Erste Kritik am alten Weltbild

Tatsächlich lassen sich die »merkwürdigen« Bewegungen der Gestirne einfach erklären, wenn man die Erde mit der Sonne tauscht und außerdem akzeptiert, dass Planeten nicht in perfekten Kreisen um das Zentrum des Sonnensystems ziehen, sondern in Ellipsen. Der Eindruck, es könne sich um Schleifen handeln, entsteht nur dadurch, dass die Erde eine kürzere Umlaufbahn um die Sonne hat und die sonnenferneren Planeten regelmäßig »überrundet«, während sie selbst von den sonnennäheren Planeten »überrundet« wird.

Es war ein arabischer Astronom namens Abu Abdallah Mohammad ibn Dschabir Al-Battani, der Ptolemäus’ Unantastbarkeit vorsichtig infrage stellte. Al-Battani wurde um 850 u.Z. in der heutigen Türkei geboren und mauserte sich zu einem der angesehensten Mathematiker und Astronomen aller Zeiten. Er arbeitete an einem umfassenden Sternenkatalog, in den er über ein halbes Jahrtausend vor Erfindung des Teleskops knapp 500 Sterne aufnahm. Ein weiteres seiner Forschungsziele war es, die genaue Länge eines Jahres herauszufinden. Dafür hatte Ptolemäus’ Almagest einen Wert geliefert, aber Al-Battani zweifelte diesen an. Er errechnete die Länge eines Sonnenjahres, also den Zeitraum, innerhalb dessen die Erde die Sonne einmal umkreist, auf 365 Tage, 5 Stunden, 46 Minuten und 24 Sekunden. 42 Damit kam er dem tatsächlichen Wert auf gut zwei Minuten nahe, eine beeindruckende Leistung! 3 Und: Den ptolemäischen Wert hatte er damit korrigiert, denn dieser lag über sechs Minuten daneben. 43

Al-Battani schrieb ein ganzes Buch über Ptolemäus’ Arbeiten und Ansichten, er korrigierte viele seiner Aussagen, 44 aber die Epizykeltheorie und das geozentrische Weltbild zweifelte er nie ernsthaft an. Andere arabische Astronomen, wie zum Beispiel Thabit ibn Qurra, bemerkten hingegen, dass mit den ptolemäischen Himmelsbewegungen etwas nicht stimmen konnte. 45 Sie dokumentierten und bemängelten Ungenauigkeiten, aber leider waren sie nicht in der Lage, ein alternatives Modell vorzuschlagen.

Die Schriften der Araber fanden nach und nach ihren Weg nach Europa, wo einige Jahrhunderte später die wohl größte intellektuelle Revolution aller Zeiten losgetreten werden sollte.