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Mangold und Weißkohl lieben gut gedüngten Boden und stehen gern in Mischkultur zusammen auf einem Beet. Zu Kohl passen Sellerie und Salate, aber besonders der Hanf, der ihm hilft, Schädlinge abzuhalten.

DER KOMPOST ALS LEBEWESEN

Der Kompost ist lebendig. Der Haufen stellt nicht nur eine beliebige Ansammlung von Abfällen und Material dar: Unzählige Billionen von Kleinlebewesen tummeln sich da. Alle Lebensvorgänge finden im Kompost statt: Atmung, Stoffwechsel, Ausscheidung, Vermehrung und so fort. Wie einst die Alchemisten, so sehen noch heute die biologisch-dynamischen Gärtner und Bauern den Kompost als einen Körper aus undifferenziertem, amorphem Ur-Leben, als prima materia. Der Lehre Rudolf Steiners entsprechend pflanzen die Biodynamiker diesem Urlebewesen sogar »Organe« ein, nämlich die biodynamischen Kräuterpräparate, die den Komposthaufen durchstrahlen und ihn empfänglicher für ordnende kosmische Impulse machen sollen.

Optimale Größe

Der Gartenkompost muss sorgfältig aufgesetzt werden. Die Kompostmiete braucht genügend Masse und die richtige Form – nicht nur damit sie ordentlich aussieht. Sie braucht Masse, um sich erwärmen zu können, damit die erwünschten biochemischen Reaktionen stattfinden und die Gase und die Feuchtigkeit im Inneren zirku-

lieren können. Die ideale Höhe des beliebig langen Haufens beträgt 1,20 Meter, die Breite bis zu 2 Meter. Wenn er größer ist, besteht die Gefahr, dass die inneren Schichten nicht genug Sauerstoff bekommen und anaerob faulen.

Die Haut des Komposts

Wie jedes Lebewesen braucht die Kompostmiete eine Haut. Diese verhindert, dass die Lebenskräfte in Form von Ausdünstungen in die Atmosphäre verströmen oder dass er in Trockenperioden unnötig austrocknet und in Regenzeiten zu nass wird. Die »Haut« besteht aus einen 5 bis 10 Zentimeter dicken Mantel aus Erde; darüber kommt eine weitere Decke aus Laub, Stroh, verrottetem Sägemehl oder einer anderen stickstoffarmen Substanz, die in der Lage ist, flüchtige Gase aufzufangen.

Die drei Lebensstufen des Komposts

Es ist sinnvoll, auf dem Kompostplatz eine Sammelstelle einzurichten, auf der man über eine Zeitspanne hinweg die Kompostmaterialien – Küchenabfälle, Tiermist, Laub, gejätete Unkräuter, Hühnerfedern und so weiter – sammelt. Wenn dann genug da ist, kann man die Miete fachgerecht aufsetzen. Man mischt die Zutaten und achtet dabei auf ein ausgeglichenes C-N-Verhältnis. Die Mikroben brauchen nicht nur Luft (Sauerstoff), um zu leben und sich zu vermehren, sondern auch ausreichend, aber nicht zu viel Feuchtigkeit. Also feuchtet man das Material an, indem man Wasser oder verdünnte Jauche zwischen die Lagen sprenkelt.

Nach dieser seiner »Erschaffung« macht der Haufen erstaunliche Metamorphosen durch, die man als die drei Stadien oder Phasen seines Lebens bezeichnen kann. Wenn man es genau betrachtet, dann scheint er sich wirklich wie ein – primitives, amorphes – Lebewesen zu verhalten. Diese drei Stadien sind die folgenden:

Stadium I

Stürmische Jugend. Hauptrotte oder Hochtemperatur-Phase: In dieser ersten Phase steigt die Temperatur rasch an. Wärmeliebende und wärmetolerante Kleinlebewesen – Pilze, Aktinomyzeten (Strahlenpilze), sporenbildende Bakterien – greifen die organische Materie an und zerlegen, zersetzen und verdauen die Eiweiße, Zucker, Fette, Zellulose und andere komplexe molekulare Verbindungen. Eiweiße werden zu Aminosäuren und schließlich Ammoniak reduziert; Kohlenhydrate zu einfachen Zuckern, organischen Säuren und schließlich zu Kohlendioxid. Es ist ein Verdauen, Verbrennen, ganz ähnlich, wie es in den Mägen und Gedärmen der Tiere stattfindet. Die Temperatur steigt in dieser Phase bis auf 75 Grad Celsius. An kühlen Tagen kann man den Kompost dann dampfen sehen. Die Hitze bewirkt gleichzeitig, dass Unkrautsamen und unerwünschte Krankheitsstoffe, etwa gramnegative Mikroorganismen, weitgehend abgetötet werden.

Nun ist es von Vorteil, wenn die Miete eine Haut hat, denn diese fängt viel von der verströmenden Materie auf. Der Wasserdampf kondensiert unter der Haut und das Wasser sickert wieder nach unten – eine Art primitiver »Blutkreislauf«.

Offensichtlich gehört diese Phase der Kompostierung noch – im großen Rad des Lebens – zum Abbauprozess. Würde der Abbau nicht in einen Aufbau umschlagen, dann würde alles auf die einfachsten Elemente – atmosphärischen Stickstoff, Wasser und Kohlensäure – reduziert werden. Aber nun beginnt die Umbauphase.

Stadium II

Reife. Die Pilz-Regenwurm-Phase: Nach drei bis fünf Wochen kühlt der Kompost auf eine mäßigere, aber immer noch warme Temperatur ab. Eine vielfältige mikrobielle Mischflora übernimmt die Vorherrschaft, derweil sich die wärmeliebenden Bakterien zurückziehen und Dauersporen bilden. Ein Gewebe feiner Pilzfäden durchzieht den Haufen, nimmt die gelösten Stoffe auf und baut sie in komplexere Moleküle um.

Nun ist der beste Zeitpunkt, den Haufen noch einmal umzusetzen. Durch das Umschaufeln kann man eingeschlossene trockene Bereiche wieder anfeuchten oder nasse, faulende Stellen wieder für die aerobe Verrottung erschließen.

Beim Umsetzen in dieser Phase ist es günstig, immer wieder eine Handvoll Lehmpulver, Steinmehl, Holzasche und kohlensauren Kalk (Algenmehl, Dolomitmehl oder eine andere gelöschte Kalkart, aber nie Ätzkalk! auch >) zwischen die Lagen zu streuen. Der Kalk bindet die organischen Säuren und hilft den Salpeter schaffenden, Zellulose und Lignin zersetzenden Bakterien und Strahlenpilzen. Auch den Mistwürmern aus der großen Familie der Regenwürmer kommt er zugute. Die Mistwürmer nehmen die durch die Pilze vorverdauten Pflanzenreste auf und bauen mithilfe von Kalk und Ton den begehrten Dauerhumus auf.

In diesem zweiten Stadium kann man den Rohkompost schon als Flächenkompostierung oder Mulch für starkzehrende Pflanzen – Kohl, Mangold, Zuckermais – verwenden.

Stadium III

Altersphase. Das Nitratbakterien- oder Salpeterstadium: In diesem Stadium hat der Kompost keine Hitze mehr. Er besteht aus dunkelbraunem, lockerem, reifem Dauerhumus. Die Mistwürmer ziehen sich langsam zurück, derweil alle möglichen Bodentierchen – Tausendfüßler, metallisch glänzende Laufkäfer, Aas fressende Kurzflügler, Spinnen, Ohrenkneifer, Insektenlarven – die oberen Schichten des Haufens besiedeln. Der Dauerhumusbesteht aus Ton-Humus-Kolloiden. Das sind Makromoleküle mit langen Kohlenstoffketten, die wie ein Magnet die positiv geladenen Kationen, aber auch negativ geladene Anionen (Phosphate, Nitrate, Sulfate) anziehen, festhalten und vor Auswaschung und Zerfall bewahren. Dieser Dauerhumus ist ein wahres Gesundheits- und Lebenselixier für alle Gemüsepflanzen im Garten.

Der reife, mürbe Kompost im dritten Stadium ist als Dünger besonders für keimende Samen, Jungpflanzen und Wurzelgemüse wichtig.