4 Monate später
Mit einem mulmigen
Gefühl im Magen fuhr ich mit dem Bentley die Einfahrt hinauf und konnte mir schon denken, was mich in wenigen Sekunden erwarten würde. Ein Todesblick von Val und die beschwichtigenden Floskeln ihrer Eltern. Den Wagen parkte ich direkt neben dem roten Ferrari meines zukünftigen Schwiegervaters, stellte den Motor ab und zog
den Schlüssel aus dem Zündschloss. Einige Minuten blieb ich im Auto sitzen, zögerte es heraus, die Höhle des Löwen zu betreten. Nein, besser gesagt: der Löwin. Das Verhältnis zwischen Valentina und mir glich einem Eisberg. Denn sie gab mir nicht den Hauch einer Chance. Doch solange ich das Brennen in ihren Augen sah, würde mir nicht einfallen, uns aufzugeben. Sie gehörte zu mir. Ich würde das nie wieder für eine andere Frau riskieren und es wurde Zeit, dass sie mir vergab. Im Laufe unserer Beziehung hatte sich Val immer mehr zurückgezogen, sie war abweisend geworden, schlief nicht bei mir, selbst nach dem Sex verschwand sie. Anstatt ihr Verhalten zu ergründen, glaubte ich meinen Kumpels, sie würde es mit anderen treiben. Jetzt würde ich die Wahrheit herausfinden. Egal, wie sehr sie sich dagegen wehren würde, der Plan stand fest – und wenn ich sie über die Schulter werfen musste. Den gestrigen Silvesterabend hatten Valentina und ich mit ihren Freunden verbracht. Im Grunde hatte ich ihr keine Wahl gelassen und sie begleitet, Val aber nicht meine Entscheidung mitgeteilt, wie es zwischen uns weitergehen würde. Bis jetzt hatte ich die Details nur mit ihren Eltern besprochen. Ihre Mutter schien begeistert von der Idee, gegensätzlich dazu war ich mir nicht sicher, diese zu überleben. Sie würde nicht weiter ausweichen können, die Spielregeln würden sich ändern. Der Gedanke ließ mich leichter atmen. Mein Mädchen in Reichweite zu haben, würde den Alltag erschweren, aber um einiges abenteuerlicher gestalten. Das Blut schoss mir in die Körpermitte. Wenn Val überhaupt mitmachen würde, denn ich würde sie nicht an den Haaren in das Haus schleifen. Der Funken, den ich dauernd in ihren Augen sah, ließ zumindest Hoffnung aufkeimen, sie würde wütend zustimmen. Eben auf ihre Art und Weise. Das reichte.
Ein Klopfen gegen die Scheibe riss mich aus den aufkommenden Gedanken. Zum Glück, ich musste einen klaren Kopf behalten, da half ein Schwanz, der sehnsüchtig zuckte, nicht.
»Wie lang willst du noch im Auto sitzenbleiben?« Valentinas warmer Atem beschlug das Glas, durch das ich ihre zusammengezogenen Augenbrauen sehen konnte. Rasch öffnete ich die Tür und stieg aus.
»Hast du mich vermisst?«, neckte ich sie, verriegelte den Wagen und stellte den Kragen meiner Winterjacke auf. Die Sonne war mittlerweile untergegangen und der Wind dadurch umso eisiger.
»Wieso sollte ich? Wir haben uns doch erst heute Morgen das letzte Mal gesehen? Wegen mir hättest du hier nicht mehr so schnell aufkreuzen müssen.« Sie trug den übergroßen, dicken, schwarzen Parka, der Val wie ein Michelin-Männchen aussehen ließ. Zwischen ihren Fingern entdeckte ich eine Zigarette. »Außerdem war dein nachdenklicher Anblick kaum zu ertragen. Wirst du jetzt zu einem Philosophen?«, setzte sie einen
obendrauf. Wie ich ihre blöden Kommentare liebte. Eine Windböe fegte ihr die offenen Haare ins Gesicht, die sie sich hinter die Ohren klemmte, wobei ihr der Glimmstängel aus der Hand und direkt in den Schnee fiel. »Scheiße«, grummelte sie vor sich hin. Sofort hob sie ihren Blick, projizierte ihre Wut wieder auf mich. »Wieso bist du hier?« Als hätte ich sie nicht gehört, zog ich den Ärmel der Winterjacke ein Stück zurück und schaute auf die Uhr.
»Wie sollten reingehen, deine Eltern warten.« Ich ließ sie stehen, ohne sie ein weiteres Mal anzusehen. Hinter mir hörte ich leises Gemurmel und verkniff mir ein Lächeln.
»Da bist du ja endlich, Caden!« Isabella strahlte bis über beide Ohren, umarmte mich und strich mir mit den Händen sanft über den Rücken. Ich hasste die überfreundliche Art von Vals Mutter, denn sie schmierte mir nur aus einem Grund Honig ums Maul: Unter allen Umständen sollte ich Val heiraten. Sie glaubten, kein anderer würde sich für sie interessieren – wegen ihrer besonderen
Art. Dabei wusste ich selbst, wie viele Mistkerle Valentina damit in ihren Bann zog. Edward stand abseits von uns, beobachtete das Schauspiel und hielt sich im Hintergrund. Wir beide kannten uns schon ewig, er war in der gleichen Baubranche tätig wie Dad. Als kleiner Junge war ich öfter mitgekommen, hatte ihm während meines Studiums geholfen und wir verstanden uns gut. Der einzige Grund wohl, weshalb Edward den Plan zuließ. Er vertraute mir.
»Mom, bist du dir sicher, dass nicht du ihn heiraten möchtest?« Mit einem Lächeln versuchte Val die Provokation schön zu verpacken.
»Valentina …!« Fassungslos und mit zu Schlitzen geformten Augen lieferten sich die Frauen ein Blickduell. Ich verstand keineswegs, wieso sie sich stets von Vals Sprüchen reizen ließ. Sie sollte ihre Tochter doch mittlerweile bestens kennen.
»Monogamie scheint ja sowieso nicht mehr in Mode zu sein, oder Caden?« Plötzlich stand sie neben mir und grinste mich hämisch von der Seite an. Aber mit ihrer Kampfansage traf sie bei mir auf Granit. Mit der Hand griff ich in ihre braune Mähne, umwickelte einige Strähnen und sie hielt inne. Bis meine Lippen dicht an ihrem Ohr lagen. »Ich kann jederzeit mit dir nach oben verschwinden und zeigen, wie monogam ich bin.« Ihr weiches Haar weckte in mir das Verlangen, daran zu ziehen und ihren Nacken für mich freizulegen. Ihre Augen schimmerten sehnsüchtig, sie versuchte, es zu verstecken, und genau das war der Grund, warum ich nicht aufgab.
Hinter uns räusperte sich ihr Vater, dabei hatte ich nicht mal mitbekommen, wie er dorthin gekommen war. »Ich würde vorschlagen, dass wir vor dem Essen einen Scotch trinken«, merkte Edward an, legte mir die Hand auf den Rücken und schob mich in die angrenzende Bibliothek. Angekommen schloss er die Holztür und lief zu dem kleinen Sekretär auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes. Ich genoss die augenblickliche
Ruhe und hörte das Klirren von Glas.
»Setz dich«, bat er mich, zeigte auf einen Ledersessel neben sich und schenkte die braune Flüssigkeit in zwei Kristallgläser ein. Ich kam seiner Bitte nach und machte es mir bequem.
»Caden, es tut mir wirklich leid, wie sich meine Frau benimmt. Sie ist so euphorisch wegen der Hochzeit und erschwert es dir wohl eher mit Valentina«, entschuldigte er sich und stieß mit mir an.
»Mach dir keinen Kopf. Valentina wird es mir ohnehin schwer machen.« Wir nahmen beide einen Schluck und ich lehnte mich in die Polster zurück.
»Val ist ein gutes Mädchen … Aber das letzte Jahr war sehr anstrengend. Sie zieht sich immer mehr zurück. Redet nicht mit uns«, hauchte Edward, drehte dabei in sich gekehrt das Glas zwischen den Händen. In den letzten Monaten war mir das nicht verborgen geblieben. Ihre rehbraunen Augen, die früher voller Liebe und Gutmütigkeit geglänzt hatten, blickten nur kalt und distanziert umher. Valentina hatte sich verändert. Schon vor dem Ende unserer Beziehung hatten ihre Iriden eine seltsame Mischung aus Härte und Zerbrechlichkeit gezeigt. Nur war ich zu dumm gewesen, um zu bemerken, wie verloren sie war. Ich hatte mich auf das Gerede meiner Freunde verlassen. Das würde mir nicht noch einmal passieren. Jeder Mensch beging Fehler – wichtig war es, daraus zu lernen.
»Du weißt, mir ist mein Unternehmen wichtig und ich respektiere dich. Du könntest die Firma weiterbringen.« Das waren mehr Komplimente, als ich je von Dad bekommen hatte. Ich wollte niemals so kalt werden wie er. Es ergab keinen Sinn, aber trotzdem hoffte ein Funke in mir gleichzeitig immer noch, dass er stolz auf mich war. Das Bedürfnis existierte einfach, obwohl er niemals für mich da gewesen war. »Wenn dein Vater und ich fusionieren, wird es uns beide unglaublich weitbringen.« Nach den Worten nahm er einen Schluck aus dem Glas, ich tat es ihm gleich. »Kurz gesagt, schon damals hätte ich dich gerne als meinen Schwiegersohn gesehen. Nur deshalb hatte ich Isabella zugestimmt, die Verlobung mit deinen Eltern ins Rollen zu bringen. Und nachdem ihr euch wirklich ineinander verliebt hattet, schien alles perfekt. Wie das geendet ist, muss ich dir nicht erzählen …« Ich machte mir nicht die Mühe, auf diese Aussage zu antworten, nickte nur zustimmend und ließ dabei den Blick über die Bücherregale und verschiedenen Familienfotos, die an der Wand hingen, gleiten. »Aber wichtiger ist mir meine Tochter. Das sollte dir klar sein«, fuhr Edward fort. Ich nickte abermals. Vals Eltern beauftragten zu Thanksgiving jedes Mal einen Fotografen, der die Familie ablichtete. Schaute man sich die Bilder nach der klassischen Reihenfolge an, verblasste ihr Lächeln mit jedem weiteren ein
kleines bisschen mehr. »Ich hoffe nur, wir tun das Richtige«, hörte ich Edward murmeln.
Auf dem Foto des letzten Jahres war nicht einmal ein Ansatz davon zu entdecken. Sie hatte mir vor Monaten den Krieg erklärt, nachdem ihre Eltern unsere Verlobung preisgegeben hatten, und versuchte nun, mich bei jeder Gelegenheit zur Weißglut zu treiben.
»Das hoffe ich auch«, redete ich mehr zu mir selbst als mit ihm. An meinem Durchhaltevermögen würde sie sich die Zähne ausbeißen, das stand fest. So schnell gab ich sie nicht auf.
»Wie laufen die Geschäfte?« Edward leerte sein Glas, sah interessiert zu mir.
»Sehr gut. Wir kommen bei den vielen Aufträgen kaum hinterher und mussten einige schon an andere Firmen abgeben. Ich bin meistens bis spät in die Nacht im Büro, versuche Dad, so gut wie es geht, zu unterstützen und bin teilweise auf den Baustellen unterwegs, um alles im Auge zu behalten.« Seit dem Abschluss meines Architektur-Studiums arbeitete ich in der Firma von Dad und wurde weitestgehend darauf vorbereitet, das Geschäft bald zu übernehmen.
Der Scotch ging runter wie Öl und ließ dabei ein wärmendes Gefühl in der Kehle zurück.
»Das freut mich und natürlich auch für deinen Vater, der gewiss stolz auf seinen Sohn ist.« Das Lachen musste ich mir bei seinen Worten verkneifen. Dad hatte seit meiner Kindheit keinen Funken Mitgefühl übrig. Für ihn war es das Mindeste, dass ich Höchstleistungen lieferte. Ich hatte die Universität mit Bestleistungen gemeistert, ohne dafür auch nur einen Ticken Anerkennung von ihm zu bekommen. Denn es war nicht anders erwartet worden. Und nun, mit 25 Jahren, ackerte ich ununterbrochen in der Firma, um sie irgendwann zu übernehmen. Ich war besser als er, doch selbst das wurde vorausgesetzt.
Ich sollte hart bleiben, mich nicht von Gefühlen beeinflussen lassen und stur mein Ziel verfolgen. Im Grunde genau die Sachen, gegen die er jetzt einen Zorn hegte. Denn er und Mom hassten die Entscheidung, auf Valentina zu beharren. Jedes Mal versuchten sie, mir die Verlobung auszureden, die sie selbst arrangiert hatten. Wöchentlich erhielt ich von Mom Bilder von Frauen, um zu verdeutlichen, dass sie eine andere Auswahl bevorzugte. Durch die vielen Eskapaden meiner Zukünftigen hatten sie ihre Meinung geändert, denn diese warfen ein schlechtes Licht auf die wohlerzogene Familie Bishop.
»Ich gebe mein Bestes«, antwortete ich kurz angebunden und stellte das leere Glas auf dem Stehtisch ab. Edward durchbohrte mich mit seinem Blick und fuhr mit der Fingerspitze den Glasrand entlang.
»Es bleibt doch bei unserer Abmachung?« Sein Gesicht wurde aschfahl. Ich verstand Edward, er liebte Val und es war im Gegensatz zu Isabella nicht leicht gewesen, ihn zu überreden. Doch die Ratlosigkeit stand ihm ins Gesicht geschrieben. Allerdings ahnten beide nicht, dass ich nicht hier war, um Valentina zu ändern, wie sie vermuteten. Sondern, um sie zurückzugewinnen. Natürlich machte ich mir Sorgen wegen ihres Wandels, doch der hatte schon vor unserer Trennung begonnen und war nicht, wie ihre Eltern glaubten, dadurch ausgelöst worden. Die Verzweiflung. Die Dunkelheit. Ich hatte es damals falsch gedeutet und einen großen Fehler begangen. Nun wollte ich herausfinden, was wirklich dahintersteckte, denn sie gehörte mir, mit allem, was sie ausmachte.
»Natürlich.« Er sollte langsam wissen, dass ich keinen Rückzieher machte. »Ich bin noch für zwei Wochen in Texas, danach läuft alles so wie abgesprochen«, presste ich hervor. Hörbar atmete er aus und erschrak, als die schwere Holztür aufging. »Das Essen ist fertig«, kam es gleichgültig von Val, bevor sie wieder im Flur verschwand. Wir standen auf, folgten ihr und gesellten uns zu den Frauen ins Esszimmer, wo ich mich auf dem Stuhl neben Valentina niederließ, die sofort ein Stück von mir abrückte. Ihren Blick hielt sie gesenkt, ich vermutete an der Schnute, die sie zog, dass sie irgendetwas beschäftigte. Unwillkürlich legte ich die Hand bestimmend auf ihren Oberschenkel, strich mit dem Daumen über ihr Bein. Durch die hauchdünne Strumpfhose spürte ich ihre weiche Haut, so verführerisch wie die Hölle. Ein Fehler, denn die Berührung brachte mich um den Verstand.
»Alles in Ordnung?«, hauchte ich ihr entgegen.
»Vorsichtig«, zischte sie leise, »wenn du deine Hand nicht verlieren willst.« Allerdings machte sie keine Anstalten, die Finger von sich zu schieben. Ich ließ den Daumen nach wie vor hin und her gleiten, ignorierte das Verlangen, weiterzugehen. Sonst würde sie mich umbringen. Val legte ihre Hand auf meine, sah zu mir.
»Lass sie ruhig da, aber hör auf mit dem Streicheln.« Verwirrt sah ich sie an. Früher hatte sie diese Art von Zärtlichkeit gemocht. Am liebsten würde ich sie darauf ansprechen, doch ich sollte das Glück nicht überstrapazieren. In wenigen Sekunden würde sie die Hand eh wegschlagen.
Beim Essen stellte mir Isabella Fragen zu meinem Haus. Wie viele Zimmer ich zur Verfügung hatte, wie groß der Garten war und ob ich einen Pool besaß. Auf jede Erkundigung versuchte ich höflich zu antworten, dabei sah Val argwöhnisch zwischen uns hin und her. Kurz packte ich härter ihren Schenkel, wodurch sie erst recht misstrauischer wurde. Sie sah die Wut in meinen Augen. Valentina war keinesfalls dumm und das war eindeutig die falsche Art, es ihr unter die Nase zu reiben. Fuck, ich hätte es doch lieber allein mit ihr besprechen sollen. Da Edward sich auffällig laut räusperte, verstummte seine
Frau und wir aßen in kühler, lautloser Atmosphäre weiter.
»Das Essen war köstlich.« Die Haushälterinnen tauchten keine Sekunde später auf, nachdem wir das benutzte Besteck auf die Teller gelegt hatten, und räumten den Tisch ab.
»Möchten Sie einen Nachtisch?«, fragte das junge Mädchen schüchtern und sah in die Runde. Wir schüttelten alle den Kopf, woraufhin sie mit dem gestapelten Geschirr in der Hand in Richtung Küche verschwand.
»Also gut, was läuft hier? Nachdem wir jetzt pappsatt sind, könnt ihr die Katze aus dem Sack lassen.« Da war sie wieder. Es hatte Val deutlich Kraft gekostet, das ganze Essen über den Mund zu halten. Ihre Eltern schauten sich intensiv an, dann mich.
O Gott, bitte lass es friedlich verlaufen. Bei dem Gedanken lachte ich innerlich auf. Wovon träumte ich nachts? Es war zum Scheitern verurteilt!
»Valentina, du weißt, deinem Vater und mir liegt eine Menge an der Verbindung zwischen dir und Caden.« Isabella ergriff auf dem Tisch die Hand ihres Mannes. Meine dagegen bohrte sich mehr in Vals Fleisch, weshalb sie kurz zischte. »Der Hochzeit soll nichts im Wege stehen, deshalb solltest du zu ihm ziehen. Die wöchentlichen Treffen reichen nicht aus. Du wirst immer dreister. Manchmal bist du die ganze Nacht verschwunden.« Wie schon angenommen, schlug sie meine Hand von ihrem Bein. »Weil ich arbeite! Und ein Leben außerhalb dieser vier Wände habe.«
Verzweifelt lehnte ich mich im Stuhl zurück, ihre Mom hatte es mehr drauf, als irgendjemand anders, ihr die Laune zu versauen.
»Denkst du, das ändert sich, wenn ich bei ihm lebe?«, fügte Val hinzu. Sie wusste genau, ich würde sie nie festhalten. Wahrscheinlich würde sie bei mir freier leben, als sie es hier jemals könnte. Meine Ambitionen stimmten nicht mit denen ihrer Mom überein – ich wollte einfach nur mein Mädchen zurück.
»Du hast dich so verändert! Früher warst du schon außer Kontrolle, aber seit du nicht mehr mit Caden zusammen bist …« Ihre Mutter beendete den Satz nicht, presste die Lippen aufeinander und ließ die Worte im Raum stehen. Sie würde nie ein Schimpfwort in den Mund nehmen, im Gegensatz zu ihrer Tochter.
»Bullshit«, keifte Val auch gleich zurück. Da musste ich ihr recht geben, denn sie hatte sich schon vorher verändert, bloß waren ihre Eltern zu dumm gewesen, es zu bemerken. Und ich hatte die falschen Schlüsse aus ihrem Verhalten gezogen. Meine Freunde hatten immer wieder auf mich eingeredet, dass Valentina mich nur hintergehen würde. In letzter Zeit hatte ich viele Möglichkeiten zum Nachdenken gehabt und nun hoffte ich, die Wahrheit herauszubekommen, wenn sie bei mir lebte.
»Du hängst kaum mit Mädchen ab, immer nur mit Männern. Das schädigt deinen Ruf«, zischte Isabella leise. Müde fuhr ich mir mit der flachen Hand übers Gesicht, das waren nicht die Gründe, die wir damals besprochen hatten.
»Das sind Freunde, Mom! Wann kapierst du endlich, dass mich die meisten Frauen nerven? Ich bin nicht wie du, die immer jemanden zum Tratschen um sich haben muss.«
»Denkst du, Caden oder irgendjemand will dich, wenn du ständig so bist?«
»Isabella, du gehst zu weit«, schritt ich harsch ein. Val zu ändern, war nicht mein Ziel. Der Stuhl neben mir quietschte über dem Parkett und kippte um. Valentinas Gesicht färbte sich rot vor Zorn, ihre Atmung ging sehr schnell. »Wie ich mir wahrscheinlich denken kann, ist das mit dir schon alles abgeklärt.« Val wandte sich mir zu und bevor ich eine Antwort geben konnte, sprach sie weiter. »Verdammt, Caden. Ich kann nicht mit dir zusammen sein, wann verstehst du das?« In ihren Iriden lagen Wut und Trauer. Als wünschte sie, es wäre anders. Verflucht, wieso redete sie nicht mit mir?! Sie stürmte aus dem Esszimmer und ich rannte ihr hinterher.
»Val, warte.« Bevor sie den Treppenabsatz erreichte, griff ich nach ihrem Handgelenk. »Fass mich nicht an!«, brüllte sie. »Scheiße, dass hier ist ein verdammtes Déjà-vu.« Aufgelöst fing sie an zu lachen und raufte sich die Haare. »Ich versteh es nicht, Caden. Du hast dich ein Jahr lang nicht bei mir gemeldet. Du hast mit meiner Schwester geschlafen.« Verflucht, sofort brannte sich mir ihr trauriger Blick von damals wieder ins Gedächtnis.
»Ich hab mich dafür tausend Mal entschuldigt. Das macht es nicht besser. Aber …«
Fuck, ich wusste von Anfang an, dass die Taktik eine beschissene Idee war. Jedoch ließ Val mir keine andere Wahl. Mit fester Miene betrachtete ich sie, vergrub die Hände in den Hosentaschen. »Val, du wirst mich davon nicht abbringen können.«
»Wieso unterstützt du diese hirnrissige Hochzeit?«, brüllte sie, verschränkte die Arme vor der Brust.
»Weil du verdammt stur bist und mich sonst nicht an dich heranlassen würdest.« Ich trat dichter zu ihr, legte die Hand um ihre Taille und zog sie näher. Vals Augen weiteten sich, doch ich bemerkte, wie sie zu meinen Lippen glitten, und grinste.
»Val, denkst du, der ganze Zirkus würde mir nicht gegen den Strich gehen? Aber ich spüre deine Blicke.« Langsam verringerte ich den Abstand zwischen uns, bis sich ihre Brüste gegen meinen Oberkörper pressten. »Ich bemerke sie, Val. Jedes verdammte Mal. Wenn du nur ansatzweise verstehen würdest, wie sehr ich dich hier auf den Stufen ficken
will.« Die Worte hauchte ich so zart an ihre Lippen und würde sie zu gerne berühren.
»Caden, lass mich los.« Ihre Stimme glich einem Flüstern. Zärtlich fuhr ich ihre Taille entlang, spürte, wie sie sich verkrampfte, und hörte einen tiefen Seufzer, als ich über ihren Bauch strich.
»Du hältst mich für ein Arschloch, aber immer, wenn du es vergisst, näherst du dich mir. Und so lange werde ich diesen Scheiß nicht abblasen.« Meine Hand blieb am Ende auf ihrer Hüfte liegen. Ich versuchte an ihre Vernunft zu plädieren und daran, dass sie sich nicht länger selbst belog. Wir starrten uns tief in die Augen, ihre Finger legte sie mir auf den Brustkorb.
»Fick dich«, flüsterte sie, drehte sich um und ließ mich stehen.