Wien, 4. Mai 1986

Als Zedlnitzky gegen 9 Uhr morgens erwachte, war er zuerst über die Ruhe im Haus erstaunt. Konnte es wirklich sein, dass die Kinder noch schliefen? Er schlich sich auf leisen Sohlen aus dem Schlafzimmer und öffnete vorsichtig die Tür zu Jackies Zimmer. Tatsächlich! Die Kleine klammerte sich selig an ihren Teddy und war ganz offensichtlich noch im Land der Träume. Wenn sie nicht krank war, kam das einer veritablen Sensation gleich. Zedlnitzky schloss ganz sanft die Tür und begab sich zu Peters Reich, wo die nächste Überraschung auf ihn wartete. Peter war wach. Und dennoch war er leise. Ein Wunder war geschehen. Der Knabe lag in seinem Bett und las. Jawohl, er las. Freiwillig. Ohne elterlichen Zwang. Zedlnitzky warf einen Blick auf den Umschlag: „Die Nibelungen“. Die Kinderbuchvariante von Gustav Schwab. Ja, die hatte er seinerzeit auch gern gelesen. Kein Wunder, dass Peter sich in diesen Stoff vertiefte.

„Guten Morgen“, sagte er leise. „Möchtest du einen Kakao?“

Peter sah nur kurz auf und nickte. Zedlnitzky tat es ihm gleich und begab sich dann in die Küche. Dort stellte er Kaffee und Milch zu, dann strebte er den Ort an, wo er sich erleichtern konnte. In der Zwischenzeit war auch seine Frau in der Küche angekommen. Nur mit ihrem weißen Nachthemd bekleidet, legte sie Eier in einen Topf, der mit Wasser gefüllt war und den sie anschließend auf den Herd stellte. Zedlnitzky konnte der Versuchung nicht widerstehen und kniff ihr herzhaft in ihr Hinterteil, was sie mit einem Klaps auf seine Hand bestrafte, nicht ohne dabei auf ein Lächeln zu vergessen. Zedlnitzky grinste idiotisch und schickte ihr eine Kusshand, ehe er sich in Richtung Badezimmer verabschiedete.

Als er frisch gewaschen wieder zurückkam, stand schon ein mehr als ansprechendes Frühstück auf dem Tisch. Zedlnitzky freute sich über Schinken und Käse, dazu hatte seine Frau auch noch Butter und Marmelade hinzugefügt, auf die sich erwartungsgemäß Peter stürzen würde, während für Jackie ohne ihr Nutella der ganze Tag verdorben gewesen wäre.

„Was meinst du? Gehen wir erst wählen und fahren dann in den Prater, oder umgekehrt?“

Die Frau hatte rasch ihre Antwort parat: „Zuerst wählen. Dann können wir im Prater bleiben, so lange wir wollen.“

Zedlnitzky war froh, dass die Sorgen seiner Frau hinsichtlich der atomaren Bedrohung anscheinend geschwunden waren. Es nutzte ja nichts, sich in Panik zu ergehen, denn ändern konnte man diese Dinge ja ohnehin nicht. Und solange sich Minister ins Fernsehen stellten und demonstrativ Milch tranken, schien die Gefahr nicht übergroß zu sein.

„Weißt du, wo das Wahllokal ist?“

Zedlnitzky fühlte sich auf dem falschen Fuß erwischt. „Da, wo wir immer wählen?“, mutmaßte er schließlich. In Österreich waren die Wahllokale traditionell in Schulen und Ämtern untergebracht, und daran änderte sich höchstens dann etwas, wenn einmal ein Gebäude aufgegeben wurde. Und doch hatte Zedlnitzky das Bedürfnis, die Postsendung des Innenministeriums zu finden, um seine Vermutung schwarz auf weiß bestätigt zu sehen. Denn auch an einem schönen Tag wollte er keinen Extrameter unnütz machen.

„Aber das steht doch eh auf diesem Kaszettel, den uns die Wahlbehörde g’schickt hat“, ergänzte er sohin seine Aussage. „Und wo ist der?“, gab seine Frau zurück. „Was weiß denn ich! Du kümmerst dich um die Post!“ Zedlnitzky atmete auf. Er war aus dem Schneider. Mit diesem Satz hatte er seiner Frau den schwarzen Peter zugeschoben. Seine Frau stand auf und ging ins Vorzimmer. Gleich bei der Tür hatten sie eine Kommode stehen, auf der irgendwann einmal eine Schüssel postiert worden war, in welcher Schlüssel, Sicherungen und andere Bedarfsgüter gelagert werden sollten. Doch seit Jahren diente sie als Auffangbecken für mehr oder weniger erwünschte Post, und so stauten sich in besagtem Behältnis meist Dutzende Werbeprospekte, unter die sich ab und zu verschämt eine Ansichtskarte von der Schwiegermutter oder der Erbtante mischte. Zedlnitzkys Frau kam also mit einem ganzen Papierpacken zurück und begann, während sich Zedlnitzky eine weitere Zigarette anzündete, diesen zu sortieren. Es war regelrecht erschreckend, wie viele Firmen auf die Idee kamen, die Menschen warteten sehnsüchtig darauf, von ihnen mit bedrucktem Papier überhäuft zu werden. All das warf seine Frau unbesehen weg. Und auch die neuesten Angebote eines Busunternehmens für Fahrten nach Budapest, Sopron oder seit Neuestem auch Bratislava.

Zedlnitzky lächelte. Die berühmten Heizdeckenfahrten. Die zuständigen Kollegen stöhnten immer wieder über Leute, die nach einer solchen „Reise“ verzweifelt versuchten, aus ihren Knebelverträgen wieder herauszukommen. Das Prinzip war ebenso einfach wie perfid. Der Reiseveranstalter versprach den Teilnehmern eine wunderschöne Besichtigung der Fischerbastei oder der Soproner Altstadt, dazu noch eine gemütliche Rast mit Kaffee und Kuchen. Und während die Kundschaft, die zumeist aus Pensionisten bestand, sich noch darüber freute, dieses Schnäppchen für 49 Schilling erstanden zu haben, schwatzte ihnen ein aalglatter Vertreter Heizdecken, Wasserkocher oder, warum nicht, ein zwanzigteiliges Kaffeeservice auf. Und weil dieser Kauf dann im Ausland zustande kam, war „Konsumentenschutz“ ein Fremdwort. Die Leute saßen dann auf irgendwelchem Zeug, das sie nicht brauchten, und aus 49 Schilling für Budapest waren fast 1000 geworden, wofür die Pensionisten in der ungarischen Hauptstadt fürstlich essen und in einem Viersternehotel hätten übernachten können.

Zedlnitzky wusste auch nicht, warum ihm der alte Witz plötzlich wieder einfiel, aber er brachte ihn zum Lachen: Warum wird in Sopron jede halbe Stunde die österreichische Bundeshymne gespielt? Damit die Österreicher drei Minuten lang stramm stehen müssen, sodass die Ungarn auch eine Chance haben, etwas einzukaufen. Seine Frau sah ihn fragend an. „Warum lachst denn auf einmal?“ Er wehrte ab: „Ach nichts, ich hab nur grad an den blöden Witz mit der Bundeshymne in Sopron denken müssen, wie ich den Prospekt da g’seh’n hab’.“

Seine Frau kannte den Witz natürlich auch, und so schmunzelte auch sie. „Ja, wenn schon Ungarn, dann im Sommer und am Plattensee“, statuierte sie.

„Apropos, nehmen wir was zum Essen mit, oder willst ins Schweizerhaus?“, fragte Zedlnitzky.

Seine Frau zeigte sich skeptisch: „Glaubst, dort kriegen wir einen Platz?“

„Na ja, vielleicht nicht g’rad um 12. Aber wir haben eh spät gefrühstückt, und wenn wir’s bis zwei aushalten, dann werden wir schon ein Platzerl finden.“ Seine Frau lächelte: „Hast recht, dann erspar ich mir das Brotemachen.“

Zedlnitzky warf einen Blick auf die Uhr. Es war an der Zeit, die Kinder einzusammeln und sich auf den Weg zu machen. Er ging zu ihren Zimmern und klatschte vernehmlich in die Hände.

„Wenn ihr in den Prater wollt, dann macht euch fertig. Sonst fährt die Liliputbahn ohne euch.“

Bei Jackie hatte seine Ansage die erwünschte Wirkung. Sie ließ ihre Barbie fallen und begann sofort, hektisch nach ihren Schuhen zu suchen. Peter hingegen beeindruckte die Schmalspurbahn schon seit einigen Jahren nicht mehr.

„Und mit dem Scooter ist’s natürlich auch nichts“, schickte Zedlnitzky in das Zimmer seines Sohnes hinterher. Na bitte, nun war auch der in Eifer verfallen.

Zwanzig Minuten später verließ die Familie Zedlnitzky endlich den Victor-Adler-Hof. Als wäre dies schon der eigentliche Ausflug marschierten die Kinder artig neben ihren Eltern her, und beinahe war es Zedlnitzky, als spiegelte sich in den Gesichtern von Peter und Jackie so etwas wie Stolz, als sie neben ihm stehen und ihm zusehen durften, wie er im Tausch gegen seinen Führerschein den Stimmzettel ausgefolgt bekam. Er hieß sie vor der Kabine warten und trat dann allein ein. Ohne lange zu überlegen, machte er bei „Kurt Steyrer“ sein Kreuz und faltete das Papier anschließend zusammen, um es in das blaßblaue Kuvert zu stecken. Nach kaum einer halben Minute stand er wieder vor der Kommission und warf seine Stimme in die Plastikurne. Der Vorsitzende nickte ihm zu und folgte ihm seinen Führerschein wieder aus. Gleich danach bekam auch Frau Zedlnitzky ihren Reisepass retourniert, und mit einem kurzen Gruß verließen sie nach kaum zwei Minuten das Wahllokal.

Die nächsten Meter legten sie schweigend zurück, was Jackie irritierte.

„Warum sagt ihr denn nichts?“, fragte sie.

„Weil sie ihre Stimme abgegeben haben“, erklärte Peter mit einer Grimasse. Er kannte den uralten Witz schon und fand ihn dementsprechend nicht komisch. Die Eltern aber sahen sich um einen Lacher gebracht. Aufgeräumt steuerte Zedlnitzky seinen Wagen an, um endlich die ganze Mischpoche in den Prater zu verfrachten.

Eigentlich hätte er klüger sein müssen. Naturgemäß war an einem schönen Sonntag weit und breit kein Parkplatz zu finden. Er drehte bereits die dritte Runde, ehe er entnervt aufgab. Er stellte den Wagen am Beginn der Hauptallee ab und hieß seine Familie auszusteigen. Dann legte er sein Polizeischild hinter die Windschutzscheibe und hoffte, dieses mochte die Kollegen davon abhalten, ihm einen Strafzettel zu verpassen.

Kaum im Wurstelprater angekommen, vereinbarte Zedlnitzky mit seiner Frau einen fixen Treffpunkt, an dem man sich wieder einfinden wollte. Gleich danach teilten sie sich in zwei Pärchen auf. Seine Frau würde mit Jackie die Grotten- und die Liliputbahn unsicher machen, während er mit Peter zunächst ein paar Scooter rammen wollte, ehe er an einer Schießbude dem Sohnemann das richtige Schießtraining zu verpassen gedachte. Und wenn sich Peter geschickt anstellte, dann durfte er danach noch eine Runde Gokart fahren.

Nach einer guten Weile an der Schießbude fragte er sich, ob der Standbesitzer seine Gewehre manipuliert hatte. Obwohl er alles richtig machte, das Ziel korrekt über Kimme und Korn anvisierte, gingen seine Schüsse permanent daneben. Er war drauf und dran, sich vor seinem eigenen Sohn lächerlich zu machen. Zum Glück wusste niemand hier, dass er Polizist war, sonst würde das Vertrauen in die Exekutive noch tiefer sinken, als dies nach einer „Kottan“-Folge der Fall war.

„Ja servus, Paul! Bringst deinem Sprössling bei, wie man es nicht macht?“

Zedlnitzky drehte sich um und erblickte Hackl, der breit grinsend neben ihm stand. „Ha, ha“, machte Zedlnitzky nur, um dann doch einen Gruß hinterherzuschicken. „Peter, das ist der Kollege Hackl. Er arbeitet in meiner Gruppe“, klärte er seinen Sohn auf.

„Na, dann wollen wir dir einmal zeigen, wie man so etwas richtig macht“, verkündete Hackl und ließ sich einen Karabiner aushändigen. Theatralisch lud er durch und legte an.

Zedlnitzky konnte nicht hinsehen. Wahrscheinlich landete der eitle Geck jetzt fünf Treffer am Stück und bekam für seine zehn Schilling einen Teddybären oder einen Donald Duck, den er dann ganz gönnerhaft an Peter weiterreichen würde, worauf der Sohn dem Rest der Mischpoche lauthals berichten würde, wie toll der Kollege Hackl am Gewehr sei.

Wie war das eben? Hackl hatte geschossen, und nichts war heruntergefallen?

„Noch zu wenig Zielwasser getrunken heute“, hörte Zedlnitzky dessen Rechtfertigung. Doch auch der zweite Schuss ging daneben. Und der dritte. Zedlnitzkys Leichenbittermiene hellte sich allmählich auf.

„Das gibt’s ja nicht“, fluchte Hackl und beäugte aufmerksam das Gewehr.

„Ich hab’ auch nichts getroffen“, mischte sich nun ein weiterer Standbesucher ein, „obwohl alle bestätigen können, was ich sonst für ein guter Schütze bin.“

Drei Gesichter wandten sich dem Standbesitzer zu, der abwehrend die Hände hob.

„Ich hab’ nix manipuliert“, rechtfertigte er sich, „treffen müssen die Herren schon selber.“

„Das seh’ ich aber anders“, knurrte Hackl und hob seine Kokarde hoch, „ich glaub’, das sehen wir uns jetzt ein bisserl genauer an.“

Zedlnitzky konnte deutlich erkennen, wie der Standler zu transpirieren begann.

„Darf ich auch einmal“, quengelte Peter, dem die Debatte unter den Erwachsenen offensichtlich auf die Nerven ging.

„Bitte, versuch dein Glück“, replizierte Zedlnitzky und klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter.

„Warte“, kam es vom Standbetreiber, „nimm den, der ist leichter.“ Er reichte dem Jungen einen anderen Karabiner, der aus Plastik gemacht zu sein schien. Peter legte an und drückte im selben Augenblick auch schon ab, ohne lang gezielt zu haben.

„Anfängerglück“, murmelte Hackl und sah gemeinsam mit Zedlnitzky, wie eine Papierblume langsam zu Boden trudelte. Die aber blieb nicht lange einsam. Eine zweite, eine dritte und eine vierte segelte zu Boden. Nur der fünfte Schuss verfehlte sein Ziel, was es dem Betreiber ersparte, Peter ein Plüschtier überreichen zu müssen. Und Peter, der mit jedem Schuss euphorischer geworden war, stand unendlich traurig da und schien sich zu schämen, obwohl die Erwachsenen kein einziges Mal eine Kugel im Ziel versenkt hatten.

Zedlnitzky schickte dem Standler einen harten Blick. Der ahnte, was von ihm erwartet wurde.

„Ich glaub’, der letzte war ein Blindgänger. Du darfst gratis noch einmal schießen.“

Sofort leuchteten die Augen des Jungen wieder, und nur Bruchteile einer Minute später hielt er einen ziemlich großen Teddy in seinen Armen, während Hackl meinte, der junge Mann werde dereinst in die Fußstapfen seines Vaters und Großvaters treten und zur Zierde der Wiener Kriminalpolizei werden. Der Schießbudenbesitzer wischte sich den Schweiß von der Stirn, als ihm die Männer streng zunickten, ehe sie schließlich abzogen.

Zedlnitzky blickte demonstrativ auf die Uhr.

„Du, Hackl, ich treff’ mich gleich mit meiner Frau im Schweizerhaus. Weißt eh, volles Haus und so. Magst mitkommen?“

Die Frage war rein rhetorisch gemeint, weshalb Zedlnitzky auch das „volle Haus“ extra betont hatte. Die unterschwellige Botschaft war bei Hackl angekommen.

„Du, nein, sehr lieb, aber weißt, ich treff’ mich später noch mit ein paar Freunden im Walfisch. Ein andermal, dann aber gern.“

Zedlnitzky nickte erleichtert und wünschte dem Kollegen noch einen schönen Sonntag. Dann marschierte er mit dem stolzen Sohn auf den verabredeten Treffpunkt zu.

Gleich am Zaun war ein Tisch frei, und den requirierte er umgehend, indem er sein Zeug darauf postierte. Er hieß Peter, es nicht aus den Augen zu lassen, während er lossprintete und auf dem Weg zum Tisch noch ein paar andere Ausflügler überholte.

Als sie alle vier im Gastgarten des Schweizerhauses saßen, erzählte Peter voller Stolz, was er mit dem Karabiner zuwege gebracht hatte, und Zedlnitzky klopfte ihm dabei anerkennend auf die Schulter. Die Mutter war zwar nicht so begeistert von der Schießerei, aber dennoch trug sie gebührend Stolz zur Schau. Peter registrierte, mit welch großen Augen Jackie den Bären fixierte. Mit der Geste eines wahren Gentleman drückte Peter ihr das Plüschtier in die Hand.

„Den habe ich für dich geschossen, Jackie. Ich hoffe, du magst ihn.“

Nun strahlte auch das zweite Kind wie angesichts des Christbaums.

„Danke“, brachte Jackie noch hervor, ehe sie den Bären knuddelte und ihn so fest an sich presste, dass buchstäblich kein Blatt Papier mehr zwischen die beiden gepasst hätte.

Der Bär nahm reglos zur Kenntnis, dass er ab sofort auf den Namen „Balu“ zu hören hatte, was Zedlnitzky durchaus passend fand, zumal eine Ähnlichkeit zu der Figur aus dem „Dschungelbuch“ durchaus gegeben war.

Zedlnitzky stemmte ein zweites Krügel und war erstaunt darüber, dass ihm mitten in dieser entspannten Atmosphäre der aktuelle Fall wieder einfiel. Wenn er daran dachte, dass er am folgenden Tag den Wehwehchen irgendwelcher Pensionisten nachspionieren musste, wurde ihm übel. Er hasste solche Routinearbeiten, und ganz besonders hasste er sie, wenn sie so offenkundig unnötig und unnütz waren. Wie konnte man nur allen Ernstes annehmen, dass ein Patient zu einer solch drastischen Form des Protests gegen eine Zahnbehandlung griff? Das war so offenkundig absurd, dass man sich fragen musste, ob der Staatsanwalt noch richtig tickte. Aber bitte, wenn es Reichenberger glücklich machte, dann würde er halt die ganzen Patientenbögen durchlesen. Das Ergebnis wusste er zwar jetzt schon, aber der Dioptrien-Otto hatte dann wenigstens seinen Willen gehabt.

Es wäre halt günstig, wenn es irgendwo eine Stelle gäbe, die sich systematisch mit Fällen wie jenem von Willi Birgler befassten. Vielleicht, so fasste er neuen Mut, wusste man ja bei Interpol etwas. Immerhin war Birgler offiziell seit 1946 auf der Flucht. Da musste doch irgendwann einmal ein offizieller Haftbefehl ausgestellt worden sein. Und zu diesem sollte es einen entsprechenden Aktenlauf geben. Die Frage war nur: Wo? In Paris? Oder vielleicht sogar im eigenen Haus? Ob man das Archiv damit befassen sollte? Zedlnitzky war sich im Klaren darüber, dass er mit einer solchen Vorgangsweise den Staatsanwalt nur zusätzlich provozieren würde. Aber nachfragen musste ja noch erlaubt sein.

Zedlnitzky überlegte, wen er bei der Registratur kannte. Eigentlich niemanden, musste er sich eingestehen. Aber vielleicht hatte sein Vater noch einen Draht zu den Kollegen dort. Das allerdings würde bedeuten, dass er diesem alles erzählen musste, und im Grunde war er es leid, sich dauernd gute Ratschläge geben zu lassen. Er wurde in wenigen Tagen 31, da musste einmal mit der Bevormundung Schluss sein. Allerdings würde es guttun, sich mit jemandem zu beraten, der eine gesunde Distanz zu der ganzen Sache hatte. Er überlegte, ob er die Sache mit seiner Frau besprechen sollte, doch jetzt war dazu ohnehin keine Zeit. Die Kinder waren schon wieder einmal vollkommen überdreht, und es würde eine gute Weile dauern, bis sie sich wieder normal verhalten würden.

Zedlnitzky rang mit sich, ob er sich noch ein drittes Bier genehmigen sollte. Seine Frau nahm ihm die Entscheidung ab.

„Du, die zwei geben ja doch keine Ruhe, bevor sie nicht haben, was sie wollen. Ich geh’ mit ihnen rüber und kauf’ ihnen ein Jolly oder ein Twinni. Du kannst dich ja einstweilen noch an einem Seidl erfreuen, während du auf uns wartest.“

Er lächelte dankbar. Kurz überschlug er, ob er dann noch fahrtauglich sein würde, doch zwei Krügel und ein Seidl Bier bedeuteten, so viel wusste er aus einschlägigen Schulungen, knapp 0,9 Promille. Allerdings saß er seit zwei Stunden da im Gastgarten, also hatten sich 0,2 davon auch schon wieder verflüchtigt. Und bis sie endlich beim Auto sein würde, wäre noch eine Stunde ins Land gezogen, also brauchte er keine Sorge haben, das zulässige Limit von 0,8 Promille zu übersteigen. Beglückt über diese Erkenntnis hob er die Hand und orderte noch ein kleines Bier.

Er trank es in schnellen Zügen, und eine angenehme Wärme machte sich in ihm breit. Und eine gewisser Gleichmut gegenüber den Widrigkeiten des Falls. Morgen war schließlich auch noch ein Tag, und es gab absolut keinen Grund, warum er sich hier an diesem lauschigen Plätzchen das Hirn zermartern sollte. Er zündete sich noch eine Zigarette an und blies den Rauch in den wolkenlosen Himmel.

Wolkenlos! Ob das wirklich stimmte? Oder waren die unsichtbaren Schwaden aus der Ukraine bereits hier eingetroffen? Er nahm noch einen kräftigen Schluck. Jetzt dachte er auch schon wie diese Hysteriker! Ja, es mochte schon sein, dass es bei Atomkraftwerken Unfälle gab. Klar, die gab es überall. Aber wenn bei Malta die Staumauer brach, dann konnte man halb Oberkärnten abschreiben. Und in einem solchen Fall blieb sicher keine Zeit für eine allfällige Evakuierung. Sicher war letztendlich im Leben nur eines, und zwar der Tod.

Und gesund war auch ein relativer Begriff, übte er sich weiter in seiner mentalen Meditation. Wenn er etwa all diese Jane Fondas und Sidney Romes im Fernsehen sah, wie die zu irgendeiner Kreischmusik auf und ab hüpften, dann konnte das nicht gesund sein. Na ja, ihm konnte es egal sein. Er hatte sein Bier und seine Zigaretten, da war man auf jeden Fall auf der sicheren Seite, Atom hin oder her. Das würden die Grünen auch in Jahrzehnten nicht madig machen können, denn das gehörte zum Lebensstil wie der Anzug mit Krawatte und der Sommerurlaub am Wasser.

Zedlnitzky dämpfte seine Zigarette aus und hielt Ausschau nach seinem Anhang. Wo die wieder blieben? Endlich machte er die drei in der Menge aus und verdrehte die Augen. Jackie hatte es wieder einmal geschafft, sich zu bekleckern. Na, wenigstens hatte „Balu“ nichts abgekriegt, stellte er bei genauerer Begutachtung fest. Der hätte nämlich gegen eine Runde Waschmaschine sehr wohl Protest eingelegt. Wenn auch stummen.

Er hätte die Kinder gerne zu etwas mehr Tempo angehalten, doch ihm war bewusst, dass für sie der Prater weitaus spannender war als die Verkündung eines Wahlergebnisses, und so ließ er sie schließlich gewähren. Wie der Urnengang ausgegangen war, konnte er später immer noch in Erfahrung bringen, zumindest dann, wenn sein Vater ihn anrief, um das Resultat wortreich zu kommentieren. Also schlenderten sie betont langsam dem Ausgang zu, noch das eine oder andere Mal an einer vermeintlichen Attraktion haltend, ehe es Zedlnitzkys Frau endlich gelang, die Rangen Richtung Auto zu steuern.

Dort angekommen atmete Zedlnitzky auf. Sein Schild hatte ihn wieder einmal gerettet. Er verfrachtete eilig die Kinder auf die Rückbank, dann wartete er darauf, bis seine Frau sie angegurtet und anschließend selbst am Beifahrersitz Platz genommen hatte, ehe er den Wagen wendete und auf den Praterstern zuhielt. Je näher sie dem Ring kamen, desto dichter wurde der Verkehr, und er fragte sich, warum alle Welt immer ausgerechnet dann unterwegs sein musste, wenn er nach Hause wollte. Die Blechlawine war so umfangreich, dass nicht einmal die grüne Welle Staus verhindern konnte, denn immer wieder sprang zwischendurch eine Ampel auf rot.

Erst, als er bei der Paulanerkirche die Wiedner Hauptstraße erreicht hatte, ging es etwas flotter. Kein Wunder, diese Straße hatte praktisch keine Ampeln mehr, also lief der Verkehr zügig und flott, was auch die anderen Verkehrsteilnehmer sichtlich entspannte. Binnen weniger Augenblicke hatte er es zum Matzleinsdorfer Platz geschafft, sodass seine letzte Sorge der Frage galt, ob er einen akzeptablen Parkplatz finden würde. Das Schicksal meinte es gut mit ihm, direkt neben seinem Gemeindebau fand sich genügend Raum, das Auto dort abzustellen. Er sperrte ab und blickte im Gehen auf die Uhr. In weniger als zwei Minuten würden die Abendnachrichten beginnen.

Zedlnitzky konnte sich selbst nicht erklären, weshalb ihn das Ergebnis der Wahlen plötzlich doch zu interessieren begonnen hatte. Er vermutete, es hatte etwas mit einer Art Wettbewerbsphilosophie zu tun. Wenn schon ein „Rennen“ stattfand, und sei es auch nur um ein Amt, so wollte man schließlich doch wissen, wie es ausging, selbst wenn es sich dabei um eine „Sportart“ handelte, die einen normalerweise nicht sonderlich fesselte.

Er hatte sich am Heimweg dabei ertappt, wie es für sich selbst Prognosen abgab. Wien, Kärnten, Burgenland waren für ihn klares „Steyrer-Land“. Da würde der SPÖ-Kandidat deutlich die Nase vorn haben. Der „andere“ wiederum würde in Vorarlberg, Tirol und Niederösterreich dominieren. Mithin entschied sich das Rennen also in den beiden Schwellenbundesländern Oberösterreich und Steiermark, wo sich die Frage stellte, ob die Industrie- oder die Agrargebiete die Oberhand behalten würden.

Er überließ es also seiner Frau, sich um die Kinder zu kümmern, griff sich ein Bier aus dem Kühlschrank und machte es sich vor dem Fernseher bequem. Eben ertönte die Signation für die „Zeit im Bild“ und er rechnete immer noch mit einem Kopf-an-Kopf-Rennen. Seines Erachtens würden beide Kandidaten auf rund 45 Prozent kommen. Der Grünen traute er knappe zehn Prozent zu, den Rechtsaußen ließ er außen vor. Der konnte froh sein, wenn er in Kärnten ein paar Stimmen bekam, befand Zedlnitzky. Und schon meldete sich der Kommentator mit einer ersten Hochrechnung.

Noch Stunden später konnte es Zedlnitzky nicht fassen. Dass er so danebenliegen konnte, war wirklich unglaublich. Steyrer hatte selbst in den roten Hochburgen kaum reüssiert. Die Detailzahlen, die im Laufe der Sendung genannt worden waren, wiesen für Steyrer gerade einmal 51 Prozent in Wien aus, wo die SPÖ bei Gemeinderatswahlen zumeist satte 60 Prozent bekam. Im Burgenland und in Kärnten hatte es jeweils für 49 Prozent gereicht, doch dort war der Kandidat der ÖVP mit 47 bzw. 44 Prozent nahe dran. Selbst in Wien hatten vier von zehn für den Herrenreiter gestimmt, während die Grüne in ihrer eigenen Hochburg gerade einmal auf acht Prozent gekommen war.

Die Bundesländerergebnisse waren für Steyrer noch verheerender. In Salzburg etwa hatte es nicht einmal für den Vierer vorne gereicht, während der Gegner fast 55 Prozent der Stimmen eingefahren hatte. Und im wilden Westen, wo Rote aus Tradition nichts zu bestellen hatten, musste sich Steyrer mit 29 bzw. 26 Prozent bescheiden, während es jeweils satte absolute Mehrheiten für den Ex-UNO-Generalsekretär gab.

All das war für Zedlnitzky nur noch die genauere Erklärung für den ernüchternden Anfangsbefund, der beinahe dazu geführt hatte, dass ihm die Bierflasche aus der Hand gefallen wäre. Der Kommentator aus dem Innenministerium hatte das bundesweite Endergebnis verkündet, und da hatten dem Konservativen nur rund 16.000 Stimmen gefehlt, um seinen roten Kontrahenten bereits im ersten Wahlgang ultimativ zu besiegen. Zwar würde es jetzt eine Stichwahl brauchen, doch die paar Voten würde der Ungustl schon durch den anderen Altnazi bekommen, sagte sich Zedlnitzky und unterdrückte nur mit Mühe einen Fluch. Nicht, dass ihm Steyrer so sympathisch gewesen wäre, aber dem anderen gönnte er nach allem, was gewesen war, einen so epochalen Erfolg auch nicht.

Vor allem, als dann die Interviewrunde begann. Allein schon durch dieses schmierige Grinsen des VP-Mannes fühlte sich Zedlnitzky provoziert. Aber gut, der Mann hatte ja auch leicht lachen. Der endgültige Sieg war ihm praktisch nicht mehr zu nehmen. Das wusste auch Kurt Steyrer, der daneben aussah wie der sprichwörtlich begossene Pudel. Zedlnitzky fragte sich, warum die Grüne so grinste, denn ihre fünf Prozent waren nicht gerade überwältigend, wenn man bedachte, dass sie und ihre Bewegung von den Medien mehr als zuvorkommend behandelt worden waren. Aber wahrscheinlich blickte die Kandidatin schon in die Zukunft und rechnete mit dem Einzug ins Parlament nach der nächsten Nationalratswahl. Und so ein Abgeordnetenmandat war ja auch recht einträglich.

Amüsant war für Zedlnitzky mithin nur das quengelnde Gequäke des kleinen Kärntners, der sich bitter über die Ungerechtigkeit der Zeitungen beklagte, die aus dem ÖVP-Mann genau das gemacht hatten, was eigentlich er hätte sein wollen und sollen. Eine solche Weltsicht hatte schon wieder etwas unfreiwillig Komisches. Bitte, bitte, der Nazi möcht’ aber ich sein!, dachte Zedlnitzky und freute sich darüber, wenigstens einen Moment lang an diesem Abend etwas zum Schmunzeln zu haben.

Gleich darauf fiel ihm jedoch sein Vater ein, für den jetzt wohl die Welt zusammenbrach. Ob er ihn anrufen sollte? Besser nicht, bei einer solchen Laune, wie sie der Vater jetzt gerade haben musste, war es wohl besser, in Deckung zu bleiben. Früher oder später würde er sich von sich aus melden, und dann war man besser gewappnet. Also nahm sich Zedlnitzky noch eine Zigarette und ging in die Küche, wo seine Frau am Tisch saß und die Sonntagszeitung las. Er schüttelte den Kopf. „Unglaublich“, sagte er nur, und dann: „Hättest du dir das gedacht? Ich mein’, dass es so arg wird?“

Sie bemühte sich um eine mitfühlende Miene, entgegnete aber nichts.

„Na aber echt“, blieb er bestimmt.

Sie sah ihn an. „Wann bist du zuletzt einem Bundespräsidenten persönlich begegnet?“, meinte sie dann.

„1966. Beim Bundesjugendsingen. Dem Jonas“, erklärte er.

„Und wann hat zuletzt ein Bundespräsident auf dein Leben Einfluss genommen?“

Zedlnitzky dachte nach, ihm wollte partout keine Antwort einfallen.

„Siehst du“, bilanzierte seine Frau schließlich, „es kann dir also egal sein, wer in der Hofburg sitzt.“

Sie wandte sich wieder der Zeitung zu. Zedlnitzky aber wollte partout das letzte Wort haben.

„Nein, kann es nicht. Immerhin muss ich mir jetzt die nächsten sechs Jahre den sein Gfries anschau’n, wenn ich im Büro sitz’.“

„Dann schau halt ned hin.“

„Aber das hängt direkt bei der Uhr.“

„Dann stell dir den Wecker auf den Schreibtisch.“

Zedlnitzky wurde unwirsch.

„Dass ihr Frauen immer das letzte Wort haben müsst“, statuierte er.

„Müssen wir ja gar nicht“, sagte sie, scheinbar in einen Artikel vertieft. Dennoch entging ihm ihr Schmunzeln nicht.

„Na, dann ist es ja gut.“

„Eben.“

„Ich geh’ jetzt wieder ins Wohnzimmer.“

„Ist gut.“

Das war doch kindisch. Da waren sie, zwei ausgewachsene Menschenkinder, und suchten nach einem Satz, mit dem sie die Unterhaltung beenden konnten, ohne dass der jeweils andere noch etwas draufsetzte.

„Der Klügere gibt nach“, schickte Zedlnitzky noch in den Raum, ehe er eilig ins Wohnzimmer strebte. Schon fast bei der Couch angelangt, hörte er ihr „Ist recht“. Sie hatte schon wieder gewonnen. Er ließ sich auf die Sitzbank plumpsen und tröstete sich mit einem Schluck Bier.

Gelangweilt blickte er auf die Fernsehseite der Zeitungsbeilage. An einem Tag wie diesem reduzierte sich die Wahlmöglichkeit auf 50 Prozent, denn im zweiten Kanal wurde über das Ergebnis des Urnengangs philosophiert. Zedlnitzky hoffte auf einen Krimi im anderen Programm. Doch er sah sich enttäuscht. Kein „Tatort“, kein „Derrick“, ja nicht einmal die Wiederholung einer „Kottan“-Folge.

Kottan hatte praktisch zur selben Zeit wie Kreisky die Bühne verlassen. Im März vor drei Jahren war letztmalig eine neue Folge ausgestrahlt worden. Wenn er ehrlich war, dann musste er zugeben, dass „Kottan“ nur am Anfang wirklich gut gewesen war. Die ersten Folgen mit Peter Vogel waren, trotz aller Situationskomik, noch echte Kriminalfälle gewesen, was, mit Abstrichen, auch noch für die Episoden mit Franz Buchrieser gegolten hatte. Die Filme mit Lukas Resetarits waren fraglos witzig gewesen, die Kriminalhandlung konnte man dabei aber getrost vergessen. Jedoch, wenn man es genau bedachte, galt das ja für die meisten TV-Krimis.

Na ja, aber in der Not frisst der Teufel ja Fliegen, wie es so schön heißt, und so ließ sich Zedlnitzky von dem faden Abendprogramm berieseln, bis aus den Zimmern der Kinder kein Geräusch mehr zu vernehmen war.

Zedlnitzky begab sich beschwingt ins Badezimmer, um sich ein wenig frisch zu machen. Hoffnungsfroh ging er danach ins Schlafzimmer.

Seine Frau lag im Bett und las eine ihrer Liebesschmonzetten. „Stürmische Gefühle“ las er, nachdem er neben ihr unter die Decke gekrochen war.

„Die hätte ich auch“, ergänzte er dann.

Seine Frau sah ihn von der Seite an: „Du bist ja echt unersättlich.“

„Was willst du! Ich bin 30. Da hat man noch Bedürfnisse.“

Er wartete auf ihre Reaktion, doch es kam keine. Sie las unbeirrt weiter in ihrem Roman. Alles eine Frage der besseren Nerven, dachte er sich und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Irgendwann würde ihr das Lesen langweilig werden, und dann konnte er einen neuen Versuch starten.

Als die blonde Jeannette erstmals mit Doktor Meister allein im OP war, konnte sie endlich ihren „stürmischen Gefühlen“ freien Lauf lassen. Und Frau Zedlnitzky musste sich eingestehen, dass ihr dabei auch ein wenig anders wurde. Während sie mit voller Konzentration Zeile um Zeile verschlang, wanderte ihre linke Hand langsam in Richtung der zweiten Betthälfte. Sie kletterte die Hüfte des Inspektors hoch und stieß nur wenig später auf dessen Penisspitze. Frau Zedlnitzky war ein klein wenig enttäuscht. Sie hätte sich für ihre Annäherung mehr Begeisterung erhofft. Doch der kleine Paul wirkte ziemlich desinteressiert. Frau Zedlnitzky riss sich endlich von der Lektüre los und starrte auf ihren Mann. Der hatte immer noch die Arme hinter dem Kopf verschränkt und die Augen geschlossen. Sein tiefer Atem signalisierte ihr, dass diesmal er eingeschlafen war.