Kapitel 7
A uch an diesem Abend geht Herr von Froschhausen früh ins Bett. Zum einen ist er das so gewöhnt und außerdem ist er müde. In der ersten Nacht hat er nur wenig Schlaf bekommen, was er jetzt umso mehr bemerkt, trotz seines ausgiebigen Mittagsschläfchens.
Bevor er sich von der Familie verabschiedet, steckt ihm Frau Meininger noch ein paar illustrierte Zeitungen zu. „Hier haben Sie noch was zu lesen.“
„Danke, Frau Meininger, danke für alles. Wie kann ich jemals wieder gutmachen, dass Sie mich hier aufnehmen und bei Ihnen wohnen lassen? Bitte entschuldigen Sie, dass ich mich nicht schon längst bedankt habe. Ich weiß, dass das, was Sie tun, nicht selbstverständlich ist und nicht jeder machen würde.“ Bei seinen Worten errötet er und schlägt die Augen nieder.
„Sie sind uns keine Last, wir haben Sie gerne bei uns. Wir freuen uns, wenn wir Ihnen helfen können und Sie unsere Welt kennenlernen.“
Mit Zeitschriften im Arm macht es sich Herr von Froschhausen gemütlich in einem himmlischen Bett. Noch immer kann er es nicht fassen, dass es so etwas Bequemes überhaupt gibt. Direkt über seinem Kopf ist ein kleines Licht angebracht. Wieso es funktioniert, weiß er nicht, aber er kommt sich jedes Mal wie ein Zauberer vor, wenn er den Schalter betätigt.
Dieses Papier, das man hier Zeitschrift nennt, sieht hübsch aus. Er kann sich beim besten Willen nicht erklären, was er da wirklich in Händen hält. Auf der Titelseite sieht man ein lachendes Paar und einige ihm unverständliche Sätze dazu.
Kaum hat er die erste Seite in dem Magazin aufgeschlagen, als ihm fast die Augen aus dem Kopf fallen und mit einem Satz steht er senkrecht im Zimmer. „Das … das … das ist … das ist … das ist ja ungeheuerlich!“, stammelt er vor sich hin. Dabei spricht er so laut, dass es kurz darauf leise an der Tür klopft und sich die Tür öffnet.
„Entschuldigen Sie bitte die Störung. Sie haben so entsetzt geklungen, da dachte ich, dass ich mal nach Ihnen schauen müsste“, sagt Herr Meininger. „Was ist denn passiert, haben Sie schlecht geträumt?“
„Es ist widerlich, was ich hier sehe. Lauter halbnackte Frauen, eigentlich haben sie gar nichts an. Schamlos, kann ich da nur sagen. Woher kommt dieses Satanszeug?“ Angewidert wirft er die Seiten auf den kleinen Sessel in der Ecke des Zimmers.
Herr Meininger bückt sich, um die Illustrierte aufzuheben. Er blättert und kann nichts Merkwürdiges finden. Ah, das scheint es zu sein, was unseren Gast so aufgebracht hat, denkt er und geht damit zu ihm hin. „Sind es diese Bilder?“, fragt er und zeigt darauf.
„Ja“, sagt dieser und nickt dabei und wagt es nur aus dem Augenwinkel heraus, die Bilder erneut anzusehen. Gleichzeitig überziehen sich seine Wangen mit Röte.
„Schauen Sie mal her, das sind doch nur Frauen im Schwimmbad. Bei uns tragen die Frauen und Mädchen, wenn sie schwimmen gehen, Badeanzüge oder Bikinis. Manche sonnen sich auch oben ohne. Also ich meine, ohne Oberteil. Das macht man heutzutage so. Es ist nichts dabei und niemanden stört das. Daran werden Sie sich gewöhnen müssen, so lange Sie bei uns sind.“
Herr von Froschhausen lässt sich auf das Bett sinken und es kommen ihm die Tränen. „Wie soll ich das alles nur verkraften? Herr Meininger, bitte helfen Sie mir! Meine ganze Welt wird auf den Kopf gestellt. Werte, die man mich von Kindesbeinen an gelehrt hat, gibt es nicht mehr.“
„Ja, ich kann Sie verstehen. Was halten Sie von diesem Vorschlag? Denken Sie doch einfach, Sie wären als Baby gerade erst auf die Welt gekommen. Die Säuglinge hinterfragen nichts und nehmen nur alles wissbegierig in sich auf. Vielleicht gelingt Ihnen das!“
„Ich will es versuchen!“, stammelt der Angesprochene und zieht die Nase hoch, was ihm sofort peinlich ist.
„Wollen Sie trotzdem weiterlesen?“
„Ja, ich werde jetzt vorgehen wie ein Baby, das lesen kann“, sagt er und grinst dabei schief.
„Das ist eine gute Einstellung. Schlafen Sie gut! Morgen geht’s in die Kirche, so wie Sie es sich gewünscht haben.“
„Ja, darauf bin ich gespannt.“
Die Tür wird leise geschlossen und er ist wieder alleine mit seinen Ängsten. Was wird ihn morgen erwarten? Mit diesen Gedanken legt er sich aufs Kissen und ist im selben Moment eingeschlafen.