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DER REAKTIONSWEG, DER ENERGIE AUS ESSEN GEWINNT

ATMUNG

IM KONTEXT

SCHLÜSSELFIGUR

Hans Adolf Krebs (1900–1981)

FRÜHER

1784 Der französische Chemiker Antoine Lavoisier zeigt, dass die Körperwärme mit dem Einatmen von Sauerstoff und dem Ausatmen von Kohlendioxid zusammenhängt.

1929 Der deutsche Biochemiker Karl Lohmann entdeckt Adenosintriphosphat (ATP), den Energieträger in Zellen.

SPÄTER

1946 Der deutsch-amerikanische Biochemiker Fritz Lipmann entdeckt das Koenzym A, das den Citratzyklus in Gang hält.

1948 Mitochondrien (kleine spezialisierte Untereinheiten in Zellen) werden von den amerikanischen Biochemikern Eugene Kennedy und Albert Lehninger als Zentren der Atmungsreaktionen erkannt.

Atmung findet in allen lebenden Zellen statt. Mithilfe von Sauerstoff wird Energie aus Nahrung gewonnen – Energie, die alle anderen chemischen Prozesse antreibt, die für das Leben benötigt werden.

Der Begriff »Atmung« wurde im 18. Jahrhundert von Chemikern geprägt, die zunächst Gase erforscht hatten. Sie fanden heraus, dass Tiere mehr Kohlendioxid und weniger Sauerstoff ausatmen, als sie einatmen; in der Nacht trifft dies auch auf Pflanzen zu. Man nahm an, dass Glukose (oder Zucker) aus Nahrungsmitteln der Treibstoff für diesen Austausch von Gasen ist. In den frühen 1930er-Jahren wurde entdeckt, dass Glukose zu einer einfacheren Substanz namens Pyruvat abgebaut wird. Dieser Prozess, Glykolyse genannt, setzt wenig Energie frei und erfordert keinen Sauerstoff. Heute weiß man, dass es sich um einen Gärungsprozess handelt, einen Stoffwechselweg, der von frühen Organismen genutzt wurde, bevor die Erde eine sauerstoffreiche Atmosphäre hatte.

»Ohne ATP würde selbst die winzigste Aktivität unseres Körpers langsamer werden und schließlich aufhören.«

Jonathan Weiner

Amerikanischer Autor

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Der Citratzyklus – oder Krebs-Zyklus – besteht aus einer Reihe chemischer Reaktionen, bei denen die Energie generiert wird, die komplexe Organismen brauchen. Treibstoff des Zyklus ist Essen, das in Pyruvat umgewandelt wird, eine Form der Glukose. Pyruvat wird dann in Kohlendioxid sowie in hochenergetische Zwischenprodukte umgewandelt.

Ein Reaktionsweg

1937 publizierte Hans Krebs, ein deutscher Chemiker, der im englischen Sheffield arbeitete, die Schritte, in denen Pyruvat, das Produkt der Glykolyse, oxidiert wird. Bei der Atmung bedeutet Oxidation den Verlust von Elektronen und das Freiwerden von Energie. Diese Energie kann dann von anderen Molekülen in der Zelle geerntet werden. Krebs hatte dies über eine Reihe von Jahren herausgearbeitet, indem er Muskel- und Lebergewebe von Tauben Sauerstoff aufnehmen ließ und die dabei entstehenden organischen Chemikalien analysierte. Er hatte vorausgesagt, dass bei der schrittweisen Oxidation von Pyruvat organische Säuren mit vier oder sechs Kohlenstoffatomen entstehen würden. Er bemerkte, dass diese Chemikalien in unterschiedlichen Mengen anfielen und dass ihre Anteile wechselten, je nachdem, wie viel Sauerstoff vom Gewebe absorbiert worden war. Krebs benutzte diese Fakten, um einen Sauerstoff-Reaktionsweg zu konstruieren, der eine Schleife bildet. Anfangs- und Endpunkt ist Citrat (Citronensäure in Ionenform), daher der Ausdruck Citratzyklus.

Der Citratzyklus ist zentral für die Zellatmung. Pyruvat tritt in Form von Acetyl-CoA in den Zyklus ein. CoA ist die Kurzform von Koenzym A, ein Molekül, das Pyruvat in eine Acetylgruppe und Kohlendioxid zerlegt. Diese Acetylgruppe, die zwei Kohlenstoffatome enthält, reagiert bei ihrem Eintritt in den Zyklus mit dem Vier-Kohlenstoff-Molekül Oxaloacetat und bildet ein Sechs-Kohlenstoff-Molekül namens Citrat.

Der Zyklus folgt dann einer Reihe von oxidativen Reaktionen, die Elektronen und Energie abgeben. Elektronen und Energie werden in einer Reihe von Reduktionsreaktionen von anderen Molekülen aufgefangen. Nach acht Schritten ist der Zyklus wieder beim Oxaloacetat angekommen und die Moleküle haben nun nicht mehr sechs, sondern vier Kohlenstoffatome. Außerdem sind zwei Kohlendioxidmoleküle entstanden. Die frei werdende Energie wird von energiereichen Zwischenprodukten aufgefangen. Diese Moleküle verhalten sich wie aufgeladene Batterien: Sie speichern die Energie für die spätere Verwendung in der Zelle. image

Hans Adolf Krebs

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Geboren 1900 in Hildesheim, schloss Hans Adolf Krebs mit 25 Jahren sein Medizinstudium ab. Weil er in der Forschung arbeiten wollte, nahm er eine Stelle als Biochemiker in Berlin an. Während seiner Zeit an der Universität Freiburg publizierte er 1932 seine Entdeckung des Stoffwechselwegs, der zum Harnstoff führt. Damit machte er sich als Wissenschaftler einen Namen. Krebs hatte jüdische Vorfahren. 1933 floh er vor den Nazis aus Deutschland. In England nahm er eine Stelle an der Universität Sheffield an, dort entdeckte er den Citratzyklus. Anerkennung erfuhr er erst später. 1947 wurde er in die britische Royal Society gewählt. 1953 erhielt er den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin, zusammen mit Fritz Lipmann. Gemeinsam mit dem britisch-amerikanischen Biochemiker Hans Kornberg entdeckte Krebs 1957 den Glyoxylatzyklus. 1981 starb er in Oxford.

Hauptwerke

1937 Stoffwechsel von Ketonsäuren in tierischen Geweben

1957 Energieumwandlungen in lebendiger Materie: Ein Überblick