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FAMILIENTREFFEN

Cosy

»Ich bringe dich um«, sage ich laut genug, damit Griffin es hört.

»Ich habe versucht, die Tür zu schließen.«

»Ohne jede Erklärung.«

Die beiden Männer stehen in gleicher Pose nebeneinander. Sie bewegen sich beinahe synchron. Es ist irgendwie komisch. Der Jüngere von den beiden zieht die Braue hoch und grinst wissend. Das muss sein jüngster Bruder Bancroft sein. Er war mal ein professioneller Rugby-Spieler, und schon allein an seinem Körperumfang erkenne ich, warum. Er ist sehr kräftig. Außerdem bin ich mir ziemlich sicher, dass er sich schon einmal die Nase gebrochen hat, und er hat ein paar Narben im Gesicht, die seine sexy Bad-Guy-Ausstrahlung noch unterstreichen.

Diese Familie hat wirklich Wahnsinnsgene.

Wenn ich Griffin nicht für das hier töte, haben wir vielleicht irgendwann ausgesprochen hübsche Babys. Irgendwann in ferner Zukunft.

Der Ältere – eindeutig Griffins Vater – zwinkert mehrmals hintereinander. Seine Miene bleibt die ganze Zeit ziemlich ausdruckslos, was wirklich beindruckend ist. »Was hat deine neue Praktikantin in deinem Badezimmer zu suchen, Griffin?«

Noch beeindruckender finde ich, dass er nicht das Offensichtliche erwähnt, dass wir allein waren, hinter verschlossener Tür.

Ich gehe um Griffin herum und nähere mich Mr Mills senior mit einem Selbstvertrauen, das ich keinesfalls empfinde, und reiche ihm die Hand. »Ich bin Cosy Felton, Mr Mills, Griffins Freundin.«

Er blinzelt noch ein paarmal. Das muss eine Macke der Mills-Männer sein. Und plötzlich erhellt ein breites, entwaffnendes Lächeln Mr Mills seniors Gesicht. Anstatt meine Hand zu nehmen, schließt er mich fest in die Arme. Er quetscht fast meinen Brustkorb, bevor er mich wieder loslässt und mich auf Armeslänge weghält. »Ich hatte gehofft, Sie kennenzulernen. Das bedeutet, Sie kommen zum Abendessen. Mimi wird begeistert sein. Weiß deine Mutter schon Bescheid?« Er sieht Griffin an.

»Mann. Du hast wirklich keine Ahnung von Frauen, weißt du das?«, sage ich über die Schulter hinweg.

Griffin zuckt mit den Achseln. »Bestimmt habe ich mich schon ungeschickt angestellt, als ich dich zum ersten Mal um ein Date gebeten habe.«

Sein Bruder schnaubt. »Griff war noch nie besonders geschickt. Er ist bei allem auf sein hübsches Gesicht angewiesen.«

»Zum Teufel mit dir, du Fluch meiner Existenz.«

»Schwach«, sagen Bancroft und ich wie aus einem Mund.

Mr Mills senior schmunzelt und wendet sich an Griffin. »Ich mag sie bereits.« Er dreht sich mir zu. »Ich hoffe aufrichtig, Sie schaffen es zum Abendessen. Das gibt uns allen die Gelegenheit, uns ein wenig zu unterhalten.«

»Meine Frau Ruby wird da sein«, sagt Bancroft.

»Und Amalie, Lexingtons Verlobte, ebenfalls«, fügt Mr Mills senior hinzu. »Sie haben also Beistand. Dann können wir uns über Ihr Praktikum unterhalten.«

»Sie meinen, meine Zeit auf dem Schiff?«, frage ich verwirrt, weil das wiederholt Thema ist.

Die drei Männer tauschen Blicke aus. »Bancroft und ich müssen in ein Meeting, aber wir sehen uns dann um sechs zu Hause.« Mr Mills senior umschließt meine Hand mit seiner. »Es war mir ein echtes Vergnügen, Cosy, danke.«

»Ganz meinerseits.«

Er umarmt mich erneut. Bancroft macht einen Faustcheck und zwinkert mir zu, bevor sie gehen.

»Wofür hat er sich bei mir bedankt?«

»Dass du es mit mir aushältst.«

»Du bist nicht schwierig.«

»Ich kann anstrengend sein. Und impulsiv, und ich denke nicht immer über die Folgen meines Verhaltens nach, wie zum Beispiel dich hierherzubringen, ohne dich auf das vorzubereiten, was dich womöglich erwartet.« Er ist jetzt nervös.

»Oh. Na ja, ich komm schon klar.« Ich zupfe grinsend an seiner Krawatte. »Wer ist diese neue Praktikantin, von der sie die ganze Zeit reden?«

Er räuspert sich, ohne mich dabei anzuschauen.

»Griffin?«

»Du wirst für Mills Hotels arbeiten, wenn du nach New York umziehst.« Es klingt mehr wie eine Anweisung als wie eine Option.

Ich verschränke die Arme. »Wie bitte?«

»Es ergibt Sinn. Du hast einen Abschluss in Hotelmanagement. Du bist die Beste deiner Klasse.«

»Woher weißt du das, du stalkender Stalker, der stalkt.«

»Ich habe deinem Programmleiter geschrieben und nach den besten Studenten gefragt. Du warst die Nummer eins. Du hast die Fähigkeiten und die Qualifikation, die für eine Beschäftigung bei Mills Hotels verlangt werden.« Er ist so sachlich, es ist atemberaubend.

»Was sollen eure Angestellten denken?«

Er runzelt die Stirn. »Ich könnte dir einen Job bei der Konkurrenz besorgen, wenn du kein gutes Gefühl dabei hast, für Mills Hotels zu arbeiten, aber ich würde es lieber nicht tun.«

Ich rolle mit den Augen. »Im Ernst? Als ob mich die Konkurrenz einstellen würde. Sie denken wahrscheinlich, du schickst eine Spionin.«

»Also ist es am sinnvollsten, wenn du für Mills Hotels arbeitest. Du machst ein Praktikum, bezahlt natürlich, und dann nimmst du eine Stelle an, die deinen Talenten am meisten entspricht.«

»Und die Leute werden annehmen, dass ich den Job wegen meiner fantastischen Blowjob-Qualitäten bekommen habe.«

»Sie werden denken, dass du den Job bekommen hast, weil du klug und kompetent und verdammt schnell im Kopf bist, Cosy. Vor allem wenn sie dein Zeugnis und deinen beruflichen Werdegang sehen, der ziemlich beeindruckend ist. Ich sollte es wissen. Ich habe jeden einzelnen Arbeitgeber angerufen. Ich werde Rob vom Amphitheater zwar in den Hintern treten müssen, falls ich ihm je begegnen sollte. Aber abgesehen vom Werdegang – seit wann interessiert dich, was andere Leute denken?«

»Ich mache mir keine Sorgen wegen mir, und Rob war der gruseligste Boss, den ich je hatte.«

»Ich werde ihn mir auf jeden Fall vorknöpfen. Wenn du dir keine Sorgen deinetwegen machst, weswegen dann?«

»Du wirst reihenweise Leute rausschmeißen, weil sie tratschen. Sieh dir doch nur deine Reaktion auf Rob an.«

Seine Lippen werden zu einem schmalen Strich, was beeindruckend ist, wenn man bedenkt, wie voll und weich sie sind.

Ich lasse meine Hände über seine breite Brust gleiten und verschränke die Finger in seinem Nacken, wobei ich meinen Körper an seinen schmiege. Er hat recht, es ist mir egal, dass jeder, der an seinem Büro vorbeigeht, uns sehen kann. »Ich bin mit dir zusammen, Griffin. Denk einfach daran, dass wir ein Team sind und die Dinge auch so angehen. Du musst nicht immer alles für mich tun. Wenn ich als Praktikantin für Mills Hotels arbeite, muss es dafür den normalen Lohn geben, und nicht irgendeinen wahnsinnig überhöhten Gehaltsscheck. Und ich werde nicht unter dir arbeiten, weil ich nach Lage der Dinge sowieso genug unter dir sein werde.«

»Du hast mehr verdient als das übliche Praktikumshonorar, aber wenn du es so willst …«

»Das will ich.«

»Dann bekommst du es auch.«

Er ist nur noch einen Zentimeter von meinem Mund entfernt, als uns ein Klopfen hochschrecken lässt. Sein Bruder Lex hat sich gegen die Glaswand gepresst und tut so, als würde er vögeln.

Ich ziehe eine Braue hoch. »Sind nicht alle in der Familie todernst?«

»Früher mal.«

»Was ist passiert?«

»Meine Brüder haben sich verliebt.«

»Und du?«

»Ich habe meine Seelenverwandte gefunden und endlich erfahren, was wirkliche Liebe ist.«

Ich zerre ihn zurück ins Badezimmer und schließe die Tür hinter uns zu. »Hast du das wirklich gesagt?«

»Dass ich meine Seelenverwandte gefunden habe?«

»Den anderen Teil.«

Er lächelt sanft. »Das sollte nichts Neues für dich sein, Cosy. Ich glaube, mein Verhalten spricht eine deutlichere Sprache als meine Worte.«

»Ich mag Worte«, flüstere ich.

Er streicht mit seinen Lippen über meine. »Ich will, dass du nach New York ziehst. Ich will, dass du hier arbeitest, damit ich dich an jedem einzelnen Tag sehen kann, und wenn ich verreise, kommst du mit, damit ich dich nie wieder vermissen muss, weil ich dich liebe, Cosy Felton, und ich will keinen Tag mehr ohne dich sein.«

»Ich liebe dich ebenfalls, Griffin Mills, sehr sogar, obwohl du echt keine Ahnung von Frauen hast.«

»Ich will nur von dir eine Ahnung haben.«