Mags rückte zum wiederholten Male Sams Krawatte zurecht und sah sich kritisch im Spiegel an. Das Kleid, in St. Ives angefertigt, war aus Leinen genäht, mit etwas Spitze besetzt, und schmiegte sich an diesem heißen Julitag angenehm an ihre Haut.
»Wenn ich mich setze, knubbelt alles.«
Sams Mitleid schien sich allerdings deutlich in Grenzen zu halten.
»Sei bloß still! Wir haben siebenundzwanzig Grad, und ich trage Hemd und Krawatte!«
Mags grinste ihn über den Spiegel hinweg an.
»Aber es steht dir verdammt gut, und sei froh, dass es kein Frack geworden ist.«
Sam sah sie entsetzt an.
»Frack? Es stand ernsthaft ein Frack zur Diskussion?«
Mags lachte und griff nach seiner Hand.
»Wir sollten losgehen, die anderen warten sicherlich schon.«
Als sie den schmalen Weg zwischen den blühenden Rosen entlanggingen, merkte Mags, wie aufgeregt sie war. Unter dem Rosenbogen mit den süßlich duftenden Kletterrosen hielten sie an.
»Sam?«
»Ja?«
»Glaubst du, es wird alles gut?«
»Heute?«
Mags nickte und sah ihn nervös an.
»Klar. Du hast das alles doch bis ins Kleinste geplant.«
»Und dann?«
»Und dann werden wir einfach Tag für Tag sehen, wie es weiter geht. Hab Vertrauen!«
Mags stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen Kuss.
»Danke.«
»Oh, nichts zu danken. Und, Mags?«
»Ja?«
»Glaubst du, ich habe nachher Chancen, die erste Brautjungfer abzuschleppen?«
Sie sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an.
»Das könnte wohl möglich sein.«
Sie zupfte ein letztes Mal seine blaue Krawatte zurecht, die die gleiche Farbe wie ihr Kleid hatte. Dann verschwand Sam, um seine Aufgabe zu erfüllen.
Als sie hinter sich Schritte hörte, drehte sie sich mit angehaltenem Atem um.
Miss Clara kam, zwar dünn und blass, dafür aber mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht auf sie zu. Jim, der ihr Brautführer war, stützte sie vorsichtig und war in seinem weißen Hemd mit Krawatte und langer Hose kaum wiederzuerkennen. Mags lachte, als sie sah, dass er an den Füßen trotz aller Feierlichkeit seine üblichen Sandalen trug.
Miss Clara hatte ein schlichtes weißes Kleid an, auf dem ihr Brautstrauß aus unzähligen bunten Rosen leuchtete wie eine Kiste voller Diamanten. Um den Kopf hatte sie sich ein weißes Seidentuch im Stil der zwanziger Jahre geschlungen.
Mags stiegen Tränen in die Augen.
»Margaret Mary Blake. Wehe, du fängst jetzt an zu heulen. Ich warne dich!«
Miss Clara griff nach ihrer Hand und sah sie mit einem Lächeln an.
»Danke.«
Mags schluckte den Kloß hinunter, der sich in ihrem Hals breitgemacht hatte.
»Oh nein, kein Danke. Ich freue mich so!«
Sie sah, wie Sam sich am Ende des Gartens vor dem dort aufgebauten Blumenbogen aufstellte. Die Musik setzte ein.
»Los geht’s! Jim, du wartest, bis ich bei Sam bin, dann bringst du die Braut nach vorne.«
Mags trat zwischen die Stuhlreihen, die fast die gesamte Rasenfläche bedeckten. Ganz Rosehaven und zahlreiche Bekannte aus der Umgebung waren gekommen, um an der Feier teilzunehmen. Die Küche des Cottages war in ein riesiges Buffet verwandelt worden, und Mr Kelvin hatte in der Auffahrt seinen Grill schon vorgeheizt und saß nun neben seiner Frau unter den Gästen, das Gesicht vor Hitze und Freude gerötet.
Mags ging langsam den Gang entlang und blickte in so viele fröhliche Gesichter. Alle waren gekommen, keiner hatte es sich nehmen lassen, diesen Tag zu etwas Besonderem zu machen. Gulliver hatte den Blumenbogen zusammen mit Jim gebaut und zwinkerte ihr zu. Albert hatte zur Feier des Tages sein Fischerhemd gegen ein weißes Hemd getauscht. Mags war sich sicher, dass ihn viele so nicht erkennen würden. Die Damen des Gartenvereins hatten sich in die Organisation des Buffets gestürzt und sich in ihre schönsten Kleider und Kostüme geschmissen. Wie es sich gehörte, trugen sie eine abenteuerliche Mischung aus Hüten, die farblich zu ihren Kleidern passten und der Queen zur Ehre gereicht hätten. Die Mitglieder der Bürgerwehr hatten die Stühle aufgebaut und Erics neues Zuhause in eine große Bar umgewandelt. Der Männerchor des Dorfes, die berüchtigten Rosehaven Singers, hatten sich nicht lumpen lassen und waren geschlossen im Schottenrock aufgelaufen. Mags machte unter ihnen das fröhliche Gesicht von Tim Robins aus und zwinkerte ihm zu. In den Stuhlreihen waren auch viele Uniformen zu sehen, und Mags hoffte sehr, dass die Polizeibeamten diese nach der Zeremonie ablegen würden. Bevor das halbe Polizeirevier von Truro einen Hitzeschlag erlitte.
Bob stand zusammen mit seiner besten Fotografin bereit, um alles festzuhalten. Mary Shifter stand als zweite Brautjungfer schon neben dem Blumenbogen, ihr Kleid und ihr Blumenstrauß waren etwas heller als das von Mags.
Vorn am Altar wartete Sam neben dem nervösen Eric Johnson, und sie hätte es nie für möglich gehalten, diesen Mann jemals so aufgeregt zu erleben. Er trug ein helles Hemd und eine mit weißen Rosenknospen bestickte Weste. Mags war froh, dass er sich gegen eine Uniform entschieden hatte.
Sie ging auf ihn zu, küsste ihn zu seiner und ihrer Überraschung auf die Wange und stellte sich dann neben Sam. Jim und Miss Clara gingen Schritt für Schritt durch die Reihen. Die Rosehavener standen auf. Miss Claras Füße schienen kaum den Boden zu berühren, so vorsichtig wurde sie von dem großen Mann an ihrer Seite gestützt. Eric ging ihnen ein paar Schritte entgegen und ergriff Miss Claras Hände. Dann traten beide zusammen vor, um sich vor Mags, Sam und all ihren Freunden das Jawort zu geben.