Yale

Am Vorabend meiner Abreise aus Syracuse rief mich meine Verlobte aus Italien an, um mir das Ende unserer Beziehung mitzuteilen. Völlige Verzweiflung. Ich wollte meine Abreise annullieren. Aber für einen Rückzieher war es zu spät, daher machte ich mich tieftraurig auf den Weg. Als ich Lee Smolin schüchtern gegenüber saß und begann, ihm von meiner Arbeit zu

Am nächsten Tag erklärte Lee mir die Schwierigkeiten, auf die er stieß, wenn er versuchte, die neuen Lösungen der Wheeler-DeWitt-Gleichung zu verstehen, die er zusammen mit Ted Jacobson ausgearbeitet hatte. Die Art und Weise, wie Lee dachte, war das genaue Gegenstück zu Ashtekars Denken: Er blickte nur in die Zukunft. Er suchte die Dunkelheit zu durchdringen und fragte sich, was wohl hinter der Wand unserer Ignoranz liegen könnte. Lee hatte keinerlei Skrupel, fremdartige Ideen auszuprobieren, denn ein einziger intuitiver Gedanke, der funktioniert, wiegt eine Million Vorschläge auf, die zu nichts führen. Er war ein Visionär vom Kaliber eines Giordano Bruno, der als Erster von einem unendlichen Raum gesprochen hatte, angefüllt mit unendlich vielen Welten, oder eines Kepler, der als Erster die Planeten von den Kristallsphären befreit und sie auf rein mathematische Umlaufbahnen im Raum gesetzt hatte – Menschen,

Die Seltsamkeit der von Lee und Ted gefundenen Lösungen beruhte darauf, dass jede dieser Lösungen mit einer im Raum geschlossenen Krümmung verknüpft war, einem Ring, einer Schleife. Was bedeuteten diese Schleifen? Während langer nächtlicher Diskussionen auf dem Campus der Universität, in denen wir das Problem unermüdlich von allen Seiten betrachteten, kristallisierte sich eine Lösung heraus: Diese Schleifen mussten die Faraday-Linien des Quantengravitationsfelds darstellen. Anstelle des kontinuierlichen Linienensembles des klassischen Felds handelte es sich um individuelle isolierte Linien, denn es ging hier um die Quantentheorie: In der Quantengravitation zerfällt das Gravitationsfeld in separate, voneinander getrennte Feldlinien, genauso, wie in der Quantenelektrodynamik das elektromagnetische Feld in Photonen zerfällt.

Und da der Raum nichts anderes ist als das Gravitationsfeld, kann man nicht sagen, dass diese Schleifen in den Raum eingebettet sind: Sie selbst sind der Raum! Der Raum wird von diesen Schleifen gebildet. Genau das sagen uns die Gleichungen. An dieser Stelle wurde die Idee geboren, die in einer Theorie münden sollte,

 

Im Lauf mehrerer Wochen arbeiteten wir wie verrückt daran, die Wheeler-DeWitt-Theorie unter Verwendung der Schleifen völlig umzuschreiben. Es gelang uns, eine neuartige Version der Wheeler-DeWitt-Gleichung zu formulieren, die viel besser definiert war als die ursprüngliche Gleichung; wir fanden dafür zahlreiche Lösungen und begannen gleichzeitig, ihre Bedeutung zu verstehen.

Die Lösung, die durch eine einzige Schleife bestimmt wird, stellt ein Universum dar, das aus nicht mehr als einem «Filament» besteht. Die theoretische Existenz dieser Universen, die aus einer einzigen Schleife bestehen, war die erste Bestätigung für die granuläre oder gequantelte Natur des Raums. Um unsere Welt darzustellen, «genügte» es daher, anschließend eine große Zahl von Lösungen, die jeweils aus einer einzigen Schleife bestehen, zu überlagern. So erhielt man ein «Gewebe», gebildet aus einer endlichen Anzahl von Schleifen. Im Gegensatz zum klassischen Feld, in dem die Zahl der Faraday-Linien unendlich ist, kann man die Schleifen im Quantengravitationsfeld

In Abwesenheit von Massen bleiben die Schleifen geschlossen. In der Nähe einer Masse öffnen sie sich, genauso, wie die Schleifen des elektromagnetischen Felds sich öffnen, wenn Ladungen auf sie wirken. Natürlich handelt es sich hier nicht um Massen im makroskopischen Sinn. Die Dimension der Schleifen des Gravitationsfelds liegt in einer Größenordnung von 10−33 cm (der Planck-Maßstab, die kleinste physikalisch mögliche Dimension); das heißt, sie sind viele Milliarden Mal kleiner als die Atomkerne selbst. Das von den Schleifen gebildete «Gewebe» ist sehr viel dichter geknüpft als der Verbund der Atome, die darin «wohnen». Man kann die Atome als große Perlen ansehen, die in das feine Gewebe einer Bluse eingewoben sind – oder vielleicht auch als Fische, die in einem Meer leben, in dem jedes Wassermolekül mit einer Schleife korrespondiert. Die elementaren

Man könnte sagen, dass es mit dieser Theorie gelungen ist, den Raum zu quanteln, und dass dieser Raum körnig oder diskontinuierlich geworden ist. Ich drücke es lieber so aus, dass es keinen Raum mehr gibt. Es gibt lediglich Teilchen, Felder und Schleifen des Gravitationsfelds, und sie alle interagieren miteinander.

Abbildung 3 zeigt ein schematisches Modell der Feinstruktur des Raums: ein Gewirr von Schleifen. Ich habe damals ein Modell gebaut, das die Idee illustrieren sollte, und bin durch alle Schlossereien in Verona gelaufen, um sämtliche Schlüsselringe aufzukaufen, derer ich habhaft werden konnte.

Abbildung 3. Das erste Bild des Raums, wie es von der Theorie der Schleifen nahegelegt wird. Im kleinsten Maßstab gleicht der Raum einer Ansammlung kleiner Ringe.

Abbildung 4. Ich vor langer Zeit, völlig vertieft in den Bau des Modells.

Das war eine wunderbare Zeit, und wir waren voller Enthusiasmus. In den darauf folgenden Wochen begaben wir uns nach Syracuse, um mit Abhay zu diskutieren, dann nach London, um mit Chris Isham zu diskutieren, und anschließend auf eine große physikalische Konferenz in Goa in Indien, wo wir unsere