Johann Wolfgang Goethe wurde am 28. 8. 1749 in der Freien Reichsstadt Frankfurt in einer gutbürgerlichen Familie geboren. Sein Vater Dr. jur. Johann Casper Goethe war Kaiserlicher Rat. Da die Familie vom ererbten Vermögen leben konnte, hatte der Vater die Zeit, seinen Sohn in die Literatur der europäischen Aufklärung einzuführen und ihn sechs Sprachen lernen zu lassen. Die gegenüber dem recht strengen Vater eher großzügige Mutter öffnete dem Jungen die Welt des Gefühls und stand zugleich für praktische Lebensklugheit. In seiner Autobiographie Dichtung und Wahrheit, die Goethe ab 1811 zu veröffentlichen begann, stellt er dar, welche Bedeutung Puppentheaterbesuche für ihn als Kind hatten. Dort lernte er den Faust-Stoff kennen: »Die bedeutende Puppenspielfabel […] klang und summte gar vieltönig in mir wider.«
Ein erster Studienversuch in Leipzig (1765–68) endete ohne Erfolg. Der junge Goethe kehrte erkrankt nach Frankfurt zurück und erholte sich nur langsam. In pietistischen Kreisen Frankfurts kam er mit pansophisch-spekulativen und alchemistischen Schriften in Berührung (und später wird Faust entsprechendes Wissen haben!). 1770 begann Goethes Studienzeit in Straßburg. Im Kontakt mit Johann Gottfried Herder und angeregt durch Shakespeare-Lektüre und die Bewunderung der gotischen Baukunst (am Beispiel des Straßburger Münsters) schloss sich ein Kreis junger Intellektueller zusammen. Es entwickelte sich die literarische Bewegung des »Sturm und Drang«. Goethe besuchte das nördlich von Straßburg gelegene Sessenheim (so wurde der Ort damals geschrieben, und so findet man ihn auch heute auf den Landkarten), und in seinen »Sesenheimer Liedern« verarbeitete er die Liebe zu der dortigen Pfarrerstochter Friederike Brion. Binden wollte und konnte sich der junge Mann noch nicht, hier im Elsass ebenso wenig wie vorher in Leipzig oder wenige Jahre später in Frankfurt an die ihm anverlobte Bankierstochter Lili Schönemann. Die Trennung von der Sessenheimer Geliebten hat sich offenbar nicht in angenehmen Formen vollzogen und Jahre später notiert (und veröffentlicht) Goethe sein Bekenntnis: »hier war ich zum erstenmal schuldig; ich hatte das schönste Herz in seinem Tiefsten verwundet« (Dichtung und Wahrheit, 12. Buch). In ähnlicher Weise wird Faust an Margarete schuldig.
Nach Abschluss seines juristischen Studiums ging Goethe 1772 nach Wetzlar an das Reichskammergericht. Seine Beziehung zu Charlotte Buff und den Selbstmord des jungen Carl Wilhelm Jerusalem verarbeitete Goethe, der seit 1773 wieder in Frankfurt lebte, in seinem aufsehenerregenden Werther-Roman (1774). Insgesamt war diese Zeit künstlerisch äußerst produktiv: Goethe arbeitete den Götz von Berlichingen aus, Clavigo schrieb er in wenigen Wochen, wichtige Gedichte (wie das Prometheus- und das Schwager Kronos-Gedicht) entstanden in dieser Zeit, er konzipierte Dramen wie Stella und Egmont, und er begann mit der Arbeit am Faust. Den Frankfurter Prozess 1772 gegen die Kindsmörderin Susanna Margaretha Brandt hatte der junge Jurist aufmerksam verfolgt, und die Verhandlung gegen die junge Frau und ihre öffentliche Hinrichtung wurden weitere Quellen für die Faust- bzw. Gretchen-Tragödie.