XXV
Zwei Tage vorher
Merit, zwischen First und White Avenue
Marcella lehnte sich auf dem Stuhl zurück und genoss die Aussicht aus den deckenhohen Fenstern. Vor ihr erstreckte sich das Häusermeer von Merit bis zum Horizont.
Vor Jahren hatte sie auf dem Dach eines Verbindungshauses gestanden und gedacht, die Stadt liege ihr zu Füßen. Dabei hatte sie nur ein paar Häuserreihen überblicken können, alles andere war von höheren Gebäuden verdeckt worden. Das, was sie jetzt vor sich sah, hatte die Bezeichnung Aussicht verdient. Das war ihre Stadt.
Sie drehte sich zurück zu ihrem Schreibtisch, auf dem eine edle seidenbezogene Schachtel stand.
Darin befanden sich hundert blütenweiße Einladungen, auf deren Vorderseite jeweils ein elegantes goldenes M prangte.
Sie zog eine davon heraus und klappte sie auf.
Blickte auf die schwarzen, geschwungenen Buchstaben inmitten des goldgeprägten Rahmens.
Marcella Morgan und Partner
erbitten Ihre Anwesenheit bei der exklusiven Enthüllung
von Merits außergewöhnlichstem Projekt.
Die Zukunft der Stadt beginnt jetzt.
Altes Gericht.
Am kommenden Freitag, dem 23 ., um 18  Uhr.
Mit Begleitung.
Lächelnd drehte Marcella die Karte zwischen den Fingern.
Was kommt als Nächstes? Willst du ’ne Party für dich steigen lassen?, hatte June gefragt.
Das war natürlich nur ein Scherz gewesen. Aber Stell hatte Marcella bei ihrem Treffen einen Trumpf in die Hand gegeben, den sie nun auszuspielen gedachte.
Keine großen Spektakel mehr. Merit darf nicht unter Ihrer Eitelkeit leiden.
Natürlich hatte Stell damit nicht wirklich die Stadt gemeint. Sondern EON . Ja, ein wenig öffentliche Aufmerksamkeit wäre von Nachteil für ihn und seine Leute.
Weshalb Marcella genau dafür sorgen würde.
Sie hatte die Nase voll davon, nach der Pfeife anderer zu tanzen. Sich zu verstecken. Wer im Verborgenen lebte, starb unbeachtet. Die, die das Rampenlicht suchten, konnten nicht so leicht beseitigt werden.
Und Marcella Renee Morgan hatte nicht die geringste Absicht, spurlos zu verschwinden.