IM KONTEXT
SCHLÜSSELFIGUR
Frits W. Went (1903–1990)
FRÜHER
1881 Charles Darwin und sein Sohn Francis beobachten, dass Hafersämlinge sich dem Licht zuwenden.
1911 Der dänische Forscher Peter Boysen-Jensen glaubt, hormonähnliche Signale reisten durch die Pflanze.
1924 Frank Denny, Pflanzenphysiologe am US Department of Agriculture (USDA), erklärt, dass Ethen aus Kerosinlampen der Landwirte – nicht Hitze oder Rauch, wie vermutet – die Fruchtreife induziert.
SPÄTER
1935 Der japanische Chemiker Teijiro Yabuta isoliert und benennt das Gibberellin.
1963 Die Botaniker Frederick Addicott (USA) und Philip Waring (GB) entdecken unabhänig voneinander die Abscisinsäure.
Um zu überleben, bewegen sich Tiere – hin zu Futter und Wasser und weg von Gefahren. Pflanzen müssen ebenfalls auf Umweltreize reagieren, aber sie sind immobil. Deshalb wachsen sie in Richtung Licht, Wasser und Sauerstoff und verteidigen sich, indem sie Abwehrstrukturen bilden oder schützende Substanzen aussenden.
Physiologische Prozesse in Pflanzen werden kontrolliert durch Moleküle, die Hormonen ähneln. Sie bewegen sich durch die Gewebe und entfalten ihre Wirkung langsamer als tierische Hormone. Sie haben eher langfristige Effekte auf das Wachstum, darum werden sie Wachstumsregulatoren genannt. Es sind kleine Proteine; wie ein Schlüssel passt jedes in ein anderes Protein (einen Rezeptor) wie in ein Schloss. Sobald das »Schloss« sich öffnet, findet eine Reihe von Vorgängen statt, die Überlebensmechanismen anstoßen – etwa den Schutz der Pflanze vor Trockenheit.
Ethengas wird von reifenden Früchten abgegeben, um das Reifen der anderen Früchte derselben Pflanze zu koordinieren. Mit reifen Bananen kann man grüne Tomaten zur Reife bringen.
Charles und Francis Darwin beobachteten in den 1880er-Jahren: Wenn sie einen Haferkeimling mit dunklem Papier bedeckten oder seine Spitze abschnitten, bog der Keimling sich nicht zum Licht. Sie schlossen daraus, dass ein »Einfluss« an der Spitze des Sprosses das Pflanzenwachstum zum Licht (den Fototropismus, wie man ihn heute nennt) kontrollieren muss.
In den Jahren 1927/28 beschrieben der holländische Pflanzenphysiologe Frits W. Went und der sowjetische Mikrobiologe Nikolai Cholodny unabhängig voneinander den verantwortlichen Stoff, der später Auxin genannt wurde. Das Cholodny-Went-Modell von 1937 beschreibt die Rolle des Auxins beim Fototropismus und beim Geotropismus (Wachstumsreaktion auf die Schwerkraft) der Wurzeln.
Die Rolle des Gases Ethen wurde Schritt für Schritt im 19. und frühen 20. Jahrhundert geklärt, nachdem man beobachtet hatte, dass es die Reifung von Früchten fördert. 1934 bewies der britische Pflanzenkundler Richard Gane, dass Früchte Ethen synthetisieren können.
Auf einem Apfelbaum zum Beispiel gibt der erste reifende Apfel Ethen ab, sodass die anderen Äpfel gleichzeitig reifen. Ethen wird heute kommerziell eingesetzt, um Früchte, die unreif geerntet werden, rechtzeitig vor dem Verkauf zur Reife zu bringen.
In den 1940er-Jahren untersuchte der schwedisch-amerikanische Pflanzenphysiologe Folke Skoog eine Substanz, die bei Pflanzen die Zellteilung und die Differenzierung der Organe bewirkt. Sein Student Carlo Miller isolierte 1954 Kinetin, heute Cytokinin genannt. Dieser Wachstumsregulator ist auch am Alterungsprozess beteiligt: Eine Abnahme von Cytokinin führt im Herbst zum Abbau von Chlorophyll. Im Frühling steigt der Cytokiningehalt und unterstützt das Austreiben von Blättern.
Andere Wachstumsregulatoren sind Gibberellin und Abscisinsäure. Ersteres lässt (in Anwesenheit von Auxin) Zellen länger werden und sich teilen und bricht die Samenruhe. Abscisinsäure kontrolliert Reaktionen auf Umweltstress, etwa das Schließen der Spaltöffnungen bei Trockenheit.
Alle Wachstumsregulatoren haben mehrfache Funktionen: Auxin reguliert auch die Blatt- und Blütenbildung, die Fruchtreife und die Bildung neuer Wurzeln nach einem Beschnitt. Wachstumsregulatoren können auf komplexe Art interagieren, manchmal miteinander, manchmal gegeneinander.
Phytochrome
Der Botaniker Harry Borthwick und der Biochemiker Sterling Hendricks vom US Department of Agriculture (USDA) isolierten 1959 Phytochrome, lichtsensitive Pflanzenproteine. Ein solches Protein ist an einen Lichtrezeptor gebunden, der ähnlich wie bei Wachstumsregulatoren wie ein Schloss wirkt. In diesem Fall ist der Schlüssel rotes Sonnenlicht.
Verschiedene rote Wellenlängen informieren die Pflanze über die Tageszeit oder ob sie im Licht oder Schatten steht. Phytochrome messen auch die Tageslänge und damit die Jahreszeit.
Mit dieser Information reguliert die Pflanze ihren circadianen (Tages-)Rhythmus, einschließlich Fotosynthese und die richtigen Zeitpunkte für Samenbildung, Blüte und Pflanzenruhe.