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PFLANZEN TRINKEN UND SCHWITZEN

PFLANZENTRANSPIRATION

IM KONTEXT

SCHLÜSSELFIGUR

Stephen Hales (1677–1761)

FRÜHER

1583 Andrea Cesalpino, ein italienischer Arzt und Botaniker, stellt fest, dass Pflanzen Wasser absorbieren.

1675 Marcello Malpighi beobachtet und zeichnet Xylemgefäße, die er tracheae nennt, weil sie ihn an die Luftwege der Insekten erinnern.

SPÄTER

1891 Der polnisch-deutsche Botaniker Eduard Strasburger zeigt, dass die Aufwärtsbewegung des Wassers ein physikalischer Prozess ist, der in toten Xylemgefäßen abläuft.

1898 Francis Darwin, ein Sohn von Charles Darwin, beschreibt, dass die meisten Pflanzen einen Wasserverlust durch Transpiration vermeiden, indem sie ihre Spaltöffnungen bei Nacht schließen.

Dass aus Pflanzen Wasser verdunstet, war von Naturforschern über Jahrhunderte beobachtet worden. Der englische Geistliche Stephen Hales erbrachte als Erster einen Nachweis für den Prozess, der heute Transpiration genannt wird. Er hatte zuvor den menschlichen Blutdruck untersucht und viele Experimente durchgeführt, um zu prüfen, ob Pflanzen ebenfalls ein Kreislaufsystem haben.

Hales beschrieb seine Experimente und Schlussfolgerungen 1727 in Statick der Gewächse, einem bahnbrechenden Buch über Luftchemie und Pflanzenphysiologie. Hales bewies, dass Wasser aus Blättern »transpiriert« oder verdunstet und Wasser oder Pflanzensaft aus den Wurzeln ansaugt. Er zeigte, dass Wasser linear durch die Pflanze strömt und nicht zirkuliert.

»Aber man kann auch sagen, eine Pflanze ringe am Ende der Wüste um ihr Daseyn mit der Trockniss, obwohl es angemessener wäre zu sagen, sie seye von Feuchtigkeit abhängig.«

Charles Darwin

Die Entstehung der Arten (1860)

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Transpiration, die Verdunstung von Wasser durch die Spaltöffnungen (Poren) der Blätter, funktioniert wie das Ansaugen von Wasser durch einen Strohhalm. Pflanzensaft wird gegen die Gravitation nach oben gezogen. Dies geschieht nur tagsüber, wenn die Poren offen sind.

Wasser dringt in Wurzeln

Hales setzte ein Glasrohr auf den verletzten Stamm eines Rebstocks und beobachtete, dass »die Kraft des Pflanzensafts« – heute als Wurzeldruck bekannt – Pflanzensaft nach oben treibt, wenn die Wurzeln nach einem Regenschauer Wasser aus dem Boden »trinken«. Erst 1830 beschrieb der Physiologe Henri Dutrochet den Prozess der Osmose (nach dem Griechischen ōsmós für »Schub«), mittels dessen Wasser aus dem Boden in die Wurzel dringt.

Bei der Osmose bewegt sich Wasser durch eine semipermeable Membran in Richtung einer Lösung mit hoher Konzentration gelöster Stoffe, um die Konzentration auf beiden Seiten der Membran auszubalancieren.

Pflanzenwurzeln haben Haare mit semipermeablen Wänden von der Dicke einer Zelle. Chemische Reaktionen in den Wurzelhaaren ziehen mineralische Ionen (positiv geladene Atome) aus dem Boden und konzentrieren sie in den Wurzeln. Durch Osmose folgt Wasser in die Wurzeln nach. Dort sammelt es sich in Gefäßen, die Hales »kapillare Saftgefäße« nannte, und steigt in der Pflanze empor. Diese Gefäße, im 19. Jahrhundert Xylem genannt, bestehen aus langen, toten Zellen.

Wasser steigt in die Blätter

Hales hatte die »starke Anziehung« der Xylem-Gefäße beschrieben. Die Kräfte, die das Wasser auf seinem Weg nach oben zusammenhalten, kannte er aber nicht. Die Kohäsionsspannungstheorie wurde erst 1894 von Henry Dixon und John Joly aufgestellt und von mehreren anderen im frühen 20. Jahrhundert verfeinert.

Wie ein Magnet wird die positive Seite eines Wassermoleküls von der negativen Seite eines benachbarten Wassermoleküls angezogen. Darum sind Wassermoleküle kohäsiv oder »klebrig« und bilden eine Kette. Wassermoleküle bleiben auch leicht an der Wand eines Gefäßes kleben – ein Zustand, der Adhäsion genannt wird. Die Adhäsion hilft bei der Aufwärtsbewegung in einem Pflanzenstängel. Hales erkannte, dass der Strom des Pflanzensafts variiert – je nach Licht, Wetter und der Anzahl der Blätter

Die Kohäsionsspannungstheorie besagt: Wenn die Ketten aus Wassermolekülen im Blatt ankommen, wird jedes Molekül der Kette in Richtung einer Pflanzenpore (Stoma) gezogen und verdunstet. Dies erzeugt einen negativen Druck (Spannung), welcher das nächste Wassermolekül nach oben saugt, in einem kontinuierlichen Prozess, der Transpirationssog genannt wird. image

Pflanzen und Regen

Etwa 90 Prozent des Wassers an Land nimmt seinen Weg durch Pflanzen. Bäume, Sträucher und Kräuter nehmen es durch ihre Wurzeln aus dem Boden auf. Etwas Wasser wird bei der Fotosynthese abgebaut, das meiste aber hilft beim Transport mineralischer Nährstoffe, verhindert das Welken und kühlt die Pflanze durch Verdunstung.

An der Blattoberfläche bewirkt die Wärme des Tageslichts, dass die chemischen Bindungen der Wassermoleküle zerbrechen, sodass diese gasförmig (als Dampf) in die Luft entweichen. Steigt der Dampf auf und kühlt in der Atmosphäre ab, kondensiert er zu Tropfen und bildet Wolken. Werden die Tropfen groß genug, fallen sie als Regen zu Boden (Niederschlag). Pflanzen sind also Teil des Wasserkreislaufs der Erde.

Wie der Schweiß, der von der Haut verdunstet, kühlt die Transpiration die Baumkronen ab und beeinflusst so auch das lokale Klimageschehen.