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DIE MIKROBEN WERDEN DAS LETZTE WORT HABEN

KEIMTHEORIE

IM KONTEXT

SCHLÜSSELFIGUREN

Louis Pasteur (1822–1895),

Robert Koch (1843–1910)

FRÜHER

Um 180 n. Chr. Im alten Rom glaubt der Arzt Galen, die Pest verbreite sich durch »Pestsamen« über die Luft.

1762 Der Österreicher Marcus Plenciz meint, manche Krankheiten würden durch Mikroben verursacht, aber man glaubt ihm nicht.

1854 John Snow führt die Verbreitung der Cholera auf Kontakt mit verschmutztem Wasser zurück.

SPÄTER

1933 Ein Virus wird als Ursache der menschlichen Grippe identifiziert.

1980 Die Pocken sind ausgerottet.

2019 Das SARS-CoV-2-Virus, Ursache von COVID-19, wird isoliert.

»Winzige Kreaturen … schweben in der Luft und dringen durch Mund und Nase in den Körper ein und bewirken dort schwere Krankheiten.«

Marcus Terentius Varro

De Re Rustica (Über Ackerbau) (35 v. Chr.)

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Krank machendes Miasma aus der verseuchten Themse mache die Londoner krank, glaubte man lang. Diese Zeichnung des Tods in einem Ruderboot stammt aus dem 19. Jh.

Keimtheorie ist die Idee, dass viele Krankheiten durch Keime verursacht werden – Mikroben wie etwa Bakterien. Wenn ein Keim den Körper befällt (infiziert), vermehrt er sich und verursacht im Wirt eine bestimmte Krankheit.

Die Keimtheorie wurde durch Experimente des französischen Chemikers Louis Pasteur und des deutschen Arztes Robert Koch im 19. Jahrhundert etabliert. Damals glaubten viele Ärzte an die Theorie des Miasmas (»schlechte Luft«) – die Idee, dass Krankheiten sich durch die Luft verbreiten, insbesondere in der Nähe stehender Gewässer.

Im 1. Jahrhundert v. Chr. riet der römische Architekt Vitruv davon ab, in der Nähe von Sümpfen zu bauen, denn mit der Morgenluft könnte Miasma eindringen, das den giftigen Atem von Sumpfkreaturen trage, der Menschen krank mache.

Skeptiker der Miasmatheorie behaupteten, Krankheit würde durch Ansteckung verbreitet, sie hatten jedoch noch keine Ahnung, dass Keime involviert sein könnten. Dennoch ist die Idee, dass Krankheiten durch Mikroben verbreitet werden, schon alt. Jainisten in Indien glaubten schon vor 2500 Jahren, winzige Wesen, die sie nigoda nannten, brächten Krankheiten. Der römische Gelehrte Marcus Terentius Varro schrieb, dass man in Sümpfen Vorkehrungen treffen müsse gegen das Eindringen winziger, Krankheiten tragender Kreaturen in den Körper.

Ähnliches wurde von islamischen Ärzten erwogen, als die Pest im 14. Jahrhundert Andalusien verwüstete. Ibn Khatima glaubte, »winzige Körperchen« seien verantwortlich für die Ansteckung, und Ibn al-Khatib beschrieb, wie diese durch Kontakt von Mensch zu Mensch weitergegeben werden.

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Erste sichtbare Mikroben

Das Problem bestand darin, dass Mikroben zu klein sind, um sie mit dem bloßen Auge zu sehen. All das änderte sich im späten 16. Jahrhundert mit der Erfindung des Mikroskops. 1656 sah der deutsche Priester und Gelehrte Athanasius Kircher »Würmlein«, als er das Blut von Pestopfern durch ein Mikroskop studierte. Es ist unwahrscheinlich, dass er tatsächlich das Bakterium Yersinia pestis gesehen hat, das die Pest verursacht, aber er hatte recht damit, dass Mikroben die Ursache sind. Kircher veröffentlichte seine Theorie 1658 und gab Ratschläge, wie deren Verbreitung aufzuhalten sei: Isolation der Betroffenen und das Verbrennen ihrer Kleidung.

In den späten 1660er-Jahren baute der holländische Forscher Antoni van Leeuwenhoek ein einfaches Mikroskop, das Dinge 200-fach vergrößert. In den Folgejahren sah er, dass offensichtlich klares Wasser voll winziger Kreaturen ist (die wir heute als Bakterien, Protozoen und Nematoden kennen). Er bemerkte, dass fast überall solche kleinen Wesen leben.

1683 veröffentlichte van Leeuwenhoek die erste Zeichnung sogenannter animalcules (Tierlein) – Bakterien, die er in Proben von Zahnbelag beobachtet hatte. Er zeichnete sie sorgfältig; alles in allem konnte er vier verschiedene Formen von Bakterien erkennen – von Spiralen bis Stäbchen. Bis heute haben Mikrobiologen 30 000 Arten von Bakterien identifiziert – in drei einfachen Formen (siehe unten).

Immer mehr Beweise

Trotz Entdeckungen wie die van Leeuwenhoeks blieb die Miasmatheorie führend. Dann begann 1807 der italienische Entomologe Agostino Bassi, eine Krankheit namens Muskardine zu studieren, die die italienische und französische Seidenraupenindustrie dezimierte. Er entdeckte, dass ein winziger parasitischer Pilz die Krankheit verursacht, dass sie ansteckend ist und sich unter den Raupen über das Futter und durch Kontakt verbreitet. Er veröffentlichte seine Befunde 1835 und erwähnte, dass Mikroben auch beim Menschen Krankheiten verursachen.

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Die Seidenraupenkrankheit Muskardine kommt bei der Art Bombyx mori häufig vor. Der Pilz, der die Krankheit auslöst, wurde nach Agostino Bassi Beauveria bassiana genannt.

Ideen wie diese erhielten mehr und mehr Unterstützung. 1847 revolutionierte Ignaz Semmelweis, ein Wiener Arzt, die Geburtsmedizin. In den Kreißsälen hatte zuvor Kindbettfieber unter den jungen Müttern gewütet.

Die häufigsten Bakterientypen

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Semmelweis behauptete, das Kindbettfieber werde durch »Leichenpartikel« verbreitet, die Studenten von den Sektionssälen in den Kreißsaal trugen. Seine Hygienemaßnahmen, Händewaschen vorneweg, führten zu einer drastischen Senkung der Fieberfälle, dennoch waren viele Ärzte nicht überzeugt von der Effektivität der Hygiene.

Cholera

Die Keimtheorie nahm eine neue Wendung, als 1854 eine Choleraepidemie in Londons Soho-Distrikt auftrat. Der britische Arzt John Snow bezweifelte, dass sich das Muster des Ausbruchs mit der Miasmatheorie in Einklang bringen ließe. Die Opfer häuften sich in einem sehr kleinen Bezirk und in einigen weit entfernten Clustern.

Snow forschte gewissenhaft nach und kartierte das Areal. Er konnte zeigen, dass alle Opfer Wasser aus einer einzigen Pumpe getrunken hatten. Das Wasser war durch menschliche Exkremente verunreinigt worden. Die lokalen Behörden waren skeptisch, begannen aber trotzdem mit Verbesserungen der städtischen Wasserversorgung.

»Es ist ein erschreckender Gedanke, dass unser Leben der Vermehrung dieser winzigen Körperchen ausgeliefert ist …«

Louis Pasteur

Die Cholera traf im selben Jahr das italienische Florenz. Der örtliche Anatom Filippo Pacini studierte Schleim aus dem Darm der Opfer und sah in allen Fällen Bakterien, die wie ein Komma geformt waren. Er nannte sie Vibrio cholerae. Zum ersten Mal war eine wichtige menschliche Krankheit einem individuellen Pathogen zugeordnet worden. Doch Pacinis Arbeit wurde ignoriert.

Wein und Hefe

In den späten 1850er-Jahren begann Louis Pasteur in Frankreich mit einer Reihe von Experimenten, die letztlich die Miasmatheorie zu Fall brachten und die Keimtheorie begründeten. Während er an der Université de Lille lehrte, bat ihn ein örtlicher Winzer, die Gärung zu erforschen.

Brauer und Winzer glaubten, Gärung sei eine rein chemische Reaktion. Pasteur erkannte jedoch, dass reifer Wein kleine, runde Mikroben enthält, die als Hefezellen bekannt sind. Er zog den korrekten Schluss, dass Hefemikroben den Wein vergären. Pasteur entdeckte, dass nur eine bestimmte Art Hefe den Wein richtig reifen lässt. Eine andere Mikrobe dagegen produziert Milchsäure, die den Wein ruiniert.

Pasteur fand heraus, dass er die schädlichen Mikroben im Wein töten und die gute Hefe erhalten konnte, indem er den Wein sanft bis etwa 60 °C erhitzte. 1865 ließ er diese Erfindung patentieren. Sie wurde Pasteurisierung genannt und ist heute noch in der Wein- und Bierindustrie üblich, ebenso wie zur Haltbarmachung von Milch und Fruchtsaft.

Pasteur untersuchte, wie Mikroben überhaupt entstehen. Zu der Zeit glaubten die Menschen noch immer, Leben könne aus dem Nichts entstehen. So bilde sich Schimmel spontan auf schlechtem Essen. Dieser Glaube war als Urzeugung bekannt. 1859 jedoch diskreditierte Pasteur die Idee mit einem berühmten Experiment (siehe Kasten). Es erschien ihm jetzt sehr wahrscheinlich, dass Mikroben in der Luft Krankheiten verbreiten, nicht die Luft selbst, wie die Miasmatheorie postulierte.

Der Wendepunkt kam ein paar Jahre später. 1865 suchte Pasteur nach einer Lösung für die Pébrine-Krankheit. Sie tötete die Seidenraupen, von denen die Seidenindustrie in Südfrankreich abhing. Er las über Bassis 30 Jahre alte Arbeit über die Muskardine. Pasteur fand schnell heraus, dass ein winziger Parasit (inzwischen klassifiziert als Angehöriger der Microsporidia) die Ursache der Pébrine ist. Er publizierte seine Befunde 1870. Der einzige Weg, die Krankheit zu stoppen, sei es, alle infizierten Raupen und Maulbeerbäume zu verbrennen. Die Seidenmacher folgten seinem Rat, die Krankheit wurde ausgerottet.

»… wo es auch langer Zeit bedurft hat, bevor alte Vorurteile überwunden und die neuen Tatsachen von den Ärzten als richtig anerkannt wurden.«

Robert Koch

Nobelvorlesung (1905)

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Milzbrand ist eine ernsthafte Infektionskrankheit, die Tiere und Menschen befällt. Sie wird verursacht durch die Sporen des Bodenbakteriums Bacillus anthracis.

Die Keimtheorie erforschen

Nachdem nun klar war, dass Keime an vielen Infektionen schuld sind, erforschte Pasteur, wie Krankheiten sich unter Menschen und Tieren verbreiten. Der britische Chirurg Joseph Lister las über Pasteurs Werk und erkannte, dass das Abtöten der Mikroben der beste Weg ist, die Verbreitung von Krankheiten aufzuhalten. Deshalb forderte Lister von den 1860er-Jahren an, dass Wunden gereinigt und Verbände sterilisiert werden müssen.

In Deutschland begann der Arzt Robert Koch, inspiriert von Louis Pasteur, 1872 mit eigenen Forschungen zur Keimtheorie. 1876 identifizierte er den Milzbranderreger als Bakterium und nannte ihn Bacillus anthracis. Er ging noch weiter und führte ein geniales Experiment durch, das zum ersten Mal den Beweis erbrachte, dass Bakterien eine Krankheit verursachen können.

Zuerst extrahierte Koch den Milzbrand-Bacillus aus dem Blut eines Schafs, das an Milzbrand gestorben war. Dann vermehrte er die Bakterien in seinem Labor in einer Kulturschale mit Nährstoffen, die keinen Kontakt mit kranken Tieren gehabt hatten. Dann nahm Koch die kultivierten Bakterien und injizierte sie in Mäuse. Die Mäuse starben rasch an Milzbrand. Nun konnte kein Zweifel mehr bestehen, dass die Bakterien die Ursache des Milzbrands sind.

Pasteur antwortete auf das atemberaubende Experiment und bestätigte Kochs Ergebnisse. Dann bewies er, dass Milzbrandbakterien lange Zeit im Boden überleben können. Schon durch das Grasen auf einer Wiese, auf der zuvor ein krankes Schaf gelebt hat, kann ein gesundes Schaf sich infizieren.

Bereits 1790 hatte der britische Chirurg Edward Jenner herausgefunden, dass er Menschen gegen die Pocken immun machen konnte – indem er sie mit Kuhpocken impfte, einer ähnlichen Krankheit, die Kühe befällt, aber bei Menschen nur mild verläuft.

Pasteur entwickelte eine Impfung gegen Milzbrand. Er erhitzte Milzbranderreger gerade stark genug, um sie zu schwächen. Die Impfung wurde erfolgreich an Schafen, Ziegen und Rindern getestet. Genau wie die milden Kuhpocken aktivierten die abgeschwächten Milzbrandbakterien eine Verteidigungsreaktion, die stark genug war, Immunität zu verleihen, ohne die Krankheit hervorzurufen. Seit Pasteurs Durchbruch beim Milzbrand sind Impfstoffe aus abgeschwächten (attenuierten) Keimen zu wichtigen Waffen im Kampf gegen Krankheiten wie Diphtherie und Tuberkulose geworden.

Keime und Krankheiten

Pasteur und Koch hatten gezeigt, dass einige Mikroben Krankheiten verursachen. Entscheidend dabei: Jede Krankheit wird von einer ganz bestimmten Mikrobe verursacht. Die Keime sind zwar mikroskopisch klein, aber wir wissen inzwischen, dass sie in den Körper eindringen – über die Atemwege, den Urogenital- oder Magen-Darm-Trakt oder über Hautverletzungen. Die Keime vermehren sich dann rasch, greifen in die Funktionen des Körpers ein oder setzen einen Schadstoff frei.

In den 1880er-Jahren entwarf Koch eine Serie von vier Tests, um die Verbindung zwischen Keim und Krankheit zu bestätigen, und er legte die Kriterien zur Bestimmung eines Pathogens (eines Krankheitserregers) fest. Diese vier Tests wurden als Koch-Postulate bekannt (siehe unten), modifizierte Versionen sind noch immer in Gebrauch.

1882 identifizierte Koch den Keim, der für die Tuberkulose verantwortlich ist: Mycobacterium tuberculosis. Er wollte auch den Keim finden, der die Cholera verursacht, deshalb reiste er nach Indien und Ägypten, um Proben zu gewinnen. 1894 hatte er das kommaförmige Bakterium Vibrio cholerae als Schuldigen identifiziert – denselben Keim, den Pacini 20 Jahre zuvor in Florenz gesehen hatte.

Koch erkannte, dass Cholerabakterien in verunreinigtem Wasser gedeihen, und schlug Schutzmaßnahmen vor. Pasteur sammelte ebenfalls weitere Beweise für die Keimtheorie. 1885 entwickelte er eine Impfung gegen die Tollwut.

Die Jagd nach Keimen

Trotz der brillanten Arbeiten von Pasteur und Koch gab es noch Widerstand gegen die Keimtheorie. 1878 beispielsweise verwarf der deutsche Pathologe Rudolf Virchow Kochs Arbeit über den Milzbrand als »unwahrscheinlich« und ließ sich erst zehn Jahre später überzeugen. In den 1890er-Jahren war jedoch klar, dass die Miasmatheorie nicht zu halten war. Stattdessen begann eine Jagd nach den Pathogenen. Seitdem haben Wissenschaftler rund 1500 Mikroben identifiziert, die Krankheiten auslösen können; einige haben komplizierte Lebenszyklen, in denen sie mehrere Träger (Vektoren) brauchen. 90 Prozent aller Mikroben sind jedoch völlig harmlos.

Koch-Postulate

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Anfangs dachte man, Bakterien, Microsporidia und Protozoen seien die Hauptvertreter der Keime. 1891 jedoch entdeckte der russische Mikrobiologe Dmitri Ivanovski, dass ein noch winzigerer Keim – obwohl unter den stärksten Mikroskopen der Zeit nicht zu sehen – ebenfalls Krankheiten auslösen kann. Er wurde 1898 als Virus bezeichnet.

Wir wissen heute, dass Viren nicht einmal richtige Lebewesen sind – sie sind nur unglaublich kleine Partikel reproduktiven Materials, die in lebende Organismen eindringen müssen, um sich zu vermehren und zu verbreiten. Sie leben nahezu überall in der Luft, den Ozeanen und im Boden. Nur eine winzige Anzahl von ihnen – etwas über 200 – lösen Krankheiten bei Menschen aus, von unbedeutenden Erkältungen bis zu gefährlichen Seuchen wie Grippe und COVID-19.

Krankheit bekämpfen

Die Keimtheorie veränderte den Kampf gegen Krankheiten. Nun gab es klare, bewiesene Maßnahmen, mit denen die Verbreitung von Keimen aufgehalten werden konnte, etwa Hygiene, Desinfektion, Quarantäne, Abstand halten und Masken. Die Wissenschaft verstand schnell, wie Impfungen Immunität verleihen und wie man Impfstoffe entwickelt, indem man Pathogene isoliert. Die Forscher erkannten auch, dass der Körper als Gegenwehr gegen die Invasion von Keimen sein eigenes durchdachtes Verteidigungssystem hat: das Immunsystem. Viele Krankheitssymptome wie Fieber und Entzündung sind in Wirklichkeit Zeichen der Immunreaktion.

»In der Reinkultur liegt der Schwerpunkt aller Untersuchungen über Infektionskrankheiten.«

Robert Koch

(1881)

Die Mikrobiologie stand im Zentrum der medizinischen Forschung im 20. Jahrhundert. Bakterienkulturen führten zu Alexander Flemings Entdeckung der Antibiotika, der ersten effektiven Medikamente gegen Bakterien. Medikamente, darunter auch antivirale, wurden entwickelt, um die Mikroben zu eliminieren und nicht nur die Symptome zu lindern.

Vor 100 Jahren brachten Infektionskrankheiten wie Cholera, Enteritis, Lungenentzündung, Pocken, Tuberkulose und Typhus noch massenhaft Elend und Tod. Dank der Fortschritte der Keimtheorie töten diese Krankheiten heute viel weniger Menschen. Bis zum Ausbruch von COVID-19 im Jahr 2020 betrafen Infektionskrankheiten 15 Mio. Menschen pro Jahr. Das SARS-CoV-2-Virus, das COVID-19 verursacht, wurde in wenigen Monaten identifiziert, Impfstoffe wurden in Rekordzeit entwickelt. image

Pasteur widerlegt die Urzeugung

1745 kochte der britische Naturforscher John Needham Fleischbrühe ab, um alle Mikroben zu töten. Doch als die Brühe dann trüb wurde und Mikroben enthielt, nahm er an, dass diese sich spontan aus Bestandteilen der Brühe entwickelt hätten.

1859 modifizierte Pasteur das einfache Experiment und benutzte eine selbst entworfene Schwanenhalsflasche. Er kochte Fleischbrühe in der Flasche, um Mikroben aus der Luft fernzuhalten. Dann versiegelte er den Hals, sodass keine Luft eindringen konnte. Die Brühe blieb sauber. Aber sobald er die Spitze abbrach und Luft hineinließ, wurde die Brühe trüb – ein Hinweis, dass Mikroben sich darin vermehrten.

Pasteur bewies zweifelsfrei, dass die Mikroben, die die Brühe verderben, aus der Luft kommen – ähnlich wie die Hefen, die Gärung verursachen. Durch die Widerlegung der Urzeugung entlarvte sein Experiment die prinzipelle Oppostion gegen die Keimtheorie als unglaubwürdig.

Wie Keime sich verbreiten

Die meisten Keime, auch Viren und Bakterien, können sich nicht selbstständig bewegen. Jeder Keim hat seine eigenen Übertragungswege. Bricht eine neue Krankheit aus, ist es entscheidend, die Übertragungswege schnell herauszufinden, damit man Schutzmaßnahmen ergreifen kann.

Es scheint vier Hauptrouten zu geben, wie ein Keim von Wirt zu Wirt wandert. Kontakt: direkt über die Haut, Schleimhäute oder Körperflüssigkeiten, indirekt etwa über Oberflächen, die ein Infizierter berührt. Über die Luft: Vor allem Viren lauern in Tröpfchen in der Luft – vom Niesen, Husten oder auch Atmen – und werden vom nächsten Wirt eingeatmet. Das Virus SARS-CoV-2 verbreitet sich vor allem durch Kontakt und durch die Luft. Abstand, Handhygiene und Masken sind wirksame Kontrollmaßnahmen.

Keime werden auch durch Trägersubstanzen übertragen: Essen, Wasser oder Blut. Mücken, Milben und Zecken sind Beispiele für Vektoren – Organismen, die infektiöse Keime übertragen.