Bereits 300 Jahre vor Einstein hatte Galileo Galilei postuliert, dass alle Bewegungen relativ sind und es eigentlich keinen Punkt gibt, der tatsächlich »stillsteht«. 222 Es kommt immer auf die Position des Betrachters an. Ein Beispiel: Wenn ich in einem ICE sitze, der mit über 250 km/h über die Schienen rast, dann wirkt es aus meiner Perspektive so, als stünde ich still und die Landschaft draußen flöge in einem irren Tempo an mir vorbei. Ich kann in Ruhe trinken und essen und merke vom Tempo des Zuges nichts. Der Zug und ich haben dieselbe Geschwindigkeit. Innerhalb des Zuges herrschen auch einheitlich dieselben physikalischen Gesetze. Wenn ich in die Luft springe, lande ich auf derselben Stelle, von der ich abgesprungen bin. 16 Wenn ich mit Bällen jongliere, fliegen sie nicht wild durch die Gegend. Ich stehe also, in Relation zum Zug, still. Ein Betrachter von draußen, der den Zug an sich vorbeifahren sieht, würde allerdings das Gegenteil behaupten: Der Zug bewegt sich, ich bewege mich, und er, der Betrachter steht still. Aber stimmt das denn?
Der gesamte Planet, auf dem sich der Betrachter befindet, bewegt sich ja gerade um die Sonne, und die Sonne wiederum um das Zentrum der Milchstraße, und so weiter, und so fort. Welche Betrachtung ist also die richtige? Relativität bringt uns bei, dass jede dieser Perspektiven für sich genommen korrekt ist. Es gibt keine allgemeingültige Wahrheit, es gibt nicht den ultimativen, stillstehenden Spot, von dem aus man das ganze Universum beobachten könnte. Alles ist relativ. Diesen Gedanken erforschte Einstein in seiner Relativitätstheorie und wandte ihn auf Raum und Zeit an.
Grundsätzlich besteht die Theorie aus zwei Teilen: der Speziellen Relativitätstheorie , kurz SRT , die Einstein 1905 formulierte, und der Allgemeinen Relativitätstheorie , kurz ART , die er 1916 fertigstellte. Moment: Warum hat er denn mit der speziellen angefangen? Sollte man nicht erst mal die allgemeine Theorie aufstellen, bevor man mit Spezialfällen um sich schmeißt? Das Ganze löst sich auf, wenn wir verstehen, warum die beiden Theorieteile so heißen, wie sie heißen. Die spezielle Relativitätstheorie beschäftigt sich mit der Bewegung von Dingen aus speziellen Betrachtungswinkeln. Deshalb kam dieser Teil auch zuerst, denn Einstein machte sich zunächst Gedanken über ganz bestimmte Perspektiven und wie sich deren Beobachtungswinkel auf eine Bewegung und damit auch auf Raum und Zeit auswirkt. Erst später schaffte er es, seine Überlegungen in einer allgemeinen Theorie zu formulieren, die nicht nur Raum und Zeit auf den Grund ging, sondern auch das Wesen der Gravitation besser beschreiben konnte, als Newtons klassische Mechanik es vermochte.
Die große Frage bei der Relativität lautet nicht nur: Was verändert sich, wenn wir unseren Betrachtungswinkel ändern? Sondern auch: Was verändert sich nicht? Einstein verstand, dass sich eine Sache nie veränderte, aus welcher Perspektive auch immer man guckte: die Lichtgeschwindigkeit. Sie ist eine Naturkonstante! Egal, aus welchem Winkel man Licht betrachtet, es bewegt sich immer mit 299729458 Metern pro Sekunde fort. Aber wie misst man so etwas? Tatsächlich gab es einen Haufen Experimente, die dazu geführt haben, dass wir die Geschwindigkeit des Lichts, also das c aus E=mc2 , als absolute Konstante ansehen.