Zehn
Coop
„Punkt, Arschloch.“ Ich schnappte mir den Ball, ehe er am Spielfeld abprallte und schmiss ihn fest auf Jax‘ Brust. „Die Pizza geht auf dich, wie üblich.“
Er versuchte mir einen stechenden Blick zuzuwerfen, aber er konnte es nicht aushalten. Er wusste, dass ich recht hatte. Wir schnappten uns unsere Taschen und machten uns auf zum Pizzaladen neben dem Campus. „Na gut, sie geht auf mich. Aber ich möchte mehr über diese Familie hören, die du vor drei Tagen bekommen hast.“
Ein riesiges Lächeln legte sich über mein Gesicht und Jax rollte nur mit den Augen. „Oh, scheiße. Du wirst doch nicht einer von denen werden, oder?“
„Einer von welchen?“ Aber ich wusste genau, wovon er sprach. Wir hatten diese Unterhaltung schon hundert Mal geführt, über diese widerwärtigen Alphas, die ihren Partner fanden und vor Verliebtheit verblödeten und vollkommen nutzlos für irgendetwas anderes waren. „Und nein, Jax. Ich werde nicht zu einem von denen. Eigentlich haben wir beschlossen, dass Ash bis zum Ende des Semesters in seiner Wohnung bleibt, während ich mich nach einem Job umsehe.“
Er blieb stehen und griff meinen Arm. „Du steigst aus dem Programm aus?“
Ich schüttelte seinen Griff ab und ging weiter. „Nicht endgültig, aber ich glaube, ich bin nur an der Uni geblieben, um mir Zeit zu erkaufen, bis ich wusste, was zur Hölle ich mit meinem Leben anstellen wollte. Und jetzt weiß ich genau, was ich damit anstellen möchte. Keine Ahnung. Ich schätze, es erscheint mir jetzt wie Zeitverschwendung, an der Uni zu bleiben.“
„Schätze schon“, sagte Jax und fing wieder an, neben mir her zu gehen.
„Außerdem, wie viel Bildung braucht ein Mensch, ehe er sich auf in die Welt macht und beginnt, sein Leben zu leben?“
Jax war einige Minuten lang still, was ihm überhaupt nicht ähnlich sah. Draußen war es immer noch hell, aber die Abende wurden kühl, also stecke ich meine Hände in die Hosentaschen, um sie zu wärmen. „Ich werde dich vermissen.“
„Ich weiß. Aber da Ash Professor ist, ist es das Risiko wirklich nicht wert, dass er seinen Job aufs Spiel setzt, wenn wir doch ein paar Monate einfach chillen können.“
Jax hob eine Augenbraue und hatte einen ungläubigen Gesichtsausdruck. „Wirklich? Du wirst einfach chillen, währen dein Baby und dein Omega irgendwo anders leben? Denn, wenn das der Fall ist, dann bist du definitiv nicht wie diese anderen Alphas, die es nicht ertragen können, länger als fünf Minuten von ihrer Familie getrennt zu sein, ohne nervös zu werden.“
Scheiße, er hatte recht. Sogar als ich die Worte aussprach, wusste ich, wie elend es mir gehen würde, wenn Sylvia und Ash nicht jede Nacht bei mir waren. Aber es war klug. Es war verantwortungsvoll. Und jetzt, da ich eine Familie hatte, um die ich mich kümmern musste, musste ich klug und verantwortungsvoll sein, was bedeutete, dass ich mich darauf konzentrieren musst, einen verdammten Job zu bekommen, mit dem ich echtes Geld verdiente. „Ich habe für nächste Woche ein Vorstellungsgespräch bei StarX. Sie haben mir nach meinen Praktika einen Job versprochen.“ Ich hätte einfach bleiben sollen. Mir wäre dann die Zeit mit Ash oder Sylvia nicht entgangen. „Ich war damals nicht bereit, aber jetzt bin ich es.“
„Du ziehst also um?“
Ich schaute meinen Freund an und hoffte, er würde verstehen, wieso ich das tun musste. „Wenn dort der Job ist, dann ziehen wir dorthin. Aber Ash ist wirklich glücklich hier, also werde ich schauen, ob ich vielleicht von hier aus arbeiten kann. Die haben viele Angestellte, die extern arbeiten. Wenn sie mich also wirklich wollen – und das haben sie gesagt – hoffe ich, dass sie mich einfach ein paar Mal im Monat zu Meetings anreisen lassen. Aber wir werden sehen.“
Jax legte seine große Hand auf meine Schulter und schüttelte sie. „Es ist ein guter Plan, Mann. Ich bin stolz auf dich. Sicher, ein bisschen neidisch bin ich auch.“
Ich kicherte über seine Ehrlichkeit, weil ich wusste, dass er mehr als nur etwas neidisch war. Jax wollte unbedingt eine Familie und ich wusste, dass er alles dafür geben würde, wenn er mit mir tauschen könnte. „Du findest deine schon, Jax. Und dann können wir uns Häuser kaufen, die nebeneinander liegen und weiße Zäune haben, und unsere Kinder und Hunde werden für immer zusammen spielen“, sagte ich neckisch.
Sein sanftes Schütteln meiner Schulter verwandelte sich in ein Drücken. „Ja, zieh mich ruhig durch den Kakao, aber ich weiß, dass es bald passiert.“
Er steckte beide seiner Hände in die Hosentaschen, als wir den Eingang der Pizzeria erreichten. Ich machte die Tür auf, damit er durchgehen konnte, komplett ungerührt davon, dass ich sie für ihn aufhalten musste.
Von meiner neuen Familie getrennt zu wohnen war härter, als ich es erwartet hatte. In den Nächten, an denen Ash und Sylvia nicht an meiner Tür auftauchten, fand ich mich an deren Tür wieder, bettelte darum, reinkommen zu dürfen, damit ich sie während der Nacht umarmen konnte. Ich hatte nie verstanden, wovon Killian redete, wenn er davon sprach, nicht richtig funktionieren zu können, wenn er nicht mit Marcus zusammen war. Aber jetzt machte es vollkommen Sinn. Ash war wie meine andere Hälfte. Auch wenn ich noch vor einer Woche nicht einmal gewusst hatte, dass ich eine Familie hatte, fühlte es sich jetzt schon an, als würde sich meine ganze Welt nur um die beiden drehen. Und deswegen wich ich der Unterhaltung aus, die ich mit Ash führen musste.
„Wieso kannst du nicht für immer in mir bleiben?“ Ash kauerte sich an meiner Brust zusammen, sodass ich meinen Körper um seinen wickeln konnte, ihn mit meinen Armen und Beinen einhüllen. „Ich hasse es, wenn du am Ende rausgleitest.“
Meinen Eiern gefiel es, wie sich das anhörte, aber mein Schwanz konnte nach der Nacht, die wir bereits erlebt hatten, nicht einmal mehr zucken. „Ich hasse es auch… aber mein Schwanz würde abfallen, wenn ich ihm nicht ab und zu eine Pause gönnen würde. Du fühlst dich so verdammt gut an. Er würde mir vom Körper platzen.“
Ash kicherte sanft. „Naja, es hat sich so angefühlt, als hätte er das heute Nacht ein paar Mal gemacht. Aber ich schätze, wir können dem kleinen Kerlchen eine Auszeit gönnen.“
„Dem kleinen Kerlchen?“ Ich glitt über Ashs Hüfte und die Seite, sodass ich auf ihm zu liegen kam und mein Gewicht an ihn drückte. „Willst du sagen, dass du mehr willst?“
Ashs Schmunzeln wurde breiter, als er mit einer Achsel zuckte. „Er ist perfekt, so wie er ist, aber…“
Jetzt war mein Interesse geweckt… und ich hatte auch ein bisschen Angst bekommen, dass ich meinen Omega nicht komplett befriedigen könnte. „Aber was?“
„Ich habe von einem Knoten-Verstärker gehört, von dem der Knoten… eine ganze Stunde geschwollen bleibt.“
„Ernsthaft?“ Ich ließ meine Stirn an seine Schläfe fallen und blies einen erleichterten und etwas amüsierten Atemzug aus. „Du bist so eine Knoten-Hure. Fängt es nach einer Weile nicht an, wehzutun?“
„Das tut es… aber es gefällt mir, wenn du dich bewegst und er an mir zerrt. Es ist wie… ich weiß es nicht. Ich schätze, dass es mir gefällt, dass du buchstäblich an mir festhängst.“ Seine Stimme wurde zu einem flüstern und er drehte sich weg, sodass ich mich zurückziehen musste. „Es gefällt mir zu wissen, dass du mich nicht wieder verlassen kannst.“
Scheiße. Ich werde mir nie vergeben, was Ash vergangenes Jahr wegen mir durchmachen musste. „Es tut mir so leid, Baby.“ Ich ließ mich auf der Matratze neben ihm fallen und zog ihn wieder in meine Arme. „Ich werde niemals gehen. Niemals. Und ich hasse mich selbst dafür, dass ich nicht für dich da war, als du mich brauchtest. Aber wir müssen nach vorn schauen und für die Zukunft planen. Wir dürfen nicht mehr zurückschauen.“
Ash nickte und presste seine Lippen in einem sanften Kuss auf meine. „Ich weiß. Und ich glaube dir. Ich werde mich nicht immer so fühlen… aber für den Moment liebe ich es, wenn du an mich geknotete bist.“
„Ich auch.“ Ich erwiderte seinen Kuss, jetzt intensiver, versuchte das, was ich als Nächstes sagen würde, abzuschwächen. „Und wenn wir schon von der Zukunft sprechen…“
„Was?“ Ash sah besorgt aus und ich hasste es, ihm diese Unsicherheit einzupflanzen. „Sind es gute oder schlechte Neuigkeiten?“
Ich lächelte und küsste ihn wieder, hoffte, ihm wieder Sicherheit geben zu können. „Es sind gute Neuigkeiten. Aber es werden ein paar schlechte Tage werden.“
„Warum?“
„Ich habe ein Bewerbungsgespräch in der Stadt. Ich muss am Mittwochmorgen dorthin und ich werde bis Freitagnachmittag dort bleiben. Wenn alles gut läuft, sollte ich die meiste Zeit extern arbeiten können, sodass ich kein Student mehr bin und du die Uni nicht verlassen musst. Wir können hier bleiben und ich werde mich um dich und Sylvia kümmern können.“
„Wirklich? Du meinst, sie werden dich Vollzeit extern arbeiten lassen?“ Ein aufgeregtes Schimmern war in Ashs Augen getreten und meine Beklemmung schwand. Wir wussten beide, dass dies das bestmögliche Szenario für unsere Familie war. Wir würden nur noch eine Weile leiden müssen, ehe es zur Wirklichkeit werden würde.
„Das hoffe ich. Sie haben mich seit letztem Sommer ständig damit genervt, zurückzukommen, also schauen wir mal, ob sie ihren Worten auch Taten folgen lassen. Und wenn nicht, werde ich einfach weitersuchen, bis ich eine Firma finde, die flexibel ist. Mir ist egal, wo sie ist. Ich bin einfach bereit zu beginnen, mich um meine Familie so zu kümmern, wie ich es sollte.“
Ash schüttelte stirnrunzelnd den Kopf. „Baby, du weißt, dass du nicht das Studium abbrechen musst, um dich um uns zu kümmern. Uns geht es gut. Ich kann mich so lange wie nötig um uns kümmern. Sogar, wenn ich die Uni verlassen muss, es gibt viele Firmen, die nach einem Omega-Ressourcen-Manager suchen. Ich bin mir sicher, dass ich das machen kann, wenn die Uni ein Problem mit uns hat.“
„Ich weiß, dass du das kannst. Und ich liebe es, dass du bereit bist, deinen ganzen beruflichen Weg meinetwegen zu ändern.“ Ich kuschelte mich an seinen Nacken und atmete tief ein, brauchte seinen Duft, der mich vernünftig bleiben ließ. „Aber das ist etwas, was ich machen möchte. Ich war das ganze vergangene Jahr über nicht glücklich und die Uni ist in diesem Moment nur eine Ablenkung. Ich möchte unser Baby und dich versorgen. Ich hoffe, du kannst das verstehen.“
„Natürlich kann ich das.“ Sein Lächeln war aufrichtig und ich wusste, dass er mich in allem unterstützen würde, was ich mit meinem Leben anstellen wollte. „Und obwohl es uns elend gehen wird, während du weg bist, bin ich stolz auf dich, weil du diesen Schritt machst. Egal, was passiert, wir werden auf dich warten, wenn du wieder nach Hause kommst.“
Nach Hause.
Ich hatte schon immer ein starkes und liebevolles Zuhause, aber das Wort hatte eine komplett andere Bedeutung angenommen, jetzt, wo ich Ash und Sylvia in meinem Leben hatte. Aber das erinnerte mich an meine Mutter und meinen Bruder. Es würde ihnen das Herz brechen, wenn ich ihnen nicht bald meine neue Familie vorstellte.
„Wenn wir schon von Zuhause sprechen, ich esse normalerweise an Samstagen bei meinem Bruder zu Abend. Könnt du und Sylvia mitkommen? Meine Mutter flippt aus, wenn sie euch beide kennenlernt.“