VERERBUNG

1866

Gregor Mendels Experimente zeigen, dass erbliche Eigenschaften eine Generation überspringen können – ein Hinweis auf das Wirken von »Partikeln«, später als Gene bezeichnet.

1904

Mendels Partikel der Vererbung sind, wie Thomas Hunt Morgan zeigt, auf den Chromosomen angeordnet.

1905

Nettie Stevens entdeckt die beiden verschiedenen Chromosomen, die das Geschlecht des befruchteten Eis bestimmen.

1928

Frederick Griffiths Experimente an Bakterien zeigen, dass erbliche Eigenschaften von Chemikalien verursacht werden.

1941

George Beadle und Edward Tatum demonstrieren, dass die Produktion von Enzymen von Genen determiniert wird und dass ein Gen ein bestimmtes Protein codiert.

1950

Barbara McClintock beschreibt Gene, die von einem Chromosom zum anderen »springen«, sowie die Fähigkeit von Chromosomen, Gene an- und abzuschalten.

1953

Ein Modell der Doppelhelixstruktur der DNA wird von James Watson und Francis Crick aufgestellt.

1964

Marshall Nirenberg und Philip Leder beweisen, dass alle Lebewesen in ihrer DNA den gleichen genetischen Code verwenden.

1973

Die ersten genetisch modifizierten Zellen werden von Herbert Boyer und Stanley Cohen hergestellt.

1979

Frederick Sanger wendet seine Technik zur Entzifferung der Sequenz langkettiger Biomoleküle auf eine DNA-Sequenz an.

2000

Das Humangenomprojekt, geleitet von Francis Collins, präsentiert den ersten Entwurf einer Karte des menschlichen Genoms.

2011

Jennifer Doudna entwickelt eine Gentherapie, bei der editierte Bakteriengene verwendet werden, um defekte menschliche Gene zu ersetzen.

Seit frühesten Zeiten weiß man, dass Kinder im Aussehen und in der Persönlichkeit oftmals ihren Eltern ähneln. Doch die Gründe für diese Vererbung verstand man kaum. Falsche Theorien über den Prozess der Reproduktion, etwa die Idee der Präformation im Ei oder Spermium, standen im Konflikt mit dem offensichtlichen Beitrag beider Eltern zu den Eigenschaften ihrer Kinder.

Die sehr viel ältere Theorie der Pangenese, die auf die alten Griechen zurückgeht, war näher an der Wahrheit: »Samenmaterial« von beiden Eltern werde vermischt, um Nachwuchs zu produzieren. Biologen kamen im 18. Jahrhundert auf diese Idee zurück mit Experimenten, welche die Zucht hybrider Pflanzen und die Kreuzung von Tieren verschiedener Arten umfassten.

Genetik

Gregor Mendel stellte den Schlüssel zur Verfügung, der das Problem der Vererbung löste, und öffnete das künftige Feld der Genetik. In einer Studie über die Eigenschaften von Erbsenpflanzen (etwa Wuchshöhe) zeigte er, dass sie nicht durch einen einfachen Mischprozess vererbt werden können, weil bestimmte Formen (Merkmale), etwa hoch und niedrig, manchmal eine Generation überspringen. Stattdessen, so suggerierte er, werden diese Eigenschaften bestimmt durch Paare von Partikeln, die wir heute als Gene kennen. Mendel veröffentlichte seine Theorie 1866. Ihre Bedeutung wurde erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts verstanden.

Bei Mikroskopstudien identifizierten Walter Sutton und Theodor Boveri gleichzeitig die Chromosomen als Träger der Partikelpaare, die Mendel beschrieben hatte – ein Punkt, der bestätigt wurde durch Thomas Hunt Morgans Studie über die Vererbung bei Fruchtfliegen. 1905 fand Nettie Stevens zwei Sorten von Chromosomen im Sperma von Käfern: die Geschlechtschromosomen (später X- und Y-Chromosomen genannt), die das Geschlecht des befruchteten Eis bestimmen.

DNA verstehen

1928 zeigte Frederick Griffith, dass die vererbten Eigenschaften von Bakterien durch Chemikalien verändert werden können, was bedeutet, dass die Eigenschaften selbst durch Chemikalien verursacht werden. Später fanden George Beadle und Edward Tatum heraus, dass Hefen mit defekten Genen unfähig sind, ein bestimmtes Enzym zu produzieren. Daraus leiteten sie ab, dass ein Gen ein DNA-Abschnitt ist, der ein bestimmtes Enzym codiert. Allgemeiner gesprochen, codiert ein Gen ein bestimmtes Protein.

In den 1930er-Jahren begann Barbara McClintock ihre Studien zum Chromosomenverhalten. Nachdem sie gezeigt hatte, dass während der Meiose (der Zellteilung bei der sexuellen Reproduktion) Gene auf einem Chromosom ihren Platz wechseln können, beschrieb sie als Nächstes transponierbare Elemente – Gene, die auf Positionen auf ganz anderen Chromosomen »springen« können. Sie entdeckte auch, dass Gene nicht ständig aktiv sind, sondern an- und abgeschaltet werden können.

Was aber noch geklärt werden musste, war, wie DNA sich selbst replizieren kann. James Watson und Francis Crick glaubten, das müsse an einer inhärenten Qualität der DNA-Struktur liegen. Indem sie Rosalind Franklins Röntgendiffraktionsbild zugrunde legten, stellten sie 1953 ein 3-D-Modell der DNA auf. Es zeigte die uns heute vertraute Doppelhelixstruktur der DNA und erklärte, dass sie sich verdoppeln kann, wenn sie sich entdrillt.

Genetische Sequenzierung

Wenn die Definition eines Gens darin besteht, dass es den Code für ein bestimmtes Protein darstellt, ist das nächste Ziel, die Beziehung einer Sequenz der Einheiten (Basen) der DNA mit der Sequenz des betreffenden Proteins in Verbindung zu bringen: wie also die Basen die Aminosäuren bestimmen. Marshall Nirenberg und Philip Leder entdeckten, dass in allen Lebewesen der genetische Code darin besteht, dass drei Basen eine spezifische Aminosäure bestimmen. Ein weiterer Fortschritt im Verständnis des Wirkens der Gene kam mit der Entwicklung der Sequenzierung, also der Technik zur Analyse langer Kettenmoleküle wie Proteine und DNA. Ein Pionier dieser Technik, Frederick Sanger, sequenzierte 1979 erfolgreich die DNA eines Virus. Dies ebnete unter anderem den Weg für das Humangenomprojekt, das zum Ziel hatte, das gesamte menschliche Genom zu sequenzieren.

Mit dem verbesserten Wissen über die Gene fanden sich praktische Anwendungen. Gentechnische Methoden zur Änderung der genetischen Zusammensetzung von Zellen wurden entwickelt sowie Methoden der Genomeditierung zur Bekämpfung von Krankheiten. image