MITSPIELEN
Ich will ehrlich sein. Ich weinte nicht.
Ich sagte überhaupt nichts.
Ich wollte es nicht hören. Darum sprach ich einfach mit niemandem mehr.
Annie und ich machten Spaziergänge. Manchmal gingen wir zum Wunschkreis, und immer hielt ich ihre Hand. Wenn es sein musste, flüsterte ich mit ihr. Sie war die Einzige.
Aber ich hörte nach Joeys Tod auf zu reden. Ich fürchtete mich zu sehr.
Meine Eltern wollten mich von der Pine Mountain runternehmen. Sie meinten, ich bräuchte Hilfe.
Ich schrieb ihnen einen Brief, damit sie begriffen, dass ich es packen würde, und ich schrieb darin, mich von Annie zu trennen würde mich umbringen. Nach zwei Wochen kamen mich dann Annies Eltern im Internat besuchen.
Doc Dad sah mir beim Rugbyspielen zu. Ich schenkte ihm das Pine-Mountain-RFC-Trikot, das er sich gewünscht hatte, aber ich redete nicht mit ihm. Er drückte mir die Hand, und es war deutlich, dass er sich freute, mich zu sehen, aber ich konnte ihm nicht in die Augen schauen, weil ich wusste, ich würde den Schmerz nicht verbergen können, und ich wollte vor niemandem weinen.
Wenn ich spielte, sah ich manchmal Joey auf dem Platz, wie er die Hintermannschaft dirigierte, aber es war immer jemand anders.
Während unseres Spiels hörte ich Doc Dads Anfeuerungsrufe am Seitenrand. Er freute sich an dem Spiel. Das tat mir gut. Ich mochte Annies Vater leiden.
Doc Mom kam allein zu mir ins Zimmer.
Wir sagten nichts, und es war dunkel. Das Fenster war zugezogen. Ich saß auf dem Bett, und sie saß mir gegenüber auf einem Stuhl.
Zwanzig Minuten war das so: einfach dunkel und gar nichts. Dann stand sie auf und setzte sich neben mich aufs Bett, und sie legte mir den Arm um die Schultern, und ich fing an zu reden.
Ich erzählte ihr von meinem iPod, und wie ich für Joey gesungen hatte, als ich ihn das letzte Mal sah.
Nach einer Weile sagte sie: »Wer dich zum Freund hat, Ryan Dean, kann sich glücklich schätzen.«
Ich erzählte ihr, wie Joey immer für andere eintrat, selbst für Leute, die er gar nicht leiden konnte. Und ich erzählte ihr die Geschichte, wie Chas mich in der Nacht vor dem ersten Schultag zwang, Bier zu trinken. Ich erzählte ihr, wie wir vor Halloween auch Whiskey tranken und wie ich Chas und Casey in der Nacht meine Pisse zu trinken gegeben hatte, bevor Joey uns nach Bannock fuhr, Kostüme kaufen, und wir Chas verloren, aber Ned Schreihals mitnahmen.
Und ich musste grinsen, als ich die Geschichte erzählte, aber es tat auch sehr weh.
Als ich fertig erzählt hatte von Joey, sagte Doc Mom: »Okay, Ryan Dean, jetzt bin ich keine Therapeutin mehr. Jetzt bin ich bloß noch eine Mom.«
Dann drückte sie mich ganz fest, und sie küsste mich auf den Kopf und sagte: »Es tut mir so leid, mein Schatz. Es tut mir so leid«, und wir weinten beide ganz lange.
Annie wartete draußen. Aber als ich mich ausgeweint hatte, sagte ich zu Doc Mom, ich könnte nicht hinausgehen.
»Niemand soll wissen, dass ich geweint habe«, sagte ich.
Doc Mom sagte: »Okay, Ryan Dean. Ich warte so lange, wie du willst.«
»Ich werde es packen, Doc Mom.«