»Und was verschafft mir die Ehre, Sophia Beaufont?« Paul verbeugte sich, als Ren davonging.
Sophia warf einen Blick über ihre Schulter auf den fremden Mann. »Er ist ein Charmeur, nicht wahr?«
Paul gluckste. »Ren Lewis ist nicht jedermanns Sache, aber ich habe selten jemanden getroffen, der so brillant und mächtig ist. Ich kann nicht sagen, dass es mich überrascht, dass er einen Weg gefunden hat, zurückzukommen oder dass er dem Tod ein Schnippchen geschlagen hat. Er war immer Meister darin, Schlupflöcher zu finden, obwohl ich mir sicher bin, dass niemand die Informationen dazu aus ihm herausbekommt.«
»Vielleicht muss ich das Buch lesen, hinter dem er her ist«, überlegte Sophia.
»Man könnte es versuchen, aber man bräuchte das Gehirn von Ren, um zu wissen, wie man es einsetzen kann.«
Sophia nickte und zog den Seelenstein, den sie von Tanners Leiche genommen hatte, aus ihrer Tasche. »Ich bin aus einem anderen Grund hier und hoffe, dass du mir helfen kannst, schnell etwas zu erledigen. Das ist ein …«
»Ein Seelenstein«, setzte Paul fort.
»Oh, du weißt, was das ist?« Sophia betrachtete den amethystfarbenen Edelstein. »Das könnte einfacher werden, als ich dachte. Ich suche nach einem Buch, das mir sagt, woher dieser Edelstein stammt.«
»Ich kenne das Buch, das du suchst.« Paul schritt an ihr vorbei, sein langes, blaues Gewand wehte hinter ihm. »Ich kann dir sagen, dass dieser hier aus einer Höhle in Russland stammt, glaube ich. Wir werden den Band finden, damit ich mein Wissen überprüfen kann.«
»Oh, das wird ja immer einfacher.« Sophia musste sich beeilen, um mit dem Bibliothekar Schritt zu halten, denn er schien plötzlich vor Aufregung zu sprühen.
»Ja, ich habe schon lange keinen Seelenstein mehr gesehen.« Paul hielt inne. »Welche Barriere versuchst du zu überwinden?«
Sophia errötete vor Überraschung. »Eine, die die Halunkenreiter, die dämonischen Drachenreiter, geschaffen haben, als sie die Heimat der Elfen besetzt haben. Ist das das Einzige, wofür sie benutzt werden? Barrierenmagie?«
Er schüttelte den Kopf und fuhr fort. »Das ist der häufigste Zweck, aber es gibt unzählige Verwendungsmöglichkeiten. Es war ein Glückstreffer meinerseits. Ich habe die Nachrichten über die Halunkenreiter verfolgt und gesehen, dass sie die Elfeninsel überfallen haben. Da lag es nahe, dass sie eine Barriere benutzen, um die Verteidiger des Elfenvolkes davon abzuhalten, sie zu vertreiben.«
Sophia warf ihm einen beeindruckten Blick zu. »Du bist ein ziemlich guter Detektiv.«
»Danke«, erwiderte Paul mit einem liebevollen Lächeln. »Bildung ist an allem schuld. Je mehr ich lese, desto mehr weiß ich, wie ich werden muss.«
»Das ergibt Sinn«, überlegte Sophia. »Manche denken, es reicht aus, zu beobachten, aber meistens ist es eine Frage des Wie.«
Abrupt bog Paul um eine Ecke und eilte zum Ende der Reihe. »Ja, ja, hier entlang. Die Seelensteinabteilung ist hier unten. Das sind faszinierende, kleine Edelsteine. Es sind komprimierte Stücke Magie, die aus der Welt von Oriceran entwichen ist.«
»Oriceran?«, fragte Sophia. Der Name löste eine Erinnerung aus. »Ich glaube, ich war schon mal dort. Es ist eine Art Paralleluniversum zu unserem, oder? Lebt Ren dort?«
»Durchaus möglich, aber er würde es nicht zugeben, wie du erlebt hast«, antwortete Paul. »Sie haben dort Drachen. Oriceran ist wie unser Universum, aber ganz, ganz anders. Überall gibt es viel Magie, aber es ist fast unmöglich, dorthin zu gelangen, weil alle Portale, die die Erde mit Oriceran verbanden, geschlossen wurden. Wenn sie geöffnet wurden, waren die Seelensteine das Ergebnis. Die Portale befanden sich meist in Höhlen und die Magie, die durch die Portale sickerte, als sie geschlossen wurden, führte zu den Seelensteinen.«
»Dann sind sie also in Minen?« Sophia wäre fast in Paul hineingelaufen, als er abrupt stehen blieb.
»Ja und wenn sie alle abgebaut sind, sind sie für immer weg, fürchte ich.« Er studierte das Regal vor ihnen und suchte nach einem bestimmten Buch.
»Sie sind also so etwas wie kleine Batterien, nicht wahr?«, fragte Sophia. »Kleine Überbleibsel der Magie, aus denen Menschen schöpfen können?«
»Das ist richtig.« Paul zog ein Buch aus dem Regal und blätterte es durch. »Ja, wie ich vermutet habe. Dieser spezielle Seelenstein stammt aus einem Portal, das die Erde mit einem Ort namens Virgo auf Oriceran verband. Diese Höhle liegt nördlich von Sankt Petersburg.« Er zeigte auf eine Karte in dem Buch und lächelte. »Der Weg dorthin wird eine Herausforderung, aber ich bin mir sicher, dass du sie gut überstehen wirst.«
Sophia lächelte anerkennend. »Apropos Herausforderung, ich gehe besser mein Eisbärenfell holen. Dort ist es bestimmt eisig kalt.«
Paul reichte ihr das Buch und nickte. »Ohne Zweifel ist es das. Aber die Kälte wird wahrscheinlich das geringste deiner Probleme werden.«