»Du hast gepfiffen, oder?«
Sam nickte und stöhnte dann auf.
Die Sanitäter hatten die Wunde an seiner Stirn gesäubert, geklammert und unter einem dicken Pflaster versteckt. Sie waren nicht glücklich über Sams Entscheidung gewesen, nicht mit ihnen ins Krankenhaus zu fahren, hatten ihn aber neben Mags in der offenen Tür des Transporters sitzen gelassen und sich um Roger Wood gekümmert.
»Diesmal hast du dem Richtigen das Handgelenk gebrochen.«
Mags schüttelte irritiert den Kopf.
»Aber das Pfeifen klang, als würde es tief aus der Höhle kommen, als käme es von irgendwo hinter Roger.«
»Ich hatte schon beim ersten Mal den Eindruck, als könnten die Nischen etwas Besonderes ein. Ihre Form erinnerte mich so sehr an etwas, was ich einmal in einem gotischen Dom gesehen habe. Ich wollte es wegen der Fledermäuse nur nicht ausprobieren.«
Mags verdrehte die Augen. Es war ja klar, dass Sams Antwort absurd wäre und irgendetwas mit Geschichte zu tun hätte.
»Verdreh nicht die Augen. Man nennt das Flüsterbogen. Es gibt bestimmte runde Formen, die den Schall weitergeben, sozusagen an sich entlang wandern lassen, das hat etwas mit …«
Sam brach ab.
»Du hast ja recht. In kurz: Ich habe gehofft, dass die Höhle mein Pfeifen weitertragen und verzerren würde. Dass es dann so gut klappte, war allerdings pures Glück.«
Mags wurde blass.
»Also wenn es nicht geklappt hätte und Roger in die Richtung des Pfeifens geschossen hätte …«
»Hat er aber nicht.«
Mags wollte etwas sagen, aber in diesem Moment trat Phyllis Armstrong zu ihnen an den Transporter.
»Wir nehmen ihn mit.«
Sam sah auf.
»Gut. Er hat Terry Adams getötet. Und er ist der wahre Entführer von Gavin Hunter.«
»Ja, das wissen wir.«
Sam blickte sie fragend an.
»Aber woher …«
»Ihre Frau hat in der Höhle alles aufgezeichnet. Wir haben also Mr Woods’ Geständnis. So wie es aussieht, können wir ihn damit überführen. Gavin Hunter wird auch aussagen, er hat wohl schon mit Stuarts Sohn gesprochen. Wir gehen davon aus, dass auch Stuarts Tod kein Unfall war. Er stellte in seinem Wunsch, mit Wendy zu reden, eine zu große Gefahr dar.«
Mags dachte an den Strohhut und die grünen Augen darunter und schluckte.
»Also sind Wendy und Jim wieder auf freiem Fuß?«
»Ja.«
Mags wartete, aber mehr schien die Polizistin dazu nicht sagen zu wollen.
»Na, dann ist ja alles gut.«
Mags richtete sich auf und half Sam, auf die Beine zu kommen. Sie hatte keine Lust, sich mit der Chief Inspectorin auseinanderzusetzen und wollte nur noch heim. Doch die sichtbar wütende Frau stellte sich ihr in den Weg.
»Oh nein, nichts ist gut. Ich möchte Sie hiermit warnen. Wenn Sie oder Ihr Mann oder einer Ihrer Freunde – und das betrifft auch Eric oder Sergeant Shifter – mir noch einmal in einer Ermittlung in die Quere kommen, dann werde ich alle mir verfügbaren Mittel einsetzen, um Sie davon abzuhalten oder Sie zu bestrafen.«
»Oh, kein Danke, oder …?«
Mags wich erschrocken zurück, als Phyllis Armstrong einen Schritt vortrat und nun fast direkt vor ihr stand.
»Das ist kein Witz. Kein Spiel und kein Scherz. Halten Sie sich raus. Lassen Sie uns die Arbeit tun, für die wir ausgebildet sind. Oder …«
»Was?«
»Oder Sie werden beim nächsten Mal nicht schnell genug sein. Oder jemand, der Sie liebt, wird nicht schnell genug sein.«
Phyllis hatte geflüstert und sie dabei nicht aus den Augen gelassen. Mags konnte für einen kurzen Moment erahnen, dass hinter der offensichtlichen Feindseligkeit der Polizistin vielleicht noch etwas ganz anderes steckte.
Doch bevor sie etwas sagen konnte, drehte Phyllis Armstrong sich um und ließ sie stehen.