11
»Noch mal für ganz Blöde …« Grob riss ich am Träger von Vals Kleid, entblößte damit ihre Brust, die ich mit einer Hand knetete. Mit dem Daumen fuhr ich über ihre harte Knospe. »Ich darf dir nicht sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht streichen, geschweige denn dir aus dem Affekt einen Kuss auf die Stirn geben.« Meine Stimme zitterte vor Erregung, glich mehr dem Knurren eines Raubtieres. Valentina starrte mich mit ihren großen, geweiteten Augen an, nickte und verdrehte sie nach oben, als ich ihren Nippel zwischen Zeigefinger und Daumen zwirbelte. Über ihre Lippen glitt ein leises Stöhnen, wodurch mein Schwanz schmerzhaft gegen das Innere der Hose drückte und befreit werden wollte. »Aber wenn ich dich an der Kehle packe und dich ohne einen Hauch von Zärtlichkeit jetzt gleich auf dem Küchentisch ficke, ist alles in Ordnung?« Wir atmeten beide schwer und sahen uns eindringlich in die Augen. Kurz überdachte sie meine Worte, fand allerdings nichts daran auszusetzen und hauchte ein kurzangebundenes: »Ja.« Ihre Augenlider senkten sich etwas, als ich den Griff um ihre Kehle verstärkte und Valentina ihren Rücken wölbte, mir ihre Brüste entgegenstreckte.
»Fuck«, stöhnte ich laut auf, packte sie bei der Taille und setzte Val auf die Küchentheke. Durch den Aufprall schnappte sie kurz nach Atem und zog mich am Shirtkragen zu sich heran. Unsere Lippen trafen hart aufeinander, während sich unsere Zungen gegenseitig umspielten und immer gieriger wurden. Rabiat zwängte ich ihr den zweiten Träger runter, zog Val das Kleid über die Hüften, als sie diese kurz anhob und sich an meinen Schultern abstützte. Splitterfasernackt saß sie vor mir, ihre Brüste, die nur danach schrien, endlich verwöhnt zu werden. Sie spreizte lasziv die Beine und vergrub ihre Finger schlagartig in dem feinen Stoff des Shirts, um mich wieder an sich zu ziehen.
»Ich glaube, auf diese Weise verstehen wir uns am besten, oder?«, wisperte sie und riss das Oberteil entzwei. Schnell streifte ich es mir ab, schmiss es auf die Seite und zwängte mich zwischen ihre Beine. Schon der Anblick ihrer feuchten Spalte raubte mir den Verstand. Zu gern wollte ich sofort meinen Schwanz in sie drängen, hielt mich jedoch zurück und versuchte, das Spiel etwas weiter auszureizen. Fest umschloss ich ihre Brüste mit den Händen, massierte sie, saugte abwechselnd an den Nippeln, biss hinein und genoss es, wie Valentina sich unter den Berührungen wand. Schmerzhaft zog sie mir an den Haaren, presste ihre Beine um meine Hüfte zusammen und glitt mit ihren Händen an den Schultern und am Rücken entlang. Zischend schnappte ich nach Luft, wenn sie ihre Nägel in meine Haut grub. »Val …« Scheiße, sie machte mich verrückt, ließ keinen normalen Gedanken mehr zu. Das Einzige, was ich wollte, war, sie endlich zu ficken.
Du bist mein Licht in der Dunkelheit, Caden.
Fuck, sie gehörte mir und niemand konnte daran etwas ändern. Ich konnte nicht mehr warten, das Ziehen in der Lendengegend wurde immer stärker, weshalb ich Val an der Hüfte umfasste und sie zum Esstisch herübertrug. Mit einem Wisch fegte ich die Blumenvasen vom Tisch, presste sie mit dem Rücken auf die Hochglanz-Tischplatte. Ihre Haare verteilten sich um ihren Kopf herum. Vor Erregung öffnete Val leicht den Mund und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Sie beobachtete mich dabei, wie ich meinen Schwanz befreite, massierte ihre Brüste und spreizte die Beine weit, als ich mich an ihrer nassen Mitte positionierte. Machte sich bereit für den Stoß und legte den Kopf in den Nacken. Doch ich hielt inne und sie rückte stöhnend näher.
»Ca–«, fing sie an und genau in dem Moment drängte ich mich rau in sie, spaltete ihre Wände und fickte sie hemmungslos. An den Hüften hielt ich sie fest, damit sie auf der glatten Tischoberfläche nicht von mir wich und rammte meinen Schwanz mit immer schneller werdenden Bewegungen bis zur Wurzel in sie hinein. Die Stille im Haus wurde von unserem Keuchen und dem Geräusch aufeinanderprallender Haut unterbrochen. Fuck, Val stützte sich mit dem Ellenbogen auf, beobachtete, wie ich mich stetig in ihr versenkte, und stimulierte ihre Klit.
Den Blick heftete ich auf ihre kleinen, prallen Brüste, die im gleichen Takt meiner Stöße auf und ab wippten und zwischen denen sich Schweißtropfen einen Weg nach unten bahnten. Kurz darauf hob sie ihren Kopf und sah mir direkt in die Augen. Fuck, dieser verführerische Blick gab mir den Rest, weshalb ich den Griff in ihr Fleisch verstärkte und Valentina schmerzvoll aufheulte. Jeder konnte sagen, was er wollte, aber genau dieser Schrei, der in ein lüsternes Seufzen überging, ließ meinen Schwanz härter werden und ich spürte, wie der Orgasmus heranrollte. Sie legte sich zurück auf den Rücken, warf den Kopf in den Nacken. Ohne Beherrschung fickte ich sie, beugte mich nach vorne und prallte mit meinen Hüften stetig gegen ihren Hintern. Als ich bemerkte, wie sich ihre Wände enger zusammenzogen, packte ich Val an der Kehle und drückte zu. Überrascht schnappte sie nach Luft und riss die Augen auf. Kaum starrte sie mich mit verlangendem Blick an, überkam es uns beide gleichzeitig. Wir stöhnten laut auf und gaben uns dem Orgasmus hin.
Erschöpft stützte ich mich auf dem Esstisch ab und kostete den Anblick von Vals geröteten Wangen und Dekolleté voll aus. Sog ihn auf, da ich nicht wusste, wann die nächste Chance darauf bestand. Ihre Haare lagen völlig durcheinander auf dem Tisch ausgebreitet und einzelne Strähnen hingen ihr sogar im Gesicht. Kurz verharrten wir, ließen den Blickkontakt nicht abreißen und auch Val vergaß für einen kurzen Moment, dass sie auf Abstand hatte bleiben wollen. Ein sanftes Lächeln umspielte ihre Lippen, während sie mir einmal zaghaft durch die verschwitzten Haare fuhr. In ihren Augen erkannte ich so viel und doch blieben ihre Gefühle für mich ein einziges Mysterium. Sehnsucht, Hoffnung, Schmerz und Bedauern spiegelten sich in ihren dunkelbraunen, schon fast schwarzen Iriden wider. Und kaum hatte sie ihren Fehler bemerkt, mir nämlich einen winzigen Teil von sich zu offenbaren, versteinerte sich ihre Mimik und wurde für mich wieder undurchschaubar. Enttäuscht über den zerstörten Funken an Hoffnung, glitt ich aus ihr heraus und zog die Hose hoch, die bis zu den Knöcheln heruntergerutscht war. Währenddessen richtete sich Valentina ebenfalls auf, rutschte vom Tisch und hob ihr Kleid auf. Statt es sich vor die Brust zu heben, ließ sie es beim Verlassen der Küche über die Fliesen schleifen.
»Wo gehst du hin?«, fragte ich entrüstet. »Du willst mich jetzt nicht allen Ernstes hier einfach stehen lassen.« Sie hielt inne, schenkte mir einen belustigten Augenaufschlag über die Schulter.
»Was hast du denn gedacht? Dass wir uns zusammen auf die Couch legen und kuscheln? Wie gesagt: Das kannst du vergessen.« Grinsend tapste sie weiter und verschwand kurze Zeit später im Flur. Wieso war ich überhaupt noch von ihrem Verhalten überrascht? Zu denken, dass sich irgendetwas an der Situation ändern würde, schien lachhaft. Vals Grenzen musste ich akzeptieren, zumindest ging es in die richtige Richtung und der kräftezehrende Kampf der Annäherung wurde teilweise Geschichte. Wie hieß es so schön: Mühsam ernährte sich das Eichhörnchen. Und nur mit Sex ließ es sich definitiv eine Zeit lang überleben, solange der liebevolle Schimmer in ihren Augen nicht vollends verloren ging und nur die Dunkelheit übrigblieb. Kaum schnappte die Gästezimmertür ins Schloss, hörte ich das schrille Klingeln meines Handys im Wohnzimmer. Lässig schlurfte ich über den Flur und nahm es vom Wohnzimmerschrank. Auf dem Display wurde die Nummer der Hochzeitsplanerin angezeigt.
»Fuck«, stöhnte ich und dachte an die vielen verpassten Anrufe in den letzten paar Tagen. Vals Einzug und das Bauprojekt hatten definitiv einiges an Zeit gefordert, sodass Kallie und das dringend notwendige Treffen in den Hintergrund gerückt waren.
»Hey, es tut m–?«, nahm ich mit leiser Stimme das Gespräch an und schloss die Glastür, damit Valentina nichts mitbekam.
»Caden, ich versuche dich seit Tagen zu erreichen!« Sie klang etwas hysterisch und ich konnte es ihr nicht einmal verübeln. »Ich weiß, dass du in deinem Job ziemlich eingespannt bist und ich nehme dir gerne jede erdenkliche Arbeit in Bezug auf die Hochzeit ab. Doch die ausstehenden Entscheidungen kann ich dir, beziehungsweise euch, nicht abnehmen.«
»Ich weiß, wie gesagt: Es tut mir leid. Bei uns ist momentan ziemlich viel los.«
»Steht der Termin morgen denn noch? Wenn nicht, musst du es mir sagen. Sonst stehen mehrere Firmen vor eurer Tür.« Shit, den Zirkus hatte ich total vergessen. Stumm fluchte ich gen Himmel, ballte die Hände zu Fäusten und schlug in das Polster der Couch. Val würde alles andere als begeistert sein, morgen das ganze Haus voller Hochzeitsdekoration vorzufinden. Den Termin hatte ich schon vor Monaten ausgemacht, in der Hoffnung, dass bis zu diesem Zeitpunkt alles zwischen uns geklärt sein sollte. Ich schmunzelte und schüttelte grinsend den Kopf.
»Ja, das passt. Wie viel Uhr hatten wir noch mal gesagt?«
»Ich komme um halb 11, damit wir vorher noch einige Dinge für die Trauung besprechen können. Die Floristin sollte dann eine halbe Stunde später eintreffen.« Im Kopf hörte ich Valentina teuflisch lachen. Blumendekoration … Ihr wäre es wohl lieber, wenn einem die Wände der Kirche blutdurchtränkt ins Auge fielen.
»Alles klar, bis dann«, verabschiedete ich mich von ihr und legte auf. Die Hand steckte ich in die Hosentasche und entschied, Val erst morgen früh über das Treffen aufzuklären. Sonst ruinierte ich den Abend vollends.
Ich verließ das Wohnzimmer und hörte aus dem Gästezimmer laute Stimmen. Wohl eher Geschrei, denn die Worte kamen mir allzu bekannt vor. Jedes Mal wunderte ich mich, wie oft Val diese blöde Serie noch schauen wollte. Vampire Diaries. Fuck, schon der Titel löste in mir Brechreiz aus. Hexen, Werwölfe und Vampire konnten an den Haaren nicht mehr herbeigezogener sein. Wie oft hatte ich früher mitschauen und mir jeglichen Kommentar zu den geblendeten jungen Frauen verkneifen müssen, die sich Hals über Kopf in Untote verliebten und für sie kämpften. Heilige Scheiße, ich konnte mich schon glücklich schätzen, wenn Val Frühstück machte. Ob sie für mein Wohlergehen auch bis an ihre Grenzen gehen würde?
Dem Gedanken nicht weiter nachhängend schlenderte ich hoch ins Schlafzimmer und machte es mir im Bett bequem, zog die Decke bis zur Nase. Die Tür ließ ich, in der stillen Hoffnung, dass Val ihren Weg zu mir finden würde, angelehnt.
Um 9 Uhr morgens riss mich mein Wecker aus dem Schlaf und ich stellte fest, dass nichts dergleichen passiert war. Schlaftrunken tapste ich ins Bad, duschte ausgiebig und zog mir eine dunkle Leinenhose und ein weißes Hemd an. Gerade als ich den Verschluss der Uhr schloss, vibrierte das Smartphone auf der Anrichte neben dem Waschbecken. Stella . Fuck, nein!
Gekonnt ignorierte ich den Anruf, lief mit dem Handy in der Hand hinunter und hörte in der Küche schon das Geklapper der Töpfe. Monicá war völlig in ihrem Element, hantierte mit Schüsseln, lockerte zwischendurch das Rührei in der Pfanne und richtete Schälchen mit Joghurt und Früchten an.
»Morgen«, begrüßte ich sie und trat ein. Am Wochenende tüftelte sie die meiste Zeit im Haus herum, wenn der Kleine bei Freunden oder seinem Vater war. Natürlich vergütete ich ihr alles extra, obwohl sie darüber ständig die Augen verdrehte.
»Guten Morgen, Caden. Das Frühstück habe ich euch auf der Veranda angerichtet, da es heute so warm ist. Ich glaube, Valentina ist schon draußen. Setz dich zu ihr, ich bringe euch gleich das Essen.« Die zwei Keramikschalen stellte sie auf den Esstisch, woraufhin ich mich schelmisch grinsend umdrehte und mir ein gepresstes »Danke« entwich. Wenn sie wüsste, was wir gestern Abend auf diesem Tisch getrieben hatten, würde Monicá ihn wohl mit Chlorreiniger schrubben.
Ich durchquerte das Wohnzimmer, sah Valentina schon draußen mit dem Rücken zu mir sitzen. Die Beine auf der Stuhlkante und das Kinn auf ihren Knien abgestützt starrte sie ins Leere und bewegte sich keinen Zentimeter. Erst als ich neben sie trat, zuckte sie zusammen und schnalzte mit der Zunge.
»Musst du mich so erschrecken?« Da war wohl jemand mit dem falschen Fuß aufgestanden. Eine Erwiderung sparte ich mir, ließ mich auf dem Stuhl neben ihr nieder, legte das Handy auf den Tisch und goss Kaffee in die bereitstehende Tasse. Danach wollte ich ihr den Tag noch ein bisschen mehr versüßen. Dabei fing das Mobiltelefon wieder an, zu vibrieren. Genervt drückte ich Stellas Anruf weg.
»Um halb elf bekommen wir Besuch.«
»Was soll das heißen?«, fragte sie. Doch bevor ich antwortete, gesellte sich Monicá dazu und stellte die Teller mit Rührei und Brotscheiben vor uns.
»Kallie, die Hochzeitsplanerin, die Floristin und so weiter kommen.«
»Ach, das ist aber schön!«, warf Monicá freudestrahlend dazwischen und klatschte in die Hände. »Das freut mich so für euch zwei.« Verblüfft über ihren Gefühlsausbruch starrten wir sie beide an. Anscheinend spürte sie, fehl am Platz zu sein, weshalb sie uns einen guten Appetit wünschte und sich ins Haus zurückzog.
»Und so weiter?«, wandte sich Val mit zusammengezogenen Augenbrauen zu mir. »Wer kommt noch alles?«
»Na ja, die Deko-Tante für den Ballsaal, der DJ, ein Journalist von der New York Times und der Fotograf«, antwortete ich bestimmend und schaufelte mir Rührei auf die Gabel.
»Ach, hat der Papst etwa keine Lust, zu kommen?!«, keifte Val und nahm knurrend einen Schluck ihres Kaffees.
»Fuck mich am frühen Morgen nicht ab, Val. Der Termin steht seit Monaten fest, also schmoll jetzt nicht wie ein kleines Kind. Ich kann mir auch einen schöneren freien Sonntag vorstellen, aber was sein muss, muss eben sein.« Damit war die Diskussion für mich beendet.
»So einiges muss eben nicht sein«, flüsterte sie und aß.
»Val …«, knurrte ich und schlug die Gabel auf den Tisch, presste die Kiefer fest aufeinander und linste zu dem Display des Handys, das erneut aufblinkte.
»Da scheint jemand Sehnsucht zu haben …« Neugierig schielte sie auf den Namen und schnaubte. Ich hätte ihr nie erzählen sollen, dass zwischen mir und Stella etwas gelaufen war. Jedoch ging es mir in Bezug auf Phil nicht anders. Abermals drückte ich den Anruf weg, frühstückte weiter und schob frustriert den Teller von mir, als das Handy wieder vibrierend auf dem Gartentisch umherwanderte. Fuck, wer fuckte mich gerade am meisten ab? Val mit ihrem kindischen Verhalten oder meine nervige Assistentin?
Ich nahm das Telefonat an und brüllte in den Hörer: »WAS?!« Es sollte mir leidtun, meine schlechte Laune an Stella auszulassen, doch das tat es nicht.
»Caden, es tut mir leid, dass ich dich stören muss, aber du musst ins Büro kommen«, stotterte sie. Ihr war sicherlich klar gewesen, wie ich reagieren würde.
»Ich kann heute nicht«, patzte ich sie an und griff nach der Kaffeetasse, trank einen großen Schluck und spürte Vals Blicke auf mir. Dabei zuckten ihre Mundwinkel.
»Ich würde dich nicht anrufen, wenn es nicht wirklich wichtig wäre. Wenn du nicht kommst, muss ich deinen Dad anrufen, und glaube mir, das möchtest du nicht.« Ihre Worte ließen mich aufhorchen.
»Was ist los?«
»Mister Esposito hat angerufen. Die Baufirma macht Stunk wegen den Plänen, irgendetwas stimmt damit nicht.« Fuck! Ruckartig stand ich auf, sodass der Stuhl umfiel und mit der Lehne auf dem Steinboden aufknallte.
»Ich bin in einer halben Stunde da.« Stellas Antwort wartete ich nicht ab und legte auf.
»Val, du musst später alles mit Kallie durchgehen. Im Büro läuft etwas gewaltig schief.« Schnell trank ich den Kaffee leer und stürmte ins Haus. Val folgte mir.
»Spinnst du?!«, rief sie mir hinterher. »Das kann nicht dein Ernst sein!«
»Doch, ist es. Der Termin lässt sich nicht mehr verschieben und das Problem schon zwei Mal nicht. Solange keine Stripper auf der Feier auftauchen, alles in schwarz und mit Totenköpfen dekoriert ist, bekommst du für alles meine Zustimmung«, schmiss ich ihr an den Kopf und zog mir im Flur Sportschuhe an. Heute würden sich nicht allzu viele Mitarbeiter im Büro aufhalten, weshalb ich mir einen Anzug sparte.
»Wenn es Probleme geben sollte, ruf mich an.« Den Autoschlüssel nahm ich von der Kommode.
»Hey, so haben wir nicht gewettet!« Mit in die Hüften gestemmten Fäusten stellte sich mir Val in den Weg, woraufhin ich sie zur Seite schob und das Haus verließ. »Caden!«, hörte ich sie angepisst hinterherrufen, doch statt darauf zu reagieren, winkte ich ihr über die Schulter zu und stieg ins Auto.
Gespannt, was mich im Büro erwarten würde, raste ich durch die Straßen und hoffte, dass Dad von nichts etwas mitbekam, geschweige denn, dass unser Kunde ihn angerufen hatte. Nervös tippelte ich mit den Fingern auf dem Lenkrad herum und stieg in der Tiefgarage mit Herzrasen aus dem Bentley. Das Projekt hatte von Anfang an ein Problem dargestellt, und doch hatte Dad meine Bedenken abgetan. Es war schwierig gewesen, mit Baufirmen aus dem Ausland zusammenzuarbeiten und die Objekte nicht vor Ort zu haben. Aber hey, da konnte ich auch gleich mit meiner Hand sprechen. Die Fahrt mit dem Aufzug kam mir vor wie eine Ewigkeit und ich seufzte auf, als endlich das langersehnte Ping ertönte und sich die Türen öffneten. Schnellen Schrittes eilte ich ins Büro, die Glastüren mit dem Logo schwangen bis in die Angeln auf und Stella kam sofort um die Anmeldung herum auf mich zu. Eng beieinander und flüsternd liefen wir auf mein Zimmer zu, weshalb uns die Kollegen in der angrenzenden Küche kritisch beäugten.
»Mister Esposito hat heute Morgen angerufen und mitgeteilt, dass sich die Baufirma vor Ort weigert, die Empfangshalle nach unseren Plänen zu gestalten. Die Konstruktion sei instabil, sodass das ganze Gebäude im schlimmsten Falle einsturzgefährdet wäre«, hauchte Stella und fuchtelte mit ihren Händen in der Luft herum. »Angeschrien hat er mich. Wie ein Irrer. Er wollte unbedingt mit deinem Vater sprechen, aber ich habe ihm gesagt, dieser wäre nicht zu erreichen. War das ein Fehler? O Gott, ich dachte mir nur, wenn ich ihn anrufe, macht er dir die Hölle heiß. Vielleicht kannst du das alles klären und schau–« Sie fing immer schneller an zu reden.
»Beruhig dich, ich bekomme das schon hin. Geh wieder an die Anmeldung. Ich ruf dich, wenn ich etwas brauche.« Eine Flasche Whiskey wäre für das anstehende Telefonat vielleicht nicht schlecht.
Die nächsten Stunden telefonierte ich mit einem aufgeregten Italiener, der sich vor lauter Unverständnis in Rage redete und unsere Firma, insbesondere mich, auf alle erdenklichen Möglichkeiten herunterbutterte. Mir blieb nichts anderes übrig, als tausend Mal meine Bestürzung mitzuteilen und seine kurzen Atempausen dazu zu nutzen, unseren Standpunkt zu vertreten. Keiner konnte sich auch nur ansatzweise vorstellen, wie viel Kraft es kostete, die Fassung zu bewahren, anstatt wie ein Neandertaler zurückzuschreien. Nebenbei klingelte immer wieder mein Handy und Vals Name prangte auf dem Display. Was verstand sie nicht, wenn ich sagte, alle Entscheidung lagen bei ihr? Als wäre das nicht genug, rief Vals Mom Isabella ebenfalls an. Zumindest versuchte sie es. Heute wollten mich die Weiber wirklich an den Rand des Wahnsinns treiben.
»Ich weiß, dass Sie aufgebracht sind. Allerdings kann ich Ihnen versichern, dass die Pläne auch bei uns noch mal in Prüfung gegangen sind, bevor ich sie Ihnen übergeben habe.«
»Dann kann ich mir also aussuchen, wer seinen Job nicht richtig gemacht hat?«, erwiderte unser Kunde erbost und schnaufte wie ein Bulle in den Lautsprecher. Dass diesen Job sogar Dad übernommen hatte, sprach ich am besten nicht laut aus.
»Sobald wir das Telefonat beendet haben, werde ich mich mit der Baufirma in Verbindung setzen. Ich denke, dieses Problem wird sich schneller als gedacht in Luft auflösen.« Und du somit hoffentlich endlich deine Fresse halten.
»Das hoffe ich für Sie, Caden. Ich möchte ungern Ihren Vater in die Sache involvieren. Robert wird schon genug zu tun haben, da sollte er nicht auch noch die Arbeit seines Sohnes übernehmen.« Fuck, was hatte der Penner eigentlich für ein Problem mit mir? Gefiel es ihm vielleicht nicht, dass ich im Gegensatz zu Dad kein verdammter Arschkriecher war?
»Keine Sorge, ich kümmere mich darum.« Mr. Esposito gab mir die Nummer der Baufirma durch, woraufhin wir uns verabschiedeten und ich Runde zwei der nervigen Telefonate einläutete. Wenn ich nicht irgendwann mit einem Messer von Val im Rücken starb, dann höchstwahrscheinlich an einem Herzinfarkt. Keine Sekunde, nachdem ich den Telefonhörer zurück auf die Gabel gelegt hatte, ging die Bürotür auf und Stella stand im Türrahmen.
»Und?« Zaghaft stakste sie in den Raum und setzte sich mir gegenüber in den Sessel. Völlig erschlagen lehnte ich mich zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
»Anscheinend konnten sie auf dem Plan etwas nicht richtig entziffern und statt intelligent genug zu sein, darüber nachzudenken, was es denn heißen könnte, bricht bei denen der helle Wahnsinn aus.« Genervt schüttelte ich den Kopf und stieß den Atem schwerfällig aus. »Scheiße, bin ich etwa das Kindermädchen der ganzen Sippe? Statt wie normale Menschen miteinander zu kommunizieren, können die dort drüben nur eins: Hetzen. Mir reicht schon, dass ich so ein Temperamentbündel zu Hause sitzen habe«, kam es mir angepisst über die Lippen. Keine Frage, ich liebte Val und ihr Temperament, auch wenn sie mich zu oft in den Wahnsinn trieb. Allerdings brauchte ich davon nicht noch mehr auf beruflicher Ebene. Auf meine Worte hin schmunzelte Stella und erhob sich.
»Beruhig dich … ich mach dir jetzt erstmal einen starken Kaffee.«
»Danke«, antwortete ich, während sie sich von mir entfernte, und fuhr mit einer Hand über mein Gesicht. Nach einem kurzen Moment der Ruhe klingelte das Handy vor mir auf dem Tisch. Isabella. Womit hatte ich das verdient?
»Hi«, begrüßte ich meine zukünftige Schwiegermutter und verdrehte die Augen, sobald ihre aufgelöste Stimme ertönte.
»Na endlich erreiche ich mal jemanden von euch beiden! Meine Tochter hält es nicht für notwendig, meine Anrufe entgegenzunehmen oder gar zurückzurufen.« Sie klang empört, was für mich ansatzweise nachzuvollziehen war. Valentina stellte sich quer, verstand nicht, dass ihre Eltern nur das Beste für sie wollten, auch wenn sie das auf ziemlich verstörte Weise herüberbrachten. Allerdings gingen mir die Versuche, eine heile Familienwelt darzustellen, ebenfalls gehörig auf den Sack. Wieso konnten sie ihrer Tochter nicht etwas Zeit geben, sich mit der ganzen Gelegenheit abzufinden, und aufhören, in der Wunde herumzustochern. Scheiße, Val gab sich wirklich Mühe, das sah ich ihr jeden verdammten Tag an.
»Sie hat viel um die Ohren. Mit der Hochzeit. Weshalb rufst du an, Isabella?«, versuchte ich das Gespräch direkt auf den Punkt zu bringen.
»Na ja, ich wollte nur wissen, wie es euch geht. Wie die Vorbereitungen laufen. Normalerweise wird die Brautmutter miteinbezogen. Wir könnten bei einem Essen alles besprechen und ihr könntet mir zeigen, was ihr bisher für euren großen Tag ausgetüftelt habt.« Krampfhaft überlegte ich. Das war eigentlich nicht mein Kampf. Aber vielleicht musste ich etwas nachhelfen. Währenddessen kam Stella mit einer Kaffeetasse zurück und balancierte sie in den Händen zum Schreibtisch. Langsam setzte sie einen Fuß vor den anderen und einem dunkeln Fleck auf ihrem Rock nach zu urteilen, schien die Tasse voller denn je zu sein.
»Ich denke gerade nach, wann es am besten bei uns passt.« Wenn ich Val fragte: Niemals. Statt meine Assistentin dabei zu beobachten, wie sie mit der Untertasse auf hohen Stilettos jonglierte, drehte ich den Stuhl herum.
»Vielleicht morgen?!« Ihre Stimme klang hoffnungsvoll. Überfordert blickte ich aus dem Panoramafenster direkt auf den Central-Park und grübelte. Heute die Hochzeitsplanerin, morgen ihre Eltern. Valentina brachte mich um.
»Das muss ich erst mit Va–« Hinter mir hörte ich ein Poltern. »Scheiße!« Braune heiße Flüssigkeit schwappte über meine Schulter und lief den Oberkörper entlang. Das Hemd sog sich sofort mit dem Kaffee voll und legte sich wie eine zweite Haut um mich. »Stella!«
»Scheiße, Caden, es tut mir leid!« Blankes Entsetzen stand ihr ins Gesicht geschrieben, als sie aus dem Büro rannte und mit einem Handtuch zurückkam.
»Alles in Ordnung?«, fragte Isabella irritiert. Fuck, es reichte.
»Ja … es ist. Fuck!« Das Brennen breitete sich bis zur Leiste aus, während Stella anfing, mit dem kratzigen Stück Stoff über das Hemd und die verbrühte Haut zu wischen. »Hör auf damit!«, schnauzte ich sie an und drückte sie zur Seite. »Isabella, gerade ist es wirklich schlecht. Können wir ein and–«
»Wir kommen morgen Abend zum Essen vorbei!«, unterbrach sie mich schnell.
»Ach, scheiß drauf«, nuschelte ich zu mir selbst. »Von mir aus. Bis morgen«, erwiderte ich und legte auf.
»Caden, es tut mir so leid!«, ertönte wieder Stellas schrille Stimme.
»Das hast du bereits gesagt.« Außer mir Wut knöpfte ich das Hemd auf, hielt den Blick gesenkt und stand kurz davor, ihr an die Kehle zu springen. Ich schloss die Augen, atmete tief durch und machte mir bewusst, dass ich in Gefängnisklamotten scheiße aussah. Rasch entledigte ich mich des durchnässten Oberteils, als Stella wieder anfing, meinen Oberkörper aufzutupfen.
»Das treibst du also, wenn du urplötzlich ins Büro fährst?« Valentina stand mit weit aufgerissenen Augen in der Tür, begutachtete uns von oben bis unten und stolzierte auf uns zu. Fuck! »Ist das dein Ernst? Du ziehst jetzt nicht wirklich die gleiche Scheiße wie vor zwei Jahren ab?«
»Du zeigst auch nicht wirklich Interesse an ihm«, hörte ich neben mir und konnte nur imaginär die Hand gegen den Kopf klatschen. Stella, halt einfach die Klappe. In Vals Augen loderte Feuer, wie ein Raubtier beobachtete sie meine Assistentin.
»Das geht dich einen verdammten Scheiß an.«
»Valentina …« Ich versuchte, sie zu unterbrechen, auch wenn ich zugeben musste, ihre Eifersucht zu sehen, machte mich scharf.
»Nein, vergiss es. Schieb dir deine dummen Ausreden quer in den Arsch! Oder am besten Stella, das gefällt ihr sicherlich«, feuerte Val, sah dabei nicht zu mir. Stattdessen behielt die Löwin das wehrlose Lamm im Auge. »Wir können uns vertragen, uns streiten … was juckt dich das?«, zischte sie, meine Sekretärin schaute zu Boden und stieß einen spöttischen Laut aus.
»Ich würde ihn viel besser behandeln. Als so eine billige …« Weiter kam sie gar nicht, denn Val nahm mir das feuchte Hemd aus der Hand und knallte es gegen sie. Genau wie ich war Stella über Valentinas Ausbruch mehr als überrascht und öffnete kurzzeitig den Mund, um ihn, sobald der wütende Unterton in der Stimme meiner Verlobten durch den Raum schallte, zu schließen.
»Du kannst von mir aus mit seinem Hemd glücklich werden. Mehr bekommst du nicht und jetzt verpiss dich.« Stella sah unsicher zwischen uns hin und her, schien abzuwarten, ob ich sie verteidigte, aber darauf konnte sie lange warten. Doch ich hatte größere Sorgen, denn Vals Aufmerksamkeit richtete sich auf mich.
»Ich habe es von Anfang an gewusst, dass das mit uns nichts werden kann. Dir kann man nicht trauen, Caden Bishop!« Es reichte mir gewaltig. Mit jeder Sekunde redete sie sich mehr in Rage und worin das endete, konnte ich mir nur zu gut vorstellen. Ruckartig sprang ich auf, hielt Val am Handgelenk.
»Beruhig dich, Val!« Ich warf ihr einen angepissten Blick zu. »Sie hat versucht, mich bei lebendigem Leib zu kochen. Da ist nichts passiert.« Eindringlich sah ich sie an. Erst da beäugte Valentina das kaffeedurchtränkte Hemd. Rasch färbten sich ihre Wangen rot und beschämt starrte sie zu Boden. Heilige Scheiße, diese Eifersuchtsszene machte mich sowas von an und zu gern würde ich ihr für die peinliche Showeinlage vor meiner Angestellten zur Bestrafung den Mund stopfen. Mein Schwanz zuckte und wurde hart. Um es zu vertuschen, ließ ich von ihr ab, schlenderte hinüber zu dem großen Eichenschrank, in dem ich für den Notfall immer einen Ersatzanzug hatte, und zog das Hemd vom Kleiderbügel. Schnell warf ich es über, schloss die Knöpfe und sah einen Hauch von Erleichterung auf Vals Gesicht, nachdem sie das Szenario offensichtlich noch mal überdacht hatte. Als sich unsere Blicke trafen, zuckten ihre Mundwinkel sanft nach oben, bevor sie Stella fixierte, die sich sichtlich unwohl fühlte.
»Ich geh dann mal …«, stammelte meine Assistentin verunsichert und verschwand.
»Das nennt man wohl Karma. Kommt davon, wenn du mich mit Kallie allein lässt.« Und schon schien der Anflug von Eifersucht für sie in Vergessenheit geraten zu sein, während sie nach dem Wischtuch auf dem Schreibtisch griff, es auf den Boden warf und mit den Absätzen über den Parkettboden stakste. Moment. Rasch schaute ich auf die Breitling. 13:10 Uhr. Sollte in fünf Minuten nicht die Deko-Tante vor unserer Haustür stehen?
»Wenn du hier bist, wer ist dann zu Hause und organisiert die Hochzeit?«
Val hielt in der Bewegung inne und drehte sich zu mir um.
»Na ja, da ich der Floristin fast eine Vase über den Kopf gezogen habe, kurz davorstand, dem DJ eine zu verpassen, und mit dem Fotografen verschiedene Posing-Ideen durchgegangen bin, war ich nicht mehr in der Lage, etwas allein zu entscheiden. Deshalb habe ich den letzten Termin hierher verlegt.« Siegessicher reckte sie das Kinn in die Höhe und warf mir einen gebieterischen Blick zu.
»Hierher? Hast du sie noch alle?« Statt ihrer Antwort unterbrach Gepolter im Flur die Stille. Mit einem kurzen Ruck zur Seite musste ich feststellen, wie wildfremde Menschen verschiedene heliumgefüllte Luftballons in Herz- und Ringform in unterschiedlichen Farben in mein Büro trugen. »Val …« Wieder setzte sie ihr teuflisches Grinsen auf, nahm auf dem Schreibtischsessel Platz und schlug ein Bein über das andere.
»Ich habe ihnen gesagt, dass wir uns bei der Dekoration des Ballsaals noch unschlüssig sind und sie verschiedene Dinge präsentieren sollen.« Nach den Luftballons trugen die Mitarbeiter des Deko-Geschäftes Trockengestecke in großen runden Glasvasen hinein, Pappaufsteller in vielen Variationen und Stoffe. Scheiße … und davon reichlich.
»Mister Bishop!« Freudestrahlend betrat Miss Owen das Büro und kam mit einem Stapel Papiere unter dem Arm geklemmt auf uns zu. Höflich schüttelte ich ihre Hand und knöpfte danach den letzten Knopf des Hemdes zu. »Mit ihrer Verlobten hatte ich schon das Vergnügen. Schön, Sie wiederzusehen!« Fuck, das konnte ich nicht gerade behaupten. Zur Antwort nickte ich diskret und schenkte ihr ein freundliches Lächeln. Valentina erschien neben mir und schüttelte ihr ebenfalls die Hand. Sofort fing sie an, ihre Angebote ohne Punkt und Komma herunterzurattern, drehte uns den Rücken zu und erzählte uns zu jedem Aufsteller und Fetzen Stoff ihre Dekorations- und Variationsideen. Es war die bittersüße Rache meiner Verlobten, die sich ihr blödes Grinsen gerne aus dem Gesicht wischen konnte. Statt Miss Owen zuzuhören, spielte sie auf dem Handy herum und fuck, machte sie gerade ein Selfie? Von der Seite gab ich ihr einen sanften Tritt, woraufhin wir eine stumme Konversation führten. Als die Deko-Expertin das Wort Glitzer in den Mund nahm, hob ich entschuldigend die Hände und setzte mich an den Schreibtisch. Um den Schein zu wahren, konzentrierte ich mich auf die Baupläne von Mister Esposito und legte sie zurück in die Ledermappe, erleichtert darüber, dass sie keinen Spritzer Kaffee abbekommen hatten. Kaum deponierte ich die Mappe in der Schublade, tauchte Val vor mir auf.
»Caden, was hältst du von Glitzer?«, fragte sie mit entzücktem Wimpernaufschlag. Dabei klang ihre Stimme völlig überzogen und die Begeisterung darin aufgesetzt. Ihr Hintern war leicht auf meinen Schreibtisch gelehnt, genau wie ihre Hände. Es fehlte nicht mehr viel, ich würde sie einfach jetzt vor allen Leuten ficken.
»Ich hasse dich«, zischte ich und beugte mich ihr entgegen. Ihr Atem streifte meinen.
»Ich hasse dich auch«, murmelte sie, wobei ein amüsiertes Grinsen auf ihren Lippen lag. »Denk daran, es war alles deine Idee«, fügte sie hinzu, beendete den intimen Blickkontakt, indem sie sich entfernte. Widerwillig stand ich auf und klinkte mich wieder in das Gespräch ein. Ich hasste es. Die Farbauswahl für die Stuhlhussen, Tischdecken und sogar für die Vasen auf den unzähligen Tischen. Fast zwei Stunden diskutierten wir über verschiedene Möglichkeiten. Alles in einer Farbe, bunt durcheinander gewürfelt oder vielleicht doch ganz schlicht in Weiß mit feinen Akzenten. Gedanklich machte ich drei Kreuze, nachdem Miss Owen und ihre Angestellten das Büro verlassen hatten. Valentina stand mit hängenden Schultern und genervtem Gesichtsausdruck neben mir. In der Hand hielt sie einen großen Heliumluftballon in glänzendem Rot und Herzform. Sie liebte Kitsch genauso sehr wie ich. Man sah es ihr richtig an.
»Dann wäre das auch geklärt …«, erwähnte ich spitz und schielte auf die Armbanduhr. Und der halbe Sonntag rum. Glückwunsch.
»Nicht ganz …« Gebieterisch trat Val einen Schritt näher. »Dieser Tag war furchtbar und um diesen wiedergutzumachen, gehört eine Menge dazu.«
»Zum Beispiel, dich bäuchlings auf den Schreibtisch zu knallen und ordentlich durchzuficken, bis du ihn vergessen hast?«, flüsterte ich und beugte mich zu ihr herunter. Kurz funkelten ihre Augen dunkel vor Begierde auf und ihre Pupillen weiteten sich, jedoch unterbrach sie den Blickkontakt und lachte auf.
»Nein. Dann hättest du ja auch deinen Spaß. Mir reicht es schon, dich ordentlich auf die Palme zu bringen. Zum Beispiel hiermit …« So schnell, wie sie ihre Hand hob, öffnete und mir Glitzer ins Gesicht pustete, konnte ich nicht reagieren. Die pinken Partikel rieselten auf meine Haare, in das Hemd und auf den Boden, blieben in meinem Bart und den Augenbrauen hängen. »Das nächste Mal überlege dir gut, ob du mich so einer Scheiße wahrhaftig aussetzen möchtest.« Mit geschlossenen Augen wischte ich mir das Zeug aus dem Gesicht und knurrte hörbar auf. Allerdings stachelte sie das noch mehr an und ihr Lachen brachte mich innerlich zum Kochen. »Val …«
»Und jetzt komm …« Von sich und ihrem Handeln überaus überzeugt stakste sie zur offenstehenden Zimmertür und drehte sich im Türrahmen noch einmal herum. »… Schatz.« Ich traute meinen Ohren nicht und auch wenn ihre Stimme vor Ironie nur so triefte, hörte mein Herz vor lauter Freude für eine Sekunde auf zu schlagen. »Zur Entschuldigung darfst du mich nach Hause fahren«, fuhr sie lachend fort und ging voraus. Das Klackern ihrer Pfennigabsätze verstummte erst, als sie die Büroräume ein für alle Mal verließ. Fluchend wischte ich mir den restlichen Glitzer von den Klamotten, aus den Haaren und folgte ihr mit verstimmter Miene. Stellas Platz an der Anmeldung war leer. Wahrscheinlich hatte sie das Weite gesucht.
Mit dem Fahrstuhl fuhr ich in die Tiefgarage herunter und fand meine Verlobte neben dem Bentley vor. »Hast du dich eigentlich bei Stella für deine Einlage entschuldigt?«, fragte ich, entriegelte den Wagen und lief auf die Beifahrerseite.
»Wir sind gemeinsam nach unten gefahren und sind jetzt beste Freundinnen. Sie wird übrigens eine meiner Brautjungfern«, antwortete sie, nachdem wir beide eingestiegen waren. Das Wort Sarkasmus stand ihr dabei in fetten Lettern auf die Stirn geschrieben.
»Ist es so schwer, die Frage wie ein normaler Mensch zu beantworten?« Schnaufend startete ich den Wagen und fuhr aus der Garage heraus.
»Wenn du halbwegs überlegen würdest, hättest du dir die Frage gespart.«
»Und wirst du dich bei mir entschuldigen?« Überrascht drehte sie sich im Sitz zu mir herum und funkelte mich böse an.
»Was willst du damit sagen?«
»Fuck, wann entschuldigst du dich bei mir für deine ewigen Hasstiraden und Spielchen? Jeden verfickten Tag hältst du mir irgendwas etwas anderes vor! Und du denkst dabei, dass ich deine Gefühle nicht sehe. Aber das tue ich. Das Feuer in deinen Augen, deine Härchen, die sich aufstellen …« Mir platzte der Kragen, meine Hände umgriffen das Lenkrad fester, bis die Fingerknöchel weiß hervortraten. Fuck. Ihr unsicherer Blick glitt über das Cockpit, als würde sie nach einem weiteren Spruch suchen. Doch es kam nichts. Scheiße, von ihrer Fassade aus Hass und Abweisung bröckelten riesengroße Steine herab.
»Du merkst wohl gerade selbst, dass dir die blöden Kommentare ausgehen, oder?« Zornerfüllt lehnte sie sich im Sitz zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Dass ich das mal erleben darf …«, nuschelte ich und ein verschmitztes Lächeln breitete sich auf meinen Lippen aus. Die Wut von eben verflüchtigte sich wieder.
»Halt … einfach die Klappe!«, schnauzte Val und drehte die Musik auf hohe Lautstärke. Die restliche Fahrt verlief schweigend. Es gefiel mir, dass sie sich ihre Gefühle, wenn auch schwerfällig, eingestand. Fuck, hatte sie wirklich gedacht, ich würde die gleiche Scheiße wie damals abziehen? Es war ein Fehler gewesen und es wurde Zeit, dass sie lernte, mir endlich zu vertrauen, und dass sie nicht ständig abblockte. Auch wenn, so wie meine Vermutung war, viel mehr dahintersteckte. Unwillkürlich schoss mir wieder der Anblick der Pillendose in den Kopf. Was waren das wirklich für Tabletten?
Kaum parkte ich den Wagen in unserer Einfahrt, stürmte sie hinaus.
»Als du mich aufgegeben hast, habe ich es dir gleichgetan«, hörte ich von ihr, sah ihre feuchten Augen, auch wenn keine Träne herunterrollte. Dann knallte sie die Tür zu, bevor ich etwas erwidern konnte, und ich schlug frustriert aufs Lenkrad. Damals hatte ich sie nicht mit Absicht zurückgelassen. Doch wie sollte das Geschehene nach unserer Trennung in Worte gefasst werden? Sie würde mich für einen verdammten Schwächling halten. Und immer noch glaubte ich nicht, dass Val mir die ganze Wahrheit erzählte. Ihre ständigen Gefühlsschwankungen, dass sie sich nicht wirklich berühren lassen wollte und auch diese fucking Tabletten. Ich stieg ebenfalls aus, schlenderte auf das Haus zu und traf auf Monicá, die wohl gerade ging.
»Im Kühlschrank steht euer Essen. Ich dachte mir, ihr kommt sicherlich spät und habt dann einen großen Hunger.«
»Danke, das ist nett von dir.« Müde fuhr ich mir mit einer Hand über den Nacken, woraufhin mein Magen wie auf Kommando anfing zu knurren.
»Habt ihr euch wieder gestritten? Valentina ist im Affenzahn an mir vorbeigehuscht und liegt jetzt schmollend auf der Couch.«
»Alles gut«, grinste ich sie an und drückte ihre Schulter. »Wir sehen uns morgen. Sag Luca Grüße von mir.«
»Das mache ich.« Ich sah ihr noch dabei zu, wie sie die breite Einfahrt hinunterlief, ins Auto stieg und davonfuhr. Im Hausinneren hörte ich schon den Fernseher dröhnen und wusste sofort, dass Val wieder ihre Serie schaute. Augenrollend trat ich ein, schloss die Tür hinter mir und schielte um die Ecke. Mit der Fleecedecke über den Schultern saß sie auf dem Sofa und starrte wie gebannt auf den Flachbildfernseher.
»Seit wann schaust du hier?«, fragte ich sie überrascht.
»Auf dem mickrigen Teil im Gästezimmer macht es keinen Spaß! Um etwas zu erkennen, bräuchte ich eine Lupe.« Aha … darauf erwiderte ich besser nichts, sonst war sie schneller weg, als ich schauen konnte.
»Hast du auch Hunger? Monicá hat uns etwas gekocht.« Sie nickte und folgte weiter dem Geschehen auf dem Bildschirm, woraufhin ich in die Küche rüberging und uns das Essen aufwärmte. Wenige Minuten später lief ich mit der Lasagne auf zwei Tellern hinüber und ertappte Valentina dabei, wie sie den Text des Serienschauspielers mitsprach. »Dort draußen wartet eine ganze Welt auf dich, großartige Städte und Kunst und Musik, Schönheit, die wahrhaftig ist. Und du kannst das alles haben. Du kannst noch tausende Geburtstage feiern. Du musst nur darum bitten.« Ein Seufzen entwich ihr, als sie mich allerdings wahrnahm, zuckte sie zusammen. Grinsend reichte ich Val den Teller und machte es mir neben ihr auf der Couch gemütlich.
»Was fasziniert dich an der Serie so, dass du sie mehrere Male schauen musst? Ist es nicht langweilig, zu wissen, was als Nächstes passiert?«, fragte ich sie, nachdem ich am liebsten alle paar Minuten wegen der Handlung aufgestöhnt hätte.
»Überhaupt nicht. Die Charaktere und die Story faszinieren mich immer wieder aufs Neue. Vor allem die Leidenschaft zwischen Klaus und Caroline. So aufrichtig und … na ja …« Anstatt weiterzusprechen, schob sie sich die Gabel in den Mund.
»Und was?«
»Er legt ihr die Welt zu Füßen, würde alles für sie tun. Wie kann man dabei als Frau nicht dahinschmelzen?« Ich verschluckte mich fast an einem Stück Lasagne und klopfte mir mit der Faust auf die Brust.
»Du verarschst mich, oder?« Bemerkte sie nicht, was sie da von sich gab? Nur ungern verglich ich mich mit einem fiktiven Seriencharakter, schlimmer noch mit einem blöden Urvampir, aber versuchte ich nicht mein Bestes, Val genau das Gleiche zu bieten? Gegen das sie sich mit Händen und Füßen wehrte? Wir blickten uns lange an, verharrten in unseren Positionen und als hätte sie ihren Fehler bemerkt, löste sie ihre Augen von meinen und strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr.
»Na ja, und es ist eben Klaus. Mit dem sexy britischen Akzent. Hallo?« Oh, Val, so langsam redest du dich um Kopf und Kragen. Weiter darauf einzugehen, sparte ich mir und aß die letzten Stücke.
In der nächsten Stunde sprachen wir kein Wort. Die Serie langweilte mich insgeheim, doch Aufstehen wollte ich nicht. Zu sehr gefiel mir der alltägliche Moment zwischen uns. Zwischendurch spickte ich zu Val hinüber, deren Augenlider mit jeder Minute schwerer wurden. Ich konnte zusehen, wie sie immer mehr unter der Decke verschwand, zur Seite in eine bequeme Position rutschte und letztendlich mit dem Kopf auf dem Kissen neben mir einnickte.
Gerade als ich nach der Fernbedienung auf dem Couchtisch greifen wollte, bewegte sich Val unbewusst und legte mir ihren Kopf auf die Brust. Geschockt und mit Herzklopfen erstarrte ich, unfähig, irgendetwas zu tun. Ihre Hand umringte meine Mitte und als wäre das noch nicht alles, kuschelte sie sich an mich und stieß ein leises Grummeln aus. Den rechten Arm stützte ich auf der Sofalehne ab, der Linke hing unnötig in der Luft. Im Prinzip blieb mir nichts anderes übrig, als ihn ihr über die Schulter zulegen. Ansonsten schlief er demnächst ein. »Fuck …«, fluchte ich und suchte nach einer Alternative. Konnte ich das große Kissen irgendwie zu mir herziehen? Shit, nein, dann würde sie aufwachen. Es war schon lustig. Verlobt, aber Anfassen war nicht erlaubt. Wenn Val es mitbekam, killte sie mich.
Da saß ich nun, in der Hölle auf Erden, und überlegte mir krampfhaft eine Taktik. Dabei überrannte mich die Müdigkeit schlagartig, was von Vals gleichmäßigem Atmen umso mehr unterstützt wurde. Im nächsten Moment bewegte sie sich und vergrub ihr Gesicht an meiner Halsbeuge. Verwirrt lauschte ich ihrem Schnaufen, genoss Valentinas warmen Atem auf der Haut, wollte nur eine Sekunde die schweren Augenlider schließen und driftete weg.
»Caden?«, weckte mich Vals verschlafene Stimme. Sofort schlug ich die Augen auf und bemerkte, dass es draußen schon dunkel war und wir ineinander verschlungen auf der Couch lagen. Ihr Kopf ruhte weiterhin auf meiner Brust, während ich beide Arme um ihren Oberkörper geschlungen hatte. Mit der Wange lehnte ich an Vals Stirn.
»Wir sind wohl beide eingeschlafen …«, nuschelte sie, ich machte aber keine Anstalten, sie freizugeben.
»Bei der lahmen Serie auch kein Wunder«, erwiderte ich und schloss wieder die Augenlider.
»Ha ha … ehm … kannst du mich bitte loslassen?« Val versuchte ihre Stimme zornig klingen zu lassen, allerdings bewegte sie sich keinen Zentimeter, weswegen ich schwer daran zweifelte, dass sie überhaupt aufstehen wollte.
»Muss ich?«
»Ja!« Der Tonfall änderte sich schlagartig und kaum ausgesprochen, wand sie sich in meiner Umarmung. Sie drückte sich an mir ab, woraufhin ich genervt Luft ausstieß.
»Selbst schuld, wenn du dich im Schlaf an mich kuschelst. Versuch erst gar nicht, mir die Schuld in die Schuhe zu schieben!«, nahm ich es ihr vorneweg und setzte mich auf.
»Ich war eben müde. Das Gästebett ist nämlich dermaßen durchgelegen, dass ich nachts nicht schlafen kann. Ich will gar nicht wissen, wer darin schon alles lag.« Sie schnappte sich ihr Handy vom Couchtisch und tippte darauf herum.
»Wohl eher hält dich die Frage wach, welche Frauen ich in dem Bett schon gefickt habe, oder?« Prompt packte ich sie bei den Hüften und zog sie zwischen meine Beine, legte den Kopf in den Nacken und schob das Handy zur Seite. Ihre Gesichtszüge verhärteten sich, ich hatte wohl ins Schwarze getroffen.
»Ganz bestimmt«, versuchte sie es so abwertend wie möglich klingen zu lassen.
»Falls es dich beruhigt: Keine. Du wirst die Erste sein, die in dem Zimmer um meinen Schwanz bettelt«, raunte ich und vergrub die Hände in ihren Pobacken. »Und auf dem wirst du dann tagelang nicht sitzen können, das verspreche ich dir.« So langsam sollte sie wissen, dass ihr Widerstand mich mittlerweile geil machte und noch mehr anstachelte, auf Tuchfühlung zu gehen. Valentina schluckte schwer, hielt inne, um mir im nächsten Moment die Handfläche auf die Stirn zu legen und mich von sich wegzuschubsen. Bevor unsere Kabbelei weiterging, wurden wir von dem Klingeln ihres Smartphones unterbrochen.
»Oh, shit, wieso kann sie es nicht endlich gut sein lassen?«, seufzte sie frustriert. Mit einem Blick auf das Display registrierte ich, dass ihre Mom anrief. Schlagartig fiel mir das Gespräch von heute Mittag wieder ein. Fuck.
»Ach, dazu muss ich dir auch noch etwas sagen.« Mit zusammengezogenen Augenbrauen betrachtete sie mich. »Deine Eltern kommen morgen Abend zum Essen vorbei.«
»WAS? Bist du komplett irre?«, schrie Val entrüstet auf.
»Ich kann nichts dafür. Deine Mom hat sich quasi selbst eingeladen und jetzt sei still. Du kannst nicht ewig vor deiner Familie davonrennen.«
»Aber vor dir«, flüsterte sie, drehte sich um und verließ mit zerzausten und wehenden Haaren das Wohnzimmer.