IM KONTEXT
SCHLÜSSELFIGUR
G. Evelyn Hutchinson (1903–1991)
FRÜHER
1917 Joseph Grinnell definiert eine ökologische Nische als ein Habitat, in dem bestimmte Arten leben. Habitate ohne Arten können aufgrund geografischer Barrieren leer sein.
1927 Charles Elton vermutet, dass die Rolle der Organismen in der Nahrungskette – Räuber und Beute – für ihre Nische und ihr Habitat wichtig ist.
SPÄTER
1968 Der amerikanische Biologe David Klein beschreibt, wie Nischenveränderungen eine Population Rentiere auf einer Insel dezimierte.
1991 Die britischen Ökologen Paul Harvey und Mark Pagel prägen den Begriff »Nischenerhaltung«. Er erklärt, wie Arten ähnliche Nischenanforderungen aufrechterhalten wollen.
Das Konzept der ökologischen Nische oder des Raums einer Art im Ökosystem ist für die Ökologie zentral. Im frühen 20. Jahrhundert erklärte der amerikanische Biologe Joseph Grinnell die Nische als das Habitat, in dem eine Art überleben kann. Dann erweiterte der britische Ökologe Charles Elton die Nischenidee um die Rolle eines Organismus in seiner Umwelt oder seine »Beziehung zu Nahrung und Feinden«. Tiere können ähnliche Nischen in verschiedenen Regionen besiedeln, etwa Fleckenhyänen in Afrika und Polarfüchse, die als Jäger und Aasfresser ähnliche Positionen in der Nahrungskette einnehmen.
Der Hyazinth-Ara des Pantanals in Brasilien ist ein Spezialist. Er ist von nur drei Baumarten in Bezug auf den größten Teil der Nahrung und des Nestbaus abhängig.
Hutchinson beschrieb die Nische als einen mehrdimensionalen Raum, wo ein komplexes Spektrum biotischer (lebender) und abiotischer (unbelebter) Variablen oder Dimensionen ständig mit einem Organismus wechselwirkt, damit er gedeihen kann.
Der amerikanische Ökologe G. Evelyn Hutchinson stieß 1957 neue Erkenntnisse über die Komplexität von Nischen an, indem er chemische, physische und geologische sowie biologische Merkmale der Umwelt untersuchte. Der amerikanische Ökologe Lawrence Slobodkin fasste Hutchinsons Konzept als »hochabstrakten mehrdimensionalen Hyperraum« zusammen. Eine ökologische Nische ist mehr als ein Ort oder eine Rolle: Sie ist ein Merkmal einer Art, nicht ihrer Umwelt, zu der komplexe Wechselwirkungen mit anderen Organismen und unbelebten Faktoren wie Klima, Wasserazidität, Geologie und Böden sowie Nährstoffflüsse zählen.
Liegen die Habitatbedingungen in ihrer Nische, gedeiht eine Population, liegen sie aber außerhalb, etwa Wasser, das seine Azidität ändert, oder neu einwandernde Räuber, stirbt sie aus. Hutchinson zeigte auch, dass spezifische Nischen die Konkurrenz mit anderen Arten mindert. Ähnliche Nischen verschiedener Arten am selben Ort führen zu Konkurrenz um Ressourcen und können eine Art zwingen, eine andere Nische zu besetzen, oder sie stirbt, wie vom Konkurrenzausschlussprinzip definiert, aus.
Breite Nischen können von Generalisten wie Waschbären, Wanderratten und Tauben besiedelt sein, während Spezialisten wie der Hyazinth-Ara (Anodorhynchus hyacinthinus) enge besetzen. Diese Art würde aussterben, wenn die notwendigen drei Baumarten aus dem Ökosystem verschwänden.
Tiere oder Pflanzen in hochspezialisierten Nischen sind bei Umweltveränderungen extrem gefährdet. Heute sind Nischen wichtiger denn je, um ökologische Antworten auf rasche Umweltveränderungen vorherzusagen, insbesondere solche nach Zerstörung des Habitats oder durch den Klimawandel.
» Die ökologische Nische eines Tiers kann man größtenteils durch seine Größe und sein Ernährungsverhalten definieren.«
Charles Elton
(1900–1991)
G. Evelyn Hutchinson
Von vielen als Vater der modernen Ökologie betrachtet, kam Hutchinson 1903 in Großbritannien auf die Welt und studierte Zoologie an der University of Cambridge. Er lehrte zunächst in Südafrika und ab 1928 an der Yale University, 1941 wurde er US-Bürger.
Sein größtes Interesse galt der Limnologie, er forschte in Ökosystemen der Binnengewässer in Asien, Afrika und Nordamerika und untersuchte, wodurch die Anzahl der Arten in einem bestimmten Ökosystem bestimmt wird. Mit seinen Studenten (wie dem Ökologen Robert MacArthur) entwickelte er das erste mathematische Modell, um den Artenreichtum vorherzusagen.
Hutchinson war ein großartiger Kenner seines Fachs, egal ob im Feld, als Theoretiker oder Lehrer. Er bahnte der Paläoökologie den Weg, die die Beziehungen zwischen fossilen Tieren und Pflanzen und ihrer Umwelt erforscht. Schon früh warnte er vor dem Klimawandel, er starb 1991.
Hauptwerke
1957 Schlussbemerkungen
1957–1993 Eine Abhandlung der Limnologie (4 Bände)