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Leonard Russel lehnte gegen ein Fensterbrett. Vor ihm kauerten achtzehn Menschen am Boden. Um seine Mundwinkel zuckte es verächtlich, während er sie betrachtete.

Draußen, vor der Tür, plärrte eine blecherne Stimme. "Kommen Sie mit erhobenen Händen heraus, Russel! Sie haben keine Chance!" Immer wieder, schon seit zwei Stunden. "...Sie haben keine Chance...!"

"Fick dich ins Knie!", brüllte Russel. Die Männer und Frauen am Boden zuckten zusammen. Ein Kind heulte.

Leonard stieß sich vom Fensterbrett ab und lehnte sich an die Wand neben dem Fenster. Ohne seine Maschinenpistole von den Geiseln zu wenden, sah er hinaus. Schwarze Gewitterwolken schoben sich vor die untergehende Sonne. Sie erlosch, wie eine Lampe, die einer ausschaltet.

"Scheißt euch nicht in die Hosen, ihr Motherfucker", sagte er wieder zu den Geiseln gewandt. Er sprach leise, und seine Stimme war ungewöhnlich heiser. "Ich schenk' euch euer beschissenes Leben. Denkt an mich, wenn ihr das nächste Mal fickt oder fresst oder sauft. Denkt an General G!"

Niemand wagte es, ihn anzusehen. "Wollte nur noch mal die Sonne untergehen sehen." Er griff in sein schwarzes Seidenjackett und zog eine CD heraus. Seine CD. Seine und Jeromes. The Masters of Manhattan...

Ein bitteres Grinsen flog über seine Miene, während er das Cover betrachtete. Dann öffnete er das Fenster und schleuderte die Scheibe hinaus. Seine Augen konnten sie noch ein paar Sekunden lang verfolgen, wie sie durch die Luft wirbelte und schließlich tief unter ihm im Dunst verschwand.

Er wandte sich noch einmal an die Geiseln. "Sagt den Arschlöchern da draußen, dass ich eine Menge Freunde habe." Dann stieg er auf das Fensterbrett und stürzte sich hinab in die Tiefe...