Kapitel Fünf

N oel


Notiz an mich selbst: Erzähle deinem besten Freund nie, was du heiß findest. Und noch wichtiger: Lass dich niemals von deinem besten Freund überreden, neue Dinge auszuprobieren. Das waren die beiden Dinge, die mir durch den Kopf gingen, seit Adam mich nach dem Clubbesuch zu Hause abgesetzt hatte.

Nachdem ich mich mit Mitch und Logan zu einem Date verabredet hatte – wie genau das passiert war, versuchte ich immer noch herauszufinden. Keiner der beiden konnte an meinem tollpatschigen, nerdigen, schmächtigen, unerfahrenen Ich interessiert sein. Andererseits, auch Adam meinte, es wäre kein Date, weil er auch dabei sein würde und es mit zwei Kerlen stattfand. Ich solle es eher so sehen, wie wenn er und ich Zeit verbrachten. Das wollte ich ihm auch gerne glauben, denn dann bekam ich wenigstens nicht ständig Selbstzweifel, warum die beiden miteinander mit mir Zeit verbringen wollten.

Ich würde ja immer noch wetten, dass sie aufeinander scharf waren, aber das nicht zugeben wollten. Sie waren auf jeden Fall einer attraktiver als der andere. Logan mit seinem etwas dunkleren, aber liebevollen Wesen und Mitch, selbstsicher und einfach präsent. Wenn ich die Wahl hätte – was ich nicht hatte –, wüsste ich nicht mal, wen von beiden ich wollte. Und war das nicht ein seltsamer Gedanke? Wer bitte konnte denn nicht mal festlegen, mit wem er ausgehen wollte? Auch wenn wir nicht ausgehen, erklärte mir eine leise Stimme entschlossen. Es ist ausgeschlossen, dass sie was von dir wollen. Nicht, wenn sie einander haben können.

Das wusste ich. Ich war weder dumm noch blind. Vielleicht hatte sich Mitch also nur zu unserem Nicht-Date eingeladen, um eine Chance mit Logan zu haben. Das würde tatsächlich Sinn ergeben. Oder einer von ihnen wollte Adam, was auch Sinn machen würde.

Okay, Logan kannte Adam bereits, was irgendwie ausschloss, dass er ihn vor mir zu einem Date einlud. Immerhin hätte er das jeden Tag machen können, wenn Adam arbeitete. Logan und Adam dann vielleicht nicht. Aber ich bezweifelte, dass Mitch viel Zeit mit Adam verbracht hatte, also wollte er ihn vielleicht besser kennenlernen. Oder eben Logan. Warum Logan allerdings vorgeschlagen hatte, sich außerhalb des Clubs zu treffen, war mir ein Rätsel. Die anderen fühlten sich alle sehr wohl im Club, also würde es Sinn machen, sich wieder dort zu treffen …

Ich musste aufhören, darüber nachzudenken. Das würde mir nur Kopfschmerzen bereiten. Es machte keinen Sinn, egal, wie ich es drehte und wendete, also ließ ich mich schließlich wieder auf meiner Couch nieder, den Laptop auf den Knien, wie ich normalerweise arbeitete, und verlor mich in dem letzten Programm, an dem ich gearbeitet hatte.

Einige Zeit später riss mich mein Handy aus meinen Gedanken und ich blinzelte ein paar Mal, weil sich meine Augen erst wieder daran gewöhnen mussten, auf etwas anderes zu blicken als den Bildschirm. Wie spät war es? Wie lange hatte ich gearbeitet? Zu lange, bemerkte ich, als ich aufstand und mein linkes Bein einfach unter mir wegsackte. Es gab einfach nach und ich landete sehr unelegant neben dem Couchtisch. Immerhin schaffte ich es, den Laptop auf den Tisch zu bringen, um den zu retten. Dann saß ich da und wartete, bis mein Bein wieder funktionierte und die gefühlt tausend Ameisen darin verschwunden waren. Gut, dass ich allein lebte, sonst wäre das zu peinlich geworden. Ich sollte mir wirklich angewöhnen, an meinem Schreibtisch arbeiten, aber das war einfach nicht so bequem, also ließ ich mich meistens einfach auf meine Couch fallen und erledigte meine Arbeit.

Als ich dann endlich aufstehen konnte, machte ich mich auf die Suche nach meinem Handy. Es hatte aufgehört zu klingeln, also hatte ich keinen Hinweis mehr, wo ich es abgelegt hatte.

Vorher war aber ein kurzer Umweg ins Bad angesagt, denn ich musste mal. Und dann würde ich mein Handy suchen, um zu sehen, wer mich so spät noch störte. Es war bestimmt schon Zeit fürs Bett.

Ich stolperte in Richtung Toilette, dann machte ich mich auf die Suche nach meinem Handy. Es lag tatsächlich in der Küche neben meinen Schlüsseln. Ich hatte es dort hingelegt, als ich nach Hause kam. Meine Augen hatten sich bereits daran gewöhnt, nicht mehr auf den Bildschirm zu blicken, also waren die Zahlen auf dem Display schön scharf. 7:00 Uhr morgens. Verdammt. Verdammter Mist.

Ich hatte wieder mal verpasst, ins Bett zu gehen.

Adams Name leuchtete auf dem Display. Er hatte vor ein paar Minuten angerufen. Während ich noch überlegte, was er wohl wollte und wie ich es schaffte, ihm nicht zu verraten, dass ich nicht im Bett gewesen war, klingelte das Handy erneut.

„Ja?“, meldete ich mich.

„Habe ich dich geweckt?“

„Dir auch einen guten Morgen.“

„Da du weder mit Ja noch mit Nein geantwortet hast, nehme ich an, dass du nicht den Weg ins Bett gefunden hast.“

„Vielleicht?“ Jetzt klang ich, als würde ich mich dafür rechtfertigen. Adam würde sauer werden, ich hatte ihm schon ein paar Mal versprochen, das nicht mehr zu machen. Aber ich vergaß es einfach immer wieder. „Wahrscheinlich gehe ich aber jetzt. Ich habe heute keine Termine. Glaube ich … also kann ich jetzt einfach schlafen.“

„Wann lernst du endlich nachts zu schlafen und nicht tagsüber?“

Ich schüttelte den Kopf, dann fiel mir ein, dass er mich nicht sehen konnte. „Ich bin mir nicht sicher. Ehrlich gesagt, wenn ich mich in meiner Arbeit verliere, vergesse ich die Zeit und dass ich müde bin, das macht es schwer, ins Bett zu gehen. Und na ja, ich …“ Ich stolperte über die Worte und versuchte, nicht wie ein Idiot zu klingen. Aber Adam kannte mich besser als das.

„Du hast deinen Alarm wieder ausgeschaltet.“

Ich nickte verlegen. „Na ja, nicht ausgeschaltet, ich habe vergessen, ihn einzuschalten.“ Ich schlief ziemlich unregelmäßig, also musste ich daran denken, ihn einzuschalten, wenn ich arbeitete, wie vorgestern. Da war ich um 21 Uhr ins Bett gegangen, und er hätte mich dann um 23 Uhr geweckt, wenn es normalerweise Zeit war, ins Bett zu gehen. Das war der Grund, warum ich ihn nicht wieder angestellt hatte.

„Oh, Noel, was soll ich nur mit dir machen?“

Ich gähnte und rieb mir mit der Hand durch die Haare. „Ich habe keine Ahnung. Wenn mir etwas einfällt, lasse ich es dich wissen. Gibt es einen Grund dafür, dass du anrufst? Wolltest du dich nur vergewissern, dass ich wach bin und arbeite?“

„Nein, ich wollte eigentlich wissen, ob du rechtzeitig ins Bett gekommen bist, aber anscheinend hat das nicht so gut geklappt.“

Ich unterdrückte ein weiteres Gähnen. „Nun, ja, das hat nicht so gut geklappt. Ich weiß wirklich nicht, was ich tun soll, um das mit dem Schlafen hinzubekommen …“ Ich seufzte. „Aber das wird nichts mehr, glaube ich.“

Diesmal lachte Adam. „Irgendwas schaffen wir das schon noch. Und jetzt ist es an der Zeit, dass ich zur Uni fahre und mich in die Vorlesung setze, heute Abend ist Arbeiten angesagt. Und du gehst ins Bett und schläfst ein paar Stunden. Du bist kein Vampir, das macht dich irgendwann krank, dieses komische Schlafen.“

„Ich weiß. Ich versuche es, okay?“ Ich wusste wirklich, dass es ungesund war, ich schaffte es nur nicht, mich auch daran zu erinnern, wenn ich in meiner Arbeit versunken war.

„Danke. Ich mache mir doch nur Sorgen um dich, Noel.“ Wärme lag in Adams Stimme. Ich war ihm wichtig, das wusste ich. Es war in allem zu sehen, was er tat und sagte, auch wenn es nicht immer das war, was ich hören wollte.

Kaum war ich eingeschlafen, piepte mein Handy mit einer eingehenden Nachricht und riss mich wieder aus diesem schönen Zustand zwischen Wachsein und Schlafen.

Verdammt, ich hatte vergessen, es auf lautlos zu stellen. Während ich bei der Arbeit alles ausblenden konnte, wachte ich jedes Mal auf, wenn mein Handy auch nur das leiseste Geräusch von sich gab. Das war ziemlich nervig, echt. Denn natürlich musste ich nachschauen, wer geschrieben hatte, sonst würde ich nicht schlafen können. Wahrscheinlich Adam, der kontrollierte, ob ich auch wirklich im Bett war.

Diesmal war es nicht Adam, sondern Mitch, der anscheinend einen Termin für ein Treffen suchen wollte. Ich las seine Nachricht, war aber zu müde, um zu antworten, also drehte ich mich um und machte es mir wieder gemütlich, um zu schlafen.

Aber es dauerte eine ganze Weile, bis ich es geschafft hatte, wieder zur Ruhe zu kommen, denn mein Kopf drehte sich immer wieder um das Treffen mit den beiden Kerlen. Nicht, dass ich das nicht vorher schon durchgekaut hatte, aber ich konnte auch nicht aufhören, egal, wie müde ich war.

Als ich das nächste Mal aufwachte – anscheinend war ich dann doch eingeschlafen –, war es dank einer Nachricht von Adam nur eine Stunde nachdem Mitch mir geschrieben hatte. Himmel, durfte ich denn nie schlafen? Okay, ich hätte das Handy wirklich auf lautlos stellen sollen, aber … hngh . Ich wollte doch nur schlafen.

Das würde so schnell allerdings nicht passieren, wenn ich nicht wirklich das Handy auf leise stellte. Mitch hatte einen Gruppenchat erstellt und uns vier hinzugefügt, damit wir ein Datum für unser Treffen vereinbaren konnten. Jetzt stellte ich es auf lautlos, obwohl ich schnell noch las, was er geschrieben hatte. Zum Antworten reichte meine mentale Kapazität nicht mehr, aber das konnte auch noch warten. Zufrieden, dass mich jetzt niemand mehr wecken würde, kuschelte ich mich noch tiefer in meine Decke und schloss die Augen.

Diesmal schlief ich ziemlich schnell ein, und als ich endlich wieder aufwachte, wurde es draußen schon dunkel. Immerhin fühlte ich mich gut ausgeruht und ziemlich wach, also stolperte ich in die Küche, um mir einen Kaffee und etwas zu essen zu suchen.

Ich fand beides und setzte mich hin, aß mein Müsli und trank meinen Kaffee. Während ich versuchte, mich daran zu erinnern, wo ich gestern – äh, heute Morgen – aufgehört hatte zu arbeiten, fielen mir die Nachrichten der Gruppe ein, die ich beantworten sollte. Ich ging zurück ins Schlafzimmer, holte mein Handy vom Nachttisch und entsperrte es. Auf dem Display stand, dass ich vier verpasste Anrufe und eine neue Sprachnachricht hatte. Oh, oh! Das hörte sich gar nicht gut an.

Ich öffnete die Liste und starrte auf die Nummer. Irgendwie kam sie mir bekannt vor, auch wenn ich sie nicht zuordnen konnte. Ich rief meine Mailbox an und hörte mir die Nachricht an. „Hallo, hier ist Sylvia. Ich weiß nicht, was los ist, aber wir hatten vor einer Stunde einen Termin. Wenn du das hörst, ruf mich bitte zurück.“

Oh, verdammt, nein, bitte nicht.

Ich hatte den Termin sogar Adam gegenüber erwähnt, aber irgendwie dachte ich, dass er erst übermorgen stattfinden würde. Es war eine neue Firma, mit denen ich zusammenarbeiten wollte, und ich hatte es geschafft, zu beweisen, dass ich unzuverlässig war. Sie brauchten einen neuen Online-Shop, was ich liebend gerne machte, auch wenn ich aus Versehen irgendwelche Termine vergaß. Das konnte ich jetzt wohl vergessen, dass ich den Auftrag übernehmen würde. Mist aber auch.

Warum schaffte ich es nie, an so was zu denken?

Gott, das hätte nicht sein müssen. Ich setzte mich wieder in die Küche, schaufelte mir das Müsli in den Mund und schrieb Sylvia eine Nachricht, um ihr zu sagen, dass ich krank war und vergessen hatte, sie anzurufen. Und dass es mir sehr, sehr leidtat. Es gefiel mir nicht, sie anzulügen, aber es war das Einzige, was mir einfiel, also musste ich diese Ausrede nehmen. Die andere Möglichkeit wäre, die Wahrheit zuzugeben, und das wollte ich nicht, wenn ich es vermeiden konnte. Es klang nicht besonders professionell, zuzugeben, dass ich einen Termin verschlafen hatte.

Erst dann öffnete ich in den Gruppenchat, wo Logan mittlerweile geschrieben hatte, dass er sich freinehmen konnte, wann immer er wollte, solange er es mit Jason und Tyler absprach. Er würde auch dafür sorgen, dass Adam an diesen Tagen freihatte.

Das bedeutete, dass sie sich jetzt nach mir richteten. Mitch hatte zwei Tage vorgeschlagen, die bei Logan und Adam klar gehen würden, und ich konnte es mir auch aussuchen.

Ich: Tut mir leid, Leute, ich bin gerade erst aufgewacht. Beide Tage gehen bei mir.

Eine leise Stimme flüsterte in meinem Kopf, solange ich es nicht vergesse , aber das würde nicht einmal ich schaffen. Das wäre unmöglich, selbst für mich. Hoffentlich.

Logan antwortete sofort und bestätigte, dass auch er beide Tage schaffen würde, genau wie Mitch. Das lief viel zu einfach, oder? Sollte es nicht schwerer sein, einen Termin mit vier Leuten zu finden?

Und mein Magen flatterte ganz komisch, als ich daran dachte, dass wir wirklich bald ein Nicht-Date miteinander haben würden.

Jetzt mussten wir nur noch festlegen, wohin wir gehen wollten. Die anderen diskutierten hin und her, während ich mich zurückhielt. Ich war mit allem einverstanden und konnte mich nicht auf irgendwas festlegen. Adam schlug ein nettes Abendessen vor und Mitch war für einen Spaziergang und ein Picknick. Das klang beides gut.

Dann meldete sich Logan zu Wort. Wie wäre es mit dem Zoo? Das wäre doch lustig, was meint ihr?

Ich sprang fast in die Luft, als ich diesen Vorschlag las. Das war perfekt. Jetzt wollte ich mich doch festlegen. Zoo. Das war einfach … ja, perfekt. Ein anderes Wort gab es dafür nicht. Seit wir mit der Schule vor Jahren dort waren, hatte ich keinen Fuß mehr in einen gesetzt. Meine Aufregung war wahrscheinlich durch die Nachricht zu sehen, denn ich schrieb ein dickes, fettes JA!!!

Innerhalb von Minuten sagten die drei anderen zu, anscheinend einverstanden mit dem Ziel und auch dem Tag, dem kommenden Samstag. Das war gar nicht mehr so lange hin, oder? Nur noch eine Woche bis zu unserem Date. Nicht-Date.

Wenigstens konnte ich mir jetzt sicher sein, dass keiner der beiden wirklich an mir interessiert war, denn dann würde man nicht in den Zoo gehen, oder? Andererseits, wenn sie miteinander oder mit Adam was anfangen wollten … wir gingen alle vier in den Zoo. Das ergab alles keinen Sinn, egal, wie ich es drehte.

Also überließ ich es den drei anderen, die Zeit festzulegen und holte meinen Laptop, um die dämlichen Schmetterlinge in meinem Bauch mit Arbeit zu bekämpfen. Denn die hatten noch nicht mitbekommen, dass die beiden sexy Kerle aus dem Club nicht an mir interessiert waren.