image

FOTOSYNTHESE IST DIE ABSOLUTE VORAUSSETZUNG ALLEN LEBENS

REAKTIONEN DER FOTOSYNTHESE

IM KONTEXT

SCHLÜSSELFIGUR

Melvin Calvin (1911–1997)

FRÜHER

1905 Der britische Pflanzenphysiologe Frederick Blackman erklärt, Licht und Temperatur würden die Fotosyntheserate beeinflussen.

SPÄTER

1958 Robert Emerson, amerikanischer Botaniker, beschreibt, dass kurze und lange Wellenlängen des Lichts zwei unterschiedliche Zentren der Energieumwandlung aktivieren.

1966 Die australischen Biochemiker Marshall Hatch und Roger Slack entdecken den C4-Reaktionsweg, der während der Dunkelreaktion in manchenPflanzen aktiv ist, etwa in Zuckerrohr.

1992 Rudolph Marcus erhält den Nobelpreis für Chemie für die Entdeckung der Elektronentransportkette.

Im späten 19. Jahrhundert war bekannt, dass die Zellen von Grünpflanzen Energie aus Licht gewinnen. Aber welche chemischen Prozesse benutzten Wasser, Kohlendioxid und Sonnenlicht, um chemische Energie in Form von Zucker herzustellen, und gaben dabei Sauerstoff ab? Lang glaubte man, Kohlendioxid und Wasser würden sich zu Zucker verbinden, wobei Kohlendioxid Sauerstoff abgibt. 1931 jedoch stellte Cornelis van Niel, ein niederländisch-amerikanischer Mikrobiologe, die These auf, dass Sauerstoff bei der Spaltung von Wassermolekülen entsteht und dass diese Reaktion lichtabhängig ist. 1939 bestätigte der britische Biochemiker Robert Hill diese Theorie und zeigte, dass Kohlendioxid in einer separaten Reaktion zu Zucker zerlegt (reduziert) werden muss – ein Prozess, der heute als Kohlenstofffixierung bekannt ist.

image

Im Chloroplasten nutzen lichtabhängige Reaktionen Chlorophyll, um Solarenergie zu gewinnen. Dabei wird Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff (O2) gespalten und hochenergetische Moleküle entstehen. Diese treiben den Calvin-Zyklus in der flüssigen Matrix des Chloroplasten an. Dabei entsteht Zucker durch den Abbau mehrerer Kohlendioxid-(CO2-)Moleküle.

Der Calvin-Zyklus

Von 1945 an nutzte der amerikanische Biochemiker Melvin Calvin zusammen mit seinem Team Kohlenstoff-14, um den gesamten Reiseweg des Kohlenstoffs durch eine Pflanze während der Fotosynthese zu verfolgen – eine bahnbrechende Forschung. Er wies nach, dass die Kohlenstofffixierung in einer Dunkelreaktion (einer Reaktion, die kein Licht braucht) vor sich geht und dass es sich in Wirklichkeit um eine Kaskade von Reaktionen handelt. Seine Entdeckung wird Calvin-Zyklus genannt.

image

Der Chloroplast ist ein Organell in Pflanzenzellen. Er enthält Chlorophyll in Stapeln (Grana), die durch die gefaltete innere Zellmembran gebildet werden.

Die ersten Reaktionen (das Stadium der Kohlenstofffixierung) im Calvin-Zyklus entfernen (fixieren) Kohlenstoffatome, eines nach dem anderen, aus dem Kohlendioxid der Luft. Sechs Umdrehungen des Zyklus, bei denen jeweils ein Kohlenstoffatom aufgenommen wird, sind notwendig, um genügend Kohlenstoff zur Erzeugung eines Zuckermoleküls zu gewinnen, das die Pflanze nutzen kann. Sobald sechs Kohlenstoffatome fixiert sind, durchlaufen sie weitere Reaktionen (Stadium der Kohlenstoffreduktion), bei denen C3-Zuckermoleküle entstehen. Ein Zuckermolekül verlässt den Chloroplasten, um die Pflanze zu ernähren. Das andere Zuckermolekül durchläuft den Zyklus weiter bis zum Stadium der Kohlenstoffregeneration und bildet wieder C6-Moleküle.

Der Calvin-Zyklus ist ein sehr energieintensiver Prozess. Calvin zeigte, dass er angetrieben werden muss durch hochenergetische Moleküle, die im lichtabhängigen Stadium der Fotosynthese entstehen. Allerdings musste er bei seiner Nobelpreisrede 1961 zugeben, dass man noch nicht wusste, was genau passiert, nachdem das Sonnenlicht das Chlorophyll angeregt hat.

Lichtabhängige Reaktionen

In den Jahren 1956 bis 1965 beschrieb der Chemiker Rudolph Marcus, ein gebürtiger Kanadier, die Elektronentransportkette. Sie besteht aus einer Reihe von Proteinmolekülen, die während der lichtabhängigen Phase bereitwillig Elektronen weitergeben, um Energie freizusetzen.

Wenn Licht die Chloroplasten erreicht, verhält sich jedes Chlorophyllmolekül wie eine Antenne, absorbiert Licht und setzt Elektronen (negativ geladene subatomare Partikel) frei. Die freien Elektronen durchlaufen die Elektronentransportkette und bilden hochenergetische Moleküle, welche die lichtabhängigen Reaktionen des Calvin-Zyklus antreiben.

Sobald sie im lichtabhängigen Stadium Elektronen freigesetzt haben, brauchen Chlorophyllmoleküle einen neuen Satz Elektronen, um normal zu funktionieren. Robert Hills Forschungen halfen zu klären, dass im Chloroplasten Wassermoleküle Elektronen an das Chlorophyll abgeben und dabei auseinanderbrechen zu Wasserstoffionen (elektrisch geladenen Atomen) und Sauerstoffatomen. Die Wasserstoffionen helfen, hochenergetische Moleküle aufzubauen, die Sauerstoffatome entfliehen als Abfallgas durch die Spaltöffnungen (Poren). image

»Indem sie das Wasser und die Mineralien von unten mit dem Sonnenlicht und CO2 von oben vermischen, verbinden Grünpflanzen die Erde und den Himmel.«

Fritjof Capra

Österreichisch-amerikanischer Physiker