In Zeiten freier Liebe und allgemeiner „Make Love not War“ Stimmung hielten es die hohen Herren des Deutschen Fußball Bundes für angebracht, West-Deutschlands Elitekicker im beschaulich-öde-langweiligen Malente einzukasernieren. Ein genialer Schachzug, wie sich zeigen sollte.
Helmut Schön bei den Verhandlungen um die WM-Prämie.
Schon bald nämlich ging der Plan der DFB-Oberen auf und die Jungs um Franz Beckenbauer nahmen sich die Freiheiten, die sie brauchten. Zunächst wurde launig über die WM-Prämie verhandelt. Der schlaue Fuchs Helmut Schön tat dabei doch glatt so, als wolle er aus Malente abreisen, nur weil die Elitekicker der BRD nicht wie die „Wunder von Bern“-Helden für einen feuchten Händedruck und die Vaterlands-Ehre spielen wollten. Das war dem Mann mit der Mütze schon lange klar, aber es gehörte zu dem Plan, die Kurzhosen-Rebellen ordentlich zu verschrecken, um damit einen „So weit wollten wir nun doch nicht gehen“ -Effekt zu erzielen. Was auch funktionierte. Die Prämie blieb bei 60.000 DM stehen, intern hatte man beim DFB 100.000 DM veranschlagt. Es kann sich also lohnen, beim Basar bei Null anzufangen…
Nach Meinungen der Nationalkicker strahlte die verstörend-behagliche Sportschule Malente die erotische Ausstrahlung von Hausstaub aus und so konnte es ja nicht anders kommen, dass einige der Insassen dem „Druck“ nicht mehr widerstehen konnten und die nächtliche Flucht ins sündige Hamburg durchführten. So konnten sie sich selbst und diversen Ehefrauen eine Freude bereiten. Aber auch dies war zuvor von den DFB-Psychologen durchgespielt worden, man versprach sich durch die Einkasernierung der Spieler ein Durchbrechen der Blockade. Die Eigeninitiative wurde dadurch gestärkt, was sich später auch in den Spielen bezahlt machte, ebenso wurde der Mannschaftsgeist deutlich gestärkt. Jedenfalls erklärt dies alles, warum z. B. ein Sepp Maier das Turnier seines Lebens spielte. Hatten die DFB-Malente-Organisatoren doch deutlich mitbekommen, wie sich der Münchner Torwart über den bewusst niedrig gehaltenen Zaun davonmachte.
„Ja, gut. Es gibt nur eine Möglichkeit: Sieg, Unentschieden oder Niederlage!“ (Franz Beckenbauer) |
Die Malente-Macher waren sich ebenso sicher, dass sich „eine gute Mannschaft sich selbst aufstellt“. Man fuhr vor dem DDR-Spiel das Training bewusst runter, trainierte die Elf quasi in den Keller. Schließlich war man nach den beiden Siegen gegen Chile und Schweden sowieso schon für die 2. Runde qualifiziert. Nach der 0:1 Niederlage entgingen die DFB-Füchse auch noch den schwereren Gegnern wie Holland und Brasilien. Dieses spielerische Vergnügen gönnte man der Mannschaft von „drüben“, die sich an ihrem wertlosen Gruppensieg nicht lange erfreuen durfte. Auf DFB-Seite war das Gelächter groß, als die DDR chancenlos von den Premium-Gegnern abgeledert und filetiert wurde.
„Der Grund war nicht die Ursache, sondern der Auslöser.“ (Franz Beckenbauer) |
Für die Öffentlichkeit tat man nach der DDR Niederlage natürlich entsetzt, Helmut Schön jedoch beauftragte noch in Nacht nach dem 0:1 seinen Kapitän Beckenbauer, nun doch endlich mal auf den Tisch zu hauen. Der harmoniesüchtige Beckenbauer musste dabei massiv angeheizt werden. Dem Vernehmen nach war der weinbeseelte Kapitän dann aber durchaus noch in der Lage, ein wenig Bundestrainer zu spielen. Die Maßnahme dazu: „Die Reise nach Jerusalem“. Zu ihrem Erfolgssong „Fußball ist unser Leben“ lief der gesamte Kader stockbesoffen um 21 Stühle. Endete plötzlich die Musik, hatten sich alle zu setzen. Derjenige, der keinen Stuhl erhielt, flog aus der Mannschaft. Das Spiel wurde beendet, als die letzten 11 übrig blieben. Diese bildeten logischerweise die Mannschaft, die in der zweiten Finalrunde gegen Jugoslawien auflief. Es waren halt diejenigen mit dem besten Durchsetzungsvermögen. Lediglich Netzer hatte nicht mitgespielt, er konnte den Song nicht leiden und hatte auch den Sinn des Stuhl-Spiels nicht einhundertprozentig verstanden.
Nach der „Nacht von Malente“ hatte Deutschland dann endlich auch die von allen gewünschte Weltmeistermannschaft. Sie bewies dies in den kommenden Spielen gegen Jugoslawien (2:0), Schweden (4:2), Polen (1:0) und im Finale gegen Holland (2:1). Dies ist aber Helmut Schön und seinen klugen Psychologen im Hintergrund zu verdanken. Nur sie wussten, wie man eine Mannschaft erfolgreich Richtung Titel trimmt.
Eben durch Malente…
Die originalen Stühle der „Nacht von Malente“ stehen heute im Deutschen Fußballmuseum.