Kapitel 12
Jemand schnüffelte auf den Loman-Grundstücken herum. Jemand hatte
herumgeschnüffelt. Von den nächtlichen Geräuschen über die Stromausfälle bis zu der Tatsache, dass Parker heute nach Hause gekommen war und eine Hintertür offen vorgefunden hatte.
Was auch immer dieser Mensch suchte, ich musste es zuerst finden. Und nun war ich ziemlich sicher, dass ich genau wusste, wo ich gucken musste.
Die Garage war immer abgeschlossen. Es gab einen separaten Schlüssel nur für dieses Gebäude – so konnten die Lomans den Gärtnern Zutritt lassen, ohne sich Gedanken um ihr Zuhause zu machen. Für mich allein gab es keinen Weg hinein. Der logischste Weg, an den Kofferraum von Parkers Wagen zu kommen, war, den Wagen herauszubekommen.
»Parker«, rief ich, als er auf halbem Weg zurück zum Haupthaus war. Ich lief das Stück zwischen uns zu ihm hin, schloss die Lücke. »Lass uns heute Abend ausgehen.« Ich ließ es wie eine Entschuldigung klingen. Ein Willkommensgruß. Ein Freitagabend. »Du solltest mal rauskommen.«
Er musterte mich langsam. »Ich hatte das sowieso vor. Es ist immer so ruhig hier oben.«
Allein war er noch nie hier gewesen. Normalerweise war Bianca den ganzen Sommer in Littleport. Und wenn sie am Ende der Saison fuhr, war sonst immer Sadie mit ihm dageblieben.
»Um acht?«, fragte ich. »Ich kann fahren.
«
»Nein, ich fahre«, sagte er, was ich vorausgesehen hatte. Auf keinen Fall würde er sich auf dem Beifahrersitz meines alten Autos erwischen lassen, das seit Jahren den Elementen ausgesetzt war, Schnee und Eis und Salzwasser-Wind. »Ins Fold?«
Das Fold hatte ich seit fast einem Jahr nicht mehr betreten. Früher war es mal mein absoluter Lieblingsladen gewesen, zusammen mit Sadie. Er war Teil ihrer Welt, einer dieser Orte, der nur in den Sommermonaten in Betrieb war, wie die Eisläden.
Inzwischen waren die Bars, in die ich ging, meist die hier vor Ort. Meine nächsten Kontakte waren die Leute, mit denen ich zusammenarbeitete, auf die eine oder andere Weise. Die Hausinspektorin Jillian. Der Bauunternehmer Wes, auch wenn ich eine Vertreterin der Lomans war, weshalb ich nie ganz sicher war, wie er zu mir stand. Außer, dass er immer, wenn ich ihn um ein Treffen bat, auch kam. Und das eine Mal, als ich ihn gefragt hatte, ob ich noch mit zu ihm kommen könne, hatte er Ja gesagt. Ich hab nicht noch mal die Initiative ergriffen, und er auch nicht.
Dann waren da noch meine Kontakte zu den verschiedenen Händlern im Ort, die immer freundlich waren, wenn sie mich hinausbegleiteten, aber immer auch auf Distanz.
Andere Freundschaften hatten die Jahre nicht überlebt. Mit Connor und Faith hatte ich mich nie wieder vertragen. Und von der Gruppe, die ich während der Wirtschaftskurse am Community College kennengelernt hatte, hatte ich mich entfernt, Ausreden erfunden, ein Angebot, sich eine Wohnung in einer anderen Stadt zu teilen, abgelehnt. Ich war darauf eingerichtet, in Littleport zu arbeiten. Und nirgendwo sonst gäbe es diesen Ausblick. Diese Perspektive, über alles hinwegzublicken, das ich je gekannt hatte. Nirgendwo sonst gäbe es Sadie
.
Es war nach achtzehn Uhr, als ich einen Anruf von einer Frau erhielt, die sich als Katherine Appleton vorstellte, und gerade im Sea Rose wohnte – einer kleinen Hütte unten am Breaker Beach, nicht weit von hier. Sie sagte, ihr Dad habe die Hütte gemietet, aber sie sei diejenige, die da wohnte. Ich hasste es, wenn die Leute das taten – im Namen von jemand anderem mieteten. Solange nichts schiefging, ließ ich es durchgehen. Solange es keine Gruppe Studenten war, ohne Respekt vor fremdem Eigentum, die das Mietshaus mit größerem Schaden hinterließen, als es wert war. Die Lomans hatten eine ausdrückliche Regel, die untersagte, dass Häuser für jemand anderen gemietet wurden, aber ich setzte sie nur teilweise durch. Ich war mehr daran interessiert, die Wochen ausgebucht zu haben: Das war das Entscheidende, nahm ich an. Wie ich den Rest auslegte, war meine Sache. Ich hatte immer Rufbereitschaft, auch wenn es Freitagabend und die letzte Augustwoche war.
»Ich hab Ihre Nummer in den Papieren gefunden«, sagte sie. Ihre Worte klangen unnatürlich gestelzt.
»Ja, ich bin die Immobilienmanagerin. Was kann ich für Sie tun, Katherine?« Ich drückte mir die Finger gegen eine Schläfe, hoffte, dass es warten konnte.
»Jemand hat unsere Kerzen angezündet«, antwortete sie.
»Was?«
»Jemand. Hat. Unsere. Kerzen. Angezündet«, wiederholte sie, jedes Wort ein eigener Satz. »Und niemand hier war es. Sagen sie.« Ich hörte Gelächter im Hintergrund.
Sie waren betrunken. Verschwendeten meine Zeit. Riefen mich an, weil niemand beichtete, als Mutprobe – Gebt es zu, oder ich rufe die Eigentümer an.
Aber dann fiel mir die brennende Kerze im Blue Robin ein, der Geruch von Meersalz und Lavendel.
»Okay, Katherine, warten Sie mal. Gab es Zeichen von gewaltsamem Eindringen?
«
»Oh, ich kann mich nicht erinnern, ob wir abgeschlossen hatten. Tut mir leid.« Im Hintergrund gab es mehr Gerede. Jemand wollte das Telefon haben, Katherine ignorierte die Bitte.
»Fehlt etwas?«, fragte ich.
»Nein, ich glaube nicht. Alles sieht aus wie vorher. Es ist nur unheimlich mit den Kerzen.«
Mir war nicht klar, was sie von mir wollte. Warum sie mich Freitagabend anrief; warum sie immer noch in der Leitung war.
»Wir haben nur – wir haben uns gefragt …«, fuhr sie fort. Wieder Lachen im Hintergrund. »… ob es irgendwelche Geistergeschichten über dieses Haus hier gibt?«
Ich blinzelte langsam, versuchte ihr zu folgen. »Sie rufen mich wegen einer Geistergeschichte an?« Es war nicht der lächerlichste Anruf, den ich an einem Freitagabend erhalten hatte, aber er kam dem sehr nahe. Was war los mit den Leuten, dass sie sich eher ein Gespenst vorstellten als etwas Reales? Wie auch immer, ich sollte wohl dankbar sein, dass sie nicht damit drohten abzureisen, eine Erstattung oder meine sofortige Aufmerksamkeit forderten.
Das Gelächter im Hintergrund brachte mich zu der Annahme, dass es wohl einer von ihnen gewesen ist. Dass ich vorbeischauen und zu viele Leute vorfinden würde, Beweise, dass Luftmatratzen benutzt worden waren, eine überlaufende Mülltonne.
»Ich komme morgen früh vorbei«, sagte ich. »Und schau mir die Schlösser an.«
Nachdem ich aufgelegt hatte, zog ich einen Stapel Mietverträge hervor. Morgen würde ich alle Unterkünfte überprüfen müssen, nur um sicherzugehen. Es gab zwei definitive Einbrüche, von denen ich wusste, und nun noch das
.
Samstags fanden ohnehin die meisten Wechsel statt, es sei denn, eine Familie blieb länger als eine Woche. Alle, die morgen abreisten, sollten um zehn Uhr draußen sein. Ich hatte die Reinigungsfirmen so eingeteilt, dass sie die Häuser, in der nächste Woche Besucher erwartet wurden, zuerst angingen. Samstag war Chaos: Wir hatten sechs Stunden, um alles auf den Kopf zu stellen und für den nächsten Schwung vorzubereiten.
Ich überprüfte die Liste der Häuser, machte mir selbst einen Plan. Es gab zweiundzwanzig Einheiten, die ich in Littleport beaufsichtigte, und achtzehn davon waren gerade belegt. Nächste Woche würden sechzehn besetzt sein.
Ich blätterte die Liste wieder durch und fragte mich, ob ich etwas durcheinandergebracht hatte. Für das Sunset Retreat gab es gar keinen Vertrag. Weder für die letzte noch für die kommende Woche.
Sunset Retreat, gegenüber vom Blue Robin, wo ich einen Vorhang hatte fallen sehen, jemand mich beobachtet hatte, nachdem ich das Handy gefunden hatte.
Es sollte niemand dort sein.
Mein Magen drehte sich mir um. Jemand war dabei, alles zu beobachten. Nicht nur das Loman-Haus. Nicht nur die Ferienhäuser. Sondern auch mich.