität, wohl aber der Sturmfluthäufigkeit auf (Abschn. 2.​4.​2.​3). Weitere spezifische Einflussgrößen sind die natürliche Landsenkung im Bereich der deutschen Nordseeküste (Abschn. 4.​1.​2.​4), eine verstärkte Flutstromdominanz (Abschn. 4.​2.​2.​3) und der damit verbundene stromaufwärts gerichtete Sedimenttransport sowie Eintrag salzhaltigen Wassers (Büscher und Rudolph 2014a; Kofalk et al. 2014; Seiffert und Hesser 2014; Koppe et al. 2012; Daschkeit und Renken 2009). Jedoch wird erwartet, dass sich die Erhöhung des Salzgehaltes nicht bis zur Höhe der Großen Elbinsel erstrecken und sich damit nicht im Hafenbereich auswirken wird (Büscher 2014; Kofalk et al. 2014; Koppe et al. 2012).

Prinzipiell sind die vorstehenden Phänomene Auswirkungen des Meeresspiegelanstiegs bzw. der durch den Meeresspiegelanstieg (Abschn. 4.​1.​2.​44.​2.​2.​3) ausgelösten Erhöhung des Tidehubs (Abschn. 4.​2.​2; Koppe et al. 2012; Seiffert und Hesser 2014; Schlünzen und Linde 2014; Büscher und Rudolph 2014b) und der Flutstromgeschwindigkeit (Büscher 2014). Allerdings befördern niedrigere Oberwasserzuflüsse infolge längerer Trockenperioden mit wenig Niederschlag diesen Effekt noch (Büscher 2014; Büscher und Rudolph 2014b). Die Ausbaggerungen und Eindeichungen und daraus folgenden Veränderungen der Flusstopographie (von Storch et al. 2015, 2008) tragen ein Übriges bei.

Der durch den Meeresspiegelanstieg zu erwartende Elbwasseranstieg (Abschn. 4.​2.​2.​3) kann schließlich in Kombination mit klimawandelbedingten höheren Niederschlagsmengen und Starkniederschlägen (Rechid 2011; Linde et al. 2014; Holtrup und Warsewa 2008) das Grundwasserpotenzial anheben und somit Einfluss auf die Entwässerungssysteme haben (Schlünzen und Linde 2014; Koppe et al. 2012; Daschkeit und Renken 2009). Da außerdem die Niederschläge vornehmlich im Winter zunehmen könnten, hat dies voraussichtlich eine höhere Belastung der Infrastrukturen gerade in der Sturmflutsaison zur Folge (Büscher und Rudolph 2014a).

Nach Koppe et al. (2012) ist auch eine Erhöhung der Wassertemperatur der Elbe zu erwarten (ebenso Abschn. 4.​2.​2.​6) mit einer dadurch entstehenden vermehrten mikrobiellen Aktivität. Die für die Metropolregion Hamburg bis Ende des 21. Jahrhunderts projizierte Erhöhung der durchschnittlichen Jahrestemperatur mit unterschiedlichen Ausprägungen über das Jahr (Rechid 2011; Linde et al. 2014; Schlünzen und Linde 2014) wird demgegenüber nach Koppe et al. (2012) nur eine geringe Einflussgröße für den Hafen Hamburg darstellen. Allerdings konnten für die letzten Jahre mäßigere Eiswinter auf der Elbe festgestellt werden (Abschn. 4.​2.​1.​5).

11.4.2 Auswirkungen für Hafen, Schifffahrt und Verkehr der Stadt Hamburg infolge des Klimawandels

11.4.2.1 Überflutungen

Zuvorderst ist als Beeinträchtigung des Hafens Hamburg die Gefahr durch Überflutungen infolge von Sturmfluten (Abschn. 4.​2.​1.​3), von höheren Wasserständen infolge des Meeresspiegelanstiegs (Abschn. 4.​2.​1.​2) und von erhöhten Niederschlagsmengen bzw. Starkniederschlägen zu nennen (von Storch et al. 2015, 2008; Koppe et al. 2012). Solche Überflutungen der Hafenanlagen führen unmittelbar zu einer Unterbrechung des Hafenbetriebes mit allen damit verbundenen weiteren indirekten Schäden durch die Unterbrechung der Transportströme und langwierigen Wiederaufbaumaßnahmen (Schempp und Kowaleski 2014; Koppe et al. 2012). Aufgrund der durch einen erhöhten Meeresspiegel zukünftig zu erwartenden längeren Dauer hoher Wasserstände werden diese Überflutungen auch dementsprechend länger anhalten als bisher (Büscher et al. 2014). Die vom Hafen abhängige Wirtschaft wäre von einer Unterbrechung des Hafenbetriebes besonders stark betroffen (Schempp und Kowaleski 2014).

Insbesondere bei einer, von Schempp und Kowaleski (2014) allerdings als unwahrscheinlich eingestuften, Überspülung der Deiche kann es zu großen wirtschaftlichen Schäden durch die Beschädigung oder Zerstörung von Produktionsanlagen und Gebäuden kommen. Auch Starkwinde könnten zu Betriebsstörungen oder gar vermehrten Betriebsunterbrechungen im Hamburger Hafen führen (Koppe et al. 2012). So haben Koppe und Hurtienne (2011) als grundsätzliches Problem infolge stärkerer Winde die erschwerte Lagerung von Leercontainern beschrieben. Dieser Effekt stellt auch für den Hamburger Hafen als bedeutendem Containerumschlagsplatz eine besondere Beeinträchtigung dar. Genauso wie in anderen Seehäfen (Stenek et al. 2015) wären auch im Hafen Hamburg Kräne und andere hochragende Anlagen (z. B. Signalanlagen für den Eisenbahnverkehr) von den erhöhten Belastungen betroffen. Ein stärkerer Wellengang könnte, wie von Wenzel und Treptow (2013) für die Ostseehäfen festgestellt, die Navigation der Schiffe im Bereich des Hafens Hamburg erschweren.

11.4.2.2 Veränderungen der Niederschläge

Eine Zunahme der Niederschläge im Winter und vermehrte Starkniederschlagsereignisse führen im Zusammenspiel mit dem dauerhaft erhöhten Wasserstand zu einem erhöhten Grundwasserpotenzial und damit in der Konsequenz zur Überflutung von tiefer liegenden Gebäude- und Freiflächen, Brücken und Terminalanlagen (Meier und Schneider 2014; Koppe et al. 2012). Auch die Hinterlandanbindung kann von Überflutungen betroffen sein. Das 124 km umfassende Straßennetz und 304 km umfassende Schienennetz befindet sich teilweise unterhalb des Meeresspiegels, weswegen auch diese von Überflutungen durch Hochwasser, Starkniederschlägen oder einem erhöhten Grundwasserpotenzial betroffen sein würden (Koppe et al. 2012). Schließlich können starke und dauerhaft erhöhte Hochwasserstände auftreten (Nilson et al. 2014), sodass die Durchfahrt unter Straßen- und Eisenbahnbrücken für größere Schiffe nicht mehr möglich ist, was vermehrte Störungen der Binnenschifffahrt mit sich brächte (Koppe et al. 2012).

Demgegenüber führen geringere Niederschläge und eine mögliche Verstärkung des stromaufwärts gerichteten Sedimenttransports sowie die daraus resultierende Ablagerung derselben in der Fahrrinne zu einem Niedrigwasserstand, der die Schiffbarkeit der Elbe für größere Schiffe einschränken würde (Seiffert und Hesser 2014; Meier et al. 2014; Kofalk et al. 2014; Nilson et al. 2014; Koppe et al. 2012). Nach Nilson et al. (2014) sind im Bereich der Elbe solche Niedrigwassersituationen aufgrund ihrer relativ langen Andauer für den Binnenschiffstransport relevanter als Hochwasserereignisse. Die Transportleistung in der Schifffahrt und damit der Umschlag des Hafenbetriebes wären dadurch empfindlich beeinträchtigt (Nilson et al. 2014). Bei fortschreitendem Klimawandel ist nach Nilson et al. (2014) allerdings erst im weiteren Verlauf des Jahrhunderts nach 2050 Handlungsbedarf gegeben.

11.4.2.3 Veränderungen der Luft- und Wassertemperatur

Die Projektionen zur zukünftigen klimawandelbedingten Erhöhung der Lufttemperaturen in der Metropolregion Hamburg lassen nach Koppe et al. (2012) keine negativen Auswirkungen für den Hafen erwarten. Im Gegenteil können sich erhöhte Lufttemperaturen positiv auswirken, insoweit geringere Eis- und Schneelasten weniger Schäden an Gebäuden, Fahrbahnen und Terminalbelägen verursachen, geringere Kosten für die Eis‑/Schneebefreiung von Straßen, Schienen und Terminals mit sich bringen und weniger Betriebsausfälle infolge nicht nutzbarer Straßen, Terminalbereiche sowie Wasser- und Schienenwege zu befürchten sind (Koppe et al. 2012). Auch für die Binnenschifffahrt ergäbe sich daraus ein positiver Effekt, und zwar die geringeren Beeinträchtigungen der Binnenschifffahrt infolge eines verminderten Eisganges (Koppe et al. 2012).

Die höheren Wassertemperaturen führen zu einer höheren mikrobiellen Aktivität und damit einerseits zu einer stärkeren Korrosion von in den Hafenanlagen verbauten Materialien und andererseits zu einer vermehrten Biomasseproduktion mit einem entsprechendem Sauerstoffverlust im Wasser (Meier et al. 2014; Koppe et al. 2012).

11.4.2.4 Quantifizierung der direkten und indirekten Schäden

Soweit versucht wird, die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wirtschaft zu quantifizieren, ist mit Daschkeit und Renken (2009) festzustellen, dass hierfür die wissenschaftliche Basis äußerst gering ist, wenn auch Studien zur Modellierung möglicher Szenarien in jüngster Zeit vermehrt erstellt werden. De Kok et al. (2009) beispielweise modellieren die zu erwartenden Schäden infolge von Hochwasserereignissen im deutschen Elbeeinzugsgebiet unter den Gesichtspunkten des Risikopotenzials für verschiedene Infrastrukturen und Vermögenswerte. Die Einschätzung der gesamten Auswirkungen solcher klimawandelbedingten Beeinträchtigungen erfordert daher Kenntnisse über die betroffenen Vermögenswerte und über die Anpassungsfähigkeiten der hafenwirtschaftlichen Betriebe (Schempp und Kowaleski 2014). Kenntnisse über die möglicherweise betroffenen Vermögenswerte im Falle eines Extremwetterereignisses kann man verschiedenen Studien entnehmen. Nach jüngeren umfangreichen Schadensschätzungen auf der Grundlage verschiedener Sturmflutereignisse für den Stadtteil Wilhelmsburg beträgt dort der direkte Schaden an Gebäuden und Inventar ca. 5,5 Mrd. Euro (KLIMZUG Nord 2014). Die daraus resultierenden Produktionsunterbrechungen im Bereich Wilhelmsburg würden in der Folge zu Lieferengpässen führen, sodass auch Betriebe ihre Produktion einschränken müssten, die nicht direkt von der Flut betroffen wären. Der indirekte Wertschöpfungsverlust könnte sich damit auf rund 550 Mio. Euro belaufen (KLIMZUG Nord 2014).

Weitere indirekte Schäden, welche die direkten Schäden sogar übersteigen könnten, würden eintreten, wenn größere Teile Hamburgs von der Unterbrechung des Hafenbetriebes betroffen wären (KLIMZUG Nord 2014). Grünig et al. (2012) haben für ein 200-jähriges Hochwasserereignis der Stadt Hamburg je nach Ausmaß des Deichbruchs (20 m bzw. 200 m) einen Schaden in Höhe von 352 Mio. bzw. von bis zu 956 Mio. Euro errechnet. Nicholls et al. (2008) haben in ihrer Studie zum Ranking von internationalen Seehäfen unter der Annahme eines Jahrhundertflutereignisses die in Hamburg potenziell betroffenen Vermögenswerte mit 127,27 Mrd. US-$ und die betroffene Bevölkerungszahl mit bis zu 255.000 beziffert. Die Anpassungsfähigkeit der betroffenen Unternehmen schließlich hängt entscheidend von ihrer Größe ab (Schempp und Kowaleski 2014). So sind kleine Betriebe weniger in der Lage, im Vorfeld Anpassungsmaßnahmen zu entwickeln und im Falle eingetretener Schäden den Wiederaufbau zu betreiben. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ein großer Anteil der Arbeitsplätze im Hafengebiet von kleinen Betrieben abhängt (Schempp und Kowaleski 2014), ergibt sich hieraus ein großes Risikopotenzial. Schempp und Kowaleski (2014) empfehlen daher die Bereitstellung staatlicher Hilfen für diese kleineren Unternehmen.

11.4.2.5 Wirtschaftliche Vorteile

Neben den vorbezeichneten Risiken könnten sich für die Stadt Hamburg aus dem Klimawandel wirtschaftliche Vorteile ergeben, und zwar aus der zukünftig möglichen Nutzung der Nordostpassage (Kreft 2009). Dies bietet deswegen besondere Chancen für den Hafen Hamburg, da sein Containerumschlag zur Hälfte dem Seeverkehr von und nach Asien entspringt (HPA 2012). Die Zeit- und Kosteneinsparungsmöglichkeiten auf diesen Routen wären erheblich, denn beispielsweise beträgt die Distanz von Hamburg nach Yokohama über die Nordostpassage 6920 Seemeilen, während die Route über den Suezkanal 11.439 Seemeilen beträgt (Johansson und Donner 2015). Allerdings wären für die Nutzung der vornehmlich für Hamburg interessanten Nordostpassage Gebühren an den Anrainerstaat Russland und Entgelte für die Begleitung mit Eisbrechern zu zahlen, denn anders als es Kanada für die Nordwestpassage handhabt, ist das Befahren der Nordostpassage nur in Begleitung von Eisbrechern erlaubt (Ircha und Higginbotham 2015). Weitere Kosten können sich aus dem Erfordernis der Nutzung von Schiffen mit höheren Eisklassen ergeben. Mit Blick auf die Beschränkungen des Tiefganges wäre auch zu prüfen, ob diese entsprechend anders konstruierten und schwereren Schiffe die Elbe zum Hafen passieren können.

11.4.3 Erforderliche Anpassungsmaßnahmen für Hafen, Schifffahrt und Verkehr der Stadt Hamburg

Infolge der Gefahr zunehmender und schwerwiegender Überschwemmungen als Konsequenz des steigenden Sturmflut- und Hochwasserrisikos werden einerseits technische Maßnahmen wie Anpassungen von Eindeichungen, Sperrwerken und Überlaufpoldern hinter den Deichen (Holtrup und Warsewa 2008; Seiffert und Hesser 2014; Büscher 2014; Koppe et al. 2012; Kofalk et al. 2014) und andererseits die Wiederherstellung natürlicher Funktionen von Überflutungsflächen (von Storch et al. 2008, KLIMZUG Nord 2014) diskutiert, was im Übrigen auch der europäischen Hochwasserrisikomanagementrichtlinie RL 2007/60/EG entspräche. Flankierende Maßnahmen betreffen die Aufbereitung von Informationen für den Katastrophenschutz wie Deichgefahrenkarten, Abwehrpläne und Ausbildung des Personals (Büscher 2014; Kofalk et al. 2014).

Sturmfluten und höhere Wasserstände erfordern auch die Verstärkung von Kaianlagen, Ankerplätzen und Stromleitungen (Koppe et al. 2012). Ebenso kann es erforderlich sein, Brücken, Straßen und Schienen anzuheben, um ihre Überflutung bei Hochwasser zu verhindern bzw. um ihre Passierbarkeit durch größere Schiffe zu gewährleisten (Koppe et al. 2012). Auch Entwässerungssysteme müssen den höheren Belastungen infolge vermehrter, längerer und erhöhter Sturmfluten standhalten (Koppe et al. 2012). Ebenso könnte die Zunahme der Niederschläge im Winter und der Starkniederschlagsereignisse bei gleichzeitigem Anstieg des mittleren Elbwassers die Kapazitäten der Entwässerungssysteme überschreiten, sodass diese anzupassen wären (Koppe et al. 2012; Daschkeit und Renken 2009).

Höhere Lufttemperaturen, wenn diese auch moderat ausfallen, führen nach Koppe et al. (2012) zu vermehrten Kosten für die Kühlung von Gebäuden (Lager- und Arbeitsräumen). Schlünzen und Linde (2014) empfehlen im Zusammenhang mit erhöhten anthropogenen Wärmeabgaben in den Hafenbetrieben eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Hafenbereich durch die Begrünung von Wänden und Dächern. Hierdurch könnten, so Schlünzen und Linde (2014), die Temperaturen insgesamt reduziert und der Energieverbrauch für die Kühlung verringert werden. Weiterer Anpassungsmaßnahmen im Zusammenhang mit Lufttemperaturerhöhungen (z. B. der Einsatz neuer Instandhaltungstechnologien für Schienensysteme oder modifizierter Baustoffe für Straßen) bedarf es nach Koppe et al. (2012) nur, soweit die Temperartursteigerungen die projizierten Entwicklungen überschreiten.

Infolge des erhöhten Sedimenttransports sind Kapazitäten für vermehrte Erhaltungsmaßnahmen der Fahrrinne bereitzustellen, um die Schiffbarkeit des Hamburger Hafens zu erhalten (Büscher 2014; Koppe et al. 2012; Kofalk et al. 2014). Nach Kofalk et al. (2014) lassen die bisherigen Klimaprojektionen allerdings den Schluss zu, dass bis 2050 diesbezüglich keine besonderen Maßnahmen zu veranlassen sind, da mit den derzeit vorhandenen Methoden und Ressourcen die Beeinträchtigungen bewältigt werden können. Ein Anpassungsbedarf im Hinblick auf den Erhalt der Fahrrinne ergibt sich nach Kofalk et al. (2014) daher erst ab Mitte des Jahrhunderts. Problematisch ist zukünftig allerdings, dass der infolge des Temperaturanstiegs im Meerwasser reduzierte Sauerstoffgehalt Restriktionen im Hinblick auf den Aushub von Sedimenten setzen könnte (Daschkeit und Renken 2009; Koppe et al. 2012). Des Weiteren führt bereits derzeit die Schadstoffbelastung des Sediments, die ihren Ursprung im gesamten Einzugsgebiet der Elbe bis in die Tschechische Republik hat, zu Einschränkungen im Hinblick auf die Ablagerung derselben (HPA 2012). Bis 2025 werden die ausgehobenen Sedimente an Land behandelt und abgelagert. Maßnahmen zur Verringerung der Schadstoffbelastung der zu lagernden vermehrten Sedimentation, wie ihre mechanische Trennung und Entwässerung, sind daher auch in Zukunft unabdingbar (HPA 2012). Mittel- bis langfristig soll mit Maßnahmen zur Reduzierung der Schadstoffbelastung in den Sedimenten entsprechend der Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/EG eine Schwebstoffqualität erreicht werden, die eine Umlagerung der Sedimente innerhalb des Flusses ermöglicht. Darüber hinaus hat die Hamburg Port Authority (HPA) gemeinsam mit der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) ein Konzept für das Strombau- und Sedimentmanagement in der Tideelbe entwickelt, das zu einer Reduzierung der Baggermengen führen soll (HPA 2012).

11.4.4 Implementierung von Anpassungsmaßnahmen

Bezüglich des Hafens Hamburg hat die HPA in ihrem Hafenentwicklungsplan 2025 an verschiedenen Stellen Maßnahmen aufgeführt, die dazu dienen können, den Hafen vor den klimawandelbedingten Einflüssen wie beispielsweise vermehrte Sedimentation oder Hochwasser zu schützen (HPA 2012). Der Schwerpunkt im „Masterplan Klimaschutz“ des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg liegt darauf, einen Beitrag zur Erreichung der nationalen Klimaschutzziele, die sich auf die Reduzierung der CO2-Emission konzentrieren, durch vermehrte Energieeffizienz zu leisten (Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg 2013). Bei der Implementierung einer umfassenden Anpassungsstrategie für den Hafen Hamburg an klimawandelbedingte Beeinträchtigungen wäre zu beachten, dass es erhebliche Unsicherheiten und Zweifel in Bezug auf die Bewertung der Eintrittswahrscheinlichkeit von Gefahren gibt.

Den unkalkulierbaren Kosten im Falle klimawandelbedingter Beeinträchtigungen durch z. B. Sturmfluten stehen erhebliche Unsicherheiten und Zweifel bei der Bewertung der Eintrittswahrscheinlichkeit und Vulnerabilität einer bestimmten Region gegenüber (Schröder et al. 2013). So quantifizieren die bisherigen Studien und Projekte, wie z. B. in Europa ADAM, MEDIATION und ClimateCost (Grünig et al. 2012), allenfalls die möglichen Schäden im Falle des Eintritts eines Jahrhundertereignisses, geben aber keine Auskunft über die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts in der nahen Zukunft, für welche die jetzigen Entscheidungsträger Verantwortung tragen. Insbesondere sind Feststellungen zu konkreten Bedrohungsszenarien in einer gegebenen Region und/oder einem bestimmten Transportsektor (Seefahrt, Luftfahrt, Landverkehr) nur schwer zu treffen, da die Beobachtungen der Klimaveränderungen zeigen, dass es lokal signifikante Unterschiede gibt (Love et al. 2010; Coumou und Rahmstorf 2012; Bitner-Gregersen et al. 2013). Darüber hinaus werden belastbare Vorhersagen für einzelne Regionen und Transportsektoren nach Love et al. (2010) dadurch erschwert, dass sich das Klima seiner Natur nach nicht linear verändert, sondern sehr unterschiedlich und schwankend sein kann und außerdem die Infrastrukturen der unterschiedlichen Transportsektoren (hier: Seefahrt, Luftfahrt, Landverkehr) und somit auch die Erkenntnisse zu diesen nicht miteinander vergleichbar bzw. nicht notwendigerweise übertragbar sind. Aus diesem Grunde ist es Love et al. (2010) zufolge unmöglich, die Auswirkungen des Klimawandels auf den Transportsektor insgesamt zu generalisieren. Damit stellt sich die drohende Beeinträchtigung durch z. B. den Meeresspiegelanstieg für den Entscheidungsträger als abstrakte und nicht als konkrete Gefahr dar. Die Begründungschwierigkeiten der Entscheidungsträger für oder gegen einzelne Maßnahmen verstärken sich schließlich noch dadurch, dass keine generalisierenden Aussagen über die Vulnerabilität einzelner Hafensysteme möglich sind. So gibt es Hafensysteme, die bereits gegenwärtig vom Klimawandel betroffen sind, wohingegen andere Hafenbetriebe kurz- und mittelfristig nur geringe Effekte erfahren werden, sodass dort der Anpassungsdruck gering ist (Koppe und Hurtienne 2011).

Es liegen folglich für die Entscheidungsträger weder belastbare Aussagen zur Eintrittswahrscheinlichkeit von klimawandelbedingten Ereignissen noch zur Vulnerabilität ihres Hafens vor. Diese Problematik zeigt eine Befragung bei zehn Ostseehäfen auf, die von Schröder et al. (2013) durchgeführt wurde. Für die Mehrheit der Befragten sind u. a. die mangelnde Verständlichkeit von Informationen zum Klimawandel sowie Zweifel an den Auswirkungen des Klimawandels ein Hemmnis für die Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen des eigenen Hafens an die Folgen des Klimawandels (Schröder et al. 2013). Da die Eintrittswahrscheinlichkeit eines schädigenden Ereignisses eine unbekannte Größe ist, werden die möglichen ökonomischen Folgen und Verluste, die eine Katastrophe mit sich bringen kann, bei der Entscheidungsfindung häufig vernachlässigt (Becker et al. 2013). So hat eine weltweite Befragung von 93 Hafenbehörden ergeben, dass für die meisten Häfen keine Vorbereitungen getroffen werden, um Beeinträchtigungen durch den Klimawandel zu begegnen (Becker et al. 2012). Wenngleich die Befragten zwar ihre Besorgnis im Hinblick auf die Gefahren für den Hafenbetrieb infolge des Meeresspiegelanstiegs, des Seegangs und des Hochwassers äußerten, sahen sie konkret für ihren jeweiligen Hafen keinen Handlungsbedarf. Vielmehr waren die Befragten überwiegend der Ansicht, dass die Herausforderungen des Klimawandels nach dem derzeitigen Stand der Technik gemeistert werden können und deshalb besondere Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel nicht erforderlich sind (Becker et al. 2012).

Ursächlich hierfür können die Unterschiede zwischen den eher kurzen Planungszeiträumen der Entscheidungsträger einerseits und den langen Prognosehorizonten der Klimaforscher sowie der langen Lebensdauer von Hafenanlagen andererseits sein (Scott et al. 2013; Wenzel und Treptow 2013; Becker et al. 2012, 2013; Koppe und Hurtienne 2011). Die Projektionshorizonte zur zukünftigen Entwicklung des Klimas sind aufgrund seiner naturbedingten Variabilität relativ lang und umfassen einen Vorhersagezeitraumen von 50 bis 100 Jahren. Darüber hinaus weisen die Hafenanlagen zumeist eine Lebensdauer von bis zu 100 Jahren auf (Koppe und Hurtienne 2011; Becker et al. 2012). Demgegenüber sind die Planungszeiträume von Entscheidungsträgern im Management und in der Politik kurzfristig und umfassen durchschnittlich 5–10 Jahre (Scott et al. 2013; Wenzel und Treptow 2013; Becker et al. 2012; Koppe und Hurtienne 2011). Es ist daher wahrscheinlich, dass die Planungsentscheidungen weder die klimawandelbedingten Änderungen noch die langfristig erforderliche Belastbarkeit der Hafenanlagen hinreichend in Betracht ziehen. Es bedarf nach Koppe und Hurtienne (2011) daher einer individuellen Analyse der einzelnen Hafenanlagen im Hinblick auf ihre Sensitivität für klimawandelbedingte Veränderungen. Solche Analysen fehlen bislang.

Nach Becker et al. (2013) gibt es indessen einige Häfen, die bereits Maßnahmen zum Schutz vor klimawandelbedingten Beeinträchtigungen getroffen haben. So erwähnen Becker et al. (2013) das Rotterdam Climate Proof Programme, das in Zusammenarbeit mit diversen Beteiligten zum Ziel hat, die Belastbarkeit u. a. des Hafens Rotterdam mit Blick auf die Gefahren des Klimawandels bis 2025 zu sichern (Rotterdam Climate Change Adaption Strategy 2013). Ähnliche Programme bestehen für den Hafen von San Diego (City of San Diego 2012) und für den Hafen von Muelles el Bosque/Cartagena, Kolumbien (Stenek et al. 2015).

11.5 Fazit

Für die internationalen Seehäfen zeigt die Studienlage, dass sich der Klimawandel regional unterschiedlich auswirkt, sodass generalisierende Aussagen zu den daraus erwachsenen Chancen und Risiken von Häfen, Schifffahrt und Verkehr nicht möglich sind. Für die Stadt Hamburg sind die Studien überschaubar, die Übertragbarkeit der zahlreichen Studienergebnissen bzgl. anderer Häfen wäre im Detail zu evaluieren. Festzustellen ist aber, dass viele der zukünftigen Auswirkungen des Klimawandels für den Hafen Hamburg als bekannt anzusehen sind. Allerdings sind Aussagen zum Bedrohungspotenzial im Hinblick auf die Eintrittswahrscheinlichkeit sowie Gefährdungslage des Hafens Hamburg nur schwer zu treffen. Um den Entscheidungsträgern belastbare Entscheidungsgrundlagen an die Hand geben zu können, ist hier weiterer Forschungsbedarf gegeben.

Für die Entwicklung einer Anpassungsstrategie wäre eine Evaluierung und Auswertung der Chancen und Risiken des Hafens Hamburg im Zusammenhang mit der Klimafolgenanpassung sinnvoll. Als wichtige Aspekte wären hier z. B. die geographische Lage des Hafens Hamburg, die Notwendigkeit des Erhalts und der Verbreiterung der Fahrrinnen im Spannungsfeld mit möglichen Restriktionen infolge des Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 1. Juli 2015 (Az. C-461/13), die zukünftig mögliche schiffbare Nordostpassage Richtung Asien und der klimapolitisch herausragende „modal split“ bei der Hinterlandanbindung (HPA 2012) zu nennen.

Schließlich werden zukünftige auf die Reduzierung oder Vermeidung von Klimawandelfolgen gerichtete politische und gesetzgeberische Maßnahmen Anpassungsmaßnahmen erforderlich machen. Die bisherigen Regulierungen zeigen bereits einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit internationaler Häfen auf.

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