Kapitel Eins

L ogan


„Hey, hast du den neuen –“ Ich hielt mitten im Satz inne, als mein Blick in Jasons Büro fiel. Ich hatte einfach die Tür geöffnet und sehr offensichtlich nicht auf das „Herein“ gewartet. Und ich hatte nicht nachgesehen, ob Tyler an der Bar war.

Ich hätte es besser wissen müssen. Das hätte ich wirklich. Denn Tyler arbeitete nicht an der Bar.

Genau genommen kniete Tyler zwischen den Beinen seines Doms Schrägstrich Freundes und blies ihm einen. Er war splitternackt, bis auf den Cockcage, der im gedämmten Licht glitzerte, und die Handschellen, die seine Hände auf dem Rücken hielten. Jasons Hände waren in Tylers Haaren vergraben und führten ihn, während er ihm seinen harten Schwanz in den Mund schob.

Spucke tropfte von Tylers Kinn, ein Zeichen dafür, dass sie nicht gerade erst angefangen hatten. Hatte Tyler überhaupt so lange Pause? Andererseits war das auch egal, Jason nahm es mit den Regeln nicht so genau, wenn er mit seinem Freund spielen wollte.

Damit kehrte ich in die Gegenwart zurück, zu dem direkten Blick in das schummrige Büro und zu der heißen Szene, die sich vor mir abspielte.

„Ich komme später wieder –“ Ich zog die Tür zu.

„Oh nein, komm rein. Tyler kann weitermachen.“ Jason zwinkerte ihm zu und sein Sub wurde noch röter, als er es sowieso schon geworden war, als ich die Tür öffnete.

Verdammt. Das war eine Falle, und ich war direkt hineingetappt – Wunderbar. Es war verboten, seinen Geschäftspartner umzubringen, oder? Selbst wenn er dich quälte?

„Ich –“ Ich stoppte. Sollte ich nachgeben oder nicht? Die beiden wären mir wahrscheinlich dankbar. Mit einem tiefen Seufzer schloss ich die Tür hinter mir. „Na gut. Aber wirf ihm was über den Kopf, ich muss deinen Schwanz echt nicht sehen.“

Jason lachte und zeigte auf eine Decke auf der anderen Couch. „Gib mir die bitte.“

Ich reichte sie ihm. Als ich näher kam, sah ich, dass Tyler nicht nur seinen Dom befriedigte, sondern sich auch selbst mit einem riesigen Dildo fickte. Freihändig. Okay, konnte mich dann doch bitte jemand erschießen? Womit hatte ich diesen perversen Kollegen verdient? Ich sollte vielleicht nichts anderes erwarten, da ich einen BDSM-Club besaß, aber … das war mehr, als ich sehen musste.

Wenigstens hatte Jason Erbarmen, wenn man das so nennen konnte, denn er zog die Decke über seinen Freund und verbarg ihn so vor meinen Augen. Gott sei Dank. Ich hatte nichts gegen einen nackten Mann auf den Knien, aber nicht, wenn es der Partner meines Kollegen war – und einer unserer Mitarbeiter. Das war zu viel. Überschritt das eigentlich die Grenze zur sexuellen Belästigung? Ich grummelte einen Fluch, dann ließ ich mich auf den anderen Sessel fallen.

Jason zog die Decke über Tylers Kopf zurecht und nickte in meine Richtung. „Danke, Mann.“

„Kein Problem.“

Zu Tyler sagte er: „Klingel, wenn du etwas brauchst. Ansonsten mach einfach weiter.“

Der Kopf unter der Decke nickte schnell, dann machte sich Tyler wieder an die Arbeit. Jason entspannte sich in seinem Stuhl und schien es völlig in Ordnung zu finden, dass sein Sub ihn bediente, während wir über Geschäftsangelegenheiten redeten.

Und wie ich ihn kannte, war es das auch für ihn. Genauso wie für Tyler, der auf Demütigung, Spiele in der Öffentlichkeit und Orgasmuskontrolle stand. Er war anscheinend ein verdammt guter Junge gewesen, denn heute bekam er all das, wenngleich ich unfreiwillig den Teil mit der Öffentlichkeit übernommen hatte.

Auch wenn Tyler jetzt vor meinen Blicken verborgen war, kannte ich meine Freunde gut genug, um zu wissen, dass es ihnen ausreichte, dass ich da war und es mitbekam, was genau sie machten.

Das war ein weiterer Grund, warum ich gezögert hatte, ihnen zuzusehen: Sie waren wahnsinnig verliebt, was sie auch allen zeigten.

Jason sah mich an und riss mich aus meinen Gedanken. „Was wolltest du fragen?“

Ich schüttelte den Kopf und versuchte, die Bilder von Tyler, der dort kniete, loszuwerden. „Oh, ich wollte wissen, wo der neue Likör ist. Max meinte, dass er ihn nicht bestellt hat, weil du etwas mit dem Händler klären wolltest, also wollte ich dich fragen, wo er ist.“

„Das ist eine gute Frage.“ Jason schloss die Augen und versuchte, ein Stöhnen zu unterdrücken, aber es rutschte ihm trotzdem heraus. „Ich habe keine Ahnung, um ehrlich zu sein …“ Er verstummte, schien sich dann aber doch wieder zu fangen. „Ich kann mich ehrlich gesagt nicht erinnern, ob ich ihn überhaupt bestellt habe. Oh Gott. Dieser Mund ist der Hammer.“

Tylers Kopf unter der Decke stockte einen Moment lang, dann machte er weiter.

„Danke, aber ich brauche echt keine Details. Es reicht, wenn ich dich und die Decke sehe und weiß, was passiert, wenn ich ehrlich bin.“ Meine Stimme war angespannt, aber ich konnte es nicht verhindern.

Tyler kicherte, auch wenn es sich ziemlich erstickt anhörte. Das war keine Überraschung, da er den Schwanz seines Doms im Hals hatte.

Aber dann sah ich, wie sich Jasons Finger in Tylers Haare krallten. „Du bist still, Junge. Keiner hat dich etwas gefragt.“ Darauf reagierte Tyler nicht einmal, außer dass er sich noch mehr anstrengte, seinen Dom zu befriedigen. Er liebte es so sehr, zu gefallen und würde alles tun, um seinen Dom glücklich zu machen.

Eifersucht flammte in mir auf, heiß und stark. Ich wollte nicht das, was die beiden hatten, denn ich brauchte etwas anderes, zumindest in manchen Bereichen, aber allein der Gedanke, mit jemandem zusammen zu sein, der dich so gut verstand, der dir gab, was du brauchtest, und dem du geben konntest, was er brauchte, das war etwas, wonach wir uns alle sehnten.

Nun, ich hatte das gehabt, zumindest teilweise, aber … Es war das gewesen, was ich gewollt hatte, oder besser, wen ich gewollt hatte, aber nicht das, was wir beide brauchten, also war es sinnlos, darüber nachzudenken. Das lag so weit in der Vergangenheit, dass ich mir nicht einmal die Mühe machen sollte, an ihn zu denken.

Außer, dass ich es tat.

Ich tat es immer. Es verging kein Tag, an dem ich mich nicht fragte, was passiert wäre, wenn wir zusammengeblieben wären. Wenn wir es geschafft hätten, die Beziehung zum Laufen zu bringen. Ob wir jetzt glücklich wären.

Das wären wir nicht.

Wir hatten es versucht. Gott, wir hatten es lange genug versucht, aber am Ende hatte es uns beiden nur noch mehr wehgetan.

Aber es tat immer noch weh, also wäre es vielleicht doch besser gewesen, zusammenzubleiben? Doch dann hätte er mich am Ende gehasst, oder ich ihn, also war es vielleicht besser, Freunde zu sein, auch wenn wir in den letzten Jahren kaum Kontakt miteinander gehabt hatten. Ich konnte es nicht ertragen, seine Stimme zu hören, die Sehnsucht in ihr zu hören. Ich konnte mich nicht dazu zwingen, ihn mir mit einem anderen vorzustellen, einem süßen kleinen Sub. Jemanden, der liebte, wer er war. Der genoss, was er brauchte.

Und das war nicht ich, egal, wie sehr wir uns geliebt hatten.

„Also, keine Ahnung, was den Alkohol angeht, tut mir leid. Ich schaue mal nach, wenn Tyler wieder an der Bar ist.“ Jasons Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Schon wieder. Normalerweise war es nicht so schlimm, aber heute traf es mich härter als sonst, warum auch immer.

Ich zwang meine Gedanken in die Gegenwart zurück und sagte: „Schon gut, ich habe mich nur gewundert, weil Max auch keine Ahnung hat, und das ist seltsam.“ Max bekam alles mit, was in der Bar vor sich ging, auch wenn er jetzt manchmal abgelenkt war, wenn sein Partner Pres vorbeikam und mit ihm spielte. Trotzdem war er perfekt in seinem Job.

„Ja, das ist es. Aber das muss noch warten, es sei denn, du willst, dass ich jetzt aufstehe?“ Jason wackelte mit den Augenbrauen.

Ich schnaubte. „Bleib, wo du bist, ich will das wirklich nicht sehen.“

„Dachte ich mir. Oh, da du schon mal hier bist, kannst du den Neuen, der später vorbeikommt, übernehmen? Ich wollte das eigentlich machen, aber ich sollte meinen Papierkram erledigen.“

„Weißt du, wenn du aufhören würdest, deine Zeit damit zu vergeuden, mit deinem Jungen zu spielen, würdest du auch deine Arbeit schaffen.“

Die Decke bebte, wahrscheinlich weil Tyler lachte.

Jasons Lippen verzogen sich zu einem Grinsen, aber dann griff er unter der Decke wieder in die Haare seines Jungen und zog daran, so wie es aussah. „Du konzentrierst dich auf deine Aufgabe, nicht auf uns.“

Tylers Kopf unter der Decke nickte noch einmal und dann ging er wieder an die Arbeit. Jason schloss einen Moment die Augen, bevor er sich wieder auf mich konzentrierte.

„Tut mir leid“, murmelte er lautlos.

Jepp, das war ein Spiel, das sie beide liebten. Tyler würde so verdammt hart kommen, weil er wusste, dass ich gesehen hatte, wie er Jason vor meinen Augen einen geblasen hatte, und Jason … er liebte es, Tyler zu demütigen … und ihm den Orgasmus zu verweigern. Die beiden waren ein perfektes Paar, auch wenn niemand damit gerechnet hatte, aber sie hatten sich gefunden, als Tyler hierherkam und Arbeit suchte. Die beiden waren einfach von Anfang an perfekt füreinander gewesen.

Nebenbei hatten wir auch noch einen tollen Mitarbeiter im Club gefunden, der die Küche übernommen und angefangen hatte, Snacks und andere Dinge zu servieren. Die Gäste liebten es und wir merkten bereits, wie viel länger die Leute blieben, seit Tyler übernommen hatte.

„Okay, dann übernehme ich den Neuen und zeige ihm alles.“

Jason nickte. „Ja, das wäre super, danke.“

Ich stand auf und schüttelte den Kopf. „Weißt du, du solltest echt deine Aufgaben nicht an mich abschieben, nur um rumzuvögeln.“

„Aber ich vögle rum und du nicht, also ist es nur fair.“

Ich lachte sarkastisch und warf einen Blick auf seinem Sub. „Weißt du, du könntest auch warten, so wie du deinen Jungen warten lässt.“

Jason schüttelte den Kopf. „Nein, es macht viel mehr Spaß, wenn nur er leidet.“

„Du nimmst keine Rücksicht auf mich, wie ich sehe.“

„Warum?“ Jasons Augen wurden wieder schwer.

„Weil ich keinen Sex habe und obendrein noch deine Arbeit machen muss.“

Jason schnaubte. „Eines Tages wirst du es mir heimzahlen können.“

Ich schüttelte den Kopf, stand auf und ging zur Tür. „Das bezweifle ich. Aber viel Spaß.“

Mit diesen Worten verließ ich das Büro, wohl wissend, dass ich die beiden eine Weile nicht sehen würde. Jason war viel zu scharf davon, dass ich sie so gesehen hatte, also würde er Tyler entweder in den Mund oder in den Arsch ficken, bis er seinen Namen nicht mehr kannte. Tyler würde auch sofort kommen, sobald Jason den Cockcage entfernte, was allerdings heute höchstwahrscheinlich nicht der Fall sein würde.

Tyler liebte es, wenn er nicht kommen durfte, und er liebte die Qualen, nicht einmal hart werden zu können, egal, wie erregt er war.

Ich machte mich auf den Weg zur Bar, um Max Bescheid zu sagen, dass Tyler noch eine Weile brauchen würde, was er mit einem wissenden Grinsen beantwortete, und holte mir dann eine Cola, um zu warten, bis der neue Interessent auftauchte. Es waren nur noch ein paar Minuten, also machte es keinen Sinn, zurück in mein Büro zu gehen.

Max unterbrach meine Gedanken. „Ich kann ihn zu dir bringen, wenn du willst.“

„Du bist allein hier.“

Max verdrehte die Augen. „Dann schicke ich ihn nach oben. Oder einer der Türsteher soll ihn zu dir bringen. Wie auch immer. Aber es macht mich nervös, dass du hier stehst und so angepisst aussiehst.“

„Kann es sein, dass du etwas Zeit mit Pres brauchst?“, fragte ich und hob eine Augenbraue.

„Nein, hatte ich schon, deshalb bin ich auch so gut gelaunt. Sonst hätte ich dir gesagt, du sollst dich verpissen, bevor du die Besucher verscheuchst.“ Wow, Max machte sich heute wirklich keine Mühe, seine Worte zu zügeln. War ich wirklich so schlimm?

„Tut mir leid. Ich gehe zurück in mein Büro, damit ich keine feinfühligen Subs verjage und du musst den Neuling einfach zu mir bringen.“

„Mach ich, Boss.“ Er salutierte und machte sich dann daran, Getränke aufzufüllen.

Seit er etwas mit einem unserer Stammkunden hatte, war er ein anderer Mensch. Seine Laune war so gut, dass sie manchmal unerträglich war, und er gab sich in keiner Weise Mühe, seine Worte zu zügeln. Er war nicht gemein, aber er sagte, was er dachte, oft verpackt in Witzen oder Seitenhieben. Das war manchmal nervig, aber normalerweise machte ich mir nicht die Mühe, ihn zurechtzuweisen. Außerdem, wenn ich mich mit Max anlegte, würde Pres mir den Arsch aufreißen. Er mochte seinen Sub gut gelaunt, also ließ ich ihn einfach machen.

Ich ging zurück in mein Büro, holte meinen Computer aus dem Ruhemodus und versuchte, mich zu erinnern, wo ich aufgehört hatte, bevor Max mich wegen der Likörbestellung angerufen hatte. Richtig. Gehaltsabrechnungen. Würg. Ich wusste, warum ich nicht zurück in mein Büro gehen wollte, bevor der Interessent ankam.

Die Gehaltsabrechnungen waren das Schlimmste an der Leitung des Clubs, aber das hatte ich davon, dass ich diesen Scheiß tatsächlich studiert hatte. Ich hätte es vorher wissen müssen, aber ich hatte die Kurse eher wegen der heißen Dozenten gewählt. Und da ich damals noch nicht wirklich gewusst hatte, was ich im Leben machen wollte, wurde es eben BWL. Das hieß nicht, dass ich es hasste … Aber ich liebte es bestimmt auch nicht. So wie vieles in meinem Leben.