Kapitel 14

I ch werde dir helfen, es zu schaffen«, meinte Lee mit einem siegreichen Lächeln.

»Indem wir den Kerl loswerden, der offensichtlich im Unrecht ist?«, riet Sophia.

»Indem du ihm einen heftigen Schlag verpasst, der ihn wütend macht, kurz bevor die Verfolgungsjagd beginnt«, antwortete Lee. Dann schnippte sie mit dem Finger. Die Tür auf der anderen Seite, an welcher der Spanner hing, schwang auf und traf den Kerl am Kopf, er fasste sich an die Beule und sank auf die Knie, bevor er sich mit einem starren Blick erhob und versuchte, wieder zu sich zu kommen.

»Danke«, stieß Sophia aus, ohne es zu meinen und warf Lee einen letzten Blick zu, bevor sie ihrem neuesten Feind durch die Tür gegenübertrat.

»Kein Problem«, rief Lee ihr nach.

Sophia flog aus der Tür. Sie hatte es sich anders überlegt und dachte, dass sie dem Idioten, der ohne guten Grund hinter ihr her war, entkommen könnte. Damit ging sie allen Konflikten aus dem Weg. Das war besser.

Doch sein Drang ihr zu folgen, war anscheinend zu groß, denn er rannte sofort hinter ihr die Gasse hinunter, sobald sie aus der Bäckerei herauskam und zu einer freien Stelle flitzte, um ein Portal zu schaffen.

Sophia traf sofort auf einen Pulk von Menschen, der ihr den Weg versperrte. Sie versuchte, sich um sie herumzudrücken, aber es sah aus, als wären sie auf der Seite der Bösewichte, so wie sie ein Netz bildeten, um sie aufzuhalten. Sie blieb stehen und entdeckte einen Ausweg zur Seite, aber leider auch Mister Wütend.

Er bog hinter ihr ab und rannte, als führte er einen echten Rachefeldzug gegen Sophia. Nachdem ihr zum zweiten Mal fast die Füße wegrutschten, musste sie sich fragen, was diese Leute dazu trieb, einen Halunkenreiter zu verfolgen. Was auch immer es war, es spornte sie auf eine neue Weise an.

Sophia wollte nicht wissen, was die dämonischen Drachenreiter mit ihnen angestellt hatten. Vielleicht hielt sie die Welt, die sie die ganze Zeit über beschützte, für selbstverständlich. Vielleicht hielt sie die Welt, die ihre Schwester betreute, für selbstverständlich, in der Magie von Sterblichen gesehen und denen erlaubt wurde, die sie verdienten.

Die Halunkenreiter wollten ein neues System, in dem sie sich nehmen konnten, was sie wollten und taten, was sie wollten. Die wütenden Gesichter und rachsüchtigen Rassen, die sie jetzt sah, waren das Ergebnis. Sophia glaubte, sie wüsste, was in der Welt vor sich ging, aber sie irrte sich, wenn Leute wie diese da draußen versuchten, sich an ›dem Mann‹ zu rächen.

Die Halunkenreiter verletzten die Menschen auf eine ganz neue Art. Sie erschreckten die Völker nicht wie Nevin Gooseman. Sie versammelten nicht die Magier wie Trin und setzten keine neue Technologie ein wie Thad Reinhart. Sie drückten alle so weit nieder, dass sie nicht mehr in den Abfluss passten, wieder nach oben schwappten und das System verstopften.

Es tat Sophia auf eine Weise weh, die sie nicht erwartet hatte, als sie an einer Wand nach der anderen vorbeirauschte und die Gassen immer enger wurden.

Sie wusste, dass ihr das Ende bevorstand, als sie um eine Ecke bog und hörte, dass sie ihr auf den Fersen waren. Ihr gingen die Möglichkeiten aus. Schlimmer noch, ihre Verletzungen bremsten sie aus …

Ihre Verletzungen durch Coal, den Dämonendrachen, machten es ihr schwerer zu laufen. Sie war zwar schnell, aber noch nicht so schnell wie früher und konnte es erst wieder sein, wenn sie sich vollständig erholt hatte, was noch nicht der Fall war – aber das musste Hiker nicht wissen, da sie es ihm nicht gesagt hatte.

Plötzlich stieß Sophia auf eine Sackgasse, die sich wie eine Beleidigung anfühlte, als sie das Schild am oberen Ende der Mauer las, auf dem stand: ›Zutritt verboten.‹

Sophia seufzte und drehte sich um, um dem wütenden Magier auf ihren Fersen in die Augen zu sehen. Mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck wurde er langsamer, als er merkte, dass sie im Nachteil war.

»Oh, sieh mal, die Diebin muss sich jetzt ihrer Strafe stellen.« Er schüttelte den Kopf.

Der Sprint, der Schmerz, weil die Nähte auf ihrem Rücken sich lösten, all ihre Besorgungen und die Gedanken an all die Dinge, die sie in diesem Moment tun würde, wenn sie den Kopf frei hätte, erschöpften Sophia. Normalerweise könnte die junge Drachenreiterin den Kerl außer Gefecht setzen. Ihn in Handschellen legen. Ihn bezahlen lassen. Stattdessen fühlte sie sich durch die Umstände geschwächt. Durch ihre Nachteile. Durch alles.

Sie erstarrte.

»Du hast mir alles gestohlen.« Der wütende Blick des Mannes traf sie ins Herz.

»Ich habe nicht …«

»Du hältst dein Maul«, unterbrach er sie. »Es war deine Art. Du weißt es. Ihr reitet alle auf euren Drachen und denkt, euch gehört die Welt. Ihr denkt, wir gehören euch. Wenn wir kämpfen, dann müssen wir uns vor euren Drachen verantworten.«

»Nein, sie sollten eine Ergänzung von uns sein …«

»Klappe!«, warf der Typ ein und hielt drohend eine Hand hoch.

Sie hörte trappelnde Füße. Der Mob hatte sie eingeholt. Erst die wütendsten, dann die anderen. Sie konnten sie fesseln und sich für das rächen, was die Halunkenreiter getan hatten. Das Traurige daran war, dass es für sie keinen Ausweg gab. Lunis hatte alle Hände voll zu tun, seit sie ihn losgeschickt hatte, um sich Farbmuster anzusehen, in der Hoffnung, dass er sich für eine neue Wohnung in der Stadt begeistern würde, weil sie wusste, dass sie ihn mit einer Wohnung in Gullington überraschen wollte. Jede andere Hilfe war zu weit entfernt.

Sophia war fertig. Sie war schwach. Mehr noch, sie hatte genug von dummen Leuten wie den Halunkenreitern, die gewinnen würden. Sie würden sie indirekt zu Fall bringen. Sie konnte nichts dagegen tun und genau das würde sie umbringen. Die Niederlage selbst wurde zu ihrem Verderben und das war das Schlimmste von allem.

»Ihr benutzt eure Drachen, um uns einzuschüchtern«, fuhr der Mann fort. »Wir konnten uns nicht wehren, als ihr uns alles genommen habt. Deshalb habe ich jetzt nichts mehr.«

»Ich war es nicht!«, schrie Sophia und hob die Hände, um sich zu ergeben.

»Wie ihr schieße ich erst und stelle dann die Fragen …«

Ein klarer und lauter Knall hallte durch die Luft und der Typ, der Sophia gegenüberstand, fiel und landete auf seinem Gesicht. Hinter ihm, wie ein Engel, der von einem Lichtstrahl angestrahlt wurde, stand Lee aus der Bäckerei Zur heulenden Katze . Sie hielt eine Art Waffe in der Hand, nur dass sie ganz anders aussah als alle Waffen, die Sophia je gesehen hatte. Sie war größer und sperriger, wie etwas, das ein Ghostbuster tragen würde.

Die Attentäter-Bäckerin hob die Waffe leicht an, als sie den Kerl am Boden erspähte und lächelte.

Ihre Augen trafen sich mit denen von Sophia. »Mach dir keine Gedanken. Das ist ein Betäubungsgewehr. Ich weiß, dass du nicht gerne tötest.«