Die Besetzung der Normandie:
Deutsche Fallschirmjäger. Fotografie,

1939-1945. Conseil Régional de

Basse-Normandie / National Archives USA.

 

 

Der Zweite Weltkrieg

(1939-1945)

 

Der Zweite Weltkrieg kann in politischer, sozialer und psychologischer Hinsicht ohne Frage als der bedeutendste Konflikt der Neuzeit bezeichnet werden, der nicht nur einen Einfluss auf die Wahrnehmung des Krieges hatte, sondern zudem Veränderungen in der Art der Kriegsführung herbeigeführt hat. Obwohl die Welt bereits große Kriege und Kämpfe mit enormen Verlusten der Zivilbevölkerung erlebt hatte, waren der ungeheure Ehrgeiz und die Rücksichtslosigkeit, mit denen das deutsche Dritte Reich seine Ziele verfolgte, ethnische Säuberung betrieb und sich mittels militärischer Expansion um die „Gewinnung von neuem Lebensraum” bemühte, in der modernen, aufgeklärten und rationalen Welt bisher ohne ihresgleichen.

 

Alles nahm seinen Anfang, als Hitler seine Macht als Kanzler der Weimarer Republik ausweiten konnte, woraufhin er Deutschland in das Dritte Reich verwandelte und das Land in antisemitische, pangermanistische Bahnen lenkte. Die Bedingungen für diese Machtergreifung waren günstig: Antisemitismus war über die Jahrhunderte hinweg durchaus kein unübliches Phänomen in Europa gewesen, und dieser Umstand bot Hitler die perfekte „Petrischale“, um darin seine Theorien über rassenbezogene Minderwertigkeit und semitische Verschwörungen zu kultivieren.

 

Deutschlands Niederlage im Ersten Weltkrieg, die leitende Militärs in eine politisch verursachte Niederlage umzumünzen versuchten, führte zu der Beschuldigung der Gründer der Weimarer Republik, die dem Militär kurz vor dem Sieg sprichwörtlich in den Rücken gefallen sein sollen (die sogenannte „Dolchstoßlegende“). Dies hinterließ bei vielen Deutschen, vor allem bei denen mit nationalistischer Neigung, das Gefühl, Deutschland sei seiner rechtmäßigen Machtposition in Europa beraubt worden. Hitler konnte außerdem mit den Alliierten einen Erlass von Reparationszahlungen aushandeln, der nach der Krise von 1929 den wirtschaftlichen Aufschwung, dessen Grundstein schon einige Jahre zuvor in der Weimarer Republik gelegt worden war und der die deutsche Wirtschaft stärken konnte, als sein persönliches Verdienst ausgeben. Vor dem Hintergrund einer florierenden Wirtschaft und einer Vielzahl von klug ausgehandelten Anleihen aus dem Ausland richteten Hitler und seine Helfer die Produktion des Landes allmählich auf Krieg aus.

 

Der Boden für den folgenreichsten Konflikt, den die Welt jemals gesehen hatte, war bereitet. Am 1. September 1939 begann Deutschland unter dem Vorwand, polnische Soldaten hätten auf deutschem Boden Schüsse abgefeuert, mit den Worten „Seit 5.45 Uhr wird zurückgeschossen“ seinen Polenfeldzug. In den nächsten sechs Jahren weitete sich der Schauplatz des Krieges auf große Teile Europas, den Mittelmeerraum, Afrika, China, Russland, den Pazifik, den Atlantik sowie auf den Nahen Osten aus. Zu den entscheidenden Kriegswendepunkten zählen: die Luftschlacht um England (Battle of Britain), die Deutschland nicht für sich entscheiden konnte; das Unternehmen Barbarossa, das einen riesigen Anteil der Reichsarmee an der Ostfront festhielt, wo ihr die Rote Armee in Schlachten wie der von Leningrad oder Stalingrad Einhalt gebot; der Angriff der Japaner auf Pearl Harbor, der zum Kriegseintritt der USA führte; die Operation Overlord (D-Day), also die Landung alliierter Truppen an der Küste der Normandie; und schließlich die Atombombenangriffe auf Hiroshima und Nagasaki, die dem Zweiten Weltkrieg endgültig ein Ende setzten.

 

Der Ausbruch des Krieges brachte außerdem eine Flut an technischen Neuerungen mit sich, welche die materielle Beschaffenheit sowie die Praxis der Kriegsführung für immer verändern sollten. Zum ersten Mal waren Luftangriffe keine bloße Unterkategorie der Streitkräfte mehr, sondern wurden zu einem entscheidenden Faktor mit eigener Existenzberechtigung. Fortschritte in der Raketentechnik kündigten neben dem Einsatz von ballistischen Langstreckenwaffen und der Raumfahrt außerdem die Zukunft des Flugwesens an – Düsenflugzeuge. Der Panzer entwickelte sich zur Hauptwaffe an Land – hier insbesondere auf deutscher Seite, wo er mit erstaunlicher Effizienz bei Blitzkrieg-Taktiken eingesetzt wurde. Des Weiteren gewannen militärische Geheimdienst- und Kryptografiepraktiken an Bedeutung, als polnische Dechiffrierungsspezialisten erstmalig Deutschlands Enigma-Codes entschlüsselten und die dabei gewonnenen Informationen an die Alliierten weitergaben, denen es somit möglich war, dem deutschen U-Boot-Krieg im Atlantik ein Ende zu setzen und deutsche Nachrichten abzuhören. Dadurch war der Erfolg der Operation Overlord gewährleistet, die durch eine Pseudooperation „geschützt“ wurde, die einen von Nordafrika und den Balkanstaaten ausgehenden Einmarsch nach Europa vorsah und den deutschen Geheimdienst in die Irre führen sollte. Den britischen Kryptografen gelang es, diese Täuschung aufrechtzuerhalten und so das Gelingen der Operation Neptune in der Normandie zu gewährleisten. Schließlich führte die Erfindung der Atombombe zur grausamsten und zerstörerischsten Technologie, die die Menschheit jemals gesehen hatte.