England – Fußball-Erfinder ohne Fortune

Bitte festhalten! Man mag es kaum glauben, aber es stimmt wirklich: England ist das Mutterland des Fußballs! Dort wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts dieser faszinierende Sport erfunden.

Man mag sich nun fragen, was die englische Nationalmannschaft damit zu tun hat? Eigentlich recht wenig. Aber es entspricht auch einer gewissen Logik, wenn ein Erfinder einer Sache gleichzeitig auch in der Anwendung dessen die Weltspitze verkörpert. Gottlieb Daimler und Carl Benz, die Erfinder des Automobils, haben sich beispielsweise nicht die Meriten eines Fernando Alonso oder Sebastian Vettel erworben, da ihnen der Rennsport nicht zusagte. Das soll jetzt nicht heißen, dass den Engländern ihr Fußball egal sei. Sie würden ja schon gerne mal etwas gewinnen. Bloß, es will ihnen einfach nicht gelingen.

Gut, wir wollen Wembley 1966 nicht verschweigen. Allerdings hat dieser WM-Titel durch zwei nicht reguläre Tore (das 3:2 war kein Tor und beim 4:2 liefen Zuschauer über den Platz) einen gewissen Makel. Will man auf so einen Titel stolz sein? Nö!

„Die Nation, die das Fußballspiel erfunden hat, ist erniedrigt worden von dem Land, das der Welt die Kuckucksuhr gegeben hat.“

(The Daily Mirror nach einem Unentschieden von England gegen die Schweiz)

In der Folge machte sich insbesondere die deutsche Mannschaft einen Spaß mit den eifrig-glücklosen und oftmals talentbefreiten Briten. Bei der WM 1970 ließ man ihnen im Viertelfinale die Freude, mit 2:0 in Führung zu gehen. Taktisch geschickt, denn der englische Trainer Alf Ramsey wechselte in der in der Mittagshitze von Leon (Mexiko) mit der scheinbar sicheren Führung im Kreuz siegestrunken mit Bobby Charlton seinen besten Spieler aus, um diesen für das Halbfinale zu schonen. Die DFB-Elf sagte Danke für die freundliche Mithilfe, stieg heftig aufs Gaspedal und siegte mit 3:2 nach Verlängerung durch Tore von Beckenbauer, Seeler und Gerd Müller. Dumm gelaufen für England.

1972 nahmen die Three Lions einen erneuten Anlauf, diesmal wieder in ihrer eigenen Fußball-Kapelle Wembley, um gegen Deutschland einen großen Schritt Richtung Europameisterschaft machen. Daraus aber wurde nichts, weil Günter Netzer und Co. den Tommys nicht nur ihre lange Mähne, sondern auch eine lange Nase zeigten und mit geradezu elfengeiler Dominanz mit 3:1 in England triumphierten. Zu guter Letzt durften sich die Engländer später noch die Freudenfeier der deutschen Elf beim Gewinn des Titels anschauen.

„Ein Mittelstürmer verbringt die meiste Zeit seines Lebens im Strafraum.“

(Uwe Seeler)

Wir wollen natürlich nicht die Elfmeter-Demütigungen seitens der DFB-Elf vergessen. Die Taktik war einfach: Man nehme 11 Engländer, lasse sie 120 Minuten „kicken“ & „rushen“, bis sie von selbst zu erledigt sind, um vom Punkt aus vernünftig ihr Ziel anzuvisieren. Jeweils im Halbfinale der WM 90 und die EM 96 führte diese Zermürbungstaktik zum Erfolg. England flog jedes Mal aus dem Turnier raus und die deutsche Elf holte die Titel. Spaßig!

Auch andere Länder erlaubten sich einen Schabernack mit den Erfindern des Fußballs. Insbesondere den argentinischen Fußballgott Diego Armando Maradona würden die Engländer auch viele Jahrzehnte danach am liebsten bei Wasser und Brot (oder bestenfalls Tee mit Toast) in den Kerkern des Tower of London dahinschmachten lassen. Sein Vergehen: Er erzielte zwei Tore im Viertelfinale der Weltmeisterschaft 1986, wovon eines genial war und das andere zum Tor des Jahrhunderts gewählt wurde. Die Genialität des ersten Treffers wird jedoch von den Briten mehr als nur angezweifelt, da Maradona dazu seine Hand benutzt haben soll. Dieser jedoch beruft sich auf die Beteiligung einer höheren Instanz, die ihre Hand im Spiel gehabt haben soll. Auf den Filmaufnahmen ist die so genannte „Hand Gottes“ jedoch nicht zu erkennen. Lediglich die höchst irdischen oberen Gliedmaßen des Argentiniers wirken beeinflussend auf den Ball ein, der die Engländer daran hinderte erst im Halbfinale rauszufliegen oder von Deutschland im Finale im Elfmeterschießen erniedrigt zu werden.

„England bringt jetzt drei frische Männer mit drei frischen Beinen.“

(Jimmy Hill, BBC-Kommentator)

Ach ja, das Elfmeterschießen. Da wurde sogar bereits versucht, die Formel für vernünftige Elfmeter zu ergründen. Dr. David Lewis, Mathematiker aus Liverpool, fand die Formel für den perfekten Elfer, übrigens im Auftrag eines Wettanbieters (!). Lewis hatte zuvor alle englischen Elfmeter bei großen Turnieren seit 1962 unter die Lupe genommen. Alleine dafür gebührt ihm die Tapferkeitsmedaille.

Mit der Formel (((X+Y+S)/2)x((T+I+2B)/4))+(V/2)-1 wollte er den Elfmeter-Fluch für alle Zeiten bannen (haha!). Lediglich sieben (!) Variable mussten dafür stimmen: die Fluggeschwindigkeit des Balles (Velocity/V), die Zeit (Time/T) zwischen dem Aufsetzen des Balles auf dem ominösen Punkt und dem Schuss, die Zahl der Schritte (Steps/S) beim Anlauf des Schützen, die Fallzeit des Torhüters (Initial Dive/I) und natürlich müssen die vertikale (Y) und die horizontale (X) Platzierung des Balles vom Boden und von der Tormitte aus ebenso stimmen, wie die Haltung des Schussfußes (B). Alles andere ist Humbug!

„Da kam dann das Elfmeterschießen. Wir hatten alle die Hosen voll, aber bei mir lief‘s ganz flüssig.“

(Paul Breitner)

Nicht verstanden? Egal … die englischen Spieler sowieso auch nicht. Hauptsache, die Engländer bereiten dem Rest der Welt weiterhin viel Freude. Einerseits durch die Erfindung des wunderbaren Fußballsport. Für diese Heldentat kann man den Briten nicht oft genug Dank entgegenbringen. Andererseits durch die bloße Teilnahme ihrer Nationalmannschaften an Turnieren, die nicht nur aufgrund der manchmal merkwürdig agierenden Torhüter höchsten Unterhaltungswert bietet.

Wir haben sie gerne … und deutsche Nationalmannschaften der fernen Zukunft freuen sich bereits auf den nächsten Treff am ominösen Punkt.

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Englische Erfindung: Der erste Elfmeterpunkt aus dem Jahr 1902 wird zusammen mit den Kronjuwelen im Londoner Tower aufbewahrt. Als Erfinder des Strafstoßes gilt Torwart William McCrum. Der Punkt wird seither in einer Entfernung von 12 Yards (also fast genau 11 Meter) vor dem Tor angebracht.