Gedanken sind keine Tatsachen

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Wenn wir in schönen Urlaubserinnerungen schwelgen, können wir das Wohlgefühl in uns spüren. Wenn wir frisch verliebt sind, spüren wir die Schmetterlinge im Bauch, sobald wir nur an die andere Person denken. Wenn wir an jemanden denken, der uns enttäuscht hat, können Wutgefühle in uns hochkommen und wir spannen den Körper an. Und viele kennen wahrscheinlich Situationen, in denen wir allein durch unsere eigenen Gedanken Angst oder Panik in uns ausgelöst haben.

Wir können also allein durch unsere Gedanken Veränderungen in unserem Körper und unserer Gefühlswelt hervorrufen. Bemerkenswert, oder? Und wie man an den Beispielen sieht, können wir uns mit unseren Gedanken in eine Richtung bewegen, die Schönes und Positives in uns bewirkt. Oder in eine, die sich aufwühlend oder negativ auf uns auswirkt.

Einen Punkt, den jeder lernen darf, der unter Ängsten und Panik leidet: Gedanken sind keine Tatsachen. Wirklich! Nur, weil du etwas denkst, muss es nicht wahr sein. Stell dir mal kurz vor, du hast eine Million Euro auf deinem Konto. Stell dir bildlich vor, du öffnest deine Kontoumsätze in deiner App auf dem Handy. Dort steht die magische Zahl: 1 000 000 Euro.

Gut. Wenn du jetzt tatsächlich deine Banking-App aufmachst, was wird dort stehen? 1 000 000 Euro? Bei den allermeisten wahrscheinlich nicht. (Falls es bei dir doch dort steht: Gratulation!). Was ich dir damit sagen will, ist: Deine Gedanken müssen nicht der Wahrheit entsprechen. Wir können eigentlich alles denken, was wir wollen. Wir können uns alles Mögliche gedanklich vorstellen. Können uns über alles Mögliche Gedanken machen. Das bedeutet aber nicht, dass dies Tatsachen sind. Das bedeutet: Nur weil du einen Gedanken im Kopf hast, muss der noch lange nicht wahr sein.

Wie ist das bei Angstgedanken?

Bei Angstgedanken ist die Angstzentrale im Kopf eingeschaltet. Der Schalter dieser Zentrale ist auf »Ein«. Viele Gedanken, die wir jetzt denken, sind ängstlich eingefärbt. Es ist, als wäre ganz vieles durch die Emotion Angst »aufgeladen«. Und Gedanken, die ängstlich eingefärbt sind, sind meistens Worst-Case-Szenarien. Wir denken darüber nach, wie eine Situation am allerschlimmsten ausgehen kann. Dies ist aber keine Tatsache. Es ist nur eine von vielen Möglichkeiten. Wie die Million auf deinem Konto. Es ist eine Möglichkeit, die nicht wahr sein muss. Aber man kann sich trotzdem Gedanken darüber machen. Da man ja über alles nachdenken kann.

Wenn Angst in unserem Kopf eingeschaltet ist, sehen wir bildlich die allerschlimmste Variante vor unserem inneren Auge, wie etwas ausgehen kann. Und das ist tatsächlich meistens nicht die Wahrheit. Ich möchte hier keine rosarote Welt malen. Es gibt schlimme Ereignisse, Krankheiten, Katastrophen. Aber die Angst knallt uns die allerschlimmste Variante an den Kopf. Und ich glaube, wir sind uns alle einig, wenn ich sage: Es geht nicht alles im Leben schlecht aus. Es gibt auch noch andere Varianten, wie etwas ausgehen kann.

Wenn wir unter Ängsten leiden, geht es also vielfach darum, wieder einen rationaleren, klareren Blick auf die Welt zu bekommen. Ein gewisses Ausmaß an Angst ist völlig in Ordnung, weil wir dadurch zum Beispiel vorsichtiger sind. Aber das Leben ist ziemlich anstrengend, wenn wir alles durch die Angstbrille betrachten. Wir verlieren dadurch die Fähigkeit, Dinge zu genießen und uns zu freuen und mit einer gewissen Leichtigkeit durchs Leben zu gehen.

Bei Angst- und Panikthemen haben wir also ganz oft mit Gedanken zu tun, die nicht der Wahrheit entsprechen. Wenn wir nun die zwei eben besprochenen Punkte zusammenfassen, dass erstens unsere Gedanken eine enorme Kraft haben und unsere körperlichen Vorgänge und unsere Gefühlswelt beeinflussen und zweitens unsere Gedanken bei Angst und Panik ganz oft nicht wahr sind, was heißt das dann? Dass unser Körper und unsere Gefühlswelt ganz oft aufgeregt, aufgewühlt oder panisch sind wegen Dingen, die nicht der Wahrheit entsprechen. Eigentlich ziemlich doof, oder?

Du wirst niemals von mir hören, dass »einfach nur positiv denken« helfen kann.

Denn unsere Gedankenabläufe sind oft langjährig eintrainierte und automatisch ablaufende Prozesse. Niemand, den ich kenne, konnte bis jetzt einfach mit dem Finger schnippen und ab sofort nur mehr positive und aufmunternde Gedanken denken. Schön wär’s, wenn das so einfach geht.

Aber wir können definitiv daran arbeiten, unsere Gedanken umzustrukturieren. Unseren Fokus auf Dinge richten, die uns guttun. Uns dabei ertappen, wenn wir in alte Gedankenschleifen einsteigen, die uns eben nicht guttun. Und uns daran erinnern, dass es auch noch andere Gedankennetzwerke gibt, in die wir einsteigen können.

Denn wenn es uns gelingen kann, durch Angstgedanken in Angstspiralen einzusteigen oder durch Wutgedanken in Wutgefühle, dann muss es auch möglich sein, durch entspannte Gedanken in Entspannungsnetzwerke einzusteigen. Logisch, oder? Genau darum wird es jetzt gehen. Und ich muss dich gleich enttäuschen: Das geht leider nicht über Nacht. Langjährig eintrainierte Gedankenmuster umzustrukturieren, erfordert einiges an Arbeit. Aber es geht. Packen wir es an!