Kapitel 3

„Sie haben bei Ihrem Kampf drei Stockwerke ruiniert!“ Der Kapitän des Schiffs, ein kantiger Meermann, wedelt wütend mit einer Schwimmflossenhand herum. Er ist so zornig, dass das Atemgerät an seinen Kiemen kaum mitkommt.

„Der Gestaltwandler war eine harte Nuss“, sage ich achselzuckend.

Selbst mit Einzelkämpfer-Armee konnte ich die Gesundheit der Kreatur nur um die Hälfte senken. Leider hat dieser Angriff auch die oberen und unteren Ebenen zerfetzt. Da die meisten Piraten dem Zusammenbruch des Bodens entkommen sind, bin ich nach unten gesprungen, um den Gestaltwandler zu bekämpfen, während meine Kampfgruppe die übrigen Piraten erledigte. Dank Ali und seiner Kanone war das leicht genug.

Allerdings war mein Duell mit dem Krieger der Meisterklasse nicht gerade ein Kinderspiel. Sobald er merkte, dass er es nur mit mir zu tun hatte, verwandelte der Bastard sich in etwas Kleineres und Schnelleres, was mich zu einem mobilen Gefecht in den Schiffskorridoren zwang. Das endete erst, als die Meldung kam, dass alle „normalen“ Piraten eliminiert waren, darunter auch der Draugr.

Überraschenderweise erschien der Kommandosoldat der Meisterklasse erst ganz am Ende, als die Piraten schon aufgegeben hatten. Statt zu kämpfen und weitere Teile des Schiffs zu zerstören, vereinbarten wir einen Waffenstillstand, während ich den Gestaltwandler zu den Laderäumen eskortierte. Die eiskalten Blicke, die sich die überlebenden Piraten der Meisterklasse zuwarfen, als sie durch die Andocktore gingen, zeigten mir, dass sie sich auf ihrem Schiff heftig streiten würden.

„Schwierig oder nicht, Sie haben drei Stockwerke ruiniert und auf einem anderen ein Gefecht ausgeführt. Wir mussten einen ganzen Tag warten, während meine Männer Löcher im Rumpf flickten“, beschwert sich der Kapitän. „Ich sollte Ihnen das eigentlich in Rechnung stellen.“

„Damit Sie zweimal bezahlt werden? Ich bin mir sicher, dass Ihre Versicherung dafür aufkommen wird. Und wenn Sie mir das anhängen wollen, werde ich allen sagen, was für eine Person Sie sind. Ich frage mich, wie viele Passagiere Sie wieder bekommen, wenn jeder weiß, dass Sie sich nicht einmal an die grundlegenden galaktischen Regeln halten?“

Der Kapitän presst die Lippen zusammen und stapft davon. Ich muss leise kichern, als ich sehe, wie der Meermann wegwatschelt. Dann wende ich mich Katherine und Peter zu, die schweigend neben mir stehen.

„Wie geht‘s dir?“, fragt Katherine und sieht mich von oben bis unten an.

Ich habe mir die Zeit zum Kleidungswechsel genommen, so dass ich, abgesehen von etwas Ruß und Blut, wie immer aussehe. Es lohnt sich einfach, Sachen in großen Stückzahlen zu kaufen!

„Gut.“ Ich grinse. „Diesmal musste ich mir nicht einmal Arme oder Beine nachwachsen lassen.“

Katherine hebt eine Augenbraue. „Wir haben einen Teil deines Kampfs mit dem Gestaltwandler gesehen. Zumindest solange die Kameras durchhielten. Es sah ziemlich brutal aus.“

„Ach, so schlimm war das nicht. Er war etwas zu schnell, als dass ich seine wendige Form richtig treffen konnte, und er hüpfte selbst auch zu viel herum, um mir echte Treffer zu versetzen. Er hat meine Ausrüstung ziemlich ramponiert, aber das sah nur blutig aus und war nicht wirklich gefährlich.“

„Deine wirbelnden Schwerter sind äußerst interessant. Allerdings haben sie auch deine Bewegungen behindert“, sagt Peter und erwähnt die Schwachstelle meines Skills Tausend Klingen.

Sobald sie erschaffen werden, folgen die Schwerter dem Pfad des Originals, aber da ich dazu neige, das Originalschwert zu beschwören und wieder verschwinden zu lassen, können die Flugbahnen sehr seltsam werden. Auch wenn eine Zunahme der Intelligenz einen nicht unbedingt in dem Sinne „schlauer“ macht, wie wir uns das vorstellen, scheint das System zu merken, was wir vorher getan haben und entwickelt unsere Fähigkeiten in diese Richtung. Meistens. In meinem Fall ist eine der Auswirkungen meiner hohen Intelligenz, dass ich die Winkel meiner nachfolgenden Schwerter erkennen, verstehen und manipulieren kann. Es erfordert immer noch viel Übung, das zuverlässig umzusetzen, da Wissen und Praxis unterschiedliche Dinge sind. Dennoch könnte ich ohne meine erhöhte Intelligenz nicht so kämpfen, wie ich es tue.

Außerdem ist das beim Billardspielen echt nützlich.

„Bei Skills gibt es immer einen Negativfaktor. Man muss nur wissen, wie man damit umgeht“, sage ich. „Aber ich muss zugeben, dass die meisten Probleme leicht erkennbar sind. Zu hohe Manakosten.“ Ich blicke Peter direkt an, der das Gesicht verzieht. Wahrscheinlich denkt er an seine ultimative Fähigkeit Diplomatische Immunität. Wie meine Fähigkeit Sanktum, schützt sie gegen alle Angriffe, aber – im Gegensatz zu meiner – funktioniert sie nur bei intelligenten Wesen. „Oder ein hohes Maß an Nebenwirkungen.“

„Auf jeden Fall sind die Piraten jetzt weg. Ich bezweifle, dass wir erneut angegriffen werden. Es gilt als unhöflich, ein Handelsschiff auf seiner Route mehr als einmal anzugreifen. Ganz abgesehen davon, dass wir schon Pech hatten, überhaupt angegriffen zu werden“, meint Katherine.

„Weißt du, manchmal erinnert mich das galaktische System eher an ein Land der Dritten Welt als an eine entwickelte Nation.“ Als mich alle verwirrt ansehen, erkläre ich mich. „Mehr Korruption, mehr akzeptierte Korruption, als in Kanada oder den USA. Zumindest sichtbare Korruption. Und außerdem, Piraten? Sekten, die alle anderen schikanieren? Und natürlich die verschiedenen Imperien, die einander bekämpfen.“

„Es ist wegen der Konflikte zwischen den Imperien und anderen Interessengruppen, dass so etwas wie Piraten existiert“, korrigiert mich Peter. „Ein beträchtlicher Teil dieser Piraten sind in Wirklichkeit Freibeuter. Schiffe werden gezwungen, Versicherungen von mehreren Königreichen zu kaufen, wenn sie zwischen Nationen fliegen, was die Kosten erhöht, da man noch mehr Schmiergeld zahlen muss. Und wenn sich jemand weigert ... dann wird sein Name vielleicht diskret an einen Freibeuter weitergeleitet. Und so geht das weiter, von kriminellen Organisationen und Sekten zu Konzernen und sogar Gilden. Wenn es eine Methode gibt, das System zu manipulieren, werden intelligente Wesen sie finden.“

Ich nicke langsam. Das ähnelt dem, was ich gelesen habe. Auch wenn die galaktische Gesellschaft die Tatsache akzeptiert, dass das System so ziemlich alles kontrolliert, versucht sie dennoch, dauernd an die Grenzen vorzustoßen. Gilden sollten eigentlich nichtpolitisch und blockfrei sein. Deshalb dürfen sie an zahlreichen Standorten Land besitzen, ohne der Eigentümer der Siedlung oder des Territoriums zu sein. Im Gegensatz etwa zu einem Königreich, dessen Zugang zu einem und Kontrolle über ein Gebiet es automatisch zu einem Teil seines Territoriums machen würde. Um das zu umgehen, müssen sie den Grundbesitz von Individuen nutzen, was eine gefährliche Sache darstellt. Aber nichts hindert eine Gilde daran, nur aus Leuten zu bestehen, die einem Imperium oder Königreich angehören. Und daher werden die Regeln manipuliert. Oder die Art, wie sich Monarchien und ihr Adel bilden, da man dadurch Treueverhältnisse herstellen kann, die innerhalb des Systems funktionieren, aber auch dessen Regeln manipulieren.

Da wir von Gebieten reden, die zu Königreichen gehören ... „Hast du herausgefunden, wie die Einrichtung der diplomatischen Mission ablaufen wird?“

„Selbstverständlich“, meint Katherine schnippisch. „Einige von uns lesen unsere Korrespondenz.“

„Du bist doch nicht immer noch wütend darüber, oder?“ Ich grinse. Ich muss zugeben, dass ich den Großteil meiner E-Mails nicht mehr gelesen habe, nachdem Katherine sich als meine Sekretärin eingestellt hat. Ich sah mir nur die Texte an, die sie als wichtig und dringend markiert hat.

Katherine verzieht das Gesicht, bis sie dann abwinkt und mir vergibt. „Nein, das war eigentlich die richtige Entscheidung. Deine Fähigkeiten wurden woanders gebraucht.“

„Also. Die Mission?“

„Oberflächlich gesehen ist es relativ einfach“, sagte Peter. „Wir erreichen das Prax-Sonnensystem und docken an der primären Station an. Dann können wir mit den uns zur Verfügung gestellten Visa nach Irvina hinunter. Sobald wir unsere Visa an der Station zeigen, wird unser Diplomatenstatus beim Galaktischen Rat registriert. Dann haben wir sechs Monate, um einen ständigen Wohnsitz in Irvina zu finden und die Botschaft einzurichten.“

„Und ihr könnt Land für die Erde kaufen?“, sage ich und neige den Kopf.

„Ja. Leider ist die Stadt riesig und die verkäuflichen Grundstücke sind begrenzt, so dass das Probleme geben könnte“, sagt Peter. „Sobald wir ankommen, wird sich Katherine darauf konzentrieren, uns eine langfristige Unterkunft zu finden, während ich unsere ehemaligen Verbündeten um Hilfe bitte.“

„Dabei müssten doch die Truinnar helfen können, oder?“, sage ich.

„Das sollte man meinen“, schnieft Katherine. „Aber wir sind nur kleine Fische für sie. Selbst wenn wir etwas geschafft haben, das keiner Dungeonwelt gelungen ist, stellen wir auf der galaktischen Ebene nur eine weitere Stimme dar. Und es wird für sie profitabler, zur Erde zu kommen. Dafür werden sie sich nicht gerade ein Bein ausreißen. Zumindest nicht auf der Ebene des Imperiums. Es gibt etwas Hoffnung bezüglich der Herzogin, aber das müssen wir uns ansehen, wenn wir uns treffen.“

Ich nicke ihren Worten zu und mir ist klar, dass sie ziemlich alles abgedeckt haben. Dann gehe ich, bevor sie mich noch weiter hineinziehen. Ich habe klar gemacht, dass ich nach unserer Ankunft in Irvina verschwinden will. Wie Harry bemerkt hat, haben Mikito und ich durch unsere Taten ziemlich viel Feindseligkeit erzeugt. Wenn wir Teil der offiziellen diplomatischen Gesandtschaft wären, würden die anderen nur Ärger kriegen. Daher will ich versuchen, uns so weit wie möglich von der Gesandtschaft und der Erde selbst zu distanzieren.

Selbstverständlich ist das nicht einfach, da Mikito und ich momentan auch als Leibwächter der anderen dienen. Obwohl Katherine ihr eigenes Sicherheitsteam besitzt, gehören dessen Mitglieder nicht zu den Meisterklassen. Da nach der Ermordung von Bipasha auf der Erde das Chaos ausgebrochen ist, brauchen wir unsere wenigen Meisterkämpfer dort. Bis der Geheimdienst und ähnliche Gruppen genug im Level aufsteigen, sind Mikito und ich die einzigen Schwergewichte, die Katherine einsetzen kann. Daher reisen wir unter diplomatischen Visa ein, auch wenn ich das nur ungern tue.

Letztlich habe ich keine Wahl. Irvina – und der gesamte Planet Prax – ist ein Sperrgebiet. Der Einflug ins Sonnensystem, und erst recht das Betreten der Hauptstadt, ist aufgrund der enormen Anzahl an Interessenten streng eingeschränkt. Die einzige andere Methode, einzureisen, wäre mit einem ausreichend hohen galaktischen Ruf. Und was mich betrifft ...

 

Galaktischer Ruf: 2

Galaktischer Ruhm: 2.308

 

Der Wert für den galaktischen Ruhm mag hoch erscheinen, aber er stammt größtenteils von der Erde. Das ist die Summe des durchschnittlichen Ruhms, den ich in jeder Region der Erde genieße. Auch wenn es hoch aussehen mag, ist es nur auf dem Niveau einer internationalen Boygroup aus der Zeit vor dem System. Man kennt den Namen, kann die einzelnen Sänger aber ums Verrecken nicht auseinanderhalten. Auf der galaktischen Ebene bin ich ein Nichts.

Und mein Ruf ist noch miserabler. Obwohl ich vor der Wahl von Bipasha eine Menge Verträge abgeschlossen habe, habe ich stark an Ruf verloren, als sie ermordet wurde und der verdammte Senator sich weigerte, einige davon zu erfüllen. Die Tatsache, dass dann Rob direkt mit den betroffenen Parteien verhandelt hat, um sie zu beruhigen, gab mir einen unangenehmen und sehr persönlichen Einblick in die Politik.

Auf jeden Fall ist es aufgrund dieses Schlamassels schwer, einen galaktischen Ruf zu erhalten. Um ihn auf galaktischer Ebene zu erhöhen, braucht man eine beträchtliche Menge an Ruhm, Positionen und Verhandlungen.

Erstaunlicherweise sehen Mikitos Werte viel besser aus.

 

Mikito Sato, Speer der Menschheit, Blutwächterin (Mittel-Samurai Level 46)

HP: 1990/1990

MP: 1400/1400

Zustand: Isoide, Jin, Rei, Meiyo, Ishiki, Ryoyo

Galaktischer Ruf: 8

Galaktischer Ruhm: 7.783

 

Es überrascht mich nicht, dass ihr Ruhm höher ist als meiner. Zum einen hat sie keine vier Jahre in einem Höllenloch der Verbotenen Zone verbracht. Selbst wenn das eigentlich beeindruckend ist, hat es meinen Ruhm nicht gerade erhöht, und da ich nicht auf den Ruhm versessen bin, habe ich meine kleine Reise nicht groß erwähnt. Während meiner vierjährigen Abwesenheit rannte Mikito in der Welt herum, tötete Monster und räumte jede Menge Dungeons leer. Wenn man noch hinzuzählt, dass sie in den galaktischen Arenen bekannt wurde, ist es nicht überraschend, dass sie mehr Punkte hat als ich. Und ohne eine Reihe gebrochener Abkommen, die sie belasten würden, ist auch ihr Ruf ziemlich gut. Zumindest für einen galaktischen Neuankömmling.

„Warum starrst du mich so an?“, fragt Mikito argwöhnisch.

„Tue ich doch gar ...“, sage ich und schüttle den Kopf. „Ich habe deinen Status angesehen. Du bist seit meiner Rückkehr um einige Levels aufgestiegen.“

Mikito grinst. „Du bist nicht der Einzige, der schummeln kann.“

„Will ich das überhaupt wissen?“

„Das kommt darauf an. Bist du daran interessiert, wieder in die Arena zu gehen?“

„Aha“, sage ich kopfschüttelnd.

Natürlich. Die Erfahrung und der Gold-Zehnt. Und jetzt, nachdem die Lady ein galaktisches Publikum hat, steigen ihre Werte. Wenn man dann noch die zahlreichen Dungeons einrechnet und die Schlachten, die wir vor der Wahl gewonnen haben, und ...

Mikito lässt sich aber nicht ablenken. „Warum hast du dir meinen Status angesehen?“

„Ich habe nur an unsere Ankunft gedacht. Wenn wir unsere Visa benutzen, kommen wir rein. Aber das verbindet uns mit der Erde.“

„Haben wir denn eine andere Option?“, fragt Mikito.

„Keine, von der ich weiß.“

„Dann mach dir keine Sorgen.“

Ich brumme und gehe zu meinem Zimmer zurück. Sie hat recht, aber ich habe irgendwie das Gefühl, dass es eine bessere Methode geben muss. Oder es nur Ärger bringt, wenn wir der Erde unsere Probleme aufhalsen.

 

***

 

Einige Tage später springt das Handelsschiff endlich aus dem Hyperraum und beginnt die lange Reise durch den Normalraum zum Planeten Prax. Technisch gesehen fliegen wir zu Prax III, der größten und wichtigsten Raumstation, die den Planeten im Orbit bewacht. Die Station ist so groß, dass man sie für einen kleinen Mond halten könnte. Natürlich ist Prax III nicht die einzige Raumstation, und es gibt kleinere Stationen in gleicher Entfernung an der Polarposition um den Planeten herum. Aber auf Prax III wird entschieden, ob man Irvina betreten darf.

Prax III besteht aus einer Reihe miteinander verbundener Speichen um eine zylinderförmige Struktur herum. Schiffe verschiedener Größe sind an jeder Speiche angedockt, um nach Bedarf Fracht und Personal abzuladen. Am größten Ende befinden sich einige der im System verwendeten Frachtschiffe, die mehrere Kilometer lang sind, während kleinere, wendigere Boote näher an den Speichen andocken.

Als mittelgroßes Frachtschiff docken wir etwa auf einem Drittel der Speichenhöhe an. Die übrigen Passagiere haben darum gebeten, zuerst aussteigen zur dürfen, so haben wir Menschen eine gute Sicht auf das Entladen des Schiffs. Es ist keine Überraschung, dass ein Großteil der Arbeit von Robotern übernommen wird, die vor allem von Technomanten und Mitgliedern der Lader-Klassen kontrolliert werden. Es ist ein elegantes Ballett der Bewegung, bei dem mehrere Laderarme über den Rumpf des Schiffs kriechen. Leider werden vor allem Behälter entladen, deshalb langweilt es mich bereits nach wenigen Minuten.

„Was entladen sie denn?“, frage ich Katherine.

„Das Übliche – Beute von Monstern, einige der besten Handwerkswaren der Erde, einige der örtlichen Spezialitäten. Du kennst vielleicht die hier.“ Katherine deutet auf einen Behälter, der genau wie die anderen aussieht. Als sie meinen verblüfften Gesichtsausdruck sieht, grinst die Frau. „Yukon-Gold.“

„Aha, das Bier!“ Ich muss lächeln. Das war sogar eine meiner besseren Investitionen.

Ich rufe kurz meine Benachrichtigungen auf und sehe meine Beteiligungen an. Auch wenn ich die Siedlungen aufgegeben habe, bin ich immer noch an einigen Unternehmen beteiligt. Natürlich werden die meisten von Lanas Investmentfirma im Yukon verwaltet, aber die diversen ausgebrannten Gebäude, Häuser und Läden, die ich gekauft hatte, um auf Reisen einen Platz zum Schlafen zu haben, sind nun ein kleines Vermögen wert. Vor allem, da die Siedlungen und Städte, in denen sie sich befinden, nun nicht mehr totale Ruinen sind. Zumindest die meisten davon.

Ich gehe die lange, lange Liste durch, bevor ich die Daten über die Yukon-Brauerei finde. Als direkter Aktionär und Aktionär der Investmentfirma habe ich fast vollständigen Zugriff auf ihre Finanzdaten. Ich mache große Augen, als ich die Details sehe.

„Wie viel?“, stoße ich verblüfft aus, als ich das Bruttoeinkommen entdecke.

„Du hast dir jetzt erst die Mühe gemacht, deine Beteiligungen anzusehen?“, sagt Katherine mit einem leichten Grinsen.

„Das Unternehmen ist ein bisschen gewachsen“, muss ich zugeben.

„Ein bisschen. Sie sind sehr dankbar dafür, dass du auf eine Rendite verzichtet hast, so konnten sie deine Investitionen für die Erweiterung der Produktionskapazität einsetzen. Anscheinend ist das Dungeonwelt-Bier auf den galaktischen Märkten sehr populär“, sagt Katherine in einem neckischen Ton.

„Verstanden. Und das habe ich selbst gesagt, oder?“ Es erklärt, warum ich nie auch nur einen Credit an Profit erhalten habe.

Meine Hyperintelligenz holt eine Erinnerung hervor, ein Gespräch, das ich vor Jahren führte, als ich das Geld Lana gab. Ich sagte ihr, dass sie den Profit wieder investieren sollte, um die Wirtschaft von Whitehorse aufzubauen, um den Leuten Arbeit und Sinn zu geben, die alles verloren hatten. Das ist so viele Jahre her, dass ich es vergessen hatte. Während der Kämpfe schien das unwichtig zu sein, und dann ... na ja. Die Verbotene Zone. Danach kam eine große Schlacht, dann die Wahl, und so habe ich eigentlich nie daran gedacht.

Das macht mich wohl zu einem schlechten Chinesen, weil mir die Credits egal sind. Mein Vater würde sich im Grab umdrehen, wenn er wüsste, wie ich mit dem Geld umgegangen bin. Aber irgendwann, zwischen der Apokalypse und der Spur aus Leichen, die ich hinterlassen habe, wurden materielle Güter einfach unwichtig. Sogar illusionär.

Ein kleiner Teil von mir, ein schuldbewusster, fragt sich, ob ich mich dadurch unbewusst bestrafen will. Als Buße. Für all die Unschuldigen, all die Leben, die ich nicht retten konnte. Für all die Leiden, all die Zerstörung, die ich nicht aufhalten konnte Eine Klinge kann ein Monster töten, aber sie heilt keine Wunden. Mein Schwert konnte weder die Überlebenden trösten noch ihrem zerstörten Leben eine neue Richtung geben.

„John?“ Katherines Stimme unterbricht meine düsteren Gedanken.

„Entschuldige.“ Ich starre die Informationen über meine Aktien noch eine Sekunde an und lasse sie dann verschwinden. Das bringt mir jetzt nichts. Schließlich kann ich die Investmentfirma momentan nicht kontaktieren, um etwas zu ändern, und ich will es auch gar nicht. Falls ich sterbe – nein, wenn ich sterbe – hat meine Existenz wenigstens etwas Gutes bewirkt.

Also.

Was ist, das ist.

„Sieht aus, als ob wir jetzt dran sind“, unterbricht Peter meine Gedankengänge.

Ich werfe dem Mann ein angespanntes Lächeln zu. Klar. Immer weiter, immer höher.

 

***

 

Sind alle Zollstationen gleich? Die gleichen Barrieren, die gleichen streng blickenden Beamten, die dich und ihre Bildschirme anstarren, als ob sie deine tiefsten, dunkelsten, perversesten Träume sehen könnten? Ja, die galaktische Zollstation auf Prax unterscheidet sich dadurch, dass Galaktiker hinter der Theke stehen – also zahlreiche Aliens und Fantasy-Rassen – aber die Grundstruktur ist identisch.

„John Lee. Erlöser der Toten. Korrekt?“, sagt der Zollbeamte.

Ich starre die große, grüne Kreatur an und sehe mich hundertfach in ihren insektenartigen Facettenaugen gespiegelt. Es ist erstaunlich, dass sie mit diesen Mandibeln auch nur einigermaßen verständliche Geräusche erzeugen kann. „Ja“

„Sie versuchen, Irvina mittels eines sekundären Diplomatenvisums zu betreten, das für den neuen Ratssitz der Erde ausgegeben wurde, korrekt?“

„Ja“

„In Ordnung. Kennen Sie die Einschränkungen und Erwartungen, die mit diesem Visum verbunden sind?“, sagt das Insektenwesen.

„Nicht direkt.“

„Dann würde ich empfehlen, dass Sie diese genau durchlesen. Kurz gesagt, können Sie nicht an örtlichen Wahlen teilnehmen. Sie haben nur die Rechte eines Nichtbürgers, was bedeutet, dass Sie keinen Zugriff auf örtliche Beratungs-, Rechts- und Wohlfahrtsdienste haben. Sie können örtliche Dungeons erst betreten, nachdem Sie sich bei der entsprechenden Abenteurergilde angemeldet und die notwendige Freigabe erhalten haben. Dafür müssen Sie eine Zugangsgebühr zahlen, und danach wird ein Teil Ihrer Einkünfte nach dem Steuersatz für Nichtbürger besteuert. Verstöße gegen das Gesetz werden im Rahmen der sekundären Bestimmungen für Nichtbürger geahndet, und bei Schwerverbrechen folgt mindestens die Verbannung aus dem Prax-System.“

Ich nicke. Eine der Voraussetzungen, um überhaupt einen Platz auf dem Schiff zu bekommen, war, dass wir alle zutreffenden Galaxis- und Irvina-Gesetzestexte herunterladen mussten. Sobald ich dafür bezahlt und sie heruntergeladen hatte, fühlte ich, dass man mich betrogen hatte. Galaktisches Recht ist ziemlich simpel.

Es ist auch nicht sehr umfangreich, da kleinere Ärgernisse, wie illegales Müllabladen und Graffiti, vom System selbst behoben werden. Und was Eigentum und Handel betrifft, muss der Kunde eben aufpassen. Viele der echt gemeinen Betrüger werden durch das Rufsystem in Grenzen gehalten. Während es also beträchtlichen Druck gibt, den besten Deal zu kriegen, werden die Produkte oft ehrlich verkauft. Außer, vielleicht, mit einigen Hürden, die nicht erwähnt werden.

Der Galaktische Rat kümmert sich nicht um Dinge wie die Wohlfahrt einzelner Systeme und überlässt das den jeweiligen Systemen oder Gruppen. Wenn es einen Vorteil des Systems gibt, dann wäre das, dass ein „durchschnittlicher“ Bürger nicht so leicht verhungert – Essen, Mana und grundlegende Gebrauchsgüter sind spottbillig. Allerdings ist es dennoch möglich. Natürlich ist es schwieriger über das reine Existenzminimum hinauszukommen. Dabei wäre für einen Menschen des 20. Jahrhunderts dieses „Minimum“ echt coole Science-Fiction.

Der Großteil des galaktischen Rechts behandelt Straftaten, vor allem Gewaltverbrechen. Ersten werden Duelle nicht nur erlaubt, sondern sogar anerkannt. Wenn man die Menge und die Vielfältigkeit der kämpferischen Klassen bedenkt, überrascht es nicht, dass eine gewalttätige Lösung bei Meinungsverschiedenheiten akzeptabel ist. Da Duelle von beiden Parteien über das System bestätigt werden müssen, kann man sie auch ablehnen. Selbstverständlich beeinträchtigt das in vielen Fällen den Ruhm, es sei denn, der Abstand von Ruf und Ruhm zwischen den beiden Parteien ist sehr groß. Schließlich wird es ein Individuum der Heroischen Klasse kaum stören, von einem Handwerker der Basisklasse herausgefordert zu werden. Und wenn ein Kämpfer einen Handwerker herausfordert, gilt das als unhöflich und hat wiederum Auswirkungen auf Ruf und Ruhm.

Mit Ausnahme von Duellen wird Mord in der größeren Galaxis verpönt. Sobald man eine Dungeonwelt verlässt, hat das Töten anderer Personen Folgen. Auch wenn die Selbstverteidigung als Erklärung angenommen wird, gibt es Gerichtsverhandlungen, Gefängnisstrafen und einen reduzierten Ruf, wenn bestimmte Bedingungen nicht zutreffen. Wie etwa die Abwehr von Piraten ... Wenn ein Justiziar, ein Tribunal oder andere Gesetzeshüter sich den Zwischenfall ansehen und gegen dich entscheiden, kann ein Kopfgeld auf dich ausgesetzt werden. In derartigen Fällen kann der Justiziar oder sonstige Gesetzeshüter einen Teil der verlorenen Güter und Credits der verstorbenen Person als Sicherheit für das Kopfgeld verwenden. Deshalb fürchtet man hochstufige Gesetzeshüter so. Sie können sogar das Kopfgeld auf eine Person vervierfachen.

Mit Ausnahme der Tötung gelten wenige Dinge als Schwerverbrechen. Lange Folter, gewisse Sexualvergehen oder auch die Übernahme von Körper, Geist und Seele stehen auf dieser Liste. Kurzfristige Folter und sexuelle Belästigung werden mit Geldstrafen geahndet und das nicht einmal auf der Stufe eines Schwerverbrechens – es sei denn, die Belästigung ist langfristig. Selbst dann wird die Strafe nur vergeben, wenn ein Mitglied der Gesetzeshüterklasse anwesend ist und sich darum kümmert.

Das Gesetz auf Prax ist nicht viel besser. Ja, es gibt Details über das Allgemeinwohl, Schulung, Arbeitsrecht und ähnliche Dinge, aber für jemanden wie mich ist das größtenteils nutzlos, da ich kein Bürger bin. Caveat emptor deckt den Großteil dessen ab, was ich wissen muss.

„Schon gut. Ich habe nicht vor, Ärger zu machen“, sage ich.

Das Wesen mit den Insektenaugen starrt mich einen Moment lang an, bevor es seine Hände über die Bildschirme bewegt. Eine Sekunde später erhalte ich eine Meldung, dass mein Visum für Irvina genehmigt wurde. Als ich aus dem Zollgebäude komme, sprudle ich förmlich vor Aufregung.

Bald, sehr bald, werde ich eine echte Alien-Stadt sehen.