Kapitel Dreizehn

L ogan


Ich war mir so sicher wie noch nie zuvor, dass es das war, was sein sollte. Es waren diese beiden Männer, die ich brauchte. Mitch war mein Gegenüber, mein Sparringspartner, um es so auszudrücken. Er teilte aus, steckte ein. Nahm und gab. Er war der Fels, an den ich mich lehnen konnte, und auch der Berg, der nicht verrutschte, wenn ich versuchte, ihn zu verschieben und meinen Willen durchzusetzen.

Dass ich jemanden brauchte, der mir Kontra gab, war mir schon lange bewusst gewesen. Ich hatte nur nie geschafft, das mit meinem Verlagen nach Fürsorge in Einklang zu bringen. Es war fast unmöglich, jemanden zu finden, der mir einerseits die Stirn bot, mir andererseits aber auch erlaubte, mich um ihn zu kümmern. Zumindest bis jetzt. Bis mich Mitch geküsst hatte. Dann war es so klar gewesen, als hätte es nie eine andere Lösung gegeben. Ich brauchte sie beide, Mitch und Noel, und ich war entschlossen, das zu bekommen. Ich würde sie bekommen, beide meine Männer.

Erst Mitch, dann Noel, sobald wir beide geklärt hatten, wie diese Beziehung aussehen würde. Es gab zwei Gründe, warum ich Mitch zur Begrüßung geküsst hatte. Einer war einfach, dass ich ihn brauchte, ihn schmecken musste. Ich schaffte es nicht, meine Finger von ihm zu lassen, ihn nicht so zu begrüßen, wie ich es wollte. Der andere Grund war, dass er aussah, als hätte er Zweifel, als wäre er sich nicht sicher, wie es zwischen uns laufen würde, also musste ich ihm zeigen, wie falsch er lag.

Ein Kuss war genug, um diese Zweifel zu zerstreuen. Ein Kuss war genug, um mir und ihm zu zeigen, wie sehr er mich wollte, wie sehr wir einander brauchten und wollten. Sex, ja, klar. Immer, jederzeit – und war das nicht an sich schon interessant, wo ich doch so lange kaum Interesse daran gehabt hatte –, aber ich brauchte auch ihn. Seine Nähe, Gesellschaft, Freundschaft.

Als ich den Kuss beendete, atmeten wir beide schwer. Mitch sah aus, als müsste er erst seine Gedanken sortieren oder sein Gehirn komplett neu starten, weil es einen Kurzschluss gehabt hatte. Deswegen nahm ich ihn an der Hand, schob meine Finger zwischen seine und bemerkte erneut, wie richtig sich das anfühlte. Dann zog ich ihn nach unten, in Richtung Bar. Er brauchte einen Drink, bevor er wieder funktionierte. Oder auch drei.

Ich hätte das auch gebraucht, aber ich war immer noch in der Arbeit und Abrechnung zu machen, nachdem ich was getrunken hatte, war keine besonders gute Idee. Gar keine. Bewaffnet mit einem Whisky on the Rocks, was mir einen fragenden Blick von Max eingebracht hatte, und einer Cola – für mich – setzten wir uns an einen Tisch in der Ecke.

Mitch schwieg immer noch, aber er nahm den Whisky und trank einen großen Schluck. Einen mehr würde er noch bekommen, aber dann musste auch er auf etwas nicht Alkoholisches umsteigen, sonst würde er morgen nicht arbeiten können. Nach einem weiteren Schluck, der das Glas fast leerte, drehte er sich schließlich zu mir und sah mich an.

Er schluckte, was seinen Adamsapfel zum Hüpfen brachte, dann räusperte er sich. Starrte auf den Tisch, dann hob er den Blick wieder und sah mich an.

Ich wartete. Er musste etwas loswerden, suchte aber noch den richtigen Anfang.

„Bevor ich heute hergekommen bin, hatte ich mich davon überzeugt, dass ich mich zurückziehen sollte. Dass ich dich und Noel allein lassen sollte.“

Ich öffnete den Mund, um zu widersprechen, aber er hob die Hand.

„Lass mich ausreden. Ich wollte wirklich nicht zwischen euch kommen, und ich dachte, das, was gestern passiert ist, das, worüber wir geredet haben, ist nichts als ein Wunschtraum, nur etwas, was in der Fantasie geschieht. Der Tag gestern war schön, viel besser, als ich es mir vorgestellt hatte, vor allem, als ich begriff, was möglich wäre. Dann kamen die Zweifel, die Gedanken, warum diese Idee so schlecht war.“

Ich wollte erneut etwas sagen, aber es brauchte nur einen harten Blick von Mitch, um mir zu sagen, dass er noch nicht fertig war. Hatte ich schon erwähnt, dass ich den Blick außerdem verdammt heiß fand?

„Auf jeden Fall wollte ich mich wirklich zurücknehmen, dir den Vortritt lassen. Weil ich immer noch … Gefühle habe. Oder wieder. Keine Ahnung. Aber ich wollte dir nicht wehtun, wollte nicht, dass du allein endest.“

Das war typisch Mitch, der erst an andere dachte und dann an sich.

„Aber dann habe ich dich gesehen und du hast mich geküsst, und – ja, also, das mit dem Zurückziehen wird wohl nicht passieren. Ich glaube eher, wir sollten darüber reden, wie es mit uns dreien klappen könnte.“ Er grinste schwach. „Und jetzt habe ich alles gesagt, was ich sagen wollte.“

Das entlockte mir ein Schnauben, dann nahm ich seine Hand und schob meine Finger zwischen seine. Ich brauchte den Kontakt zu ihm.

„Ich wusste, dass ich euch beide brauchte, dass ich dich nicht gehen lassen kann. Siehst du es denn nicht? Noel ist lieb und süß und braucht jemanden, der sich um ihn kümmert. Er ist jemand, der einen starken Partner sucht und will. Das könnte jeder von uns beiden sein, denke ich, dafür kenne ich ihn gut genug. Aber die andere Sache ist das, was wir haben, das kann man nicht ignorieren. Wir sollten es nicht ignorieren.“ Ich machte eine Pause, nahm einen Schluck von meiner Cola, sortierte meine Gedanken, auch wenn sie ziemlich klar waren.

„Wir müssen nur einen Weg finden, dass es zwischen uns läuft. Klare Regeln, klare Absprachen. Und wir sollten Noel davon überzeugen, dass wir eine Dreierbeziehung wollen und dass das Richtige für uns ist.“

Mitch schnaubte. „Ja, das wäre von Vorteil für den Plan.“

Ich drückte seine Finger. „Aber erst müssen wir beide einiges klären. Damals ging es nicht mit uns beiden, aber wir sind älter und hoffentlich auch vernünftiger.“

Mitch schnaubte erneut, was an sich schon witzig war, denn ich wusste, wie verantwortungsbewusst und erwachsen er war. Himmel, er hatte einen verdammt guten Job, den bekam man nicht, wenn man sich nicht reinhängte.

„Also, erste Frage, wollen wir das wirklich tun? Wollen wir es noch mal probieren und Noel als Dritten mit in die Beziehung aufnehmen?“ Ich verzog das Gesicht, denn das klang unromantischer als Steuererklärung machen.

„Wenn du es so formulierst … wie kann ich zu einem so enthusiastischen Angebot nur Nein sagen?“

Okay, er würde mich in den Wahnsinn treiben. Ich freute mich darauf. Irgendwie.

„Bitte, dann formuliere du es. Ich bin ganz Ohr.“

Mitch dachte einen Moment nach, dann verzog er das Gesicht. Dachte ich es mir doch.

„Also, dann sind wir wieder bei der Frage von gerade eben. Du und ich. Du und Noel. Noel und ich. Wir drei zusammen. Wir beide haben eine Vergangenheit, die es schwer machen könnte, nicht wie eine geschlossene Front zu wirken, also sollten wir da aufpassen. Ansonsten müssen wir beide klären, wo unsere Grenzen sind, und dann brauchen wir einen Plan, wie wir mit Noel reden, ihm erklären, was genau wir uns vorstellen, wie es aussehen könnte –“

„Du gehst zu sehr davon aus, dass er das auch will. Was, wenn er nicht bereit ist, eine Beziehung mit uns beiden einzugehen? Was, wenn er doch nur einen von uns will? Was, wenn es zu viel für ihn ist, mit uns beiden umzugehen?“, warf Mitch ein.

„Ich glaube nicht, dass Adam uns dann ermutigt hätte, wenn ich ehrlich bin. Aber gut, dann machen wir es anders. Wie wäre es, wenn wir erst mal über uns reden, das alles klären und dann darüber reden, wie wir Noel für uns gewinnen können? Für jeden von uns, sollte er sich nicht sicher sein, dass wir ihn wirklich wollen, und wir sollten auch ergründen, wie gut wir zusammenpassen.“

Mitch hob eine Augenbraue.

„Nicht nur so, auch außerhalb des Schlafzimmers.“ Ich machte eine Pause. „Auch auf dem Sofa sollte es passen.“

Mitch lachte, dann schnappte er sich meine Cola, trank einen Schluck und drückte meine Finger. „Also, reden. Und wenn wir das geschafft haben, könnten wir noch in dein Büro verschwinden, so als Belohnung.“

Ich mochte den Vorschlag. Entschieden zu sehr, denn eigentlich wollte ich das Reden weglassen und ihn gleich in mein Büro zerren. Aber wir waren vernünftig, wie wir festgestellt hatten, also redeten wir. Wir redeten lange, sehr lange. Mitch brauchte keinen zweiten Whisky, sondern stieg auch auf Cola um, und wir saßen lange da, um alles zu besprechen, was uns durch den Kopf ging.

Es war anstrengend und ermüdend. Aber es war auch wichtig, wenn es klappen sollte, wenn wir eine Chance haben wollten, das zum Laufen zu bringen.

Als Mitch schließlich ging, waren wir beide zu erschöpft, um noch irgendwas auf die Reihe zu bringen. Ich starrte noch eine Weile auf meine Unterlagen und gab dann auf, um nach Hause zu gehen. Das würde alles morgen auch noch auf mich warten.

Die Belohnungsrunde im Büro fand auch nicht statt. Wir waren wirklich zu vernünftig und erwachsen geworden.