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DIE MUTTERZELLE TEILT SICH GENAU ZWISCHEN DEN TOCHTERKERNEN

MITOSE

IM KONTEXT

SCHLÜSSELFIGUR

Walther Flemming (1843–1905)

FRÜHER

1665 In Micrographia enthüllt Robert Hooke die Existenz von Zellen, den kleinsten Einheiten des Lebens.

1858 Rudolf Virchow prägt den Satz omnis cellula e cellula – »Jede Zelle entsteht aus einer Zelle«.

SPÄTER

1951 Der amerikanische Biologe George Gey und sein Team kultivieren Zellen im Labor. Dabei benutzen sie Krebszellen der afroamerikanischen Patientin Henrietta Lacks ohne ihre Zustimmung. Die Zellen werden heute noch in der Forschung benutzt.

1970 Der britische Biologe John Gurdon klont erfolgreich einen Xenopus-Frosch. Dieser entwickelt sich bis zum Kaulquappenstadium.

Alles Leben ist aus Zellen aufgebaut. Wachstum und Reparatur von Organismen erfordern die Reproduktion und den Ersatz der Zellen, aus denen sie gemacht sind. Zellen wachsen und teilen sich in einer Abfolge, die man Zellzyklus nennt. Den Prozess der Zellteilung, der zwei Tochterzellen mit der gleichen genetischen Ausstattung wie die Mutterzelle hervorbringt, nennt man Mitose.

1831 stellte der britische Botaniker Robert Brown fest, dass jede Pflanzenzelle eine Struktur enthält, die er Kern nannte. Welche Rolle der Kern in der Zelle spielt, war ein Rätsel. 1838 behauptete der deutsche Botaniker Matthias Schleiden, alle Pflanzen bestünden aus Zellen und entstünden aus einer einzigen Zelle. Im folgenden Jahr bestätigte der Physiologe Theodor Schwann dasselbe für Tiere. Schleiden und Schwann glaubten fälschlich, neue Zellen wüchsen in ähnlicher Weise wie Kristalle. Der Pathologe Rudolf Virchow erweiterte die Zelltheorie von Schleiden und Schwann 1858 durch die These, alle Zellen müssten aus bereits bestehenden, lebenden Zellen hervorgehen: »Jede Zelle entsteht aus einer Zelle.«

Der Prozess der Mitose

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Teilung des Kerns

Versuche, die Details der Zelle zu studieren, wurden zunächst durch die Transparenz der Zellen vereitelt, man konnte die inneren Strukturen kaum unterscheiden. Eine Verbesserung brachte die Entdeckung, dass synthetische Farben sich mit manchen Zellstrukturen verbinden, mit anderen nicht. 1875 berichtete der Botaniker Eduard Strasburger, er habe Material im Kern einer sich teilenden Pflanzenzelle gesehen. 1882 war ihm klar, dass neue Zellkerne aus der Teilung eines existierenden Zellkerns entstehen.

Im selben Jahr beschrieb der deutsche Biologe Walter Flemming in Zellsubstanz, Kern und Zellteilung seine Beobachtungen an embryonalen Zellen des Salamanders, die er mit Anilinfarben anfärbte. Die Zellteilung beginnt damit, dass das Kernmaterial, das Flemming Chromatin nannte, sich zu fadenförmigen Filamenten (Chromosomen) sammelt. Flemming nannte den Prozess der Kernteilung Mitose – vom griechischen Wort für Faden.

Eine Reihe von Phasen

Flemming beschrieb zwei Phasen der Mitose, in der die Chromosomen sich zunächst bilden und dann trennen. Die moderne Wissenschaft beschreibt vier unterschiedliche Phasen: Wenn das Kernmaterial zu einer kompakten Form kondensiert und Chromosomen sichtbar werden, ist dies die Prophase. Jedes Chromosom besteht aus einem Paar von Schwesterchromatiden, die an einem Punkt (Zentromer) verbunden sind. Chromatiden haben die gleiche genetische Sequenz, wie man später feststellte. Zwischen den Zellteilungen haben die meisten tierischen Zellen eine Struktur namens Zentrosom, dicht beim Zellkern. Wenn die Teilung beginnt, teilt sich das Zentrosom und die beiden Teile positionieren sich an gegenüberliegenden Enden des Kerns. Ein komplexes System aus Fäden verläuft von jedem Zentrosom zu den Zentromeren; die Fasern verbinden die beiden Zwillingschromatiden jedes Chromosoms. Während der nächsten Phase (Metaphase) ordnen sich die verdoppelten Chromatiden so an, dass sie leicht auseinandergezogen werden können.

Die Zentrosomen wandern nach außen und ziehen jedes Chromatid von seiner Schwester weg zu den gegenüberliegenden Enden der Zelle. Diese Trennung der Chromatidenpaare wird Anaphase genannt.

Wenn die Telophase beginnt, bildet sich um jeden Satz der getrennten Chromatiden eine Membran. Jede umschließt schließlich einen vollen Satz von Chromosomen, zwei Tochterzellen entstehen. image

Walther Flemming

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Der 1846 in Sachsenberg bei Schwerin geborene Walther Flemming schloss 1868 sein Medizinstudium an der Universität Rostock ab. Er diente als Militärarzt im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71. Danach war er Dozent an der Universität Prag und Professor in Kiel. Flemming war ein Pionier bei der Nutzung von Färbemethoden, um Strukturen in Zellen zu enthüllen.

Bekannt für seine Großzügigkeit, spendete Flemming eine beträchtliche Menge Geld für die Betreuung von Obdachlosen. Er unterrichtete Kinder, die zu arm waren, um zur Schule zu gehen, in Mathematik und Naturwissenschaften. In seinen späten 40er-Jahren erkrankte er an einer neurologischen Krankheit, von der er sich nie erholte. Er starb 1905 im Alter von 62 Jahren.

Hauptwerk

1882 Zellsubstanz, Kern und Zellteilung