SCHLÜSSELFIGUR
Rachel Carson (1907–1964)
FRÜHER
1948 Der Schweizer Chemiker Paul Müller erhält den Nobelpreis für seine Arbeit über DDT als wirkungsvolles Pestizid.
SPÄTER
1969 Der Franzose René Truhaut prägt den Begriff »Ökotoxikologie« für die Erforschung toxischer Effekte natürlicher oder synthetischer Schadstoffe.
1970 Gründung der Environmental Protection Agency (EPA) in den USA.
1988 Der Zoologe Theo Colborn zeigt, dass Tiere in der Region der Großen Seen synthetische Chemikalien an ihren Nachwuchs übertragen.
2019 Der Däne Frank Rigét untersucht Verläufe langlebiger organischer Schadstoffe in arktischen Meeres- und Süßwassertieren und -pflanzen.
Ein Buch von 1962 richtete die Aufmerksamkeit auf den negativen Einfluss des Menschen auf die natürliche Ordnung der Dinge. Zuerst erschienen im Magazin The New Yorker, stellte der Text etablierte wissenschaftliche Ansichten und Werte infrage und beflügelte eine neue Umweltbewegung. Sein Titel war Der stumme Frühling und seine Autorin eine bescheidene, aber gelehrte Meeresbiologin, die Wissenschaft für alle zugänglich machen wollte.
Rachel Carson hatte ausgiebig über das Meer und seine Lebewesen geschrieben, etwa in dem prämierten Buch Das Meer um uns herum (1951). Doch in ihrem vorletzten Buch Der stumme Frühling wandte sie sich synthetischen Pestiziden und ihrem Missbrauch zu. Angeregt dazu hatte sie ein Brief ihrer Freundin Olga Huckins im Januar 1958, deren Vogelschutzgebiet bei Powder Point in Duxbury (Massachusetts) neben einem Feld lag, das mit Heizöl und der Verbindung Dichlorodiphenyltrichloroethan (DDT) gespritzt wurde. Viele Vögel waren gestorben. Carson war gerade bei Huckins zu Besuch, als ein Sprühflugzeug über sie flog. Am nächsten Morgen fuhren sie mit einem Boot die Mündung entlang, wo sie tote und sterbende Fische und Schalentiere fanden, deren Nervensystem geschädigt war. Dieses Erlebnis ließ Carson den wahllosen Einsatz solcher Chemikalien, insbesonders DDT, hinterfragen.
Carson ließ sich für Der stumme Frühling von einem Gedicht des britischen Dichters John Keats anregen, in dem es heißt: »Die Segge ist aus dem See verdorrt, und keine Vögel singen!«
Zu dieser Zeit war DDT das weltweit meist eingesetzte Pestizid zur Insektenkontrolle. Ursprünglich wurden damit Insekten getötet, die Malaria, Typhus, Beulenpest und andere Krankheiten an die alliierten Truppen und Zivilisten im Zweiten Weltkrieg übertrugen. Später wurde es zum Pestizid der Wahl für Landwirte und Kammerjäger, weil es preiswert herzustellen war und lange Zeit in der Umwelt aktiv blieb. DDT wurde später mit anderen gefährlichen und langlebigen Schadstoffen als persistenter organischer Schadstoff (POP) eingestuft. Carson deckte auf, dass diese Persistenz nicht nur umfassende Auswirkungen auf die Insekten, sondern auch auf andere Wildtiere besaß.
»Der unheimlichste aller Angriffe des Menschen auf die Umwelt ist die Verunreinigung von Luft, Erde, Flüssen und Meer mit gefährlichen, ja sogar tödlichen Stoffen.«
Rachel Carson
DDT verbleibt jahrelang in der Umwelt, manchmal sogar mehrere Dekaden. Aufgenommes DDT wird nicht abgebaut, sondern bleibt im Körper, besonders im Fettgewebe. Wird mehr DDT aufgenommen, steigt seine Menge im Körper an – Bioakkumulation genannt. Wird es von einem Tier an das nächste in der Nahrungskette weitergegeben, steigt seine Konzentration – Biomagnifikation genannt.
Carson hatte nicht als erste Person die Eignung von DDT als sicheres Pestizid hinterfragt. Der amerikanische Naturforscher Edwin Way Teale warnte 1945 vor wahllosem Einsatz von DDT und wurde später zum Mentor von Carson. Im selben Jahr erklärte Clarence Cottam, Direktor des US Fish and Wildlife Service, dass Vorsicht beim Einsatz wichtig ist, weil der Effekt auf Lebewesen noch nicht aufgeklärt ist.
Die Umweltfolgen des DDT-Einsatzes wurden 1958 erkannt, als der britische Forscher Derek A. Ratcliffe von der Monks Wood Experimental Station in Cambridgeshire eine ungewöhnliche Anzahl zerbrochener Eier in Falkennestern entdeckte. Studien in Großbritannien und den USA offenbarten anschließend, dass die Falkenpopulationen seit Ende des Zweiten Weltkriegs abgenommen hatten. In den 1960er-Jahren zeigte der kanadische Toxikologe David B. Peakall, dass DDT in Tieren am Ende der Nahrungskette sehr hoch konzentriert war. Deshalb litten Raubvögel wie Falken, Zwergsperber und Steinadler unter dünneren Eierschalen und zerdrückten ihre Eier beim Brüten.
Das Pestizid DDT greift in den Calciumstoffwechsel von Raubvögeln ein und vermindert ihre Fähigkeit, harte Eierschalen zu bilden, sodass die Eier beim Brüten zerbrechen.
Die Konzentration von DDT steigt mit jeder Stufe der Nahrungskette, sodass Organismen, die weiter oben in der Kette stehen, am meisten darunter leiden. In Produzenten beträgt das Gift nur 0,04 ppm (parts per million, Teile pro Million), doch bei Tertiärkonsumenten ist es hoch genug für schädliche Auswirkungen.
Das war ein Weckruf und Rachel Carson schlug Alarm. Der stumme Frühling wurde zum Wendepunkt für das allgemeine Umweltbewusstsein trotz einer bedeutenden Gegenreaktion der Chemieindustrie. Doch erst ein Jahrzehnt später schlossen Politiker zu den Wissenschaftlern auf. DDT wurde schließlich 1972 in den USA verboten, viele weitere Länder folgten.
Im Mai 1956 befiel eine seltsame Krankheit das zentrale Nervensystem von Menschen und Tieren in Minamata (Japan). Lokale Katzen hatten Krämpfe (»Katzentanzkrankheit«) und Krähen fielen vom Himmel. Es gab 2265 menschliche Opfer, von denen die meisten starben. Die Ursache blieb mysteriös, bis 1958 der britische Neurologe Douglas McAlpine bei einem Besuch vermutete, die Symptome glichen denen einer Vergiftung mit organischem Quecksilber. Die wissenschaftliche Aufarbeitung zeigte, dass Methylquecksilber (eine extrem giftige Form von Quecksilber) als Industrieabfall in die Minamata-Bucht von einem Chemiewerk entsorgt wurde. Das Quecksilber war im Fleisch von Fischen und Schalentieren angreichert, die die Bevölkerung gegessen hatten.
Die japanische Regierung erkannte 1959 die Ursache der Minamata-Krankheit, aber erst 1972 wurde die verantwortliche Firma gerügt und musste schließlich mehr als 86 Mio. US-Dollar Entschädigung zahlen. Die Klagen und Prozesse dauerten Jahrzehnte.
Im 17. Jahrhundert schrieb der englische Autor John Evelyn, dass Londons Luft so ätzend war und deshalb die Arundel-Kugeln, eine Sammlung antiker griechischer Skulpturen, nach Oxford gebracht werden sollten. Erst der schottische Chemiker Robert Angus Smith prägte 1872 den Begriff »saurer Regen«, nachdem er menschliche Aktivitäten mit der Regenwasserazidität in britischen Industriestädten verknüpft hatte.
Wenn fossile Treibstoffe in Kraftwerken, Fabriken und Autos verbrennen, setzen sie Schwefeldioxid und Stickoxide in die Atmosphäre frei. Diese Gase reagieren mit Wasser und anderen Substanzen zu Schwefel- und Salpetersäure. Fällt saurer Regen in Gewässer, werden diese für viele Wassertiere saurer und giftiger. Er beeinflusst auch den pH-Wert des Bodens. Dies kann auch Auswirkungen auf die Nahrungsketten haben.
Das Riesengebirge in Polen wurde in den 1980er-Jahren erheblich durch sauren Regen geschädigt. Die Luftverschmutzung verursachten größtenteils Kraftwerke mit fossilen Brennstoffen.
Eisbärenpopulationen in Kanada haben weltweit die höchsten Quecksilberkonzentrationen, wie 2018 ein Bericht des Arktischen Rats zeigte.
Der norwegische Geologe Waldemar Brøgger vermutete 1881, dass Salpetersäure (eine hochkorrosive Mineralsäure) in kontaminiertem Schnee aus Großbritannien stammte. Erst 1968 erkannte der schwedische Agragrarforscher Svante Odén, dass Emissionen fossiler Treibstoffe aus einem Land (Großbritannien) zu toten Seen und Waldschäden in einem anderen (Schweden) führen konnten. In diesem Fall eliminierte saurer Regen nicht nur einen Teil der Nahrungskette, wie DDT bei Raubvögeln, sondern löschte eine gesamte Nahrungskette vom Plankton (Algen) in Seen bis zu Räubern wie Lachse und Seesaiblinge aus.
Einige Forscher halten die Arktis für eine chemische Senkgrube, weil das Gebiet zunehmend mit Chemikalien und Schadstoffen aus anderen Regionen kontaminiert ist. Forscher am Norwegischen Polar-Institut (NPI) zeigten 2006, dass industrielle Brandschutzmittel, die polybromierten Diphenylether (PBDE), im Fettgewebe von Eisbären vorkommen. Die Chemikalie hemmt die Entflammbarkeit von Heimtextilien und etwa 95 Prozent des weltweiten Verbrauchs erfolgte in Nordamerika. Diese PBDE besaßen negative Auswirkungen auf Hormondrüsen und Gehirnfunktionen. Der Report folgte früheren Studien, nach denen tödliche Chemikalien wie Quecksilber aus der Verbrennung von Kohle und polychlorierte Biphenyle (PCB) – zwischen den 1950er- und 1970er-Jahren als Kühlmittel und Isolierflüssigkeit genutzt – in Eisbären, Orcas, Robben und Seevögeln gefunden wurde.
Schadstoffe werden mit Meeresströmungen, nördlichen Winden oder Flüssen, die in das Nordpolarmeer münden, transportiert und dort von Plankton aufgenommen und in der Nahrungskette in einem solchen Ausmaß angereichert, dass einige Eisbären – die Spitzenraubtiere (sie ernähren sich hauptsächlich von Robben) – gefährlich hohen Dosen ausgesetzt sind.
Mikroplastik entsteht durch Zerteilung größerer Plastikprodukte, die durch natürliche Verwitterungsprozesse in immer kleinere Stücke abgebaut werden.
Ungefähr 150 gefährliche Verbindungen kommen im arktischen Nahrungsnetz vor und nach dem kanadischen Umweltforscher Robert Letcher, einem führenden Autor einer Studie des Arktischen Rats, die 2018 veröffentlicht wurde, »nehmen Anzahl und Arten von Schadstoffen kontinuierlich zu«.
Als Massenproduktion des frühen 20. Jahrhunderts erwies sich Plastik als einer der heimtückischsten Schadstoffe. Die Fernsehserie der BBC Blue Planet II verstärkte 2017 die öffentliche Besorgnis über die Menge an Plastik im Meer, insbesonders die gewaltigen Mengen in »Müllstrudeln« im Zentrum kreisförmiger Meeresströmungen. Diese Enthüllung wurde 2019 noch einschneidender, als die Besatzung bei einem rekordbrechenden Tiefseetauchgang im Marianengraben – dem tiefsten Tiefseegraben der Erde – eine Plastiktüte und Bonbonpapier in fast 11 km Tiefe unter der Pazifikoberfläche fand. Die größte Sorge jedoch bereitet Mikroplastik.
Zu Mikroplastik – winzige Fragmente aus Plastik mit weniger als 5 mm Durchmesser – zählen Plastikkügelchen aus Gesundheits- und Schönheitsprodukten und synthetische Fasern aus Wolle und anderer Kleidung aus häuslichen Waschmaschinen. Abwasserfilter hielten sie nicht zurück, sodass sie ins Meer gespült und überall verteilt wurden, sogar bis auf den Meeresboden. Ein australisches Team berichtete 2020,dass ein Tauchroboter in 3000 m Tiefe den Meeresboden vor der Küste Südaustraliens untersuchte. Demnach könnten dort bis zu 14 Mio. Tonnen Mikroplastik durch Strömungen am Meeresboden weitweit verteilt sein. Die Ströme wirken wie Fließbänder und transportieren die Schadstoffe über Meeresarme und Meeresschluchten an der Küste in die Tiefsee, wo sie sich in Mikroplastik-Hotspots ansammeln. Jedoch bleiben nicht alle Teilchen auf dem Meeresboden.
Der britische Ökotoxikolge Matthew Cole von der Universität von Exeter entdeckte 2013, dass Zooplankton (mikroskopische Organismen) winzige Plastikteilchen aufnehmen. Somit gelangt Mikroplastik in die Nahrungskette und verhindert, dass sich Zooplankton richtig ernährt. Bis heute weiß niemand, welchen Einfluss Mikroplastik weiter oben in der Nahrungskette ausübt, insbesonders bei Spitzenraubtieren wie Orcas, Haien und Menschen. Dennoch findet es sich praktisch überall auf der Erde.
Die Luft über den Großstädten ist mit Mikroplastik verschmutzt und auch in entfernten und unberührten Bergregionen wie den Pyrenäen zwischen Spanien und Frankreich ist es vorhanden. Forscher aus Frankreich und Schottland analysierten 2018 an der meteorologischen Station Bernadouze Regen-, Staub- und Schneeproben, die fünf Monate in 1300 m Höhe und 120 km entfernt von der nächsten Stadt gesammelt worden waren. Sie ermittelten, dass täglich durchschnittlich 365 winzige Plastikteilchen auf einen 1 m2 großen Kollektor fielen. Die Forscher schätzten, dass die Teilchen aus mindestens 100 km und wahrscheinlich noch größerer Entfernung stammten. Ihre Befunde zeigen, dass eine Person, wo immer sie sich in der Welt aufhält, Mikroplastik aufnimmt – sogar auf der Spitze des höchsten Bergs der Welt, dem Mount Everest.
Im Jahr 2020 beschrieben Forscher der University of Plymouth (Großbritannien), dass sie Schnee- und Stromproben von verschiedenen Stellen am Mount Everest analysiert haben und Mikroplastik in einer Höhe von 9 km am »Balkon« fanden, einem Rastplatz direkt unterhalb des Gipfels. Die meisten Teilchen stammten von synthetischen Fasern von Kleidung und Ausrüstung der Bergsteiger.
Trotz der Enthüllungen von Rachel Carson Anfang der 1960er-Jahre hält die bestürzende Geschichte der menschengemachten Schadstoffe und ihres Einflusses auf Ökosysteme und die menschliche Gesundheit unvermindert an. Sogar die Geschichte des DDT ist noch lang nicht vorbei. Die Belastung mit DDT kann zu Krebs, Unfruchtbarkeit, Fehlgeburten und Diabetes führen. Trotz eines globalen Verbots 2001 für alle Anwendungen außer der Malariakontrolle sind DDT beziehungsweise seine Abbauprodukte immer noch vorhanden. Das Landwirtschaftsministerium der USA fand 2016 messbare Mengen in Nahrung wie Käse, Karotten, Sellerie und Lachs.
»Der Mensch ist sicherlich die überdominante Schlüsselart und wird der endgültige Verlierer sein, wenn er die Regeln nicht versteht.«
Robert Paine
Amerikanischer Ökologe (1933–2016)
Rachel Carson
Rachel Carson wurde 1907 in Springdale (Pennsylvania) geboren. Sie schloss 1929 ihr Biologiestudium am Pennsylvania College for Women ab, studierte am Woods Hole Marine Biological Laboratory und erhielt ihren Master in Zoologie an der Johns Hopkins University. Carson wurde von der Fischereibehörde beauftragt, Rundfunkbeiträge zu verfassen, schrieb Leitartikel für die Baltimore Sun und wurde später Chefredakteurin beim US Fish and Wildlife Service. Sie wurde nach dem Erfolg ihrer drei Bücher über Meeresbiologie zur Vollzeitautorin. Mit Der stumme Frühling änderte sich Carsons Schwerpunkt, um die Öffentlichkeit über lang anhaltende Effekte des Pestizideinsatzes zu alarmieren. Trotz Angriffen aus der Chemieindustrie blieb sie standhaft, und Gesetze wurden geändert. Carson starb 1964 nach einem langen Krebsleiden, aber ihre Arbeit inspirierte neue Generationen von Umweltforschern, Aktivisten und Gesetzgebern.
Hauptwerk
1962 Der stumme Frühling
Biomagnifikation
Sobald ein persistenter organischer Schadstoff (POP) in eine Nahrungskette gelangt, reichert er sich mit jedem Glied der Kette vermehrt in den Tiergeweben an. Diesen Prozess nennt man Biomagnifikation.
Die Konzentration eines Pestizids wie DDT wird in parts per million (ppm, dt.: Teile pro Million) gemessen. In einem See hat ein Pestizid etwa eine Konzentration von 0,000003 ppm, es kann von Algen absorbiert oder adsorbiert (an der Oberfläche angereichert) werden und so 0,04 ppm erreichen. Nymphen der Eintagsfliegen fressen die Algen und das Pestizid erreicht 0,5 ppm in ihren Geweben. Kleine Fische ernähren sich von vielen Nymphen, sodass der Wert auf 2 ppm ansteigt. Ein Reiher nimmt mehrere Fische auf und hat dann 25 ppm in seinem Gewebe. Von der Basis bis zur Spitze dieser Süßwassernahrungskette nimmt die Pestizidmenge um etwa 10 Mio. Mal zu. Wenn die langlebigen Schadstoffe in Spitzenräuber gelangen, kann die Menge so hoch sein, dass diese Tiere weniger fruchtbar sind oder sogar sterben.
Zu den wichtigsten POPs zählen Organochlorverbindungen wie DDT und Chlordan, Dioxine (hochgiftige Verbindungen) aus kommunalen Verbrennungen, polychlorierte Biphenyle (PCB) aus der Elektro- und Bauindustrie, Methylquecksilber aus der Chemieproduktion und Tributylzinn aus Farben von Schiffsrümpfen. Alle gefährden Wildtiere, auch den Menschen – er steht an der Spitze vieler Nahrungsketten.
Schlüsselarten
Einige Tiere haben einen solch großen Einfluss auf ein Ökosystem, dass dessen Erhaltung von ihrer Anwesenheit oder Abwesenheit abhängt. Sie sind Schlüsselarten, wie sie der amerikanische Ökologe Robert Paine 1969 nannte.
Paine führte seine Forschung in felsigen Gezeitenbecken an der Pazifikküste durch. An einem Ort entfernte er eine Seesternart, die sich hauptsächlich von Weichtieren ernährte, und warf sie in den Ozean. Als Kontrolle diente ein anderer Ort, an dem die Seesterne nicht entfernt wurden. An dem Ort mit Seesternen war die Artenvielfalt sehr viel höher. Daher bezeichnete er den Seestern als Schlüsselart.
Paine identifizierte auch den Seeotter als Schlüsselart, da er die Seeigelpopulationen unter Kontrolle hält und somit auch die Populationen von Seetang beeinflusst. Seine Forschung zeigte, dass die Eliminierung bestimmter Arten aufgrund menschlichen Einflusses zu unerwarteten und tiefgreifenden Konsequenzen für die Umwelt führen kann.
Indikatorarten
Rattenschwanzlarven können in einer belasteten Umwelt überleben. Mit ihrem Sipho können sie atmen, während sie unter Wasser fressen.
So wie Kanarienvögel früher Bergmänner vor giftigen Gasen warnten, beobachten Ökologen Indikatorarten in der Wildnis, um den Grad der Verschmutzung in einem Habitat zu bestimmen. Einige Flechten reagieren sensibel auf Luftverschmutzung und wachsen nur in sauberer Luft. Wirbellose wie Angelfliegen- und Köcherfliegenlarven reagieren sensibel auf verschmutztes Süßwasser, während Rattenschwanzlarven auch in stark verschmutztem Wasser, etwa Abwasserlagunen, gedeihen. Indikatorarten für Bioakkumulation sind Organismen, die Schadstoffe in ihrem Gewebe anreichern, ihren Auswirkungen aber widerstehen. Sie können Schadstoffe schon in geringen Konzentrationen aufzeigen. Zweischalige Weichtiere wie Muscheln werden häufig überwacht, weil sie geografisch weitverbreitet sind, aber durch ihre begrenzte Mobilität gute Indikatoren für kleinere Räume sind. Mehrere Algenarten wie grüne Seegräser sind nützliche Indikatorarten für die Bioakkumulation von Schwermetallen und Pestiziden.