KAPITEL 34

CALLISTO

D as Wort Nervosität beschrieb nicht einmal annähernd, was ich in diesem Moment empfand. Dabei war es absolut lächerlich. Diese Männer hatten Jahre darauf gewartet, mir nahezukommen. Sie hatten einen Pakt miteinander geschlossen. Sie waren an meiner Seite geblieben, auch dann, als jeder andere den Rückzug angetreten hätte, um seinen eigenen Hintern in Sicherheit zu bringen. Sie hatten mich gerettet. Mit mir gelacht. Geweint. Geliebt. Getrauert. So viele Emotionen hatten sich miteinander vermischt und mittlerweile war ich nicht mehr dazu in der Lage zu sagen, wo ich anfing, wo ich aufhörte und wo diese Männer begannen. Sie waren zu einem Teil von mir geworden, obwohl ich mich lange Zeit dagegen gewehrt hatte und jedes Mal, wenn ich sie hatte von mir stoßen wollen, waren sie einfach hartnäckiger darin geworden, ihre Arme um mich zu schließen und festzuhalten. Auch wenn ich sie dabei jedes Mal etwas kostete. Doch egal, ob es ein Teil ihres Verstandes war, ihres Herzens oder ihres Lebens, sie waren alle geblieben. Mehr noch, sie hatten mich bei allem, was ich tat, unterstützt, dafür gesorgt, dass ich nicht nur jene Rache bekam, die mir zustand, sondern auch noch Teil einer Revolution sein durfte, die diese Insel niemals zuvor gesehen, geschweige denn sich erträumt hatte.

Nun also in einem Brautkleid in der Kirche zu warten, nachdem ich den Priester bedroht und bestochen hatte, eine Eheschließung mit vier beteiligten Personen zu vollziehen, glich für meine Nerven einer Tortur.

Die ausgesprochene Einladung hatte ich mit Absicht vage gehalten, damit sie nichts von meinem Vorhaben ahnten, doch inzwischen bereute ich es, ihnen nicht mehr gesagt zu haben. Vermutlich hätte es mir die Nervosität erspart und die quälend lange Wartezeit, in der ich keine Ahnung hatte, was passieren würde.

Eigentlich hätten sie bereits vor zwanzig Minuten hier sein sollen – und normalerweise war es immer die Braut, die zu spät kam. Das machte die Situation nicht besser, denn je länger ich aus dem Fenster starrte, desto häufiger tauchte eine ganz bestimmte Frage in meinem Hinterkopf auf.

Noch wollte ich sie nicht zulassen, doch ich spürte, wie ich langsam ins Schwitzen geriet. Würde das hier zu einer Blamage für mich werden? Hatte ich mich zu weit aus dem Fenster gelehnt, befand mich nun im freien Fall … und das ganz ohne dass am Boden jemand stand, der mich auffangen würde?

Bevor ich vollends durchdrehte, wagte ich mich aus dem kleinen Nebenraum heraus. Meine Füße trugen mich über die kalten Steinfliesen der alten Kirche. Kein Vergleich zu der pompösen Hochzeit, die damals für Romero veranstaltet worden war.

Da gab es keine Gäste, die warteten. Keine ausgefallene Blumendeko. Keine Feierlichkeiten, die in der Luft lagen. Im Prinzip waren es gerade nur der Priester und ich … oder doch nicht?

Als ich barfuß um die Ecke bog, kam ich schlitternd zum Stehen. Da waren sie. Die drei Männer, die ich heiraten wollte.

Sie trugen allesamt Anzüge und selbst wenn ich mich hätte entscheiden müssen, wer von ihnen darin besser aussah, ich hätte es nicht benennen können.

Luca sah in Anzügen einfach immer gut aus. Professionell. Clean. Er war geboren für diese Art von Stil, auch wenn er praktische Kleidung bevorzugte. Von Domenico erwartete man den Anzug mit Abstand am wenigsten, denn auch durch den feinen Zwirn konnte er nicht verbergen, was unter dem Stoff steckte. Und Lucifer sah aus, als hätte man ihn direkt von einer Fashionshow hierher geschickt.

Aber der Anblick war es gar nicht, der mich so unglaublich schwach in den Knien machte. Nein, es war das Grinsen auf ihren Lippen, die leichte Verlegenheit und nicht zu guter Letzt die Art und Weise, wie sie mich alle drei mit ihren Blicken fixierten und in sich aufnahmen, was sie zu sehen bekamen. Sie tranken meinen Anblick förmlich – sodass nun ich diejenige war, die errötete.

Nicht nur ein Stein fiel mir vom Herzen, auch meine Schultern fühlten sich mit einem Mal freier an. Es war Absicht gewesen, mich warten zu lassen und doch vermochte ich nicht es ihnen zu verübeln.

»Verrätst du uns, was du hier geplant hast, bellissima regina

Demonstrativ sah ich an mir herab, bevor ich den Blick schmunzelnd auf ihn richtete. »Wonach sieht es denn aus?« Ehe ich weitersprach, schloss ich die letzten Meter zwischen ihnen und mir. »Vor einigen Tagen ist mir etwas in die Hände gefallen und Gianni hat mir im Grunde genommen aus dem Jenseits heraus die Augen geöffnet. Ich … weiß, dass mir diese Idee immer zuwider war, aber mittlerweile beunruhigt mich eher der Gedanke, dass wir nicht für immer zusammen sein könnten. Ich weiß, das hier ist alles andere als traditionell und mir ist auch bewusst, dass ich mich nie aktiv dazu geäußert habe, aber das liegt wohl einfach nur daran, dass ich mich so wohl damit gefühlt habe. Euch alle auf diese Weise um mich herum zu haben, ohne dass mir der Druck einer Entscheidung im Nacken sitzt, hat mir wohl die Augen geöffnet. Und was ich sehe ist eine Zukunft, in der wir alle vorkommen. Und vor allem eine, in der es so offiziell wie irgend möglich ist. Ich hab den Priester bereits bestochen. Falls ihr also nichts dagegen habt, mir das Jawort zu geben …«

Ich verlor mich in all den Dingen, die ich zu sagen hatte, und die ich womöglich nie wirklich zum Ausdruck gebracht hatte. »Luca, du hast mich von Anfang an gesehen, auch als es noch nicht deine Aufgabe war, für mich und meine Sicherheit zu sorgen. Du hast mir etwas bewiesen, ohne dass ich wusste, dass ich diesen Beweis brauche. Und du hast auch erkannt, was ansonsten wichtig für mich ist. Was meine Bedürfnisse sind … wer sie erfüllen kann. Mir ist bewusst, dass du Gianni zwar das ein oder andere Mal in die Hände gespielt hast, aber auch, dass es nicht so war, als hättet ihr euch von Anfang an blendend verstanden. Und nachdem er dann gestorben ist, hast du beschlossen, noch mehr zu sein, als du bisher schon warst. Du hast jene seiner Eigenschaften, die Einfluss auf mich genommen haben, erkannt und sie zu einem Teil deiner Persönlichkeit gemacht, um mir mein Leben einfacher zu gestalten. Ich weiß nicht, wie ich dir das jemals danken soll, aber ich glaube, es ist Grund genug, um dich als Erstes zu fragen, ob du mein Mann werden willst.« Alles, was aus mir heraussprudelte, kam in eben diesem Moment zu mir. Nichts davon hatte ich vorher niedergeschrieben oder auswendig gelernt, denn dafür war ich mir zu sicher gewesen, dass die passenden Worte im richtigen Moment zu mir kommen würden.

Während ich den Atem anhielt, schob Luca sich nach vorne. Er hatte die Hände lässig in den Taschen seiner Hose versenkt, doch nun nahm er sie heraus und sank vor mir auf die Knie, eine dieser kleinen, schwarzen Boxen in der Hand, die man nur vom Juwelier ausgehändigt bekam.

»Wir wissen beide, dass ich dich den Antrag nicht machen lassen kann, Callie«, erwiderte er seelenruhig, den Blick zu mir nach oben gerichtet. Alles andere rückte in den Hintergrund. »Wenn du heute nochmal zu mir sagen würdest, dass es dich glücklich machen würde, allein mit mir zu verschwinden und ein Leben im Exil zu fristen, würde ich dich dafür auslachen. Du warst nie nur für einen Mann gemacht, deswegen bekommst du drei. Und solange ich lebe, werde ich es zu meiner Aufgabe machen, genau der Mann für dich zu sein, den du brauchst. Ganz egal, was das auch heißen mag. Du hast mich um deinen Finger gewickelt, ohne es überhaupt zu beabsichtigen, und trotzdem knie ich vor dir. Wirst du meine Frau?"

Ich hatte mir geschworen, keine Tränen zu vergießen, doch bereits jetzt tanzten sie in meinen Augen. »Ja. Ja, werde ich«, stieß ich erleichtert aus, bevor ich in die Tasche meines Kleides griff und die vier Ringe herauszog, die ich dort aufbewahrt hatte. Jenen für Gianni. Für Luca. Für Domenico. Und für Lucifer. Der Ring, den Gianni für mich vorgesehen hatte, befand sich längst an meinem Finger und nun gesellte sich ein zweiter dazu, den Luca mir überstreifte – als wäre er auf diesen Moment vorbereitet gewesen. Wir ignorierten beide die Tatsache, was für ein Schlachtfeld meine Finger nach der Folter noch immer waren.

Gleich darauf erhob er sich, und ich fand mich, wie so oft, in seinen Armen wieder. Einem der wenigen Orte auf dieser Welt, an denen ich mich tatsächlich sicher und geborgen fühlte. Und so ernst die vergangene Zeit auch gewesen war, so ehrlich war nun das Lächeln, welches sich auf mein Gesicht schlich, als ich nach oben zu ihm aufsah.

Für einen kurzen Augenblick ging es nicht darum, dass sich die Tochter des Mafiabosses in ihren Bodyguard verliebt hatte, nein. Für einen kurzen Moment waren wir einfach nur irgendein Junge und irgendein Mädchen, die sich ineinander verliebt und allen Widrigkeiten des Lebens getrotzt hatten, um am Ende glücklich miteinander zu werden.

Ich hob eine Hand an Lucas Gesicht, ließ den Daumen über seine Wange gleiten, sodass ich den Schatten seines Bartes zu spüren bekam.

Erst danach stellte ich mich auf die Zehenspitzen, zog ihn ein wenig zu mir nach unten und küsste ihn. Normalerweise steckte hinter unseren Küssen immer ein wildes Verlangen. Ein Bedürfnis nach mehr. Doch heute spürte ich Erleichterung. Schmeckte die Zukunft. Seine Hände lagen fest um meine Taille, ein erstes Zeichen dafür, dass Luca mich nie wieder gehen lassen würde. Trotzdem trat er zur Seite und hinter mich, sodass ich erneut Domenico und Lucifer gegenüberstand.

Weder der eine noch der andere hatte den Blick abgewandt, während Luca und ich einander verbal und nonverbal die gemeinsame Zukunft versprochen hatten.

Nun jedoch verschob sich mein Fokus auf Lucifer, der vor gar nicht allzu langer Zeit bereits vor mir auf Knien gewesen war. Aus anderen Gründen zwar, das änderte jedoch nichts daran, dass ich der festen Überzeugung war, dass alle Probleme, die jemals zwischen uns existiert hatten, mittlerweile Geschichte waren. Vergangen. Aus der Welt geschafft. Ganz offensichtlich brauchte er zwischendurch eine führende Hand, damit er den Faden und den Blick fürs große Ganze nicht verlor. Es war einfach, in den eigenen Gedanken unterzugehen, in den Erfahrungen, die man in der Vergangenheit gesammelt hatte.

Ich holte tief Luft, ehe ich jenen Ring zum Vorschein brachte, den Gianni für Lucifer vorgesehen hatte. Dass er auf diese Weise an unserer kleinen Zeremonie teilnahm und für immer ein Teil unseres gemeinsamen Lebens bleiben würde, bedeutete mir mehr, als ich in Worte fassen konnte.

Berührt von diesem Gedanken neigte ich den Kopf, bevor ich mich zusammenriss und endlich die Worte fand, die Lucifer gerecht wurden. »Ganz egal, wie viele Gespräche ich mit wem auch immer  darüber geführt habe, dass es keine Option ist, davonzulaufen und ein neues Leben zu beginnen … am Ende war es notwendig, dass du mich nach Hause holst und mir ein Versprechen abverlangst. Ich weiß, dass ich offiziell nie zugestimmt habe, aber mein Schweigen in dieser Situation muss Antwort genug gewesen sein, denn ansonsten stünden wir heute nicht hier. Mit uns beiden war es nie leicht, ich glaube, diesbezüglich müssen wir uns nichts vormachen – und falls ich dir jemals das Gefühl gegeben haben sollte, nicht genug zu sein – vergiss nicht, dass du jener Mann bist, der mich zurück auf die rechte Spur gebracht hat. Und nicht nur das. Am tiefsten Punkt meines Lebens hast du dich immer noch um mich gesorgt und dein Bestes gegeben, damit ich eben nicht aufgebe. Ob beabsichtigt oder nicht, du bist zu meinem Anker geworden, der dafür sorgt, dass ich mich selbst nicht verliere. Hätte Francesco mich allein erwischt, würde ich nicht hier stehen. Wir haben oft darüber gesprochen und … im Endeffekt kann ich nur wiederholen, was ich dir schon einmal gesagt habe.«

Ich neigte den Kopf, wenn auch nur um ihm einen eindeutigen Blick auf das Diadem auf meinem Kopf zu gewähren, das ich zu meinem Accessoire des Tages gemacht hatte.

»Unsere Geschichte hat damit angefangen, dass du eine Frau für mich geköpft hast. Eine bezeichnende Geste, wenn man überlegt, wohin wir uns seitdem entwickelt haben. Würdest du mir den Gefallen tun, und in Zukunft Menschen als mein Mann köpfen?«

Wortlos streckte er mir seine Hand entgegen, was mich nun tatsächlich zum Schmunzeln brachte. Sicher gab es Dinge, die Lucifer zu sagen gehabt hätte – die er vor den anderen beiden aber nicht laut aussprechen wollte.

Deswegen gab ich ihm mit meinem Blick zu verstehen, dass ich Bescheid wusste. Erst dann griff ich nach seiner Hand und schob den Ring über seinen Finger.

Ich rechnete mit vielen Reaktionen, aber sicherlich nicht damit, dass er mich packte und durch die Luft wirbelte. So voller Energie, dass ich nicht anders konnte, als mich an seinen Schultern festzuhalten.

Erst als ich nicht mehr anders konnte, als laut darüber zu lachen, gab er mich wieder frei, indem er mich direkt vor sich auf dem Boden abstellte. »Dir ist bewusst, dass das Kleid wie das andere enden wird, oder?«, raunte er mir zu. »Wir werden es dir vom Leib reißen, bis du nichts mehr trägst außer dieses verdammte Diadem. Dein vorläufiger Thron wird mein Gesicht sein, und …«

Ich vernahm, wie Domenico sich räusperte. War das Ungeduld auf seinem Gesicht, weil er der Einzige war, der von mir noch keine Aufmerksamkeit bekommen hatte?

Der Kuss mit Lucifer dauerte nur wenige Sekunden an und endete mit einem Zwinkern. »Dein Gesicht also, ja?«

»Unbedingt«. Erwiderte er und drehte mich dann um, sodass ich Domenico entgegenblickte.

»Hat dir niemand beigebracht, dass man eine Frau nicht zur Eile antreibt?«

»Mir hat man beigebracht, dass es unhöflich ist, andere Menschen warten zu lassen.«

Mir entwich ein Schnauben, bevor ich den Rock meines Kleides ein wenig anhob, damit ich das verdammte Messer, welches ich dort in meinem Strumpfband befestigt hatte, zum Vorschein bringen konnte.

Meinen eigenen Körper als einen Messergriff zu spüren, war immer noch ungewohnt für mich, doch wann immer ich die Klinge betrachtete, erinnerte sie mich auch an das unausgesprochene Versprechen, das damit einherging.

Bevor ich irgendetwas zu Domenico sagte, reichte ich ihm das Messer. »Ein Ring ist für dich nicht ausreichend … und weil ich meinen Namen bereits auf deinem Körper verewigt habe, glaube ich, dass dir dieselbe Ehre gebühren sollte. Ein Ring für dich … und eine Narbe für mich, die bis in alle Ewigkeit zeigt, zu wem ich gehöre.«

Allerdings war das nur der Anfang dessen, was ich zu Domenico zu sagen hatte. Mir lagen weitere Worte auf der Zunge, allerdings welche, die nicht so leicht auszusprechen waren.

Einige Sekunden lang musterte ich ihn. Selbst jetzt trug er meinen Tanga als Haargummi, blendete den Rest der Welt aus, um seinen Fokus gänzlich auf mich zu richten.

»Was ich heute Mittag gesagt habe, war mein voller Ernst. Ich habe jedes Wort gelesen, das du mir geschrieben hast. Auch wenn sich vorher jemand darüber lustig gemacht hat. Irgendwann einmal habe ich zu dir gesagt, dass ich niemals ins Bett gehen werde und wachliege, nur um an dich zu denken. Das war eine Lüge, offensichtlich. Du suchst mich in meinen Träumen heim – und nur selten geht es dabei um Sex. Mein Unterbewusstsein hat sehr viel früher als ich erkannt, welche Bereicherung du für mein Leben darstellst. Du ermöglichst mir, Seiten meiner Persönlichkeit auszuleben, die davor zwar anwesend waren, aber nie wirklich genutzt wurden. Du siehst meine Schattenseiten und verurteilst mich nicht dafür, egal wie dunkel sie auch sein mögen. Wenn wir beide zusammen sind, mache ich mir keine Gedanken darum, was für Konsequenzen mein Handeln hat, weil ich weiß, dass du immer dafür sorgen wirst, dass es keine gibt. Und so wenig Moral es zwischen uns auch gibt, ich kann mir sicher sein, dass du dein Herz am rechten Fleck trägst. Nicht nur im Bezug auf mich, sondern auch wenn es um all die Menschen geht, die ansonsten keinen Aufpasser deines Kalibers haben. Ich schätze, so im Nachhinein kann ich mich wirklich glücklich schätzen, dass du hartnäckig geblieben bist und dich nicht von mir hast abwimmeln lassen.« Und bei allen Göttern, damit hatte ich mir wirklich viel Mühe gegeben. Nicht nur bei ihm, sondern auch bei den anderen.

»Was soll ich sagen, Domenico? Willst du mir deinen Namen auf ewig in meinen Körper gravieren, damit ich dich als meinen Mann bezeichnen kann?« Ich neigte den Kopf – auf seinem Gesicht ließ sich nicht eine Emotion ablesen, was für ihn beinahe ein wenig untypisch war.

»Steck mir den Ring an den Finger und ich nutze die erstbeste Gelegenheit, um mir die passende Stelle herauszusuchen«, erwiderte er schließlich. »Und dann … gehen wir da rein, lassen den Priester seinen Job machen und wenn er dann nicht Zeuge davon werden will, wie wir auf diesem Altar eine Sünderin aus dir machen, sollte er schnell verschwinden.«

Erst jetzt fiel mir auf, dass wir den größten Teil dessen, was eigentlich vor dem Priester stattfinden sollte, bereits ohne ihn hier draußen getan hatten. Da wir aber ohnehin nicht nach den Regeln spielten, machte es auch keinen weiteren Unterschied.

Absolut motiviert griff ich nach Domenicos Hand, zog ihm den Ring über und ihn an mich heran. Noch während ich das tat, krachten seine Lippen auf meine und mir wurde schlagartig bewusst, dass es nicht nur ein dummer Spruch seinerseits gewesen war. Diese Männer würden mich heute noch zerstören – auf die bestmögliche Art und Weise. Zeit mit jedem einzelnen von ihnen zu verbringen war schon eine Sache, die mich auf mehreren Ebenen zufriedenstellte. Doch die Aufmerksamkeit aller drei gemeinsam zu genießen … ich musste die glücklichste Frau auf Erden sein, anders konnte ich es nicht erklären.

Domenico ließ mich erst los, nachdem seine Zunge ihren Weg in meinen Mund gefunden und er mir für einen kurzen Moment den Atem geraubt hatte.

Dann nickte er in Richtung der Eingangstür, die direkt im Gang endete, der geradewegs auf den Altar zulief. Flankiert von drei Männern trat ich ein. Der Priester am Ende gab sich zwar die allergrößte Mühe, es nicht aussehen zu lassen, als wäre er bis in die Tiefen seiner Seele verstört, doch genau das war der Fall.

Eine junge Frau, drei Männer, und der ausdrückliche Wunsch zu heiraten. Für ihn waren wir die Ausgeburt der Hölle.

Für mich bedeutete es nur, dass ich nicht nur gelernt hatte, die Monster zu bändigen … sondern auch eines von ihnen geworden war.