Tool #10: wie uns andere helfen können

Immer wieder spreche ich davon, dass wir lernen dürfen, das Nervensystem zu regulieren. Selbst zu regulieren. Und natürlich ist es gut und sinnvoll, dies zu lernen, da es uns auch eine enorme Macht über unser Leben zurückgeben kann, wenn wir eigenständig Einfluss auf unser Nervensystem haben.

Es kann aber Phasen in unserem Leben geben, in denen es uns schwerfällt, selbst in diese Sicherheit zurückzufinden. Genauso wie Babys und Kinder uns Erwachsene brauchen, die ihnen dieses Gefühl von Geborgenheit vermitteln. Bis sie selbst gelernt haben, sich zu beruhigen, und die Fähigkeit haben, sich eigenständig sicher zu fühlen. Genauso gibt es Phasen bei uns Erwachsenen, in denen die Angst so groß und übermächtig ist, dass wir selbst den Ausweg aus diesem Angststrudel kaum mehr finden. Wenn unsere Gedanken, unser Körper und die Gefühlswelt so weit in die Angst eingetaucht sind, dass wir wie im Treibsand gefühlt untergehen. Es gibt Abschnitte in unserem Leben, da sind wir so überfordert, dass es uns kaum gelingt, selbst wieder in das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit zu kommen. Besser gesagt ist es eher unser Nervensystem, das nicht mehr in die Sicherheit kommt. Es ist im höchsten Daueralarm. Es verharrt in dem Zustand von »Lebensgefahr«.

Und ich möchte dir sagen: Du musst das nicht allein schaffen. Wende dich an Menschen, die dich unterstützen können.

Du musst da nicht allein durch.

Unser Nervensystem kann auch durch andere oder mit anderen gemeinsam reguliert werden. Das nennt man Co-Regulation. Du hast vielleicht schon einmal erlebt, dass dich die Anwesenheit einer anderen Person oder das Gespräch mit einer anderen Person beruhigt hat. Wir fühlen uns verbunden mit diesem anderen Menschen und das hilft unserem Nervensystem dabei, sich zu regulieren. Wir fühlen uns wieder sicherer.

Du darfst um Hilfe bitten. Du darfst andere Menschen fragen, ob sie dich dabei unterstützen. Du darfst dir helfen lassen. Sei dir das selbst wert. Du musst nicht alles allein schaffen.

Menschen, die selbst ein »ruhiges Nervensystem« haben, können uns dabei helfen, unser Nervensystem zu regulieren und uns zu beruhigen. Manchmal reicht schon allein ihre Anwesenheit. Manchmal ihre beruhigenden Worte. Manchmal ein angenehmer Blickkontakt. Sprich es aus, wenn du Angst hast. Sag, was du brauchst, wenn du Angst hast. Sag anderen, wie sie dir helfen können.

Aus meiner eigenen Geschichte und von vielen anderen weiß ich, dass es Menschen mit Ängsten oft schwerfällt, um Hilfe zu bitten oder Hilfe anzunehmen. Man möchte niemandem zur Last fallen und am besten sollte niemand von den Ängsten wissen. Man hat es sich auferlegt, mit allem allein klarzukommen. Ich darf dir heute sagen, dass dies meine Ängste weiter geschürt und mir viel Druck gemacht hat. Mich anderen zu öffnen und deren Unterstützung anzunehmen war ein wichtiger Schritt bei meiner Angstbewältigung.

Merk dir das

Andere Menschen können dich dabei unterstützen, ruhiger zu werden. Diese Fähigkeit ist in uns Menschen angelegt. Wir brauchen die Verbundenheit zu anderen, um uns wohlfühlen zu können. Und das muss nicht zwingend ein Partner, eine Partnerin sein. Das muss auch nicht ein enger Freund, eine enge Freundin sein. Obwohl das natürlich schön ist, wenn wir von vielen Seiten unterstützt werden, hat jedoch nicht jeder das Glück, solche Menschen an seiner Seite zu haben. In der Zeit meiner starken Ängste habe ich manchmal eine Beruhigung gespürt, wenn ich mit einer Spaziergängerin aus der Nachbarschaft gesprochen habe, die ihren Hund ausgeführt hat. Du kannst Sicherheit in vielen kleinen Gesten und Begegnungen finden. Halte in deinem Alltag danach Ausschau.

Nimm dir diese Gedanken mit

Probiere das aus

Überleg dir für dich, in der Anwesenheit welcher Menschen du dich wohlfühlst. Bei wem fühlst du dich geborgen? Bei wem fühlst du dich sicher? Verbring Zeit mit genau solchen Menschen. Sie beruhigen dein Nervensystem ganz automatisch.