NAHRUNG UND ENERGIE

1580–1590

Der Physiologe Santorio Santorio wiegt sich, sein Essen und Trinken und seine Ausscheidungen mehr als 30 Jahre lang.

1600–1700

Jan van Helmont zeigt in einem Experiment mit einem Weidenbaum, dass Pflanzen ihre Masse vor allem aus Wasser gewinnen.

1747

James Lind entdeckt, dass bestimmte Lebensmittel Nährstoffe enthalten, die essenziell für die Gesundheit sind.

1783

Lazzaro Spallanzani erklärt, dass die Verdauung keine rein mechanische Operation ist, sondern ein chemischer Prozess.

1827

William Prout unterscheidet drei Hauptgruppen von Lebensmitteln: Kohlenhydrate, Fette und Proteine.

1840

Justus Liebig zeigt: Nahrungsmittel bestehen wie lebende Organismen aus organischen Substanzen, die Kohlenstoff enthalten.

1850–1860

Louis Pasteur entdeckt, dass Hefezellen ohne Sauerstoff Gärungsprozesse in Gang setzen.

1876

Wilhelm Kühne erklärt: Die chemischen Reaktionen des Stoffwechsels benötigen Katalysatoren, die der Organismus produziert. Er nennt sie Enzyme.

1894

Spezifische Enzyme leiten unterschiedliche chemische Reaktionen in die Wege, belegt Emil Fischer.

1937

Hans Krebs beschreibt, dass die Stoffwechselreaktionen einem Reaktionsweg folgen, der eine zyklische Abfolge bildet.

1960–1970

Die Fotosynthese der Pflanzen, zeigt Mervin Calvin, ist ein Zyklus von Reaktionen, die Kohlendioxid aus der Luft in Nährstoffe verwandeln.

Ein Spezialgebiet der Biologie dreht sich um die Frage, wie Leben durch Nährstoffe erhalten wird und wie Organismen die Nährstoffe verwerten, um Energie für ihre lebensnotwendigen Funktionen zu gewinnen.

Um diese Prozesse zu verstehen, reicht ein Blick auf die Anatomie der Organismen nicht aus. Ein stärker experimenteller Ansatz ist nötig. Pionier dieser Methode war Santorio Santorio, der in den 1580er-Jahren mit einem Experiment begann, das mehr als 30 Jahre dauerte: Er wog sich regelmäßig, ebenso all sein Essen und seine Getränke sowie Urin und Kot, die er ausschied. Als er Unterschiede bei den Mengen bemerkte, zog er den Schluss, dass eine »unmerkliche Verdunstung« die Abweichungen erklären müsste. Sein Experiment zog weitere Forschungen nach sich, wie Tiere aus Nahrung Energie gewinnen – ein Prozess, der später von Antoine Lavoisier mit der Verbrennung von Treibstoff in der Luft verglichen wurde.

Nahrung und Wachstum

Im frühen 17. Jahrhundert ging Jan von Helmont ähnlich vor, um Ernährung und Wachstum an Pflanzen zu untersuchen. Er bestimmte die Masse eines Weidenbaums sowie des Wassers und der Erde, in der dieser stand. Er beobachtete, dass der Baum wuchs, indem er Waser aufnahm. In den 1770er- und 1780er-Jahren zeigte Jean Sénébier, dass Pflanzen Kohlendioxid (CO2) nutzen, um zu wachsen. Jan Ingenhousz und Joseph Priestley enthüllten, dass Pflanzen dabei Sauerstoff abgeben. Das Wichtigste: Ingenhousz demonstrierte, dass Sonnenlicht ebenfalls ein Faktor ist. Damit begründete er die Idee der Fotosynthese.

Grundlegende Entdeckungen dieser Art wurden während des gesamten 17. und 18. Jahrhunderts gemacht, einer Periode beispielloser wissenschaftlicher Fortschritte. 1747 demonstrierte James Lind, dass bestimmte Nährstoffe essenziell sind für Leben und Gesundheit und dass verschiedene Komponenten in Nahrungsmitteln verschiedene Funktionen bei der Ernährung haben. Später identifizierte William Prout drei Gruppen notwendiger Lebensmittel (Fette, Kohlenhydrate und Proteine), die man aufgrund ihrer chemischen Eigenschaften klassifizieren kann. Justus Liebig zeigte, dass alle Lebensmittel aus organischen Stoffen bestehen, die man an ihrer chemischen Zusammensetzung erkennen kann, speziell einer Kombination von Kohlenstoff und Wasserstoff. Diese Definition organischer Stoffe markiert den Beginn der organischen Chemie.

Der Stoffwechsel

Chemische Reaktionen wurden als wichtiger Faktor im Prozess der Energieerzeugung aus Nahrung erkannt. Die Verdauung, also der Prozess, bei dem Essen abgebaut wird, um Nahrung für die Zellen zu liefern, wurde bis weit ins 18. Jahrhundert hinein für einen weitgehend mechanischen Prozess gehalten. 1783 jedoch zeigte Lazzaro Spallanzani, dass der Verdauungstrakt von Tieren das Futter nicht nur mechanisch zerkleinert, sondern auch Verdauungssäfte absondert, die Futter in Moleküle zerlegen. Essen und Trinken wurden im 19. Jahrhundert ein großes Thema für Biologen und es waren Probleme in der Weinindustrie, die Louis Pasteur zu Forschungen über die Gärung veranlassten. Er entdeckte, dass lebende Hefezellen in einem Prozess der anaeroben Atmung (»Leben ohne Sauerstoff«) Nährstoffe produzieren. Dies führte zu einer Debatte zwischen ihm und Liebig, der daran festhielt, Gärung sei eine rein chemische Reaktion. Der Streit wurde einige Jahre später durch Edouard Buchner beigelegt, der erklärte, es sei das Enzym der Hefe (ob sie lebt oder nicht), die den Gärungsprozess anstößt.

Der Begriff »Enzym« war von Wilhelm Kühne geprägt worden. Er hatte beobachtet, dass chemische Reaktionen in Zellen (also der Stoffwechsel) nur in Gegenwart von Katalysatoren ablaufen – Chemikalien, die den Prozess anstoßen, aber selbst dabei unverändert bleiben. Organismen produzieren Katalysatoren, um spezifische Reaktionen zu beschleunigen; Kühne nannte sie Enzyme. Spätere Forschungen von Emil Fischer erklärten ihr Wirken nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip, bei dem jedes Enzym ein Schloss darstellt, in das eine bestimmte Substanz wie ein Schlüssel passt.

Weitere tiefe Einblicke in den Stoffwechsel brachte das 20. Jahrhundert. Hans Krebs entwickelte die Idee, dass der Stoffwechsel einem chemischen Reaktionsweg folgt, der einen Zyklus von Reaktionen bildet. Mervin Calvin studierte den Prozess der Fotosynthese und entdeckte, dass Pflanzen mittels einer zyklischen Sequenz von Reaktionen essbare Stoffe produzieren. image