I ch glaube, die Cyborg ist kaputt«, murmelte Evan leise, während er das Eiweiß-Omelett betrachtete, das Trin, die Haushälterin der Gullington, vor ihm abgestellt hatte.
Wilder stocherte in seinem Porridge herum und grinste. »Mein Essen ist gut. Ich weiß nicht, wovon du redest.« Er warf einen Blick auf Sophia. »Wie schmeckt dein Speck?«
»Speckig.« Sie kaute augenzwinkernd auf einem Bissen des knusprigen Fleisches, während sie ein Stück hochhielt. Vor ihr stand ein Teller mit einem halben Dutzend Streifen des gerösteten Frühstücksfleischs.
Anstelle der üblichen Methode, bei der Trin große Servierplatten mit Essen brachte, bediente sie an diesem Tag jede Person am Tisch einzeln und es sah aus, als würde sie die Mahlzeiten dem Geschmack der Gäste anpassen.
Die Cyborg eilte durch die Tür aus der Küche und trug Mama Jambas kleinen Stapel Apfel-Zimt-Pfannkuchen, während die alte Frau mit einem Schöner-Reisen- Magazin in der Hand in den Speisesaal trat.
»Vielen Dank, Schatz.« Mama Jamba lächelte, als sie auf ihren üblichen Platz am Esstisch glitt, während Trin die Pfannkuchen vor sie stellte. »Woher wusstest du, dass ich heute Lust auf Apfel-Zimt habe und nicht auf meine normalen Blaubeerpfannkuchen?«
Trin zwinkerte ihr mit dem menschlichen Auge zu. »Vielleicht war es der Korb Äpfel, den ich beim Aufwachen am Fußende meines Bettes fand.«
Mama Jamba warf einen Blick auf Quiet, der sein Rosinenbrötchen sorgfältig mit Butter bestrich und grinste. »Das habe ich dann wohl dir zu verdanken.«
Der Gnom murmelte etwas Unverständliches, bevor er sich das Brötchen in den Mund schob und kaute.
Evan wartete, bis Trin sich in die Küche zurückzog, dann sagte er: »Warum bekommt Mahkah Rührei mit Schinken, Hiker seine Blutwurst, gebackene Bohnen und Toast, Sophia den ganzen Speck und Wilder, der Neu-Veganer, bekommt Haferbrei, aber ich muss mich mit einem lächerlichen Eiweiß-Gemüse-Omelett herumärgern?«
Wilder beugte sich mit einem verschwörerischen Gesichtsausdruck vor. »Ich glaube, die Botschaft ist ziemlich deutlich. Trin hat dich endlich kennengelernt und wie uns anderen auch, gefällt ihr nicht, was sie erfahren hat.«
»Vielleicht ist es aber auch das Gegenteil.« Mama Jamba schlug ihre Zeitschrift auf.
Evan seufzte und stocherte in seinem Omelett herum. »Ich weiß nicht, ob ich will, dass sie mich mag, wenn das das Ergebnis ist.«
Quiet murmelte etwas und stopfte sich einen Plunder in den Mund.
»Warum legst du morgen nicht einfach ein Bündel Würstschen an das Fußende von Trins Bett?«, fragte Evan den Geländewart.
Da sein Mund voll war, schüttelte Quiet einfach den Kopf. Krümel lösten sich von seinem Mund.
»Man spricht es Würst-chen aus«, stichelte Wilder.
»Ein Veganer darf mir nicht vorschreiben, wie ich Fleischwörter aussprechen soll«, schoss Evan zurück und griff nach einem Stück Speck auf Sophias Teller. Sie schlug seine Hand sofort weg.
»Hey«, beschwerte er sich und zog seine Hand zurück. »Das brauchst du doch nicht alles.«
»Doch, brauche ich schon«, entgegnete Sophia. »Ich muss meinen Fleischkonsum erhöhen, um all das Gute auszugleichen, das Wilder tut, weil er vegan lebt.«
»Das ergibt Sinn«, murmelte Hiker mit vollem Mund und wirkte ein wenig amüsiert.
Der Anführer der Drachenelite war in letzter Zeit so gut gelaunt, seit Ainsley in die Burg zurückgekehrt war und sie die Dinge zwischen ihnen sozusagen offiziell gemacht hatten. Zumindest versuchten sie nicht mehr zu verbergen, dass sie eine Beziehung führten und erröteten, wenn Evan und Wilder sie neckten und Kussgeräusche hinter ihrem Rücken machten. Die Elfe musste jedoch zum Elfenrat zurück, um diplomatische Angelegenheiten zu regeln. Deshalb war sie nicht da, um sich über das seltsame Verhalten der neuen Haushälterin zu informieren, die allen außer Evan ihre Lieblingsgerichte servierte.
»Du hast dein Essen nicht angerührt«, bemerkte Trin und schaute zu Evan hinüber, als sie einen Krug Orangensaft brachte.
Evan warf der Haushälterin einen unsicheren Blick zu. »Ich will mich ja nicht beschweren, aber …«
»Der Satz, der immer vor einer Beschwerde steht«, unterbrach Wilder.
Evan warf ihm einen verärgerten Blick zu, bevor er wieder zu Trin neben dem Tisch blickte. »Es scheint, dass jeder sein Lieblingsfrühstück bekommen hat oder das, wonach ihm heute Morgen war.«
»Das ist richtig«, stimmte Trin zu. »Ich dachte, das wäre mal eine nette Abwechslung.«
»Es ist wunderbar.« Mama Jamba schnitt in ihre Pfannkuchen.
»Sehr schön«, meinte Evan trocken. »Die Sache ist die, dass mein Lieblingsessen kein Eiweiß-Gemüse-Omelett ist.«
Trin legte den Kopf schief und warf ihm einen überraschten Blick zu. »Nicht?«
Er schaute sehnsüchtig auf Sophias Speck. »Nein, ich bin nicht wirklich der Gemüsetyp. Das ist eher Wilders Ding.«
»Woher willst du das wissen, wenn du es nicht probiert hast?« Trin deutete auf das unangetastete Omelett.
»Ich weiß es«, antwortete er. »Ainsley hat mir ein ganzes Jahrzehnt lang ununterbrochen Salate serviert, während der Rest von uns Schmorbraten und andere leckere Gerichte bekommen hat.«
Trin räusperte sich. »Klingt, als hätte Ainsley nur dein Bestes im Sinn gehabt. Du lebst länger, wenn du dein Gemüse isst.«
Wilder lachte. »Ich glaube nicht, dass Ainsley wollte, dass er länger lebt.«
Evan schürzte seine Lippen. »Was bringt es, lange Zeit ohne Speck zu leben?«
»Es gibt auch ein Leben ohne Speck«, mischte sich Wilder ein, während er seine Haferflocken aufaß und eine Schüssel mit Himbeeren zu sich zog.
»Deine Meinung dazu zählt nicht, Veganer«, entgegnete Evan. »Du und ich können uns offiziell keine Pizza mehr teilen.«
Wilder lachte. »Wann haben wir je eine geteilt? Du hast immer das ganze Ding vernichtet.«
»Ich will damit sagen«, begann Evan, »dass du von jetzt an alles wirklich Essbare verteufeln wirst.«
Wilder steckte sich eine Himbeere in den Mund. »Es ist wahr. Neulich habe ich eine Pizza bestellt und dem Typen gesagt, dass ich weder Käse noch Soße will, sondern nur Paprika.«
»Warum keine Soße?« Sophia nahm einen weiteren Bissen von ihrem Speck.
Wilder zwinkerte ihr zu. »Weil es zu der Geschichte passt. Jedenfalls sagte der Typ, dass es die seltsamste Pizza wäre, von der er je gehört hätte. Da habe ich ihn daran erinnert, dass ich das letzte Mal die Pizza nur mit Pfeffer bestellt habe.«
Fast alle am Tisch stöhnten über Wilders Aussage. Mahkah grinste leicht. Mama Jamba kicherte, während sie in ihrem Reisemagazin blätterte.
Trin begann, das leere Geschirr abzuräumen und schaute Evan an. »Morgen koche ich dir etwas anderes, aber dein Lieblingsessen könnte etwas sein, das du noch nicht probiert hast. Es könnte auch etwas Gesundes sein.«
»Ich bin ein Drachenreiter«, merkte Evan an. »Ich muss mich nicht gesund oder vegan ernähren. Ich werde so oder so ein langes Leben führen. Im Gegensatz zu manchen Weltverbesserern will ich nicht die Tiere retten.«
»Ich mache diese vegane Sache nur, weil ich meinen Körper nicht mit ekligen Tieren vergiften will«, antwortete Wilder. »Ich kann diese Kreaturen nicht ausstehen.«
»Ich tue so, als hätte ich das nicht gehört«, kommentierte Mama Jamba und konzentrierte sich lässig auf ihre Zeitschrift.
»Gibt es einen Grund, warum du in letzter Zeit in Reisemagazinen blätterst, Mama?«, fragte Hiker, als er sein Frühstück beendete. Trin räumte sofort den Teller weg und zog sich mit dem schmutzigen Geschirr in die Küche zurück.
Mutter Natur zuckte mit den Schultern. »Es hat mich in letzter Zeit gejuckt. Vielleicht hat mich das Fernweh gepackt.«
Hiker sah sie mit zusammengekniffenen Augen an. »Du kannst nirgendwo hingehen. Uns droht ein Krieg gegen dämonische Drachenreiter.«
Unruhig blickte Mama Jamba von ihrer Zeitschrift auf. »Für den Anfang möchte ich dich daran erinnern, dass du mir nicht vorschreiben kannst, was ich zu tun habe, mein Sohn. Zweitens weiß ich sehr wohl, dass die Halunkenreiter Machtspielchen spielen, aber das ist nicht so sehr meine als vielmehr deine Sorge. Schließlich ist das dein Job.«
Er knurrte leicht und sein Bart vibrierte. »Du bist vor kurzem zurückgekommen, nachdem du dich die ganze Zeit versteckt hast. Ich habe einfach gehofft, dass du nicht wieder wegläufst.«
»Ich bin ein Vogel«, meinte Mama Jamba als Antwort.
»Der nicht eingesperrt werden kann«, fügte Wilder mit singender Stimme hinzu.
Evan beugte sich vor und studierte die Seite, auf die Mama Jamba schaute. »Gibt es den Reiz des Reisens für dich noch, obwohl du diese Orte geschaffen hast?«
»Die Erde ist meine Schöpfung und mein Zuhause«, antwortete Mama Jamba. »Es ist, als ob man sich in ein bestimmtes Zimmer in einer Burg zurückzieht. Manche gefallen dir vielleicht besser als andere und manche haben einen bestimmten Zweck.«
»Aber es gibt keinen besseren Ort als dein Schlafzimmer, wo du sicher bist und dich ausruhen kannst«, schaltete sich Hiker ein. »Das wäre die Gullington für dich, Mama.«
»Stimmt«, zwitscherte sie. »Aber wer will schon die ganze Zeit in seinem Schlafzimmer eingesperrt sein?«
Alle Köpfe am Tisch wandten sich Hiker zu.
Er biss die Zähne zusammen. »Wir verlassen uns darauf, dass du uns hilfst, die Dinge zu regeln. Es ist wichtig, dass du hier bist.«
»Das ist einfach nur bequem für dich«, stellte sie klar. »Ich tue dir keinen Gefallen, wenn ich dir neue Informationen anbiete und das weißt du auch.«
»Manchmal hilfst du bei Dingen«, konterte Sophia. »Du hast mir Mae Ling zugeteilt.«
»Du hast diese Art Peilsender für die Dämonendrachen entwickelt«, wusste Evan.
»Und dieses Zeitwahlding für Ainsley«, erinnerte Wilder sie.
»Und unzählige andere Sachen«, merkte Mahkah mit leiser Stimme an.
»Das ist alles wahr«, bestätigte Mama Jamba sachlich und schob ihren Teller zur Seite. »Wenn ich gehe, ist das nicht für immer. Es kann sein, dass ich bald wieder wegmuss und ihr müsst euch dann allein durchschlagen. Es ist ja nicht so, dass ich euch bei eurem aktuellen Problem helfen könnte.«
Hiker nickte. »Sophia, hattest du schon Gelegenheit, die Barrieremagie zu untersuchen? Wir müssen herausfinden, welche Art von Magie die Halunkenreiter einsetzen, um uns fernzuhalten.«
Sie tippte auf die Tasche, die an der Seite ihres Stuhls hing und in der sich die vollständige Geschichte der Drachenreiter befand. »Nach dem Frühstück werde ich nachforschen, welche Art von Steinen wir hier auf der Gullington haben und dann nachsehen, ob hier etwas über Seelensteine steht, die Art von Steinen, die die Halunkenreiter benutzen.«
»Oder du könntest einfach Mister Quasselstrippe fragen«, schlug Evan vor und zeigte auf Quiet.
Der Gnom blickte von seinem fast geleerten Teller mit verschiedenen Broten und Gebäck auf. Er murmelte etwas, das sich anhörte wie: ›Du redest genug für uns alle.‹
Evan nickte. »Siehst du, so klar wie Kloßbrühe. Mit dieser Hilfe kommen wir der Sache mit der Barriere im Handumdrehen auf den Grund.«
Der Geländewart erhob sich von seinem Platz und trabte zur Tür, wahrscheinlich auf dem Weg auf das Hochland, um seine tägliche Arbeit zu verrichten – was auch immer das sein mochte.
»Danke für alles, Kleiner«, rief Evan ihm hinterher. »Du bist ein echter Lebensretter.«
»Das ist er.« Sophia streckte sich und testete ihren Rücken, um zu sehen, wie ihre Verletzungen heilten. Zum Glück sollte sie bald wieder ganz die Alte sein.
»Forsche wegen der Barriere und lass mich wissen, was du herausgefunden hast«, befahl Hiker und stand vom Tisch auf.
Mama Jamba erhob sich ebenfalls und schloss ihre Zeitschrift. »Weißt du, wer dir bei den Barrieren helfen könnte?«
Sophia starrte Mutter Natur mit großen Augen an und drängte sie stillschweigend, weiterzusprechen. Weil sie keine Antwort gab, als hätte es sich um eine rhetorische Frage gehandelt, dachte Sophia einen Moment lang nach und ließ die Frage wirken. Barrieren gab es an einigen Stellen. Die Gullington, das Haus der Vierzehn, die Große Bibliothek und das Happily-Ever-After-College nutzten sie. Nun und jetzt die Halunkenreiter. Jede dieser Barrieren war anders und nach Sophias Erfahrung war keine mächtiger als die Barriere am Gute-Feen-College. Diese Barriere erlaubte nicht nur ausgewählten Personen den Zutritt zum Campus, sondern schützte auch das Klima und die Ökologie des Gebietes, sodass es immer unbeeinflusst blieb – außer in diesem Moment, als ein schief gelaufenes wissenschaftliches Experiment die Schule übernommen hatte.
»Meinst du Mae Ling?«, erkundigte sich Sophia. »Sind gute Feen auch Experten für Barrieren?«
»Siehst du?«, zwitscherte Mama Jamba, während sie zur Tür schritt. »Ihr braucht mich alle nicht. Ihr seid durchaus in der Lage, die Dinge selbst zu regeln.«